Zulässigkeit der DNA-Analyse

Die Zulässigkeit der DNA-Analyse setzt gemäß § 81 g StPO voraus, dass wegen der Art und Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass gegen den Beschuldigten künftig Strafverfahren wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu führen sind (Negativprognose). Dies hat zur Folge, dass die Betroffenen bei Erteilung ihrer Einwilligung faktisch gezwungen werden, sich selbst eine Negativprognose auszustellen.

Nach § 81 g Abs. 1 Satz 2 StPO kann die wiederholte Begehung sonstiger (nicht erheblicher) Straftaten im Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichstehen. Diese Gleichsetzung ist ebenfalls verfassungsrechtlich problematisch. Völlig offen ist insbesondere, in welchen Fällen der Unrechtsgehalt einer Tat eine derartige Gleichsetzung rechtfertigt. Wie viele Straftaten das Kriterium der wiederholten Begehung erfüllen, ist ebenfalls unbestimmt. Vor diesem Hintergrund ist zu befürchten, dass es in der Praxis zu einer mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbaren Ausdehnung der DNA-Analysen kommen wird.

Schließlich wurde durch Einfügung eines neuen § 81 h StPO eine gesetzliche Regelung für den Einsatz molekulargenetischer Reihenuntersuchungen auf Grundlage der Einwilligung der Betroffenen geschaffen. Es ist zwar zu begrüßen, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen molekulargenetischer Reihenuntersuchungen gesetzlich geregelt hat, leider fehlt es jedoch an einer Klarstellung im Gesetz, dass diese Maßnahme subsidiär zu anderen Ermittlungsmaßnahmen sein muss und lediglich als ultima ratio eingesetzt werden darf.

Es ist festzustellen, dass das im Gesetzentwurf genannte Ziel einer Verbesserung der rechtsstaatlichen Ausgestaltung des Verfahrens nicht erreicht worden ist.

Vielmehr führen die Regelungen zu einer Verschlechterung der Rechte der Betroffenen bei der Anwendung des eingriffsintensiven Instituts der DNAAnalyse im Strafverfahren.

Neue gesetzliche Regelung für den Großen Lauschangriff

Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 3. März 2004 festgestellt hat, dass die den Großen Lauschangriff regelnden Vorschriften der Strafprozessordnung den Vorgaben des Artikels 13 Abs. 3 Grundgesetz (GG) nicht hinreichend Rechnung tragen und daher in wesentlichen Teilen verfassungswidrig sind, war der Bundesgesetzgeber aufgerufen, spätestens bis zum 30. Juni 2005 verfassungsgemäße Regelungen zu schaffen. Der Gesetzgeber musste insbesondere gesetzlich klarstellen, dass der absolut geschützte Kernbereich privater Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats

Lebensgestaltung nicht zugunsten der Strafverfolgung eingeschränkt werden darf.

Der erste vom Bundesministerium der Justiz im Juni 2004 vorgelegte Referentenentwurf, der sich auf eine minimale Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts beschränkte und sogar das Abhören der Kommunikation mit Berufsgeheimnisträgern zuließ, wurde nach scharfer Kritik u. a. von Berufsverbänden und Datenschützern zurückgenommen. Im September 2004 legte die Bundesregierung einen neuen Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der akustischen Wohnraumüberwachung vor. Der Entwurf verzichtete zwar auf Abhörbefugnisse für die Kommunikation im Rahmen beruflicher Verschwiegenheitsverhältnisse, ließ jedoch weiterhin offen, was unter dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zu verstehen ist.

Nachdem der Bundesrat den Gesetzentwurf der Bundesregierung als unzureichend abgelehnt hatte, rief er den Vermittlungsausschuss an. Unter dem mit der Fristsetzung des Bundesverfassungsgerichts für eine Neuregelung bis zum 30. Juni 2005 verbundenen hohen Zeitdruck haben sich die rot-grüne Koalition und die CDU/CSU-Fraktion gegen die Stimmen der FDP im Vermittlungsausschuss auf einen Kompromiss geeinigt.

Anderenfalls wäre die akustische Wohnraumüberwachung ab dem 1. Juli 2005 nicht mehr möglich gewesen. Ergebnis dieses Kompromisses ist ein gegenüber dem im Bundestag verabschiedeten Regierungsentwurf erweiterter Katalog der Anlasstaten für die akustische Wohnraumüberwachung.

Nach Annahme des Gesetzentwurfs durch den Bundesrat am 16. Juni 2005 erfolgte einen Tag später die Zustimmung durch das Parlament. Rechtzeitig zum 1. Juli 2005 konnte das Gesetz in Kraft treten.

