Krankenversorgung

Mängel, die zuletzt auf einem Workshop des BMBF am 16./17.06. in Berlin ausführlich diskutiert wurden. Die größte Unklarheit in dieser Studie besteht in der Tatsache, dass es sich bei den erhobenen Daten um eine „Selbstauskunft" der befragten Einrichtungen handelt und nicht um eine validierte Datenerhebung. Die Charite ­Universitätsmedizin Berlin hat sich daher im Sommer 2005 entschlossen, im Rahmen eine Ambulanzprojektes eine transparente Übersicht über das Leistungsgeschehen zu erfassen.

Wesentlicher Bestandteil des Projekts ist die Einführung einer Ambulanz-Abrechnungssoftware, die in der Lage ist, alle in der Charite vorhandenen Abrechnungsmodi darzustellen und den einzelnen Behandlungsfällen zuzuordnen. Diese Software ist nach einem Probelauf in der zweiten Jahreshälfte 2005 seit dem 01.01.2006 im Einsatz. Parallel wurde ein Projekt zur Verbesserung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung (ILV) und zur Verbesserung der Kostentransparenz (BW) etabliert. Als erster Erfolg ist ein deutlicher Rückgang der nicht dokumentierten und daher nicht vergüteten Fälle zu verzeichnen. Das Leistungsgeschehen in den einzelnen Bereichen wird transparent und damit leichter steuerbar.

T 355:

Ein wesentliches Einsparpotenzial liegt darin, die Untersuchungen und Behandlungen mit Ausnahme von Notfällen auf den für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang zu beschränken. Ein wichtiger Maßstab hierfür liegt in der Anzahl der Studierenden in der Humanmedizin. Während deren Anzahl in Berlin von 7 900 im Sommersemester 1998 kontinuierlich auf 6 500 im Sommersemester 2003 zurückgegangen ist, sind die erfassten Behandlungsfälle von 227 500 im Jahr 1998 auf 274 500 im Jahr 2003 gestiegen. Da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass im Jahr 1998 die Behandlungsfälle für Forschung und Lehre nicht ausreichend waren, hätte mit dem Rückgang der Anzahl der Studierenden auch die der Behandlungsfälle sinken müssen. Bei linearer Betrachtungsweise ergibt sich somit ein Überhang von 85 500 Behandlungsfällen im Jahr 2003. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Behandlungskosten und der Erträge aus der Hochschulambulanzenpauschale ergibt sich hieraus ein Verlust von 12,9 Mio.. Der Rechnungshof erwartet, dass zur Vermeidung derartiger Defizite Behandlungsfälle und Personalkapazitäten auf das für Forschung und Lehre notwendige Maß beschränkt werden.

Zu T 355:

Hierzu ist darauf zu verweisen, dass sich zwei grundsätzliche Parameter, welche die Leistungen der Hochschulambulanzen unmittelbar beeinflussen, wesentlich geändert haben:

Die Hochschulambulanzen erfüllen wesentliche Aufgaben in der Forschunq, die in dieser Weise ebenfalls von keiner anderen Einrichtung geleistet werden können. Um weiterhin klinische Studien durchführen zu können, muss in den Hochschulambulanzen ein ausreichend großes Patientenkollektiv zur Verfügung stehen, aus dem ausgewählt werden kann bzw. das sich für die Mitwirkung in Studien bereit erklärt. Der reguläre versorgungsbezogene Aufwand ist auch bei Forschungspatienten von den Kostenträgern im Gesundheitswesen zu übernehmen. Der erhöhte Fallkostenanteil für dieses Patientenklientel, der sich aus einem studienbedingten Mehraufwand ergibt, muss aus dem Budget für Forschung ersetzt werden. Dies ist bei der Ausstattung der Ambulanzen leistungsbezogen zu berücksichtigen. Das Volumen an klinischen Studien an der Charite hat seit Jahren kontinuierlich zugenommen, was mit einer Steigerung der Patientenzahlen einhergeht.

Bereits jetzt leisten die Ambulanzen einen Beitrag für die Lehre und Weiterbildung. Bedingt durch die Einführung des DRG-Systems und der damit einhergehenden weiteren Verkürzung der Verweildauer werden zukünftig im stationären Bereich weniger lehrgeeignete Patienten zur Verfügung stehen. Gleichzeitig resultiert aus den Anforderungen der neuen Approbationsordnung für Ärzte nach einem verstärkten Kleingruppen-Unterricht ein wachsender Bedarf nach für die Lehre geeigneten Patienten, der nur über die Hochschulambulanzen gedeckt werden kann.

Daher muss dafür Sorge getragen werden, dass geeignete Patienten in notwendigem Umfang für Aufgaben der Lehre freien Zugang zu den Hochschulambulanzen haben. Dies bedeutet, es werden mehr Patienten für die Lehre in den Hochschulambulanzen benötigt als bisher, da der Aufwand für die dort erbrachten Unterrichtsformen steigt.

