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Gesamtkonzept Berliner Mauer 4

Die Berliner Mauer: Instrument und Symbol der Teilung

Auch mehr als 15 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 und der späteren zügigen Abtragung der DDR-Grenzanlagen zum Westteil Berlins konzentriert sich das zeitgeschichtliche Interesse auf die noch erhaltenen Spuren und auf ihren topografischen Verlauf. Wie an keinem anderen materiellen Zeugnis der Vergangenheit lassen sich die Nachkriegsentwicklung Berlins, die Teilung der Stadt, Deutschlands und Europas und deren Überwindung im Berliner Stadtraum selbst erinnern.

Satellitenbild des Mauerverlaufes durch Berlin (Quelle: Wikipedia)

Der Bau der Mauer quer durch Berlin, die Abriegelung West-Berlins vom Umland, die Trennung von Ost und West, die ständige Perfektionierung der Grenzanlagen und das brutale Grenzregime haben unendliches Leid über die Menschen in Ost und West gebracht. Hunderte von Flüchtlingen sind an der Berliner Mauer getötet oder verletzt worden.

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Zu Tode gekommen sind auch DDR-Grenzsoldaten, die von Flüchtenden, Fluchthelfern oder eigenen „Kameraden" erschossen wurden.

Die Berliner Mauer war keine Grenze im üblichen Sinne zur Außensicherung eines Staates. Ihrer Entstehung, Struktur und Wirkung nach war die Berliner Mauer vor allem eine nach innen gerichtete Grenze: Sie sollte die Flucht von DDR-Bürgern in den Westen verhindern und damit zugleich die Herrschaft der SED in der gesamten DDR sichern. Mit der Grenzschließung 1961 war die bis dahin mögliche Alternative zur Existenz als Bürger der DDR scheinbar für immer weggefallen.

Die Mauer in Berlin war das sichtbarste Zeichen des Eisernen Vorhangs im Kalten Krieg. Sie war und bleibt damit das Symbol der Verweigerung elementarer Menschenrechte in der DDR, das Symbol politischer Unterdrückung und struktureller Schwäche des staatssozialistischen Systems insgesamt.

Die tief gestaffelten Grenzanlagen und das Grenzregime mit seinen bewaffneten Grenzsoldaten haben die Situation der geteilten Stadt jahrzehntelang geprägt.

Der innerstädtische Grenzstreifen zog sich 43,1 km von Nord nach Süd mitten durch die Stadt. 111,9 km maß die Abgrenzung des Westteils der Stadt zum Umland. Zunächst als Stacheldrahtzaun angelegt bzw. mit Hohlblocksteinen grob gemauert, entwickelte sich die Grenze nach West-Berlin zu einem nahezu unüberwindlichen Grenzregime, das weltweit einmalig war. In der letzten Phase bestand die Vorderlandmauer aus einer 3,6 m hohen Betonplattenwand mit Rohrauflage oder eingelassenem Rohr. Über mehr als 40 km zeigte sie ein nach Westen hin einheitliches Äußeres. Mehr als 200 Beobachtungstürme, Führungsstellen und Bunker dienten der Überwachung der Grenze. Streckmetallgitterzäune, elektronische Alarmsysteme, Kettenhunde und Kfz-Sperren kamen hinzu.

Lichttrassen leuchteten den Todesstreifen taghell aus, so dass auch nachts günstige Sichtverhältnisse herrschten. Denn neben schwer überwindbaren Sperranlagen und dicht gestaffelten Grenzposten war der Schusswaffengebrauch das dritte und entscheidende Element der DDR-Grenzsicherung. Tief gestaffelte Hinterlandmauern und sonstige weitere Absperrmaßnahmen sicherten die Grenze weit in das Gebiet der DDR hinein, um Menschen, die von der DDR aus in den Westen gelangen wollten, schon frühzeitig aufzuspüren. Jede Flucht, sei sie gelungen oder gescheitert, wurde zur Perfektionierung des Grenzregimes genutzt. Parallel wurde auch der innere Überwachungsapparat der DDR immer weiter ausgebaut.

Fluchtabsichten sollten bereits im Ansatz erkannt und deren Umsetzung verhindert werden. Grenzregime und Diktatur bedingten einander. Ohne die Mauer war die DDR nicht existenzfähig.

Demokratie und Menschenrechte können aber auf Dauer den Menschen nicht vorenthalten werden. Als die Mauer fiel, fiel auch das politische Herrschaftssystem der DDR in sich zusammen. Mit ihrer friedlichen Überwindung von Osten her wurde die geöffnete und abgetragene Mauer zugleich zum Symbol einer in der deutschen Geschichte beispiellos erfolgreichen Demokratie- und Freiheitsbewegung.

Eine von Menschen errichtete monströse Grenzanlage, an der der Staat auf die eigenen Bürger schießen ließ, eine solche Grenze konnte auf Dauer nicht Bestand haben, sie wurde von den Menschen friedlich beseitigt: Daran lassen sich epochale Umbrüche sichtbar machen.

Die damit verbundenen Fragen nach den geeigneten Formen des Erinnerns an diese Personengruppe sind vom Dokumentationszentrum Berliner Mauer zu bearbeiten.

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Nach dem Mauerfall

Umgang mit der Berliner Mauer seit 1989/90 „Die Mauer muss weg"

Aus gesamtdeutscher und internationaler Perspektive wird der Mauerfall als der symbolische Moment der Zeitenwende wahrgenommen.

Unter dem Druck der DDR-Bevölkerung wurde die Öffnung der Mauer erzwungen und die Passage der Grenze von Osten her möglich. Die Begegnung von Ostdeutschen und Westdeutschen auf der Mauer am Brandenburger Tor, die Verbrüderungsszenen mit Grenzsoldaten, die schrittweise Herstellung neuer Grenzübergänge und schließlich der systematische Abbruch der Mauer in den darauf folgenden Monaten wurde der zentrale und weltweit beachtete symbolische Vorgang. Er lenkte zugleich die Demokratiebewegung der DDR in Richtung staatliche Einheit.

Medien, Öffentlichkeit und Politik in Ost und West waren sich 1989/1990 und in den Folgejahren zunächst einig: Die Mauer muss so schnell wie möglich weg.

Senat und Bezirksämter wetteiferten damit, gerade im öffentlichen Bereich an Straßen, Brücken und Plätzen die Mauer zu beseitigen und die Grenztruppen der DDR zeigten ihre Leistungsfähigkeit nun im Abräumen der Grenze, die mitten durch eine Millionenstadt geführt hatte. „Mit der gleichen Gründlichkeit, mit der sie die Mauer 28 Jahre lang bewacht hatten, gingen die DDR-Grenztruppen, seit dem 3. Oktober dem Bundeswehrkommando Ost unterstellt, nun bei ihrem Abriss zu Werk. Schon am 30. November 1990 meldeten sie Vollzug." (Jarausch u.a.) Die von westlicher Seite in bestimmten Stadtteilen als längste Leinwand der Popkultur erlebbare Mauer wurde schließlich filetiert, ausdrucksstark bemalte Segmente zugunsten denkmalpflegerischer und sozialer Aufgaben weltweit verschenkt und verkauft. Die Reste der Mauer wurden der Rohstoffverwertung zugeführt.