Erschleichen von Beförderungsleistungen

Schließlich lässt sich eine Schwarzfahrt oder ein Missbrauch mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Fällen ausschließen, in denen der neben Trägerkarte und Wertmarke/Wertabschnitt zusätzlich erforderliche Berechtigungsausweis (Schüler- bzw. Studentenausweis) zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht vorgelegt werden kann.

Selbst wenn dieser Berechtigungsausweis einem Dritten überlassen werden würde, liegt zumindest hinsichtlich der Nutzung der Beförderungseinrichtungen durch den Inhaber keine Schwarzfahrt vor, da er alle Voraussetzungen für die bei sich geführte Kundenkarte erfüllt.

Nichts anderes gilt für die Fälle, in denen der Berechtigungsausweis abgelaufen ist, aber die Voraussetzungen vorliegen, also lediglich die rechtzeitige Verlängerung versäumt wurde. Diese Fälle lassen sich auch mit den Konstellationen gleichstellen, wo die Träger-/Kundenkarte bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht rechtzeitig verlängert wurde.

Ein Missbrauch bzw. eine Schwarzfahrt kann auch bei Fahrgästen ausgeschlossen werden, auf deren Träger/Kundenkarte das Passfoto fehlt. In diesem Fall reicht es aus, bei der Kontrolle das lose Bild sowie den Personalausweis vorzulegen, da sich der Kontrolleur an Ort und Stelle von der Identität des Fahrgastes überzeugen kann.

"Schwarzfahren" ist kein juristischer Begriff.

Gleichwohl wird das „Schwarzfahren" umgangssprachlich häufig mit dem strafbaren „Erschleichen von Beförderungsleistungen" (§ 265 a StGB) gleichgesetzt.

Gerade darauf beruht auch die beeinträchtigende Wirkung für den Inhaber einer Zeitfahrkarte, der nur deshalb prompt in einer „Schwarzfahrerdatei" gespeichert wird, weil er bei einer Kontrolle nicht den vollständigen Nachweis dafür erbringen kann, dass er in Wirklichkeit den Fahrpreis entrichtet hat. Er fühlt sich damit zu Unrecht als Betrüger abgestempelt.

Zwar ist auf der anderen Seite das Interesse des Verkehrsunternehmens daran anzuerkennen, dass der Fahrgast die Beweislast für die Entrichtung des Fahrpreises trägt. Dies hat seinen Niederschlag in den Beförderungsbedingungen gefunden, wonach jeder, der ohne gültigen Fahrausweis (einschließlich aller Berechtigungsnachweise) angewiesen wird, ein „Erhöhtes Beförderungsentgelt" zu entrichten hat.

Häufig dient die Einstellung der Daten solcher Personen aber nicht nur der ­ berechtigten ­ Eintreibung dieses erhöhten Entgelts, sondern hat den Charakter einer Nebenstrafe, für die es keine Berechtigung gibt.

Speicherung der Daten

Die BVG darf nach § 3 Abs. 1 und 2 Berliner Betriebedatenverordnung (BerlBetrDatVO) (Ermächtigungsgrundlage für diese VO ist § 19 Abs. 2 Berliner Betriebegesetz) von Fahrgästen, die ohne gültigen Fahrausweis angetroffen werden, zur Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats

Beitreibung des „Erhöhten Beförde-rungsentgelts" sowie zur Erfassung von Wiederholungsfällen Name, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht des Kunden, Anschrift sowie Namen und Anschrift gesetzlicher Vertreter, Zeit, Ort und sonstige für die Rechtsverfolgung erheblichen Umstände des Vorfalls verarbeiten. Ein ungültiger Fahrausweis liegt auch in den hier interessierenden Fällen vor, in denen ein Missbrauch ausgeschlossen werden kann.

Die Erfassung von Wiederholungsfällen kann jedoch nur für "echtes Schwarzfahren" zum Tragen kommen, weil nur hier ein Interesse der BVG an der Durchsetzung ihrer Rechte besteht.

§ 3 Abs. 4 Satz 1 BerlBetrDatVO sieht jedoch für die verschiedenen Fallgestaltungen keine Unterschiede für die Löschungsfrist vor. Bei der BVG sind die zur Beitreibung des „Erhöhten Beförderungsentgelts" sowie zur Erfassung von Wiederholungstätern erhobenen Daten ein Jahr nach Abwicklung der auf den Vorfall gegründeten Rechtswirkungen, spätestens ein Jahr nach dem letzten einschlägigen Vorfall zu löschen.

Lediglich für Kinder bis 14 Jahren erfolgt die Löschung bereits nach Zahlung des „Erhöhten Beförderungsentgelts" (§ 3 Abs. 4 Satz 2). Da bei ihnen nicht nur eine zivilrechtliche Verfolgung des Vorgangs ausscheidet, sondern wegen Strafunmündigkeit auch eine strafrechtliche Verfolgung, sind deren Daten auch nicht in die "Schwarzfahrer- bzw. Wiederholungstäterdatei" aufzunehmen.

