Sachverhaltsdarstellung

Es handelt sich um eine Sachverhaltsdarstellung. Allerdings befand sich die Polizeibehörde zum Zeitpunkt der Prüfung durch den Rechnungshof in einem tief greifenden Organisationsentwicklungsprozess. Zahlreiche aufgabenkritische Ansätze zur Verbesserung der Behördenstruktur wurden zwischenzeitlich im Rahmen des Projektes „Neuordnung der Führungsstrukturen" umgesetzt.

Die Beanstandungen des Rechnungshofs gehen teilweise nicht nur von veralteten organisatorischen Voraussetzungen aus, sondern lassen auch aktuelle Entwicklungen, wie beispielsweise die Ergebnisse der Bewertungskommission, unberücksichtigt.

T 113:

Der Polizeipräsident hat zwar darauf hingewiesen, dass die Zentrale Serviceeinheit jederzeit in der Lage sei, kurzfristig aktuelle Stellen- und Personaldaten aufzuliefern. Die erforderliche Übersicht über die tatsächliche Personalverwendung konnte aber nicht mit abgesicherten Daten zur Verfügung gestellt werden. Auch der Stab des Polizeipräsidenten musste diese von den einzelnen Dienststellen abfragen. Dabei entstand hoher Arbeitsaufwand, weil die Vielzahl von nebeneinander geführten Datensystemen einen automatisierten Zugriff zum Zwecke der Aktualisierung zentraler Datenbestände nicht zuließ. Wegen der Größe der Behörde und angesichts fortdauernder struktureller Veränderungen sind leistungsfähige IT-gestützte Verfahren unverzichtbar. Auch durch die Einführung des ITVerfahrens IPV konnte eine abgesicherte Datenbasis bisher nicht entwickelt werden. Weil das Modul Organisationsmanagement notwendige polizeispezifische Funktionalitäten nicht bereitstellt und auch nur schwer angepasst werden kann, hält die Polizei zumindest vorläufig einen Parallelbetrieb der zusätzlichen zentral und dezentral geführten Programme für unentbehrlich. Mit der Entwicklung von Multifunktionalen Arbeitsplätzen und deren Ausstattung mit vorgegebener Hard- und Software für Vollzugs- und Verwaltungszwecke ist für ein vom Rechnungshof gefordertes Konzept zur Beseitigung der genannten Mängel bereits eine wichtige Grundlage vorhanden. Nach seiner Auffassung muss nun gewährleistet werden, dass die vorhandenen zentralen und dezentralen Datenbestände vernetzt und aggregierbar auf einheitlicher Verfahrensgrundlage zur Verfügung gestellt werden können. Der Rechnungshof erwartet, dass die auch künftig benötigten IPV-ergänzenden Lösungen integraler Bestandteil eines IT-Konzepts für die Verwaltung werden.

Zu T 113:

Die Zentrale Serviceeinheit (ZSE) ist die Stelle in der Polizeibehörde, die zentral aktuelle Stellen- und Personaldaten, die dezentral generiert werden, bereitstellt.

Der polizeispezifische Informationsbedarf kann in der Tat nicht ausschließlich über den landesweiten Standard Berlins IPV gedeckt werden. Die Polizei suchte daher frühzeitig nach IPVergänzenden Lösungen. Mit Hilfe des Verfahrens Personal- und Zeitmanagement (PuZMan), das auch in anderen Bundesländern eingesetzt wird, bildet die Polizei die neben IPV notwendigen, polizeispezifischen Datenbestände hinreichend ab. Eine Schnittstelle zu IPV war beizeiten vorgesehen und wird derzeit realisiert. Damit wird sich die Verwendung anderer Datenbanken für gesamtbehördliche Informationszwecke mit dem für Ende 2006 geplanten Einstieg in den Echtbetrieb des Organisationsmanagement-Moduls erübrigen. Die vom Rechnungshof geforderte Steuerung über ein zentrales System wird künftig durch das Zusammenwirken von IPV und PuZMan möglich. Sobald die softwaremäßigen Voraussetzungen vorliegen und die mit einem Systemwechsel einhergehenden Inkonsistenzen im Datenbestand bereinigt sind, wird auf die vom Rechnungshof beanstandete Führung von Paralleldatenbeständen verzichtet.