T 356:

Bei den bis zum Ablauf des Jahres 2004 getrennten Zahnkliniken Nord (Charite) und Süd (UKBF) ergibt sich ein ähnliches Bild wie bei den Hochschulambulanzen. Nach den vorliegenden Unterlagen sind in den Jahren 2001 bis 2003 insgesamt jährliche Defizite von 7,7 Mio., 6,2 Mio. und 8,6 Mio. aufgelaufen. Auch bei den Zahnkliniken hat sich die Anzahl der Behandlungsfälle von 45 100 im Jahr 1999 auf 48 900 im Jahr 2003 erhöht, während die Anzahl der Studierenden von 1 142 auf 996 zurückgegangen ist. Mit der Schließung der Zahnklinik Nord von 2005 an sollen die Kosten reduziert und mit der Übernahme des zahnärztlichen Notdienstes weitere Erlöspotenziale erschlossen werden.

Zu T 356:

Im Jahr 2006 beträgt der Zuschuss für die Zahnkliniken ca. 4 Mio. und damit nur ca. 50 % des im Prüfbericht ausgewiesenen Betrags. Die Fusion der Zahnkliniken konnte aus inhaltlichen und organisatorischen Gründen noch nicht wie geplant erfolgen, sondern wird 2007 abgeschlossen sein. In diesem Zusammenhang kann der für die Zahnklinik durch die intensive praktische Ausbildung bedingte Zuschuss dann weiter gekürzt werden. Parallel findet auch hier eine Optimierung der Erlössituation durch Verbesserungen der Leistungserfassung und Abrechnung statt.

T 357:

Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Charite infolge von Mängeln in der Kostenrechnung keine ausreichenden Erkenntnisse über die wirtschaftliche Situation im ambulanten Bereich hatte. Er hat gefordert, dass die Charite die Kosten im Wege eines Kostencontrollings laufend ermittelt und die Gründe für die hohen Kosten je Behandlungsfall analysiert. Der Rechnungshof hat schließlich empfohlen, die Anzahl der Behandlungsfälle auf das für Forschung und Lehre notwendige Maß zu beschränken, und weitere Maßnahmen zur Kostensenkung einzuleiten.

Die Charite hat die Feststellungen des Rechnungshofs im Wesentlichen bestätigt und mitgeteilt, sie habe mit einem Projekt zur Restrukturierung und Reorganisation der ambulanten Bereiche (Ambulanzprojekt) begonnen, wodurch die Verluste schrittweise verringert werden sollen. Das Budget des Jahres 2006 sei für die Hochschulambulanzen deutlich reduziert und neu zugeordnet worden. In drei medizinischen Versorgungszentren sollten angestellte oder freiberufliche Ärzte diejenigen Patienten, deren Behandlung nicht für Forschung und Lehre geeignet ist, medizinisch versorgen. Zu der Hochschulambulanzenstudie wendet sie ein, dass Auswirkungen von geänderten Rahmenbedingungen, wie die neue Approbationsordnung für Ärzte und die Einführung von Fallpauschalen im stationären Bereich, nicht berücksichtigt worden seien. Im Übrigen würde sich der Rückgang der Studierenden zunächst nur in den vorklinischen Semestern auswirken, in denen kein unmittelbarer Bezug zur Krankenversorgung bestehe. Wegen der kürzeren Verweildauer der stationären Patienten infolge der Fallpauschalen müsse für die Lehre verstärkt auf ambulante Patienten zurückgegriffen werden. Auch für die Forschung werde der Patientenbedarf infolge des wachsenden Anteils an klinischen Studien steigen.

Zu T 357: Projekte sind wie zuvor beschrieben aufgesetzt und befinden sich in der Umsetzung.

T 358:

Der Rechnungshof erkennt an, dass die Charite mit dem Ambulanzprojekt und der damit verbundenen Fokussierung der ambulanten Tätigkeiten auf das für Forschung und Lehre notwendige Maß auf dem richtigen Weg ist. Er vermisst aber sowohl die Quantifizierung der von der Charite erhofften Einsparpotenziale als auch stichhaltige Begründungen für die überdurchschnittlich hohen Kosten pro Behandlungsfall. Die von der Charite angeführten Rahmenbedingungen haben sich erst von Oktober 2003 an und damit nach dem Untersuchungszeitraum der Hochschulambulanzenstudie geändert und betreffen alle Universitätsklinika in Deutschland. Im Übrigen verkennt die Charite, dass sich in dem relativ langen Betrachtungszeitraum der Rückgang der Studierendenzahlen auf die Anzahl der Behandlungsfälle hätte auswirken können und müssen.

Der Rechnungshof erwartet insbesondere, dass die Charite

· kostenverursachende Faktoren analysiert, um die überdurchschnittlich hohen Kosten je Behandlung zu senken,

· die Anzahl der ambulanten Behandlungen auch in den Zahnkliniken schnellstmöglich auf das für Forschung und Lehre notwendige Maß beschränkt und

· alle Sparpotenziale ausschöpft, um die Verluste im ambulanten Bereich zu beschränken, damit eine Quersubventionierung der Kosten für Krankenversorgung aus Mitteln des Landes so weit wie möglich vermieden wird.

Zu T 358:

Die dargestellten Maßnahmen werden zu einer Optimierung der Erlössituation führen. Im Übrigen ist auf die vorigen Ausführungen zu verweisen.