Stiftungsratssitzung

Abschlussbericht II. Beteiligung des Büros Frei Otto das überhaupt nicht steuern konnten, Kostenkorrekturen, Gestaltung- und Konzeptkorrekturen vorgenommen.

Auch diese neue Entwurfsvariante wurde vom Stiftungsvorstand offenbar weiterhin als zu kostspielig beurteilt, wobei der größtmögliche Einsparfaktor wohl in der Veränderung der von der Architektin geplanten aufwendigen Dachkonstruktion gesehen wurde. Daher hatte Frau Moessinger nach Aussage von Zeugin Kalepky aus eigenem Antrieb mit dem Architekten Frei Otto, der seinerzeit auch mit dem Dach des Münchner Olympiastadions für Furore gesorgt hatte, als Spezialist für die Planung einer leichten Dachkonstruktion Kontakt aufgenommen: „Auf Vorschlag von Dr. Hassemer beschließt der Stiftungsrat, die Planergruppen zu informieren, dass

b) Leichtbauweisen der Firma SL:

Aus diesen Anstrengungen resultierte dann eine unter Einplanung der Verwendung günstigerer Materialien, aber auch durch veränderte Konstruktionsdetails minimierte Kostenberechnung für das Projekt in Höhe von 40 Mio. DM ohne Grundstückskosten.

II. Beteiligung des Büros Frei Otto „[...] Der Frei Otto hat die Konzeption dann gar nicht vorgestellt. Er wurde angesprochen, hat zwei Mitarbeiter oder Kollegen ­ der eine hatte wohl früher bei ihm studiert ­ angesprochen.

Der war vielleicht auch Mitinitiator von Akquisition. Jedenfalls sollten die noch einmal ein Dach entwickeln, was kostengünstiger wäre. [...]"

Bei einer Stiftungsratssitzung am 2. September 1996 thematisierte Frau Moessinger erstmals die Möglichkeit einer preiswerteren Variante in Form von Leichtbau-Sonderkonstruktionen. Bei einem ersten Gespräch mit der Firma SL des Architekten Frei Otto hätten diese großes Engagement und Interesse gezeigt. Durch eine neuartige und emissionsarme Zeltkonstruktion könnten die Gesamtkosten um die Hälfte gekürzt werden.

Dem Sitzungsprotokoll zufolge habe Herr Specker ebenfalls diese Einsparmöglichkeit begrüßt, aber dringend zu prüfen empfohlen, ob sowohl auf Leichtbau- als auch auf Festbauweise andere Alternativen zu Verfügung stünden.

- das Projekt in der vorgesehenen Form mit einem Finanzvolumen von 60 Mio. DM nicht realisiert werden kann,

- von einem Finanzrahmen von etwa 30 Mio. DM ausgegangen werden muss,

- alternative Bauformen und ein Raster denkbarer Alternativen zu finden und zu prüfen sind.

Die Planergruppe wird aufgefordert, folgende Varianten zu prüfen:

a) günstige konventionelle Festbauweisen (Herr Specker wird sich um entsprechende Lösungen kümmern)

c) Von den Planern zu eruierende weitere Lösungsansätze [...]"

C. Architektonische Gestaltung Abschlussbericht: „[...] Die Planung des Neuen Tempodrom für eine Bausumme von unter 30 Mio. DM ist realistisch. Es wird an einem Entwurf für eine [...] Zeltfassung gearbeitet."

Am 10. Dezember 1996 erstellte die AG Architekten und Ingenieure Neues Tempodrom547 einen Kostenüberschlag, in dem sie von Baukosten in Höhe von 26 Mio. DM brutto ausgingen. „Die Planer Bradatsch und Schaffert erläutern [in dieser Gesprächsrunde551

] die architektonische und technologische Komponente des Neuen Tempodrom hinsichtlich der außergewöhnlichen Konstruktion. Wichtig ist die eventuelle Pilotfunktion bei der Schalldämmung bei leichter Bauweise (Membrane). [...]"

Irene Moessinger bezeichnete in einem Schreiben an den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen vom 7. März 1997 die „[...] Leichtbaukonstruktion [...] von unserem Architektenteam, unter Leitung des Frei-OttoSchülers Jürgen Bradatsch [...] [als] mit 26 Mio. DM ungewöhnlich preisgünstig. Die Kalkulation wurde von unserer Projektsteuerung [...] überprüft. Zu diesem Preis ist der Bau definitiv machbar."

Zwei Wochen später, in einer Gesprächsrunde im Hotel Berlin am 21. April 1997, verdeutlichte die Tempodrom-Gründerin den Stand der Dinge zum Neuen Tempodrom, bis hin zum vorliegenden Entwurf mit kalkulierten Baukosten von ca. 26 Mio. DM.

Die Presse beschrieb das von diesem Planungsbüro vorgestellte Modell wie folgt: „Über gläsernen Wänden erheben sich neun Mastspitzen, die mit einem glänzenden Gewebe bespannt sind. [...] 10 000 Quadratmeter bebaute Fläche umfassen eine große Arena mit 3 000 Plätzen sowie eine kleine Arena mit 500 Plätzen. Das Restaurant wird ins Foyer integriert.

