Pflege

Besonderheiten der Berliner Friedhofslandschaft (sehr hoher Anteil an Park- und Waldfriedhöfen),

· unvorhersehbare Entwicklungen im Bestattungsverhalten,

· die Möglichkeit außergewöhnlicher Ereignisse (Katastrophen),

· der prognostizierte Anstieg der Mortalitätsrate.

Nach der aktuellen Bevölkerungsprognose (Bevölkerungsentwicklung in der Metropolenregion Berlin 2002-2020, Senatsbeschluss Nr. 1657/04) wird als Folge der zunehmenden Überalterung der Bevölkerung die Zahl der jährlichen Sterbefälle steigen. Allerdings wird erst nach 2020 wieder ein Wert erreicht sein, der dem Ausgangsjahr der Berechnungen zum Friedhofsflächenbedarf (1990) zu Grunde liegt.

Insofern stellt der für Berlin errechnete langfristige Friedhofsflächenbedarf von rund 680 ha bis 2020 bereits einen Maximalbedarf dar Ausgehend vom zu berücksichtigenden Friedhofsflächenbestand von rund 1.020 ha ist bei einem angenommen gleichbleibenden Bestattungsverhalten - also mehr als 70 % Urnenbestattungen und mit einem hohen Anteil an Beisetzungen in UGA - bis zum Jahre 2025 somit in Berlin ein Friedhofsflächenüberschuss von mindestens 340 ha zu erwarten. Die bisher genannte Überschussfläche von 700 ha berücksichtigte die Berliner Friedhöfe im Land Brandenburg und die bereits für Bestattungen geschlossenen Friedhöfe in Berlin.

Die Nutzungsrechte aus vergangenen Jahrzehnten mit insgesamt höheren Bestattungszahlen und einem größeren Anteil an Erdbestattungen laufen erst allmählich aus. Auf der Grundlage der erfassten zusammenhängenden ehemaligen Belegungs- sowie Erweiterungsflächen von rund 150 ha und geschätzten rund 50 ha freien Flächen innerhalb noch belegter Grabfelder beträgt die aktuelle Überschussfläche rund 200 ha.

Für die Versorgung der einzelnen Bezirke mit Friedhofsfläche ergibt sich langfristig folgendes Bild:

· 8 überversorgte Bezirke (Pankow, Spandau, Steglitz-Zehlendorf, SchönebergTempelhof, Neukölln, Treptow-Köpenick, Lichtenberg, Reinickendorf),

Der Bezirk Mitte zählt nicht mehr zu den übersorgten Bezirken, da die geschlossenen Friedhöfe am Plötzensee nicht mehr berücksichtigt werden.

· 3 bedarfsgerecht versorgte Bezirke (Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf),

· 1 unterversorgter Bezirk (Marzahn-Hellersdorf). Auf Grund der jetzigen Bevölkerungsstruktur und der Bestattungsgewohnheiten besteht jedoch aktuell keine Veranlassung zur Erweiterung des Bestandes. Bei einem Bedarfsanstieg können im Bezirk Erweiterungsflächen bei vorhandenen Friedhöfen aktiviert werden. Darüber hinaus stehen in den Nachbarbezirken Lichtenberg und TreptowKöpenick gut erreichbare Friedhöfe zur Verfügung.

5. Planungsaussagen

Die Anpassung des Friedhofsflächenbestandes von Berlin an den Bedarf erfolgt vorrangig in den überversorgten Stadtgebieten, wobei landeseigene und konfessionelle Friedhöfe gleichermaßen in die Überlegungen einbezogen wurden. Auf Wunsch von Friedhofsträgern wurden im Ergebnis des Beteiligungsverfahrens auch einzelne Friedhöfe aus dem insgesamt ausgeglichen versorgten Bezirk FriedrichshainKreuzberg berücksichtigt. Die Planungsvorschläge wurden auf der Grundlage der Bestandssituation hinsichtlich der Nutzungsintensität, Auslastung, Bindungsfristen sowie der Nutzungsbeschränkungen aus dem Denkmalschutzgesetz, dem

Bundesgesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft und § 12 Abs. 6 des Berliner Friedhofsgesetzes (Ehrengrabstätten) erstellt (FEP, Anlagen 4-15). Darüber hinaus sind die kulturhistorischen, naturschutzrechtlichen und freiflächenpolitischen Belange, die die Friedhöfe über den Bestattungszweck hinaus betreffen, in die Abwägung einbezogen worden.

