Der öffentliche Gesundheitsdienst bietet mit dem Erstkontakt die frühest mögliche Anbindung risikogefährdeter

Mitglieder im Verein der WHO-UNICEF Babyfreundliche Krankenhäuser e.V. in Berlin sind das Humboldt-Klinikum, das Krankenhaus Lichtenberg, das Krankenhaus Havelhöhe und das St. Joseph Krankenhaus Berlin-Tempelhof. Zahlreiche andere Geburtshilfliche Kliniken ­ auch aus dem Universitätsbereich - sind an einer Mitarbeit interessiert.

Beratung und Betreuung von Familien mit Neugeborenen durch den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD)

Das Angebot des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes (KJGD) ist rechtlich nicht auf eine flächendeckende Versorgung angelegt, sondern der in den Paragraphen 20 und 22 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (GDG) vom 04.08.1994 formulierte Auftrag betont, dass der KJGD seine Aufgaben subsidiär und sozialkompensatorisch wahrnehmen soll. Er hat damit die schwierige Aufgabe, gerade die Familien, Kinder und Jugendlichen zu erreichen, die Probleme mit negativen Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben, aber von sich aus keine Hilfe in Anspruch nehmen.

Der öffentliche Gesundheitsdienst bietet mit dem Erstkontakt die frühest mögliche Anbindung risikogefährdeter Familien.

Der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst steht dabei als Anlaufstelle zur Verfügung, um Hinweise über Gefährdungssituationen in Familien mit Kleinkindern entgegenzunehmen und ggf. an das Jugendamt weiterzuleiten.

Die Erstkontakte bei Familien mit Neugeborenen zur Ermittlung von Beratungs- und Behandlungsbedarf sind von besonderer präventiver Bedeutung. Durch frühzeitige Informationen über Hilfemöglichkeiten bzw. durch das Angebot konkreter Hilfen können Gesundheitsgefährdungen auch auf Grund von besonderen psychosozialen Belastungen vermieden werden.

Im Gegensatz zu der oben geschilderten grundsätzlich subsidiären und sozialkompensatorischen Ausrichtung werden die Erstkontakte bisher je nach personeller Ausstattung im Bezirk so flächendeckend wie möglich durchgeführt. Aus der Übersicht der im Jahr 2004 durchgeführten Erstkontakte geht hervor, dass es keinen Bezirk gibt, der überhaupt keine Erstkontakte anbietet und keinen Bezirk, der zu 100% die Familien mit Neugeborenen aufsucht. Grundlage für die Erstkontakte sind u.a. folgende Kriterien:

· junge, allein stehende Mütter

· minderjährige Mütter

· Mehrlingsgeburten

· Familien in ungünstigen Wohnverhältnissen

· Familien mit Migrationshintergrund

· kinderreiche Familien

· Familien in sozialen Brennpunkten

· Suchtmittelmissbrauch in der Familie

· Familien, bei denen bekannt ist, dass es schon beim ersten Kind Probleme gab

· Meldung bzw. Vermittlung durch andere Stellen oder Nachbarn

Beratung, Hilfen und Schutz durch die Jugendhilfe:

Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz hat Jugendhilfe den Auftrag, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung zu beraten und zu unterstützen, junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern und sie vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen (vgl. §1 SGB VIII).

Die Wahrnehmung des Wächteramtes für das Kindeswohl ist Aufgabe des Jugendamtes. Das Jugendamt stellt im Rahmen seiner sozialpädagogischen Arbeit den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung gem. § 8a SGB VIII sicher.

Die zentrale Aufgabe nimmt dabei der Allgemeine Sozialpädagogische Dienst (ASD) der Jugendämter wahr. Neben seinem Beratungs- und Hilfeangebot an Kinder und Eltern ist er auf Hinweise angewiesen. Seine Zuständigkeit für die Altersgruppe von 0 bis 27 Jahre macht flächendeckende Kontaktstrategien unmöglich. Die Jugendhilfe hat deshalb neben dem ASD eine Vielzahl von Angeboten öffentlicher, vor allem aber auch freier Träger entwickelt, die im Sinne des Kinderschutzes wirken.

Erziehungs- und Familienberatung:

In jedem Berliner Bezirk existiert je ein Angebot von Erziehungs- und Familienberatung in freier und in öffentlicher Trägerschaft. Die freien Träger sind sowohl regional (und in diesem Kontext eingebunden in die bezirkliche Jugendhilfeplanung) tätig, als auch überregional, um durch die damit gesicherte Pluralität des Angebotes das Wunsch- und Wahlrecht der ratsuchenden Familien gemäß § 5 SGB VIII sicherzustellen.

Die Erziehungs- und Familienberatung ist eine spezifische Jugendhilfeleistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht und die eine ambulante Hilfe zur Erziehung nach § 28 SGB VIII konzeptionell und methodisch mit Angeboten zur Beratung und Bildung auf Grundlage der Allgemeinen Förderung der Erziehung Angeboten zur Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung Angeboten zur Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge verbindet. Die Erziehungs- und Familienberatungsstellen sind demnach eine Möglichkeit präventiver Arbeit, aber noch wichtiger in der Behandlung schwieriger Familiensituationen in Partnerschaft mit dem ASD.

Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder:

Dieses stationäre Angebot richtet sich an Mütter (Väter) bzw. an Schwangere, die Unterstützung bei der Erziehung und Pflege ihres unter 6 Jahre alten Kindes benötigen. Grundsätzliche Zielstellung der Hilfe ist die Verselbstständigung und Befähigung zur eigenverantwortlichen Lebensführung mit dem Kind, die Festigung der Bindung zwischen Mutter (Vater) und Kind und die Stärkung der Erziehungskompetenz. Das Angebot wird in unterschiedlicher Betreuungsdichte angeboten. Es dient insbesondere auch der Sicherung des Kindesschutzes. In Berlin werden in Mutter-Kind-Einrichtungen rund 440 Plätze vorgehalten.

Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen:

Wenn Eltern (allein Erziehende) aus gesundheitlichen oder anderen zwingenden Gründen die Betreuung ihres unter 14 Jahre alten Kindes nicht selbst wahrnehmen können, kann beim Jugendamt Unterstützung beantragt werden. Art und Umfang der Hilfen sind sehr vielfältig. Bei umfassendem Hilfebedarf können Kinder- oder Familienpfleger/-innen in der häuslichen Wohnung zum Einsatz kommen. Die Hilfe hat grundsätzlich eine versorgende oder pflegerische Ausrichtung und grenzt sich damit klar von der Zielrichtung der Hilfen zur Erziehung ab.

Überregionale Not- und Krisenangebote:

Die Berliner Jugendhilfe verfügt über ein umfangreiches Not- und Krisendienstsystem, das jeder Zeit über eine Hotline zu erreichen ist.

Bei akuten Problemen können sich Kinder und Jugendliche unbürokratisch und auch ohne Kenntnis ihrer Eltern an den Kindernotdienst im Bezirk FriedrichshainKreuzberg und an den Jugendnotdienst im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf wenden. Dort ist auch seit Anfang des Jahres der Mädchennotdienst integriert, der insbesondere Mädchen, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind, berät.

Diese Einrichtungen stehen Kindern und Jugendlichen Tag und Nacht für schnelle Hilfe, Beratung und ggf. Unterbringung zur Verfügung. Sie sind rund um die Uhr telefonisch zu erreichen.

Neben der Hotline des Kinder- und Jugendnotdienstes gibt es die Krisentelefonnummer des Kinderschutz-Zentrums Berlin e.V. und die BIGHotline bei häuslicher Gewalt gegen Frauen. Die BIG ­ Hotline kooperiert eng mit dem Kinder- und Jugendnotdienst, wenn Inobhutnahmen der von häuslicher Gewalt mitbetroffenen Kinder und Jugendlichen notwendig sind.

Des weiteren stehen Kriseneinrichtungen mit einer spezifischen Ausrichtung zur Verfügung:

· Papatya (Türkisch-Deutscher Frauenverein e.V.), eine überregionale Anlaufstelle für junge Migrantinnen. Der Träger bietet im Rahmen von Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII Schutz und Hilfe für Mädchen und junge Frauen aus der Türkei und anderen Herkunftsländern mit ähnlichem kulturellen Hintergrund an. Als Kriseneinrichtung mit geheimer Adresse, deren vordringliche Aufgabe es ist, Schutz zu bieten, werden vor allem Mädchen aufgenommen, die schwerwiegende Probleme in ihren Familien haben (u.a. Misshandlung und/oder sexuelle Gewalt, Zwangsverheiratung).

· NEUhland e.V. ­ Hilfen für suizidgefährdete Kinder und Jugendliche in der Beratungsstelle und Krisenwohnung

· Der Träger Wildwasser ­ Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen e.V. hält zwei Mädchenberatungsstellen für Mädchen vor, die von sexueller Gewalt betroffen sind, sowie für Eltern, Vertrauenspersonen, unterstützende Personen und Professionelle.