Tatbestände der Altersdiskriminierung wurden bisher in Bremen nicht systematisch erhoben und ausgewertet

Tatbestände der Altersdiskriminierung wurden bisher in Bremen nicht systematisch erhoben und ausgewertet. Das Ergebnis der die Beschwerde annehmenden Stelle in Bremen, zum Beispiel der Seniorenvertretung, deckt sich aber mit dem in der gesamten Bundesrepublik. Diskriminierungen in Gesundheits-, Finanz- und Arbeitsmarktfragen wurden bei diesen Stellen am häufigsten vorgebracht. Für viele ältere Menschen gestaltet sich ein Ratenkauf zum Beispiel schwierig, da zahlreiche Banken Konsumentenkredite nur bis zu einem bestimmten Lebensalter vergeben. Es ist schwerer, Existenzgründungskredite jenseits der 50 zu bekommen, wenn überhaupt, dann nur mit teuren Risikolebensversicherungen als Zusatzverkaufsprodukt.

Einige Versicherungen entlassen ihre Kunden bei einem bestimmten Lebensalter einfach aus dem Vertrag. Bei Unfallversicherungen ist das Höchstalter meistens 65 Jahre, Krankenzusatzversicherungen zum Beispiel für Zahnersatz für ältere Kunden schließen einige Unternehmen ganz und gar aus. In einigen Fällen berichten ältere Bankkunden, dass ihnen mit Eintritt in das Rentenalter keine Kreditkarte mehr gewährt wurde. Eine Untersuchung der Universität Bremen ergab, dass Ärzte bei älteren Patienten oft weniger Aufwand betreiben. Bestimmte Medikamente oder Therapieverfahren werden bei älteren Patienten nicht mehr oder viel seltener genehmigt.

Besonders oft aber werden Benachteiligungen im Erwerbsleben genannt. Dies ist nicht verwunderlich, denn dem Fünften Altenbericht der Bundesregierung ist zu entnehmen, dass die Erwerbsquote älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland nur bei 41,2 Prozent liegt, die EU-Zielquote beträgt aber immerhin 50 Prozent. In Bremen liegt die Zahl der über fünfundfünfzigjährigen Beschäftigten bei nur elf Prozent. Mehr als die Hälfte aller bremischen Unternehmen beschäftigt überhaupt keine Mitarbeiterinnen mehr über 50 Jahre.

In der Einladung zu einer Fachtagung der Angestelltenkammer am 1. September dieses Jahres zu diesem Thema hieß es, ich darf aus der Einladung zitieren: Auch wenn die Fähigkeiten älterer Beschäftigter durchaus geschätzt werden, haben sie bei Neueinstellungen kaum eine Chance. Das Ausschlusskriterium Alter ist im Erwerbssystem so wirkungsvoll wie kein anderes. Kein Zweifel, es gibt hierzulande Altersdiskriminierung, und Altersdiskriminierung gehört auch in Bremen zum Alltag. Altersdiskriminierung ist keine zu vernachlässigende Randerscheinung.

Es müssen bestimmte Instrumente eingesetzt werden, um gegen diese Form der Diskriminierung vorzugehen, sie zu verhindern und sie zu bekämpfen.

Da sind einmal die vom Senat in seiner Antwort auf die Große Anfrage aufgeführten präventiven Maßnahmen, die eine Sensibilisierung der gesamten Gesellschaft für die Belange älterer Menschen unterstützen. Hierzu zählen die Öffentlichkeitsarbeit, die Unterstützung und Finanzierung von Beratungsstellen ebenso wie Maßnahmen im Bauordnungsrecht und im Bereich des Arbeitsmarktes.

Ein anderer Punkt, der in diesem Haus auch schon öfter thematisiert worden ist, sind Maßnahmen zur Bekämpfung der Gewalt in der Pflege. Die SPD-Fraktion teilt die Auffassung des Senats, dass diesen präventiven Maßnahmen ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt werden muss.

