Scheindemokratie

An die Stelle gegen Juden oder Ausländer hetzender oder eindeutig nationalsozialistischer Texte tritt zunehmend die Forderung nach einem rechtsextremistischen „Kampf gegen das System". Das politische System der Bundesrepublik und die freiheitliche demokratische Grundordnung werden als „Scheindemokratie" bezeichnet und die Verfolgung strafrechtlich relevanter rechtsextremistischer Hetze als Unterdrückung: „Deutschland Scheindemokratie Freiheit findest Du hier nie Fürs System bist Du nur Dreck [...]

Wenn Du ihnen nicht mehr passt Stecken sie Dich in den Knast"

An ihrer Absicht zur gewaltsamen Beseitigung des politischen Systems der Bundesrepublik lassen die Musiker keinen Zweifel: „Wir lieben unser Land, aber wir hassen diesen Staat. Ihr werdet sie noch aufgehen sehn, unsre Saat. Und dann gibt es keine Gnade, unser Hass ist viel zu groß. Eure Dämme werden brechen und der deutsche Sturm bricht los."

Dabei stilisieren sich die Rechtsextremisten als „aufrechte Kämpfer". Aus den Autoren menschenverachtender fremdenfeindlicher und antisemitischer Texte sollen so Opfer politischer Willkür und Helden eines Widerstandskampfes gemacht werden. Dies wird zum Beispiel an dem Titel der letzten CD der „Lunikoff-Verschwörung" „Niemals auf Knien" deutlich, mit dem der Sänger seine trotz Verurteilung „unbeugsame" Haltung betont.

Das Amtsgericht Halle-Saalkreis (Sachsen-Anhalt) bewertete ein Lied als strafrechtlich relevant nach § 90 StGB (Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole) und erließ einen Beschlagnahmebeschluss. Daneben wurde ein Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz gemäß § 27 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 JuSchG (Schwere jugendgefährdende Trägermedien) festgestellt.

Das „Projekt Schulhof" konnte daher nicht in der geplanten öffentlichkeitswirksamen Form umgesetzt werden.

Die Verteilung erfolgte 2005 ohne öffentliche Aufmerksamkeit und entsprach in Form und Umfang nicht den Erwartungen. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass das Bekanntwerden der äußerst konspirativ geplanten Aktion 2004, die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden und die öffentliche Aufklärung den beabsichtigten Propagandaerfolg zunichte gemacht haben. 2005 wurden in mehreren Bundesländern einige Exemplare dieser „Schulhof-CD" festgestellt, jedoch nicht in Berlin. In der Nacht vom 8. zum 9. August wurden in Strausberg (Brandenburg) im PKW eines überregional bekannten Rechtsextremisten und Mitglieds des „Märkischen Heimatschutzes" (MHS) 671 Exemplare dieser CD von der Polizei gefunden.

Die NPD nutzte diese Idee der Rekrutierung Jugendlicher durch Musik mit propagandistischem Erfolg. Die eigens zusammengestellte Musik-CD mit dem Titel „Schnauze voll? Wahltag ist Zahltag" wurde erstmals 2004 im Vorfeld der Wahl zum Sächsischen Landtag und 2005 bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein kostenlos verteilt. Auch zur Bundestagswahl setzte die NPD dieses Propagandamittel ein und verteilte eine Woche vor der Wahl eine so genannte Schulhof-CD mit dem Titel „Hier kommt der Schrecken aller linken Spießer und Pauker!" deutschlandweit in einer Auflage von angeblich 200 000 Exemplaren.

Die Partei vermied es, strafrechtlich relevante Titel auf die Wahlkampf36

Durch das Amtsgericht Stendal erging im Februar 2006 ein Freispruch gegen den Hauptbeschuldigten und der Vorwurf der schweren Jugendgefährdung wurde fallengelassen. Da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, bleibt der Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Halle jedoch vorerst bestehen.

An dieser CD waren keine Berliner Bands beteiligt. 2004 hatten mit „Spirit of 88" und der „Lunikoff-Verschwörung" noch zwei Berliner Musikgruppen an der Wahlkampf-CD der NPD mitgewirkt.