Diffamierung und Kriminalisierung
Ein Sprecher der ALB erklärte: [...] Wir verlangen ein Ende der Diffamierung und Kriminalisierung der antifaschistischen Initiativen Berlins." „Gegen die Kriminalisierung aktiver AntifaschistInnen! Kriminell ist das System, nicht der Widerstand!"
Dem vorausgegangen waren Durchsuchungsmaßnahmen der Polizei am 27. August wegen des Verdachts des öffentlichen Aufrufs zu Straftaten. Hintergrund des Ermittlungsverfahrens war der Aufruf auf der Homepage der ALB zu einer „Antifa"-Party am 27. August im „Subversiv". Dort hieß es: „antifa heißt angriff: Nazi-Wahlkampf sabotieren! [...] Neonazis aus der gesamten BRD sind zur Zeit im Wahlkampf aktiv: wir auch! NPD-Plakate abreißen, Kundgebungen blockieren oder Nazi-Material von Infotischen in blaue Müllsäcke entsorgen."
Den Teilnehmern der Party wurde für jedes mitgebrachte NPD-Plakat ein Cocktail gratis versprochen.
Das Thema „Antifaschismus" wird auch künftig bei allen inhaltlichen Differenzen der Szene das Bindeglied darstellen und weiterhin ein Schwerpunkt sein. Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Links- und Rechtsextremisten bleiben daher auch in Zukunft zu befürchten.
Die Militanzdebatte geht weiter:
Die seit 2001 anhaltende Militanzdebatte der linksextremistischen Szene setzte sich 2005 fort. Das Ziel der Debatte, klandestin und militant agierende Gruppen zu vernetzen, wurde bisher nicht erreicht. An der Debatte haben sich zwar seit Herbst 2004 wieder deutlich mehr Gruppen beteiligt; jedoch ließ sich inhaltlich eine Verflachung der Diskussion feststellen. Auf der anderen Seite kam es in der zweiten Jahreshälfte mit fünf Anschlägen im Vorfeld des G 8-Gipfels in Heiligendamm erstmals zu militanten Anschlägen unterschiedlicher Gruppen zu einem Thema.
Der Motor der Debatte blieb die Berliner „militante gruppe (mg)" (Þ), die die Diskussion im Jahr 2001 in der Berliner linksextremistischen Szenezeitschrift „INTERIM" initiiert hatte. Neben zahlreichen Diskussionspapieren erklärte sie sich auch wieder verantwortlich für Anschläge.
So verübte sie am 10. Januar einen Brandanschlag auf der Baustelle eines Lebensmittelmarkts. Ein Bauarbeiter bemerkte den Brand frühzeitig, so dass lediglich Sachschaden entstand. Die Tatsache, dass ein Mensch gefährdet gewesen war, rief in Teilen der Szene heftige Kritik an der „militanten gruppe (mg)" hervor. So forderte die bisher unbekannte Gruppe „Die zwei aus der Muppetshow" in einem Beitrag in der „INTERIM" die „militante gruppe (mg)" auf, aufzuwachen und auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren: „Wer sind denn bitte schön die Opfer in eurem Kampf? Was ist mit dem 48jährigen Bauarbeiter Detlef R. im Dachgebälk des Lidl-Marktes? Es hätte nicht viel gefehlt und ihr hättet euren ersten Märtyrer [...] Und was noch viel schlimmer ist, das ganze Desaster wird einfach totgeschwiegen, Augen zu und durch."
Auch die Redaktion der „INTERIM" forderte von der „militanten gruppe (mg)" in derselben Ausgabe, „Licht ins Dunkle zu bringen" und die Hintergründe der Tat zu erklären; gleichzeitig betonte sie aber, dass sie die Kritik der anderen Gruppen als unsolidarisch erachte. Die „militante gruppe (mg)" selbst merkte zu den Vorwürfen lediglich an, dass sie auch weiterhin auf die körperliche Unversehrtheit Unbeteiligter achten werde.
Die Militanzdebatte war dominiert von gegenseitiger Kritik:
So bezeichnete ein ehemaliges Gründungsmitglied der „Bewegung 2. Juni" die Militanzdebatte in einem Interview mit der Wochenzeitung „Jungle World" als „haarsträubend."
Daraufhin forderte eine Gruppe namens „Frau Glotz & Herr Geißler" „solchen Genossen [...] kein Szene-Forum" zu gewähren, da sie keine Solidarität mit von Repression betroffenen Personen übten.
Sie kritisierten zudem eine andere Gruppe als altautonome „Quengelriege, die nur noch destruktiv an unliebsame Debatten herangeht". Umstritten war weiterhin die Gewalt gegen Menschen. So ließ sich die Gruppe „Einige FreundInnen von der Bühne". menschenverachtend über militante Aktionen aus: „[...] ähnlich wie früher, wenn die Guerilla ein Schwein gekillt hat. Wir gestehen ehrlich, auch wenn die Tötung von Menschen niemals ein Werkzeug aus dem Kasten der Autonomen war, dass es doch klammheimliche Freude und großes Feiern gab, nachdem z. B. der Chef der Deutschen Bank in die Luft geflogen ist".
Die „postautonomen und konsumistischen Gruppen" sahen hier den „Tiefpunkt" der Debatte.