Es ist jedoch zu beachten, dass der Friedhofsentwicklungsplan ein Planungsinstrument darstellt, mit dem vorerst ein Prozess zur Konzentration von Bestattungsflächen eingeleitet werden soll. Nur durch die Schließung von Flächen für weitere Bestattungen kann langfristig eine bedarfsgerechte Versorgung mit Friedhofsflächen erreicht werden. Detailerfassungen, Kartierungen, Bewertungen und finanzielle Betrachtungen hinsichtlich Natur- und Denkmalschutz können im Rahmen der Gesamtbetrachtung nicht erbracht werden. Sie sind von den Friedhofsträgern im Rahmen eines konkreten Umnutzungsverfahrens durchzuführen. In diesem Verfahren ist in den Fällen, in denen die „sonstige Nachnutzung" von Friedhofsflächen der FNPDarstellung widerspricht, im Rahmen einer FNP-Änderung über die zukünftige Nutzung abzustimmen und zu entscheiden.

Folgende Planungsaussagen werden im FEP gemacht:

· Die Friedhöfe sind ein nicht unerheblicher Teil der städtischen Freiflächen und wichtiger Bestandteil der städtischen Grünzüge. Diese Strukturen werden weitgehend erhalten.

· Als erster Schritt in Richtung einer bedarfsgerechten Versorgung werden 290 ha Friedhofsfläche für weitere Bestattungen geschlossen; davon rund 257 ha als Teilflächen von Friedhöfen und rund 33 ha als komplette Schließung von Friedhöfen.

Drei dieser Friedhöfe mit 14 ha Fläche sollen auf Grund ihrer historischen Bedeutung oder der hohen Anzahl von Gedenkstätten, Opfergräbern und Denkmalen jedoch dauerhaft als Friedhofsanlage gewidmet bleiben (Friedhofsparke, Anlage 1, Übersicht 4).

· Friedhofsflächen, die frei von Nutzungsrechten sind, können entwidmet und umgenutzt werden. Als Nutzungsmöglichkeiten werden „Grünfläche/Wald" (195 ha) und „Sonstige Nutzung" (81 ha) angegeben. Für über 70 % der Fläche, für die eine Umnutzungsmöglichkeit angegeben wird, ist demzufolge eine „grüne" Nachnutzung vorgesehen. „Grünfläche/Wald" sind dabei nicht mit „öffentliche Grünflächen" im Sinne des Grünanlagengesetzes gleichzusetzen: Unter dieser Kategorie sind vielmehr alle Arten einer grünen Flächennutzung subsummiert, die der Sicherung des Grünpotenzials der Stadt dienen (Grün- und Parkanlagen, Kleingärten, Sportund Spielplätze, Biotope, landwirtschaftliche Flächen, Wald, Naherholungsgebiete).

Sofern in einzelnen Fällen die Übernahme bzw. Anlage als öffentliche Grünanlage durch ein Bezirksamt angestrebt wird, sind die konkreten Übernahmebedingungen auszuhandeln, ggf. kann im Einzelfall bei konfessionellen Friedhöfen auch ein Flächenaustausch mit dem Land Berlin in Betracht kommen. Bei zwingendem öffentlichen Interesse lässt das Friedhofsgesetz statt der grundsätzlich geforderten Folgenutzung „Grünfläche" auch eine bauliche oder sonstige „nicht grüne Nutzung" zu. Von dieser Ausnahmeregelung soll auf Grund der wirtschaftlichen Notsituation der Friedhofsträger Gebrauch gemacht werden. Die Planungsvorschläge sehen daher auch eine „Sonstige Nutzung", d.h. wirtschaftliche Verwertbarkeit vor. Das dafür notwendige zwingende öffentliche Interesse ergibt sich auch aus dem Gebührenrecht, das die Finanzierung der Unterhaltung der überschüssigen Flächen aus den Friedhofsgebühren nicht zulässt.

· 93 Friedhöfe mit 283 ha Friedhofsfläche werden vollständig erhalten.

