Sozialgericht hat im Rahmen eines „Medizin Regressprozesses" eine Entscheidung getroffen

Der davon abhängige Gesetzentwurf, mit dem die landesrechtlichen Voraussetzungen für die Verwendung von personenbezogenen Daten des Berliner Melderegisters im Rahmen der Aufgaben der Zentralen Stelle geschaffen werden, wurde am 18. Mai 2006 vom Abgeordnetenhaus beschlossen.

Presseveröffentlichung in einem Sozialgerichtsprozess

Das Sozialgericht hat im Rahmen eines „Medizin Regressprozesses" eine Entscheidung getroffen zu der Frage, ob eine Krankenkasse für ein verordnetes Medikament aufkommen muss, das für die spezielle Anwendung nicht zugelassen war, aber die einzige Möglichkeit bot, einem schwer kranken Patienten zu helfen. Der Pressesprecher des Sozialgerichts wollte von uns wissen, ob in der Pressemitteilung und dem Urteil, das veröffentlicht werden soll, der unterlegene Arzt als solcher benannt werden darf, welche persönlichen Angaben über ihn zulässig sind und ob zumindest die Klinik, der der Arzt angehört, auf Nachfrage Dritter genannt werden darf. Darüber hinaus stellte sich für künftige Fälle die Frage, ob der Hinweis auf eine bevorstehende Gerichtsverhandlung anders zu bewerten ist als ein nachträglicher Bericht über den Inhalt der Entscheidung und ob es einen Unterschied macht, dass eine öffentliche Verhandlung oder nur ein schriftliches Verfahren stattgefunden hat.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BlnDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach diesem Gesetz zulässig, wenn wegen der Art der Verwendung schutzwürdige Belange der Betroffenen nicht beeinträchtigt werden.

Bei dem betroffenen Arzt handelte es sich um eine „bekannte Größe" im medizinischen Bereich. Zudem ging es bei dem Prozessgegenstand um eine Angelegenheit von hohem öffentlichen Interesse.

Deshalb war davon auszugehen, dass schutzwürdige Belange des Arztes durch die Bekanntgabe seiner Funktionsbezeichnung in der Pressemitteilung und im Urteil nicht beeinträchtigt werden. Eine solche Beeinträchtigung kann aber vorliegen, wenn es im Prozess um ein „ehrenrühriges" vorwerfbares Verhalten geht (z. B. im Betrugsfall). Schutzwürdige Belange können darüber hinaus sowohl beim Hinweis auf eine bevorstehende Gerichtsverhandlung als auch bei einem nachträglichen Bericht über den Inhalt einer Entscheidung beeinträchtigt sein. Im ersten Fall ist dies nur dann zu verneinen und die Veröffentlichung zulässig, wenn es sich ausschließlich um die Terminankündigung und eine sparsame Beschreibung des Prozessgegenstandes handelt. Dies gilt wiederum nur für die Information durch Aushang im Gericht und der örtlichen Presse (Print­Medien, Rundfunk und Fernsehen). Eine Verbreitung über das weltweite Medium des Internet wäre nicht zulässig. Die Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen allein führt nicht zur Zulässigkeit der Datenverarbeitung. Stets muss geprüft werden, ob schutzwürdige Belange der Betroffenen durch die Veröffentlichung der Daten Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats beeinträchtigt werden. Eine Offenbarung des Namens des Arztes und der Funktionsbezeichnung auf Anfrage Dritter war nach § 6 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) IFG zulässig. Nach § 2 Abs. 1 letzter Satz IFG gilt das Gesetz für die Gerichte nur, soweit sie Verwaltungsaufgaben erledigen. Hierzu gehört die Veröffentlichung der gerichtlichen Entscheidung und der Pressemitteilung, denn dies stellt keine „echte" Tätigkeit der Judikative dar.

Es muss stets im Einzelfall geprüft werden, ob die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten von Prozessbeteiligten durch das Gericht zulässig ist.

Maßgeblich ist, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht beeinträchtigt werden.

Sozial- und Jugendverwaltung Anforderung medizinischer Unterlagen durch Sachbearbeiter des Sozialamtes

Mehrere Bürger wandten sich an uns und schilderten, sie seien im Verfahren zur Feststellung der dauerhaften vollen Erwerbsminderung von der Abteilung Soziales eines Bezirksamtes aufgefordert worden, ein Erklärungsformular über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zu unterschreiben. Diese Erklärung sollte es den Sozialleistungs- und Rentenversicherungsträgern erlauben, von den behandelnden Ärzten und Einrichtungen ärztliche und psychologische Untersuchungsunterlagen anzufordern.