Die zentrale Vorschrift des § 100 c Strafprozessordnung (StPO) knüpft die Zulässigkeit des Abhörens und Aufzeichnens des in einer Wohnung nicht-öffentlich gesprochenen Wortes an den Verdacht einer besonders schweren Straftat, wenn diese auch im Einzelfall besonders schwer wiegt. § 100 c Abs. 2 StPO enthält einen umfangreichen abschließenden Katalog von Anlassdelikten. Hierbei handelt es sich um insgesamt mehr als sechzig unterschiedliche Delikte, die unterschiedlichen Gesetzen (z. B. Strafgesetzbuch, Kriegswaffenkontrollgesetz, Asylverfahrensgesetz, Aufenthaltsgesetz) zu entnehmen sind. Bei einigen der in diesem Katalog genannten Straftatbestände (z. B. Fälschung von Vordrucken für Euroschecks) muss die Frage nach der praktischen Relevanz erlaubt sein. I 2005, 1841

Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats gewährleisten, hat der Gesetzgeber verschiedene Datenerhebungs- und Datenverwertungsverbote geschaffen. So ist das Abhören und Aufzeichnen unverzüglich zu unterbrechen, soweit sich während der Überwachung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden.

Entsprechende Aufzeichnungen sind unverzüglich zu löschen. Erkenntnisse über solche Äußerungen dürfen nicht verwertet werden.

Obwohl der Gesetzgeber Vorschriften geschaffen hat, die die Anforderungen an die Datenverarbeitung regeln, ist es bedauerlich, dass er nach dem eindeutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das dem Abhören von Wohnungen enge Grenzen gesetzt hat, nicht ganz auf eine Neuregelung der massiv in die Privatsphäre der Betroffenen eingreifenden akustischen Wohnraumüberwachung verzichtet hat. Es bleibt zu hoffen, dass in der Praxis von der Möglichkeit der akustischen Wohnraumüberwachung restriktiv Gebrauch gemacht und in Zweifelsfällen im Interesse des Grundrechtsschutzes der Betroffenen auf diese Form der Überwachung verzichtet wird.

Zu bedenken ist außerdem, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur akustischen Wohnraumüberwachung weitreichende Auswirkungen auf andere verdeckte Ermittlungsmaßnahmen hat. Die von den Datenschutzbeauftragten aufgestellte Forderung, alle Formen der verdeckten Datenerhebung an den Maßstäben der Entscheidung zu messen und die Befugnisregelungen im repressiven wie im präventiven Bereich auf den Prüfstand zu stellen, gilt es auch auf Landesebene zügig umzusetzen.

Das Gesetz über den Verfassungsschutz in Berlin (Verfassungsschutzgesetz Berlin - VSG Bln) sieht bisher vor, dass Daten aus der Intimsphäre einer Person nicht gespeichert werden dürfen. Ob und gegebenenfalls welchen Änderungsbedarf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht vom 3. März 2004 und 27. Juli 2005 für das VSG Bln mit sich bringen, wird geprüft.

Der Gesetzgeber muss nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Vorkehrungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung auch im Polizei- und Verfassungsschutzrecht treffen.

Datenschutz in Rechtsanwaltskanzleien

Nach Auffassung der Berliner Rechtsanwaltskammer wie auch der Bundesrechtsanwaltskammer gilt das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) nicht für Rechtsanwälte. Deren Pflichten zum Umgang mit mandats- und nicht mandatsbezogenen Daten würden sich ausschließlich aus der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ergeben. Für die datenschutzrechtliche Kontrolle der Rechtsanwälte sei nicht die Aufsichtsbehörde nach § 38 BDSG zuständig, sondern ausschließlich die jeweilige Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied der Rechtsanwalt sei. Eine Kontrollkompetenz der Aufsichtsbehörde würde insbesondere die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts nach § 43

a Abs. 2 BRAO tangieren.

Dem Senat sind bereits aus der Vergangenheit die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und der Rechtsanwaltskammer bekannt. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Regelungen des Datenschutzgesetzes für Rechtsanwälte gelten, ist nach wie vor umstritten. Die Landesjustizverwaltung hat im Rahmen der Staatsaufsicht jedoch keine Möglichkeit, in dieser Frage auf die Rechtsanwaltskammer Berlin Einfluss zu nehmen. Die Pflicht zur Einhaltung datenschutzrechtlicher Belange ergibt sich schon aus der Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts. Bei datenschutzrechtlichen Verstößen von Rechtsanwälten hat die Rechtsanwaltskammer die Möglichkeit, anwaltsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen.