Videoüberwachung bei der BVG

Verwendung selbständiger Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungsgeräte in Verkehrsanlagen und öffentlichen Verkehrsmitteln oder in unmittelbarer Nähe ermächtigt ist, eine Auswertung der Aufzeichnungen nur anlassbezogen erfolgen soll und die Bundespolizei verpflichtet ist, Videoaufzeichnungen unverzüglich zu vernichten, wenn sie nicht mehr zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren oder zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten benötigt werden, hat der für die Bundespolizei zuständige Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit keine Bedenken gegen das Verfahren.

Videoüberwachung bei der BVG:

In jeder Videoüberwachung (Videobeobachtung und noch intensiver bei der Videoaufzeichnung) von Personen liegt ein Eingriff in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung wie auch in das Grundrecht auf unbeobachtete Freizügigkeit (Art. 11 GG) vor. Dieser Eingriff ist nicht von vornherein unzulässig, bedarf aber der Rechtfertigung und muss dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Deshalb hat die BVG in Abstimmung mit uns bereits seit Ende der 90er Jahre Videokameras auf allen U-Bahnhöfen installiert, die eine permanente Beobachtung der Bahnhöfe ermöglichen. Eine Aufzeichnung von Bildern findet bislang aber nur anlassbezogen statt, etwa wenn auf dem Monitor in der Leitstelle eine Straftat beobachtet oder die Notrufsäule auf dem Bahnsteig betätigt wird. In den modernen U-Bahnzügen der Baureihe H (ohne Unterteilung zwischen den Waggons) und den Straßenbahnen findet dagegen eine anlassunabhängige, 24-stündige Aufzeichnung der Bilder statt. Falls nach 24 Stunden kein Vorfall gemeldet wird, sollen die Bilder gelöscht werden.

Dieses Verfahren halten wir datenschutz-rechtlich wegen der Unübersichtlichkeit der U- und Straßenbahnzüge für hinnehmbar.

Anders ist die Situation in Bussen der BVG, wo der Fahrer auf einem Monitor verschiedene Bilder von den im Bus angebrachten Kameras angezeigt bekommt. Die Kameras zeichnen Bilder in einem sechsminütigen Ringspeicher auf, und nur wenn der Fahrer aus gegebenem Anlass einen Aufzeichnungsknopf drückt, werden alle weiteren Bilder ­ einschließlich der sechs Minuten vor dem Knopfdruck ­ aufgezeichnet, bis die Aufnahme wieder gestoppt wird. Dieses Verfahren hat die BVG ­ ebenfalls in Abstimmung mit uns ­ 1999 eingeführt und seitdem praktiziert, ohne dass sich nach unserem Kenntnisstand Fahrgäste oder BVGMitarbeiter darüber beschwert hätten.

Erst im Dezember 2005 kam es nach der tödlichen Messerattacke eines Jugendlichen in einem BVG-Bus zu einer heftigen öffentlichen Debatte darüber, ob dieses Verfahren zu ändern ist. Die Diskussion darüber war zum Ende des Berichtzeitraums noch nicht abgeschlossen.

Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats

Um das subjektive Sicherheitsgefühl ihrer Fahrgäste zu erhöhen und die Strafverfolgung für die Ermittlungsbehörden zu erleichtern, plant die BVG bereits seit längerem, die auf U-Bahnhöfen mit Videokameras gemachten Bilder aufzuzeichnen. Die günstigen Positionen der bereits zahlreich installierten Kameras bieten nach Aussage der BVG dabei eine von mehreren Voraussetzungen für eine erfolgreiche Strafverfolgung. In diesem Zusammenhang haben seit Mai 2005 mehrere Gespräche zwischen dem Vorstand der BVG und uns über die Aufrüstung der vorhandenen Videoeinrichtungen mit Speicherkapazitäten für mindestens ein Jahr stattgefunden.

Im Juli 2005 stellte uns die BVG ihr Pilotprojekt „24 Stunden Videoaufzeichnung auf drei U-Bahnlinien" vor. Dieses Projekt soll ab März 2006 und damit auch während der Fußball-WM stattfinden. Die vorgesehenen U-Bahnlinien weisen ein besonders hohes Verkehrsaufkommen und eine entsprechend hohe Kriminalitätsbelastung auf. Die BVG will uns sowohl nach den ersten sechs Monaten als auch nach Beendigung des Projekts einen Bericht über ihre praktischen Erfahrungen mit der Videoaufzeichnung vorlegen. Aus diesem Bericht soll sich u. a. auch die Zahl der Fälle ergeben, in denen Aufzeichnungen längerfristig zu bestimmten Zwecken vorgehalten wurden. Rechtsgrundlage für dieses Pilotprojekt wie für jede Form der Videoüberwachung ist § 31 b des Berliner Datenschutzgesetzes (BlnDSG), der auf die BVG als öffentliche Stelle des Landes Berlin anzuwenden ist.