Eine Umnutzung ist möglich, sobald die planungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Für 106 ha Friedhofsfläche kommt eine kurzfristige Umnutzung in Betracht.

Dies sind Friedhofsteile, die noch nie oder seit mehr als drei Jahrzehnten nicht mehr für Bestattungen genutzt wurden (Erweiterungsflächen, Wirtschaftsflächen, Grünflächen). Langfristig könnten weitere 170 ha aus dem Friedhofsbestand genommen werden.

Ob eine Umnutzung von Friedhofsflächen angestrebt wird, entscheiden die Friedhofsträger. Landeseigene Flächen können im Fachvermögen der Bezirke verbleiben oder dem Liegenschaftsfonds übertragen werden. Bei Übertragung an den Liegenschaftsfonds übernimmt dann die Liegenschaftsfonds Projektgesellschaft mbH & Co. KG die Qualifizierung der Flächen.

Die Potenziale zur Reduzierung der Bestattungsfläche sind auf Grund der spezifischen Bedingungen auf den einzelnen Friedhöfen unterschiedlich. Da sich der Planungsrichtwert von 2m² pro Einwohner am Durchschnitt der planungsrelevanten Faktoren für die Gesamtstadt orientiert, kommt es in einzelnen Bezirken zu Abweichungen zwischen dem rechnerisch ermittelten Friedhofsflächenbedarf und den Planungsergebnissen. Darüber hinaus haben mehrere konfessionelle Friedhofsträger die vorgeschlagene Einschränkung von Bestattungsfläche auf ihren Friedhöfen nicht akzeptiert. Der Richtwert wird daher um 0,2 m² pro Einwohner überschritten.

6. Finanzielle Konsequenzen aus der Friedhofsschließung und ­aufhebung Solange noch einzelne Flächen mit Nutzungsrechten belegt sind, müssen die Friedhofsträger einen den allgemeinen Anforderungen an Friedhofsflächen genügenden Pflegezustand sichern. Nur zusammenhängende und abzugrenzende Flächen ohne Nutzungsrechte können mit einer Mindestpflege, die sich vor allem auf die Gewährleistung der Verkehrsicherheit und die allgemeine Sauberhaltung beschränkt, unterhalten werden. Insofern führt eine Konzentration der Bestattungen auf ausgewiesenen Flächen allmählich zu einer Kostenreduzierung und damit zu einer Verbesserung der wirtschaftichen Situation der einzelnen Friedhöfe.

Landeseigene Friedhöfe

Für die Pflege und Unterhaltung der landeseigenen Friedhöfe entfielen bei den Bezirken im Jahr 2004 erweiterte Teilkosten in Höhe von 23,1 Mio. auf das Produkt „Öffentliche Friedhöfe ­ Bereitstellung" (77700), davon 19,6 Mio. budgetwirksam.

In dem Maße, wie landeseigene Friedhofsflächen nicht mehr mit Nutzungsrechten belegt sind, können sie vorerst wie öffentliche Grünanlagen bewertet werden. Die Zuweisung erfolgt dann nicht mehr über das Friedhofsprodukt sondern über die Pflegeaufwandsprodukte der Öffentlichen Grünanlagen.

Eine Einsparung für den Landeshaushalt ergibt sich aus der unterschiedlichen Pflege- sowie Kostenintensität, die sich in den Zuweisungspreisen widerspiegelt. So betrug der Zuweisungspreis 2006 je m² und Jahr

- für das Friedhofsprodukt 3,61

- für die Aufwandsklasse III der Grünanlagen (Produkt Nr. 78447) 1,78

- für die Aufwandsklsse IV der Grünanlagen (Produkt Nr. 78448) 0,60.

Auf den landeseigenen Friedhöfen sind bereits rund 95 ha frei von Nutzungsrechten, so dass durch eine veränderte Mittelzuweisung entsprechend der Aufwandsklassen III bzw. IV der Grünanlagen eine Einsparungssumme von rund 2 Mio. für den Landeshaushalt erreicht werden kann. Während der Zuweisungssatz für das Friedhofsprodukt je nach Bezirk zwischen 3,00 und 3,36 je m² und Jahr liegt,