Dies allein kann aber nicht ausreichen, das hat die Seniorenvertretung Bremen auch erkannt. Auf der Basis ihrer Erfahrung auf dem Gebiet der Altersdiskriminierung fasste die Delegiertenversammlung im November letzten Jahres den Beschluss, ein Antidiskriminierungsgesetz von der Bundesregierung einzufordern. Es hat sich auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen gezeigt, dass die Verhinderung von Diskriminierung nicht dem freien Spiel der gesellschaftlichen Kräfte überlassen werden kann und darf. Vielmehr brauchen wir gesetzliche Maßnahmen, um Diskriminierung wirkungsvoll zu verhindern und zu bekämpfen. Allein Sanktionen bei Verstößen lassen, auf Freiwilligkeit zu bauen ist in meinen Augen aussichtslos. Leider, muss ich hinzufügen, aber es hat sich in vielen Bereichen leider so gezeigt!

Das EU-Recht hat Deutschland noch einmal in eine nationale Regelung umzusetzen. Umso mehr bedauere ich, dass dieser zwingend notwendige Schritt der Umsetzung an der CDU/CSU im Bundesrat gescheitert ist. Somit ist Deutschland das letzte Land in Europa ohne Umsetzungsgesetz, denn eine erfolgreiche Bekämpfung von Altersdiskriminierung wird nicht allein durch schöne Reden bewirkt, sondern basiert aus meiner Sicht vielmehr auf den folgenden Säulen: gesellschaftlicher Meinungswandel, gezielte Öffentlichkeitsarbeit, begleitende öffentliche Unterstützung und finanzielle Anreize, Sanktionen aufgrund von gesetzlichen Vorschriften.

Was bedeutet dies nun für die Bekämpfung der Altersdiskriminierung in Bremen? So richtig und wichtig die vom Senat in seiner Antwort auf die Anfrage aufgeführten Maßnahmen sind, so bin ich doch der Meinung, dass sie ohne eine bundesgesetzliche Regelung sowie die wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnisse, Berichte und Untersuchungen einer zentralen unabhängigen Stelle leider nicht zum gewünschten Erfolg führen werden. ­ Danke! Vizepräsidentin Dr. Mathes: Das Wort hat der Abgeordnete Tittmann.

Abg. Tittmann (DVU): Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass ausgerechnet diese große Koalition von SPD und CDU eine Anfrage mit der Überschrift Altersdiskriminierung eingebracht hat, ist an Unehrlichkeit und billiger Polemik nicht mehr zu überbieten. Meine Damen und Herren, im Land Bremen ist diese große Koalition von SPD und CDU für diese außer Frage stehende schreckliche Altersdiskriminierung doch politisch mit verantwortlich. Im Bund war es die rotgrüne Chaosregierung, und bald wird es die schwarzrote Chaosregierung sein.

Herr Oppermann, es nützt den älteren Menschen überhaupt nichts, wenn Sie hier namens der CDU eine große Schaufensterrede halten und im Bundestag als ehemalige große Oppositionspartei zusammen mit der FDP, das muss auch einmal deutlich genannt werden, ein dementsprechendes Diskriminierungsgesetz blockiert und verhindert haben. Da kann man schon die Ehrlichkeit Ihrer Anfrage erkennen. In dieser Großen Anfrage haben Sie zu Recht die Altersdiskriminierung zum Beispiel im Versicherungswesen angeprangert. Aber im Bund ist es gerade Ihre CDU zusammen mit der FDP meines Wissens, die durch eine Blockadepolitik dafür verantwortlich ist, dass unsere älteren Bürger auch im Versicherungswesen oder Kreditwesen und so weiter erst ausgegrenzt und dann brutal abgezockt werden. Das ist Ihre rücksichtslose Politik in Bezug auf die Altersdiskriminierung!

