Tageseinrichtungen

Aussagen zu Sprachfördermaßnahmen für Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache

Im Kindertagesbetreuungsreformgesetz ist geregelt, dass bereits Kinder mit Vollendung des zweiten Lebensjahres mindestens einen Anspruch auf eine Halbtagsförderung haben, wenn die Förderung für die sprachliche Integration erforderlich ist.

Kindertageseinrichtungen mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache erhalten ab 40% dieser Kinder einen Personalzuschlag von 0,017 Stellenanteil je Kind. Dafür werden bedarfsorientiert jährlich ca. 300 bis 400 Stellen zusätzlich zur Verfügung gestellt.

Inhaltlich wird bei den Sprachfördermaßnahmen in den Kitas davon ausgegangen, dass Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache in ihrer Muttersprache schon wesentliche Entwicklungsschritte gemeistert haben und ihr kognitiver Entwicklungsstand ihren Fähigkeiten in der deutschen Sprache weit überlegen ist. Aufgabe der Sprachförderung ist es, die sprachlichen Anforderungen sorgsam an die Fähigkeiten zwei- und auch mehrsprachig aufwachsender Kinder anzupassen und ihnen adäquate Handlungsmöglichkeiten unabhängig von ihren Deutschkenntnissen zur Verfügung zu stellen. Kinder, die Deutsch als Zweitsprache lernen, können, soweit sie bereits über ausreichende muttersprachliche Fähigkeiten verfügen, Sprachen miteinander vergleichen. Sie abstrahieren vom Inhalt, indem sie über die Form von Sprache nachdenken. Das weckt eine Sprachbewusstheit, die förderlich ist für die sprachlich - kognitive Entwicklung, aber auch für eine Herangehensweise an Sprache ist, wie diese Kinder sie für den späteren Schriftspracherwerb benötigen. Im „Sprachlerntagebuch" werden diese Aspekte besonders berücksichtigt.

Zwei- und mehrsprachige Kinder sind integriert in regulären Kitas oder besuchen zweisprachige Einrichtungen, in denen auch für die unterschiedlichen, nicht deutschen Sprachen muttersprachliche Erzieher/innen tätig sind. Vorgesehen ist, dass sich zweisprachige Kitas ­ analog dem Konzept der Staatlichen Europaschulen Berlins ­ qualitativ zu Europa - Kitas weiterentwickeln können.

Einige Kitas bieten fremdsprachige Kurse an, die von Eltern finanziert werden.

Abfrage zur Sprachförderung in der Kita

Im Mai 2006 wurden im Rahmen einer Befragung alle zu diesem Zeitpunkt bestehenden 1.7767 Berliner Kitas gebeten, sowohl quantitative als auch qualitative Aussagen zu der in ihrer pädagogischen Arbeit erfolgenden Sprachförderung zu treffen und Hinweise zur Verankerung von Sprachförderung in den träger- und kitaspezifischen Konzepten zu geben.

Die Auswertung der jetzigen Befragung erfolgte auf der Grundlage der Rückmeldungen von 1.044 Kindertageseinrichtungen (Rücklaufquote 59,08%).

Aus den Angaben wird zunächst deutlich, dass mit dem Begriff Sprachfördermaßnahmen unterschiedliche Vorstellungen verbunden werden. Von der Auffassung, dass

Sprachförderung ohnehin im Kita - Alltag geschieht und daher keinerlei spezifische Konzepte, Projekte oder Materialien erforderlich sind, bis hin zu detaillierten Angaben zu eingesetzten Programmen, Konzepten und Materialien sowie Best- Practice - Beispielen sind alle Auffassungen vertreten.

Zur Frage: „In welcher Form und für welche Zielgruppe werden in den Kitas Sprachfördermaßnahmen angeboten?" favorisieren die meisten Kitas das Konzept der ganzheitlichen Sprachförderung. Gleichzeitig scheint die gezielte Förderung in Kleingruppen und die individuelle Einzelförderung an Bedeutung zu gewinnen.

Die Angaben zur speziellen Förderung für Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache betreffen die Kitas mit einem Anteil von über 40% Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache. Hier waren auch Mehrfachnennungen möglich.

Ganzheitliche Sprachförderung im KitaAlltag für alle Kinder Förderung in Kleingruppen bzw. Einzelförderung Spezielle Förderung für Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache Zweisprachiges Konzept Gesamtzahl der Rückmeldungen 1.018 Kitas 821 Kitas 334 Kitas 75 Kitas 1.