Die Betroffenen waren verunsichert und fragten uns, ob die Mitarbeiter des Sozialamtes, die gerade nicht zum medizinischen Personal gehören, befugt sind, sensible ärztliche Unterlagen anzufordern.

Hintergrund der Anforderung der Schweigepflichtentbindungserklärungen war ein Verfahren zur Prüfung, ob Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung zu gewähren waren. Voraussetzung für den Anspruch ist die Feststellung des Vorliegens einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung.

Leistungen der Grundsicherung wurden bis zum 31. Dezember 2004 von den Grundsicherungs-trägern nach den Vorschriften des Grundsicherungsgesetzes (GSiG) gewährt. Mit der Eingliederung der Sozialhilfe in das neu geschaffene Sozialgesetzbuch ­ Zwölftes Buch (SGB XII) wurde das bisherige Bundessozialhilfegesetz ersetzt. Gleichzeitig wurde das GSiG aufgehoben und die Vorschriften über die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wurden in das neue SGB XII aufgenommen. Träger der Leistungen der Grundsicherung sind nunmehr die Träger der Sozialhilfe.

Nach der alten Rechtslage nach dem GSiG war es unklar, ob der Grundsicherungsträger befugt war, selbst über das Vorliegen einer Erwerbsminderung zu entscheiden oder ob er die medizinische Entscheidung darüber allein dem Rentenversicherungsträger als Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats fachlich geeigneter Stelle überlassen musste und an diese Entscheidung gebunden war. In der Vergangenheit hatte dies zur Folge, dass teilweise umfangreiche Schweigepflichtentbindungserklärungen von den Betroffenen angefordert wurden. Diese Verfahrensweise haben wir wiederholt kritisiert.

Durch den neuen § 45 SGB XII ist nunmehr klargestellt, dass der Träger der Sozialhilfe den zuständigen Träger der Rentenversicherung ersucht, die medizinischen Voraussetzungen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung zu prüfen, wenn es „aufgrund der Angaben und Nachweise des Leistungsberechtigten als wahrscheinlich erscheint, dass diese erfüllt sind und das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt vollständig zu decken. Die Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung ist für den ersuchenden Träger der Sozialhilfe bindend."

Damit ist klargestellt, dass die medizinische Begutachtung ausschließlich den Rentenversicherungsträgern obliegt. Eine Anforderung weiterer Unterlagen bei Ärzten oder Einrichtungen ist dagegen nicht erforderlich. Der Träger der Sozialhilfe ist auch nicht befugt, eine Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht einzuholen, die es ihm erlaubt, ärztliche Untersuchungsunterlagen über den Betroffenen bei Dritten anzufordern. Für die Feststellung der Wahrscheinlichkeit einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung durch den Träger der Sozialhilfe ist es ebenfalls nicht erforderlich, Unterlagen von Dritten zu beschaffen. Vielmehr stellt § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB XII klar, dass es auf die „Angaben und Nachweise des Leistungsberechtigten" ankommt.

Im konkreten Einzelfall hat das Bezirksamt den verwendeten Vordruck nach unseren Vorgaben überarbeitet. Die von den Betroffenen angeforderte Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht erlaubt es nunmehr ausschließlich den Rentenversicherungsträgern, weitere Unterlagen von den im Antrag angegebenen Ärzten und Einrichtungen anzufordern. Außerdem werden die Betroffenen darauf hingewiesen, dass die von ihnen eingereichten Gutachten und Atteste über die als Ursache für die Erwerbsminderung im Antrag angegebene Behinderung oder Krankheit ausschließlich an den Rentenversicherungsträger weitergegeben werden.

Da die ursprünglich verwendeten Vordrucke für die Erklärung der Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht von dem einzelnen Bezirksamt entwickelt, sondern offenbar von den Rentenversicherungsträgern zur Verfügung gestellt worden waren, halten wir eine Überarbeitung dieser Erklärungen sowie des Verfahrens zur Feststellung der dauerhaften vollen Erwerbsminderung für erforderlich, um auf diese Weise berlinweit eine einheitliche Verfahrensweise erreichen zu können. Aus diesem Grund sind wir mit unserem Anliegen an die zuständige

Das ­ bundesweit verwendete ­ Formular der Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht ist Teil der Vereinbarung zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden und dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) über das Verfahren zur Prüfung der dauerhaften Erwerbsminderung. Die Gespräche über eine Abänderung des Formulars zwischen dem Bundesbeauftragten für Datenschutz, den kommunalen Spitzenverbänden und dem VDR sind noch nicht abgeschlossenen.