Die Gewährung des Bewegungsgeldes führt zu einer ungerechtfertigten Besserstellung der Dienstkräfte der Polizeibehörde

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2006

Bewilligung des pauschalen Bewegungsgeldes bildet. Nach seiner Einschätzung werden die Zahlungen von den betreffenden Dienstkräften nicht als Aufwandsersatz für dienstlich bedingte außergewöhnliche Mehrbelastungen, sondern offensichtlich als eine regelmäßige Zulage verstanden.

Die Gewährung des Bewegungsgeldes führt zu einer ungerechtfertigten Besserstellung der Dienstkräfte der Polizeibehörde. Im übrigen Landesdienst sind pauschalierte Aufwandsentschädigungen bereits in erheblichem Umfang entfallen. Hierzu zählen z. B. die den Tierärzten, Beamten der Bauaufsichtsämter und Standesbeamten gewährten Aufwandsentschädigungen, die den Senatsmitgliedern und herausgehobenen Leitungskräften gezahlten Dienstaufwandsentschädigungen und die Außendienstentschädigung, mit der u. a. Zehrkosten abgegolten worden sind. Verglichen mit den für den übrigen Landesdienst geltenden strengen Abgeltungsmaßstäben ist die weitere Gewährung eines pauschalen Bewegungsgeldes nicht gerechtfertigt:

· Zur Berücksichtigungsfähigkeit von Verpflegungsmehraufwand nimmt die Senatsverwaltung für Inneres im Bereich des übrigen Landesdienstes eine deutlich restriktivere Haltung als gegenüber Dienstkräften der Polizeibehörde ein. Bereits im Juni 2002 hat sie hier darauf hingewiesen, dass es für die Dienstkräfte durchaus zumutbar ist, die durch Einnahme von Mahlzeiten außerhalb der Dienststelle (Kantine) entstehenden höheren Zehrkosten selbst zu übernehmen.

Polizeivollzugsbeamte erhalten im Übrigen eine Stellenzulage (sog. Polizeizulage) von derzeit 127,38 monatlich, durch die bereits „die Besonderheiten des jeweiligen Dienstes... sowie der Aufwand für Verzehr" abgegolten werden. Mithin handelt es sich bei der im pauschalen Bewegungsgeld enthaltenen Komponente Verpflegungsmehraufwand um einen verdeckten Essenzuschuss. Ausgaben für Essenzuschüsse dürfen aber bereits seit 1993 nicht mehr geleistet werden.

· Die Bekleidungspauschale zur Abgeltung von Aufwendungen für Zivilkleidung ist ebenfalls unbegründet. Die Zivilkleidung von Polizeidienstkräften gehört zur normalen bürgerlichen Kleidung, die auch im Alltag getragen werden kann. Es handelt sich folglich nicht um sog. berufstypische Kleidung, die ausschließlich dienstlichen Bezug hat.

Auch hier hatte die Senatsverwaltung für Inneres im Bereich des übrigen Landesdienstes bereits im Jahr 2002 darauf hingewiesen, dass „private Aufwendungen (z. B. für Kleidung, Schuhe... und dgl.) ebenso wie im Steuerrecht außer Betracht bleiben, auch wenn sie mittelbar einen dienstlichen Bezug hätten". Den zivilgekleideten Polizeidienstkräften ist daher ebenso wie allen übrigen vergleichbaren Verwaltungsangehörigen zuzumuten, für ihre Kleidung in vollem Umfang selbst aufzukommen. Insoweit war die Entscheidung der Senatsverwaltung nur folgerichtig, den Vollzugsbeamten der Schutzpolizei die für das Tragen privater Kleidung gewährte Zivilkleiderentschädigung von Januar 2004 an zu streichen. Eine gleich lautende Entscheidung Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2006 für die im Bewegungsgeld nach wie vor enthaltene Bekleidungspauschale steht aber aus. Darüber hinaus ist zu beanstanden, dass die Senatsverwaltung der Polizeibehörde wiederholt, wenn auch jeweils befristet, die Weiterzahlung der unlängst abgeschafften Zivilkleiderentschädigung an Vollzugsbeamte der Schutzpolizei gestattet hat.

· Auch der Fahndungskostenanteil als dritte Komponente des pauschalen Bewegungsgeldes ist nach den Feststellungen des Rechnungshofs nicht sachgerecht. Bereits jetzt sind nach den einschlägigen Regelungen die im Zusammenhang mit der Ermittlung von Straftaten oder bei sonstigen Fahndungsmaßnahmen entstehenden Barauslagen von den Beamten, die kein pauschales Bewegungsgeld erhalten, jeweils durch Einzelnachweis abzurechnen; hierfür sind genaue Angaben der Dienstkräfte und entsprechende Belege erforderlich. Als Fahndungskosten zu wertende Barauslagen oberhalb einer Zumutbarkeitsgrenze von 5,00 sollten daher künftig nur auf Einzelnachweis erstattet werden.

Die Senatsverwaltung für Inneres hatte sich unter Hinweis auf mögliche Verwaltungsmehrkosten gegen die Einzelabrechnung ausgesprochen (T 93). Diese Einschätzung geht jedoch fehl. Die Senatsverwaltung ging seinerzeit von einem geschätzten Arbeitsaufwand von 20 Minuten pro Erfassungsfall und einem Mehrbedarf von 24,5 Planstellen, darunter 7 Stellen der BesGr. A 12 und 3,5 Stellen der BesGr. A 14, aus. Bei ihrer Prognose zieht sie Erfahrungswerte aus der Beihilfebearbeitung heran und unterstellt offenbar, dass alle 7 550 Bewegungsgeldempfänger (T 92) Einzelanträge stellen, die zentral zu bearbeiten wären.