Die vom Rechnungshof geforderte polizeiinterne, und damit gesonderte Entwicklung eines strategischen Konzeptes für ein IT-Verfahren zur Stellen- und Personalverwaltung hält die Senatsverwaltung für Inneres im Zusammenhang mit der Integration der Stellenwirtschaft in das IPV-Verfahren nicht für sinnvoll.

T 114:

Die „anderweitige dienstliche Verwendung" (T 112) von Dienstkräften kann als befristete Maßnahme in Einzelfällen wegen der erforderlichen Flexibilität bei der Wahrnehmung von Vollzugsaufgaben ein wichtiges Instrument sein, etwa bei besonderen Kriminalitätslagen oder zum Ausgleich erhöhter Krankenstände in sicherheitsrelevanten Bereichen.

Bei der Polizei wurden aber Vollzugskräfte über längere Zeit anderweitig, z. B. für Aufgaben des Qualitätsmanagements oder die Verwaltung von Einsatzmitteln (Kraftfahrzeuge, Waffen und Geräte), verwendet, die Stellen aber weiterhin in den Ursprungsbereichen geführt. Einer speziell gegründeten Arbeitsgruppe der Polizei ist es nach deren Auskunft nicht gelungen, den Gesamtumfang der anderweitigen dienstlichen Verwendung exakt zu ermitteln und Grundlagen für eine Bereinigung zu schaffen.

Umstrukturierungen werden auf der Basis der Stellenausstattungen geplant und durch Stellenverlagerungen umgesetzt. Wegen der getrennten Verwaltung von Stellen und Personal erhöhen sich dadurch zunächst die Abweichungen zwischen Stellenausstattung und Personalstruktur der Organisationseinheiten. Deren tatsächliche personelle Ausstattung entsprach noch neun Monate nach Abschluss des Projekts „Neuordnung der Führungsstrukturen" zu 20 v. H. nicht der Stellenausstattung der einzelnen Ämter und Direktionen (jetzt LuV/SE). Das hatte zur Folge, dass die Stellenausstattung für die einzelnen Organisationseinheiten nicht nach Bedarfskriterien angepasst werden konnte. Der Polizeipräsident hat die Prüfungsergebnisse bestätigt und auf eigene Bemühungen zur Rückführung der anderweitigen dienstlichen Verwendungen hingewiesen. Er hat mitgeteilt, dass deren Zahl im Januar 2006 bei 1 813 läge (ohne Hauptstadtkapitel) und damit um 910,5 gesunken sei, und versichert, dass diese Zahl weiter reduziert werden soll.

Angesichts der festgestellten großen Abweichung zwischen Stellen- und Personalstruktur hat der Rechnungshof beanstandet, dass in Berichten an das Abgeordnetenhaus über die strukturelle Ausstattung, Spar- und Reformmaßnahmen bei der Polizei Stellendaten genannt wurden, die die tatsächliche Situation nicht zutreffend wiedergaben und demzufolge mit Unsicherheiten behaftet waren. Überdies entziehen sich an anderweitig dienstlich Verwendete übertragene Aufgaben, für die es keine oder weniger Stellen gibt, der aufgabenkritischen Überprüfung. Damit ist die zentrale Steuerung eines effizienten Einsatzes der Vollzugskräfte nur schwer zu gewährleisten. Der Polizeipräsident hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass im Ergebnis verschiedener Projekte, z. B. der „Neuordnung der Führungsstrukturen" und der belastungsorientierten Personalverteilung, Stellenpläne sukzessive angepasst werden. Gleichwohl hat der Rechnungshof den Polizeipräsidenten aufgefordert, sich dem Problem der anderweitigen dienstlichen Verwendung weiterhin zu widmen, damit das Abgeordnetenhaus, das mit dem Stellenplan auch über die Ausstattung einzelner Bereiche beschließt, seine Entscheidung auf einer gesicherten Basis treffen kann.

Zu T 114:

Der Polizeipräsident hat die Zahl der Fälle anderweitiger dienstlicher Verwendung bereits erheblich reduziert und wird sie weiter zurückführen.