Die Frage einer Löschung nach Zahlung des „Erhöhten Beförderungsentgelts" stellt sich auch in den Fällen, in denen ein Missbrauch ausgeschlossen ist. Eine Speicherung in der "Schwarzfahrerdatei" bzw. Mehrfachtäter- oder Wiederholungstäterdatei ist hier nicht zulässig, da mit dieser Datei ein anderer Zweck verfolgt wird. Es bedarf einer separaten Datei mit entsprechender Zweckbestimmung - nämlich der Erhebung des ermäßigten „Erhöhten Beförderungsentgelts" und dessen Abwicklung. Ist dieser Zweck erfüllt, müssen die Daten gelöscht werden.

Die BVG hat zusammen mit dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit für die noch offenen Fragen des Themenbereichs Lösungen gefunden, die die BVG umsetzen wird.

Der Senat begrüßt, dass es hier zu einvernehmlichen Lösungen gekommen ist, bei der die datenschutzrechtlichen Belange der betroffenen Personengruppen Berücksichtigung gefunden haben.

Zulässigkeit der Übermittlung an ein InkassoUnternehmen

Die BVG darf außerdem die genannten Daten zur Wahrnehmung ihrer Rechte an Dritte, insbesondere an Strafverfolgungsbehörden und Inkasso-Unternehmen weitergeben. Auch in Fällen, in denen ein Missbrauch ausgeschlossen werden kann, entsteht ein zivilrechtlicher Anspruch auf das reduzierte „Erhöhte Beförderungsentgelt", zu dessen Eintreibung sich die BVG eines Inkasso-Unternehmens bedienen darf.

Problematisch ist jedoch die sofortige Übermittlung der Daten mit dem vollen Betrag des „Erhöhten Beförderungsentgelts" an das Inkasso-Unternehmen, da dem Kunden eine Woche Zeit eingeräumt wird nachzuweisen, dass er Inhaber einer persönlichen Zeitkarte ist, und auf diese Weise eine Reduzierung des Entgelts zu erreichen. Dieses Problem haben wir mit Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats der BVG bereits in der Vergangenheit erörtert und die sofortige Übermittlung personenbezogener Daten noch für datenschutzrechtlich vertretbar gehalten. Allerdings haben wir ein datenschutz-freundlicheres Verhalten der BGV und einen höheren Datenschutzstandard im gesamten Verfahren angemahnt.

Einigkeit besteht damit darüber, dass die Forderung für das „Erhöhte Beförderungsentgelt" von der BVG unmittelbar nach der Fahrkartenkontrolle an ein Inkasso-Unternehmen abgetreten werden kann. Die BVG ist deshalb nach § 3 Abs. 1 und 2 BerlBetrDatVO berechtigt, die entsprechenden Daten zur Forderungseinziehung an das Inkasso-Unternehmen weiterzuleiten.

Das Inkasso-Unternehmen ist erst nach Ablauf der Wochenfrist berechtigt, die Entgeltforderung geltend zu machen, da die Betroffenen eine Woche Zeit haben, die Forderung der BVG zu erfüllen, und bei Vorlage eventueller Nachweise erst dann die eigentliche, reduzierte Forderungshöhe feststeht. Dagegen wurde zumindest in einigen der beim Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vorliegenden Fälle verstoßen. Es reicht nicht aus, eine ihrem Inhalt und ihrem äußeren Anschein nach als Zahlungsaufforderung zu verstehende Nachricht mit dem - klein gedruckten - Zusatz zu versehen, dass der Betroffene das Schreiben als hinfällig betrachten kann, wenn er die Forderung bereits beglichen oder sich mit der BVG in Kontakt gesetzt hat.

Das Inkasso-Unternehmen muss die ihm von der BVG übermittelten Daten unmittelbar nach Begleichung der Forderung löschen (§ 3 Abs. 4 BerlBetrDatVO). Erfolgt die Begleichung bei der BVG zusammen mit dem Nachweis der Inhaberschaft für eine persönliche Zeitkarte, muss dieser Umstand dem InkassoUnternehmen unverzüglich mitgeteilt werden, was wiederum eine Datenübermittlung erfordert. In den Fällen, in denen der Missbrauch von vornherein ausgeschlossen werden kann, stellt sich die Frage der Zulässigkeit einer sofortigen Übermittlung der personenbezogenen Daten an das InkassoUnternehmen.

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass die Aufnahme und einjährige Speicherung der Daten von Personen, bei denen eine so genannte Schwarzfahrt mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, unzulässig ist.

Die Rechtslage wurde der BVG ausführlich dargelegt.

Das Unternehmen hat die Problematik bei Schülern erkannt und führt zurzeit ein Pilotprojekt zur Einführung eines neuen Schülerausweises durch, das im August d. J. gestartet und von unserer Behörde begleitet wird. Die voraus-sichtliche Dauer des Projekts beträgt ein Jahr.

Das Vorhaben der BVG, den Berechtigungsausweis und die Trägerkarte auf einem Dokument (Plastikkarte) zusammenzuführen.