97,5 % 78,6 % 32 % 7,2 %

Bei der Frage: „Welche Konzepte und Projekte zur Sprachförderung, Beobachtungsund Dokumentationsinstrumente werden darüber hinaus in den Kitas eingesetzt?" werden vor allem zunächst die von oder im Auftrag der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport entwickelten Materialien genannt. Die Auswertung belegt, dass mit diesen Instrumenten und Materialien besonders häufig gearbeitet wird. Z.B. haben viel mehr Kitas das „Sprachlerntagebuch" in eigener Initiative erprobt als die in der offiziell an der Erprobungsphase beteiligten 75 Kitas.

Darüber hinaus wurden verschiedene, darunter auch bereits wissenschaftlich evaluierte Ansätze einbezogen, die das Deutsche Jugendinstitut München erstmalig in einer bundesweiten Recherche erfasst, systematisch dargestellt und beschrieben hat. Diese setzen bei der sprachlichen Förderung unterschiedliche Schwerpunkte: Einige Angebote konzentrieren sich auf sprachstrukturelle Aspekte wie Grammatik oder phonologische Bewusstheit (Einsatz vor allem in der Kleingruppen- und Einzelförderung), andere verfolgen den ganzheitlichen Ansatz und stellen kommunikative Fähigkeiten in den Vordergrund. Einige Ansätze wurden auf der Fachtagung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport „Bildungschance Sprache ­ Spracherwerb beobachten, dokumentieren und fördern" im Herbst 2004 vorgestellt und diskutiert.

Die Auswertung der 1.044 Rückmeldungen zeigt folgendes Ergebnis (Mehrfachnennungen waren möglich): Sprachlerntagebuch für Berliner Kindertagesstätten (SenBJSErprobung)

Kitas 23,8 % Sprachförderkoffer für Kitas (SenBJS ­ Institut f. kreative Sprachförderung)

Kitas 39,9 % Materialien zum Sprachlernen in Kitas und Grundschulen (SenBJS ­ LISUM)

Kitas 41,3 % Würzburger Trainingsprogramm „Hören, Lauschen, Lernen"

Kitas 26,1 % „Spielend Sprache lernen" (SSL ­ Kreativhaus Berlin e.V.) 28 Kitas 2,7 % KIKUS ­ Sprachförderung Deutsch (Zentrum für frühe Mehrsprachigkeit e.V. München) 2 Kitas 0,2 % „Bildungs- und Lerngeschichten (Projekt des DJI München) 32 Kitas 3,1 % Beobachtungsbogen „SISMiK" (Institut f. Frühpädagogik München) 92 Kitas 8,9 %

Neue Wege der sprachlichen Förderung von Migrantenkindern (Kon-Lab GmbH ­ Zvi Penner) 69 Kitas 6,6 %

Wir verstehen uns gut. Spielerisch Deutsch lernen (E. Schlösser) 59 Kitas 5,7 % „Schlaumäuse" ­ Kinder entdecken Sprache (Microsoft/TU Berlin) 62 Kitas 5,9 %

Bei der Abfrage bestand die Möglichkeit, auch andere praktizierte Konzepte, Projekte, Beobachtungs- und Dokumentationsinstrumente zu benennen. Hier zeigte sich, dass diese teilweise mit anderen übergreifenden Instrumenten verbunden werden, z. B. den Entwicklungstabellen von Prof. K. Beller, dem Projekt der FU Berlin „ESIA" zur sprachlich-interaktiven Aneignung, „Grenzsteine der Entwicklung" (INFANS).

Außerdem werden vielfältige Instrumente und Materialien zur Sprachförderung aufgrund träger- und kitaspezifischer Konzepte angewandt.

Beispiele:

· Rahmenkonzept Sprachförderung im Qualitätsmanagement Handbuch für alle Kitas der Arbeiterwohlfahrt in Berlin

· Jahrescurriculum Sprachförderung ­ Modellprojekt in Kooperation mit dem Bezirksamt Mitte und dem Institut für kreative Sprachförderung und interkulturelle Kommunikation

· Sprachpaket ­ Entwicklung durch Fachberatung Bezirksamt Mitte

· Videofilme zur Sprachförderung

· Sprach- und Sinnesmaterialien der Montessori- Pädagogik

· Zwei- und mehrsprachige Materialien und Kinderbücher

· Arbeitsmaterialien für Waldorfkindergärten

· „Marburger Sprachscreening"