Danach ist die Videoüberwachung öffentlichzugänglicher Räume nur zulässig, soweit sie zur Aufgabenerfüllung oder zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen (am Ausschluss der Überwachung) überwiegen. Der Umstand der Beobachtung und die Daten verarbeitende Stelle sind durch Hinweisschilder erkennbar zu machen.

Unabhängig von den Ergebnissen des Pilotprojekts lässt sich mit dieser Vorschrift keine flächendeckende permanente Videoaufzeichnung auf allen Berliner UBahnhöfen rechtfertigen. Denn es gehört nicht zu den Aufgaben der BVG, die Strafverfolgung oder die Gefahrenabwehr zu erleichtern. Auch die Wahrnehmung des Hausrechts rechtfertigt Videoaufzeichnungen nur, soweit dies angesichts der Gegebenheiten auf bestimmten U-Bahnhöfen erforderlich ist, nicht aber flächendeckend im gesamten U-Bahnnetz.

Dem Senat ist nicht bekannt, dass eine „permanente" Videoaufzeichnung auf U-Bahnhöfen von Seiten der BVG zu irgendeinem Zeitpunkt angestrebt wurde. In der Diskussion war stets nur die Speicherung für einen vorübergehenden Zeitraum bei anschließender automatischer Überschreibung der Aufzeichnungen, wenn kein Ereignisfall eingetreten und keine Anfrage einer Ermittlungsbehörde eingegangen ist. Nach Auffassung des Senats lässt sich allerdings nicht von vornherein ausschließen, dass sich Videoaufzeichnungen auf sämtlichen U-Bahnhöfen des Berliner U-Bahnnetzes oder zumindest auf einer nicht unerheblichen Anzahl der Berliner U-Bahnhöfe als zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich qualifizieren lassen. Diese Frage sollte indes zu einem späteren Zeitpunkt nach Abschluss des Pilotprojektes diskutiert werden.

Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats

Zwar können Aufnahmen, die die BVG im Rahmen ihres Hausrechts für eigene Zwecke macht, bei Bedarf im Einzelfall auch den Strafverfolgungsbehörden zugänglich gemacht werden. Vielmehr hat das BVerfG festgestellt, dass eine solche Verfolgungsvorsorge zum gerichtlichen Verfahren im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG und daher zur konkurrierenden Gesetzgebung gehört. Hier sind auch die Länder zur Gesetzgebung befugt, solange und soweit nicht der Bund abschließend von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat.

Nach der Entscheidung des BVerfG zum Niedersächsischen Polizeigesetz hat der Bundesgesetzgeber im Bereich der Telekommunikationsüberwachung abschließend von der konkurrierenden Gesetzgebung im Rahmen der Strafverfolgung Gebrauch gemacht. Zu anderen Bereichen als der Telekommunikationsüberwachung äußert sich das BVerfG nicht.

Für das geplante Pilotprojekt legte uns die BVG im November 2005 einen Entwurf ihres Datenschutzkonzepts vor. Darin werden die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Videolangzeitarchivierung für die Dauer von 24 Stunden erläutert. Die Videoaufnahmen werden demnach dezentral auf Festplatten, die in die bereits vorhandenen Rechner eingebaut werden sollen, archiviert und erst im Ereignisfall oder bei Anfragen der Ermittlungsbehörden zentral an einem Auswertungsplatz in der BVG-Zentrale ausgewertet.

Die Berechtigung zum Auslesen und Überspielen der gespeicherten Videodaten ist personen-bezogen und auf maximal sieben ausgewiesene zugangsberechtigte BVG-Mitarbeiter beschränkt. Jedem dieser Mitarbeiter ist ein spezielles Anmeldekennwort und ein spezifischer Nutzername zugeordnet. Alle berechtigten Personen sind gemäß § 8 BlnDSG vertraglich verpflichtet worden, das Datengeheimnis zu wahren, wonach es ihnen untersagt ist, personenbezogene Daten unbefugt zu verarbeiten. Diese Pflichten bestehen auch nach Beendigung ihrer Tätigkeiten fort. Nach 24 Stunden erfolgt eine automatische Überschreibung der Aufzeichnungen. Nur das anlassbezogen für die Strafverfolgung relevante Videomaterial wird auf einen Datenträger (DVD) überspielt und dabei entschlüsselt.

Der Datenträger wird anschließend den zuständigen Ermittlungsbehörden gegen Empfangsbescheinigung übergeben. Eine Auslagerung oder eine Lagerung der beschriebenen Datenträger erfolgt nicht.