Hinter das Gebäude an die Hochfläche kommt eine Open-Air-Bühne mit 800 Plätzen. Vom alten Entwurf erhalten wurde das Liquidrom: Schwimmend hören die Gäste Livemusik auf der Bühne ­ oder unter Wasser." „Die Leichtbauweise mit verglasten Außenwänden und dem frei schwingenden Dach soll Gegenpol zu den schweren Bauten in Berlins neuer Mitte sein. Die Materialien wurden nach ökologischen Aspekten ausgewählt: So hält die Dachhaut, ein Polyestergewebe, 30 Jahre und ist dann recycelbar. Die Energieversorgung erfolgt großteils über Fotovoltaikanlagen, die Lüftung funktioniert weitgehend natürlich. [...] Das Eurodrom ist ein interaktives Medienzentrum: Lokale Live-Veranstaltungen, an denen bis zu 3 000 Menschen mitwirken sollen, können in 16 Ländern zeitgleich präsentiert werden. Das betrifft Kultur, Konferenzen oder Messen."

Teilnehmer aus Politik und Wirtschaft: Peter Strieder (Senator), Klaus Böger (Fraktionsvors. SPD), Dr. Klopsch (SenKult), Ingo Weber (SenKult), Matthias Kleinert, Frau Harder, Lothar Kaltofen (alle Daimler Benz), Silvia Franke (Blue Bands Hotel), Dr. Axel Nawrocki, (S-Bahn Berlin), Herr Heitzmann (BEWAG), Rolf Eckrodt (Adtrans); Tempodrom (Stiftung, Planer): Dr. A. Schönberger, Regina Ziegler, Arnulf Rating, Dr. Ausweislich eines Protokolls der Fraunhofer Management-Gesellschaft mbH (nachfolgend kurz: FhM) vom 12. November 1998 über ein Gespräch zwischen Herrn Poreike, Herrn Wüst (EST), Herrn Waehl, Frau Moessinger, Herrn Stock, Herrn Seiler, Herrn Schwarzer (SenSUT), Herrn Heinrichs (IBB) und Herrn Foerster (FhM) am 10. November 1998 hatten sich Stiftungsvorstand und Bauausschuss inzwischen gegen ein Membrandach entschieden: Offenbar in Unkenntnis dessen übersandte der Architekt des Membrandachentwurfs, Jürgen Bradatsch, am 5. März 1999 ein Telefax an Jürgen Scheele (BAL AG), in dem er u.a. ausführte: Zeuge Poreike begründete die Einbeziehung des Architektenbüros gmp dem Untersuchungsausschuss gegenüber wie folgt: „Entsprechend der Aussage von Herrn Poreike handelt es sich in der aktuellen Planung um ein konventionelles Dach. Die ursprüngliche Planung ging von einem Membrandach aus [...]."

Auch aus dem Gesprächsprotokoll der FhM vom 18. November 1998 über ein Abstimmungsgespräch zwischen Frau Moessinger, Herrn Poreike, Herrn Scheele, Herrn Wüst, Herrn Heinrichs, Herrn Rösler (IBB) und Herrn Foerster (FhM) bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie am 17. November 1998 ist nochmals zu entnehmen, „[...] dass Grundlage der weiteren Handlungen ein Vorhaben ist mit konventionellem Dach." „[...] am 19.02.1999 konnten wir Ihnen und den anderen Vertretern der Bauherrengemeinschaft unseren überarbeiteten Vorentwurf Neues Tempodrom ­ Zeltdachkonstruktion ­ vorstellen. Wir freuen uns, dass unsere Lösung für das Dach allgemeine Zustimmung fand."

III. „Begrenzter Wettbewerb" mit gmp

In ihrer Ausgabe vom 26. Mai 1999 informierte die „Berliner Zeitung" die Öffentlichkeit davon, dass es bald einen völlig neuen Entwurf für das Neue Tempodrom geben sollte. So wurde Roland Specker zitiert: „Ich habe Gerkan vor etwa fünf Wochen gebeten, einen eigenen Vorschlag zu machen". Auch hätte er geäußert, diese Vorgehensweise sei „ein völlig normaler Vorgang." „[...] Jedenfalls gab es Auseinandersetzungen in dem Kreis der Planer, die dazu führten, dass Frau Kalepky und das Büro Bradatsch nicht zueinander kamen. Ich habe versucht, dort eine Arbeitsgemeinschaft zu begründen zwischen diesen beiden Büros ­ leider ohne Erfolg. Der Termindruck wurde immer größer. Deshalb musste gehandelt werden, und so entschloss sich der Bauausschuss, sich um ein weiteres Architektenbüro zu kümmern und dieses Büro zu bitten, einen weiteren Vorentwurf zu liefern. Es wurde Wert darauf gelegt, ein Büro zu haben, das größere Erfahrungen im Versammlungsstättenbau und in dem Bau von freitragenden Dächern hatte.

Daraufhin wurde mit gmp ein Gespräch geführt, und sie haben sich also bereit erklärt, eine Vorentwurfskizze einzureichen.

Abg. Goetze (CDU): Herr Poreike! Auf Grund dieser Vorentwurfskizze ist dann im Grunde die Beauftragung erfolgt durch den Stiftungsrat.