Die Diskrepanz zwischen Stellen- und Personalstruktur zum Untersuchungszeitpunkt wurde nach Abschluss verschiedener organisatorischer Projekte, insbesondere der Neuordnung der Führungsstrukturen und der belastungsorientierten Personalverteilung, inzwischen bereinigt.

T 115:

Weitere strukturelle Verschiebungen bei der Polizei ergeben sich daraus, dass allein 4,5 v. H. aller Stellen für Beamte der Schutzpolizei (644 von 14 317 Stellen) nicht für Aufgaben der Schutzpolizei genutzt wurden; fast ein Drittel dieser Stellen wurde für Dienstkräfte der unmittelbaren Verwaltung verwendet. Von den im Stellenplan für die Schutzpolizei zur Verfügung stehenden Stellen wurden 1 900 überwiegend für den Innendienst eingesetzt, das sind 13 v. H. Durch die anderweitige dienstliche Verwendung von Schutzpolizisten, deren Stellen dem bürgerorientierten Einsatzdienst zugeordnet sind, war der Innendienstanteil um weitere 4,2 v. H. erhöht. Die bestehende Stellenrelation insbesondere zwischen Vollzug und Verwaltung verändert sich bei einer genaueren Betrachtung des Personaleinsatzes zulasten des Vollzugs. In seiner Stellungnahme hat der Polizeipräsident mitgeteilt, dass im September 2005 noch 13 586 Stellen für die Schutzpolizei zur Verfügung standen, von denen 13 124 mit Schutzpolizisten besetzt waren.

Auch die Besetzung von Stellen der Schutzpolizei mit Verwaltungskräften sei zurückgeführt worden.

Dem Rechnungshof konnten bei seiner Prüfung und durch die Stellungnahme keine ausreichenden Informationen über die Aufgabenwahrnehmung der Stelleninhaber (einschließlich der tatsächlichen Verwendung) zur Verfügung gestellt werden. Ausschließlich stellenbezogene Darstellungen der Polizei haben wegen des eingeschränkten Bezugs zur personellen Ausstattung und tatsächlichen Aufgabenwahrnehmung nur einen sehr begrenzten Aussagewert. Der Rechnungshof hat deshalb die Erwartung geäußert,

· Vollzugsstellen, die abweichend mit Personal besetzt sind, das keine Vollzugsaufgaben wahrnimmt, unverzüglich für bürgerorientierte Vollzugsaufgaben zu nutzen oder andernfalls einzusparen und

· Vollzugspersonal, das auf Stellen im bürgernahen Vollzug anderweitig für Innendienstaufgaben verwendet wird, zurückzuführen.

Der Polizeipräsident hat dazu in seiner Stellungnahme erwidert, dass bereits aufgabenkritische Prozesse, wie z. B. in den Bereichen „örtliche Verkehrsdienste", „Gewahrsame" und „Fahrdienste", eingeleitet und umgesetzt wurden sowie weitere aufgabenkritische feinorganisatorische Strukturveränderungen geplant sind. Darüber hinaus hat er zugesagt, die abweichende Nutzung von Vollzugsstellen für Verwaltungskräfte bis 2007 stellentechnisch zu bereinigen. Auch die für Verwaltungsfunktionen eingesetzten Vollzugskräfte sollen zeitnah durch Verwaltungskräfte ersetzt werden.

Zu T 115:

Die Anzahl der abweichend besetzten Stellen der Schutzpolizei hat sich gegenüber dem Untersuchungszeitpunkt des Rechnungshofs grundlegend geändert. Derzeit sind noch knapp 130 Schutzpolizeistellen abweichend mit Verwaltungsdienstkräften besetzt. Mit dem Haushalt 2006/2007 werden 124 Schutzpolizeistellen in Verwaltungsstellen umgewandelt, d. h. die Zahl der abweichenden Besetzungen von Schutzpolizeistellen mit Verwaltungskräften ist dann nahezu bereinigt.

Insgesamt ist die Frage, welche Aufgabengebiete von Vollzugsdienstkräften wahrzunehmen sind, von der Bewertungskommission kritisch geprüft und im Einvernehmen mit dem Senat abschließend festgelegt worden. Im Ergebnis wurden rund 190 Aufgabengebiete identifiziert, die zukünftig von Verwaltungspersonal wahrzunehmen sind. 155 der 190 Stellen sind bereits mit dem Haushalt 2006/2007 umgewandelt.