Schon der Vergleich mit der Bearbeitungsdauer von Beihilfeanträgen, deren Erledigung wesentlich schwieriger und zeitaufwändiger ist, erscheint nicht realistisch. Auch dürfte die Zahl der künftig zu erwartenden Anträge nicht erheblich sein. Schließlich hat die Auswertung der Erhebungen aus dem Jahr 2000 gezeigt, dass die von den Bewegungsgeldempfängern als „erstattungsgeeignet" angesehenen Aufwendungen überwiegend - selbst bei Anlegen eines großzügigen Maßstabs - keine dienstlich bedingten Mehraufwendungen darstellen (T 95). Durch umfassende Arbeitshinweise zu Erstattungstatbeständen und -umfang sollten die Dienststellen, die schon jetzt für die Zahlungsaufnahme und -einstellung des pauschalen Bewegungsgeldes zuständig sind, in die Lage versetzt werden, die zu erwartenden Einzelanträge künftig selbst zu entscheiden. Keinesfalls kämen bei entsprechender Regelung der Verfahrensabläufe zusätzliche Stellen

- insbesondere für herausgehobene Leitungsfunktionen - in Betracht.

Berechtigte Ansprüche der Dienstkräfte auf Erstattung ihres dienstlich bedingten Mehraufwands werden durch den Wegfall der Pauschalzahlung nicht beeinträchtigt. Sie können für die ihnen entstandenen berücksichtigungsfähigen Fahndungskosten sowie für weitere dienstlich bedingte und nachgewiesene Ausgaben im Einzelfall jeweils Erstattungsanträge (z. B. nach Regelungen des Reisekostenrechts oder des Sachschadenersatzes) stellen.

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In mehreren Bundesländern wird die Einzelabrechnung bereits erfolgreich praktiziert. Hamburg gewährt die Aufwandsentschädigung bereits seit 1997 nur noch auf Einzelnachweis und konnte hierdurch nach Auskunft der Behörde für Inneres Einsparungen von 560 000 erzielen. Niedersachsen zahlt den Polizeivollzugsbeamten im Kriminaldienst mit außendienstlichen Ermittlungs- und Fahndungsaufgaben ein Bewegungsgeld zur Abgeltung besonderer Aufwendungen aus dienstlichem Anlass seit 2004 nur noch in nachgewiesener Höhe. Zuvor wurde schon der Bekleidungszuschuss in Form einer monatlich gezahlten pauschalierten Aufwandsentschädigung für Polizeivollzugsbeamte im Kriminaldienst gestrichen, weil den Besonderheiten des polizeilichen Dienstes und dem damit verbundenen Aufwand durch die Polizeizulage ausreichend Rechnung getragen wird. In Baden-Württemberg werden Verpflegungsmehraufwendungen nur über Einzelnachweis erstattet; der Bekleidungszuschuss ist bereits 1998 entfallen.

Weitere Bundesländer, z. B. Bayern, sind - zumindest in Teilbereichen ebenfalls zur Einzelabrechnung übergegangen.

Die Forderung des Rechnungshofs, bestimmte Aufwendungen künftig nicht mehr pauschal, sondern einzelfallbezogen abzurechnen, gilt auch für die Kommissionspauschale. Sie wird Beamten der Kriminalpolizei zum Ausgleich besonderer Mehraufwendungen gewährt, wenn diese „in Sonderkommissionen unter erschwerten Bedingungen bei der Aufklärung von Kapitalverbrechen oder sonstigen bedeutenden Straftaten oder als Begleitschutz für führende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens eingesetzt werden". Die Pauschale von 5,11 je Einsatztag steht zu, wenn der Beamte an mehr als einem Kalendertag hintereinander länger als zwölf Stunden ununterbrochen eingesetzt worden ist; sie wird zur Hälfte auf das Bewegungsgeld angerechnet. Welche dienstlich bedingten Mehraufwendungen hierdurch abgegolten sind, ist in den einschlägigen Vorschriften nicht näher bestimmt. Aus Sicht des Rechnungshofs dürfte die Kommissionspauschale wohl eher als Gegenleistung des Dienstherrn für die besondere zeitliche Inanspruchnahme der Dienstkraft zu verstehen sein.

Die Senatsverwaltung für Inneres hat erklärt, die Zahlung des Bewegungsgeldes zum Jahresbeginn 2007 einstellen und dienstlich bedingte Mehraufwendungen künftig im Wege der Einzelabrechnung erstatten zu wollen. Dies soll gleichermaßen für die Kommissionspauschale gelten.

Zuvor sei beabsichtigt, die Erstattungstatbestände und den Erstattungsrahmen für dienstlich bedingte Mehraufwendungen sowie den anspruchsberechtigten Personenkreis eindeutig festzulegen. Die befristete Weiterzahlung der Zivilkleiderentschädigung will sie hingegen bis zu einer Neukonzeption des polizeilichen Bekleidungswesens - deren zeitlicher Abschluss nicht näher benannt ist - zulassen.

Darüber hinaus hat der Rechnungshof bei seinen Erhebungen zum pauschalen Aufwendungsersatz in Form eines Bewegungsgeldes auch im Bereich der Steuerverwaltung entsprechende Zahlungen festgestellt.