T 116:

In seinem Jahresbericht 2003 (T 129) hatte der Rechnungshof beanstandet, dass die Zahl der Stellen im Vollzug reduziert wurde, im nichttechnischen Dienst von 1994 bis 2002 dagegen noch gestiegen ist. Diese Entwicklung hat sich fortgesetzt. Die Untersuchung des Personaleinsatzes hat ergeben, dass im gehobenen nichttechnischen Dienst bei der Polizei 81 Dienstkräfte (in Vollzeitäquivalenten - VZÄ) mehr beschäftigt wurden als Stellen hierfür vorgesehen waren. Bei den Verwaltungsangestellten war der Personalbestand der vergleichbaren Laufbahngruppen des gehobenen und höheren Dienstes anteilig sogar doppelt so hoch wie das Stellen-Soll. Außerdem wurden Stellen anderer Fachrichtungen abweichend für die unmittelbare Verwaltung verwendet. Damit entfielen auf den im Verhältnis zum Vollzug kleinen Bereich der Verwaltung knapp 40 v. H. der behördenweiten abweichenden Stellenbesetzungen und führten so über das bewilligte Stellenvolumen hinaus zu einer erheblichen Ausweitung.

Der Polizeipräsident hat in seiner Stellungnahme auf die in der Verwaltung insgesamt seit 2002 erbrachten Stelleneinsparungen verwiesen und Stellenzugänge mit der Einführung des „Datenverarbeitungsverfahrens zur Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten und Bußgeldeinziehung im 21. Jahrhundert - BOWI 21 -" begründet. Verschiebungen zulasten niedriger Beschäftigtengruppen hätten ihre Ursache in der Umsetzung der Einsparvorgaben von 2002, die erst im Haushaltsplan 2006/2007 ihre endgültige Struktur erfahren sollten. Der Rechnungshof beanstandet weiterhin, dass die abweichenden Besetzungen nicht nur zu Verschiebungen zwischen den Laufbahngruppen geführt haben, sondern auch eine Ausweitung der unmittelbaren Verwaltung zulasten des Vollzugs darstellen und im Widerspruch zu der gewollten Konzentration auf vollzugspolizeiliche Tätigkeiten stehen.

Zu T 116:

Es trifft nicht zu, dass sich die Zahl der Stellen im Verwaltungsbereich erhöht hat. Vielmehr reduzierte sich der Stellenbestand von 4.370 Stellen im Jahr 2002 auf 3.503 Stellen im Jahr 2007.

Der Polizeipräsident wird im Zuge der Stellenumwandlungen auch die abweichenden Stellenbesetzungen im Verwaltungsbereich zeitnah bereinigen.

T 117:

Die Polizei hat der Senatsverwaltung für Inneres im Februar 2003 den Schlussbericht zum Projekt „Neuordnung der Führungsstrukturen" vorgelegt. Danach sollte mit der Strukturreform u. a. · der administrative Aufwand verringert und die Entscheidungswege verkürzt,

· die Doppelarbeit in Stäben und Grundsatzabteilungen vermieden,

· die Ressourcensteuerung erleichtert und

· ein flexibler Personaleinsatz gewährleistet werden.

Bereits bei der Neuorganisation 1993 hatte der Senat festgestellt: „Die Führungsstruktur führte durch die hierarchische Einbindung mehrerer Stabsebenen mit Grundsatz- und Strategieaufgaben sowie die Vermischung von Stabsund Linienfunktionen zu Doppelarbeit und Reibungsverlusten" (Drs 12/3070). Bei der damaligen, spartenorientierten Neustrukturierung wurden Schutz- und Kriminalpolizei, Verwaltung und Ausbildung jeweils in getrennten Ämtern organisiert. Bei der Neuordnung der Führungsstrukturen im Jahr 2003 wurde z. B. das Landesschutzpolizeiamt wieder aufgelöst und das Landespolizeiverwaltungsamt mit der Landespolizeischule zu einer zentralen Serviceeinheit zusammengeführt.