Tatsache ist doch, dass ältere Menschen zum Beispiel ab 75 Jahre plötzlich von den Versicherungen, zum Beispiel von der Unfallversicherung, gekündigt werden und sie dann ganz ohne Unfallversicherung und skrupellos hinausgeworfen worden sind, erstens, weil sie zu alt sind, zweitens, weil das Risiko zu groß ist, drittens, das Traurige, weil sie keinen Profit mehr bringen. Das ist Altersdiskriminierung pur, und hier sollte Ihre CDU in Berlin dementsprechende Gesetzentwürfe einbringen, bevor Sie hier so eine herzergreifende Rede gegen Altersdiskriminierung halten. Das wäre ehrlicher. hat sich nachweislich immer schon dafür eingesetzt, dass zum Beispiel die normalen, billigeren Unfallversicherungen gerade für ältere Menschen unbegrenzt

­ ich betone unbegrenzt! ­ weiterlaufen müssen und dass endlich ein besonderes Altersdiskriminierungsgesetz effektiv umgesetzt wird. Also, meine Damen und Herren der großen Koalition, angesichts Ihrer politischen Verantwortung im Bund und im Land hier und heute eine solche Große Anfrage zu stellen, ist schon mehr als scheinheilig.

Meine Damen und Herren, die CDU in Berlin hat gesagt, die SPD hat keine Ahnung. Die SPD in Berlin hat gesagt, die CDU hat keine Ahnung. Ich sage namens der Deutschen Volksunion, beide haben zu - Prozent Recht! Jetzt haben wir bald eine Regierung der Ahnungslosen.

Meine Damen und Herren, unsere älteren Menschen, die Deutschland nach dem schrecklichen Krieg mit viel Mut, Kraft, Energie, Schmerzen, Trauer, Leid, Tränen und vielen Entbehrungen mit eigenen Händen und ohne Gastarbeiter wieder aufgebaut haben, haben es nicht verdient, im Rentenalter eine schäbige Altersdiskriminierung erleiden und erdulden zu müssen. Unsere ältere Generation ist schon viel zu lange um einen sozial gerechten und verdienten Lebensabend betrogen worden. Ich erinnere hier nur einmal an die nachweisliche Rentenlüge des ehemaligen SPD-Kanzlers Schröder.

Meine Damen und Herren, unsere älteren Menschen werden zum größten Teil von der Gesellschaft im Berufsleben oft diskriminiert, ältere Mitarbeiter werden aufgrund ihres Alters nicht mehr befördert und bekommen überhaupt keine Arbeit mehr. Eine Altersdiskriminierung findet aber nicht nur auf dem Arbeitsmarkt oder im Berufsleben statt, sondern auch schon im vorhin erwähnten Versicherungswesen, Kreditwesen oder Wohnungsmarkt. Diese Diskriminierung nimmt unseren älteren Mitbürgern ihre Achtung und ihre Würde. Das ist für die Deutsche Volksunion unerträglich. Darum setzt sich die Deutsche Volksunion vehement für eine bundesweite Beendigung jeglicher Form der Altersdiskriminierung ein.

Darum fordere ich Sie auf, bringen Sie als SPD und CDU im Bundestag endlich ein Gesetz ein, welches Altersdiskriminierung verbietet, zum Beispiel mit den Forderungen, dass niemand bei der Einstellung nach dem Alter gefragt werden darf, oder aber, dass bei Kandidaten angegeben werden darf! Eine angegebene Altersspanne verhindert in vielen Fällen eine vielleicht erfolgreiche Bewerbung eines älteren qualifizierten Bewerbers! Immer mehr Arbeitgeber schätzen nach einem Vorstellungsgespräch die Erfahrung und die Reife älterer Arbeitnehmer und haben nach einem Vorstellungsgespräch ganz andere Wertvorstellungen über ältere Bewerber als vorher und geben diesen älteren Bewerbern vielleicht eine neue berufliche Chance.

Meine Damen und Herren, es gibt in vielen Ländern ein Altersdiskriminierungsgesetz. Darum fordere um den heißen Brei herum, bringen Sie in Berlin endlich ein schon lange überfälliges dementsprechendes Gesetz ein, welches jetzt Grüne und FDP nicht länger blockieren dürfen! Sorgen Sie dafür, dass diese große Koalition von SPD und CDU ein solches Gesetz in Deutschland effektiv umsetzt! Das wäre endlich einmal im Sinne und im Interesse unserer älteren Mitbürger. Hierfür haben Sie immer und zu jeder Zeit die hundertprozentige Unterstützung der Deutschen Volksunion, aber verschonen Sie die Bürgerinnen und Bürger vor unnötigen, sinnlosen und nichts bringenden polemischen Großen Anfragen! Das haben gerade unsere älteren Mitbürger aufgrund ihrer einmaligen aufopferungsvollen und uneigennützigen harten Aufbauleistung zum Wohle Deutschlands und im Interesse der Gesellschaft nicht verdient.

(Unruhe bei der SPD) Darum sage ich namens der Deutschen Volksunion: Schluss mit der unerträglichen und niederträchtigen Altersdiskriminierung! ­ Ich bedanke mich!

Vizepräsidentin Dr. Mathes: Das Wort hat der Abgeordnete Schmidtmann.

Abg. Schmidtmann (Bündnis 90/Die Grünen): Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Tittmann, ich glaube, Sie haben schon wieder irgendetwas falsch verstanden. Dass man bei einer Bewerbung nicht mehr das Alter angeben soll, wie soll das denn gehen?

(Zuruf des Abg. Tittmann [DVU])

Das habe ich überhaupt noch nicht verstanden. Wie soll man sich ohne eine Angabe seiner Geburtsdaten bewerben? Das macht überhaupt keinen Sinn!

Das Zweite, noch einmal: Die von Ihnen bezeichneten Gastarbeiter haben sehr wohl mitgeholfen, diesen Lebensstandard zu schaffen, den wir jetzt hier in Deutschland haben.

(Zuruf des Abg. Tittmann [DVU])

Ich finde das eine richtige Diskriminierung von Ihnen, so etwas hier zu behaupten!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU)

Ich spreche heute über die Große Anfrage der CDU und der SPD zur Altersdiskriminierung. Meine beiden Vorredner, Herr Oppermann und Frau haben ja bereits erklärt, was Altersdiskriminierung bedeutet. Herr Oppermann, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar, dass Sie das Thema hier auf die Agenda gesetzt haben und wir uns darüber unterhalten. Altersdiskriminierung bedeutet nämlich Benachteiligung von Personen aufgrund ihres Lebensalters, das ist hier ja schon erzählt worden. Die Betroffenen werden daran gehindert, in angemessener Weise am Arbeits- und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Übrigens ist in der europäischen Charta der Menschenrechte ein Verbot von Altersdiskriminierung enthalten.

Die Altersdiskriminierung trifft häufig mit anderen Formen von Diskriminierung zusammen, zum Beispiel richten sich Altersdiskriminierung und Sexismus häufig gegen ältere Frauen, die zum Beispiel als unattraktiv angesehen werden. Eine ganze Industrie lebt von der Angst von Frauen, alt auszusehen. Da gibt es diverse Zeitungen, Cremes und so weiter, das ist ja bekannt. Das ist auch eine Art von Diskriminierung.

Altersdiskriminierung ist auch eine starke soziale Frage, denn diese Art von Diskriminierung trifft nicht alle alten Menschen im gleichen Maße. Reiche und mächtige Männer gelten auch im Alter noch als attraktiv, arme Alte dagegen haben kaum noch eine Chance, etwas gegen ihre Armut zu tun.

Ich möchte heute in meiner Rede über die Altersdiskriminierung drei Bereiche ansprechen. Der erste ist das altengerechte oder barrierefreie Bauen, der zweite umfasst alte Menschen im Arbeitsleben, und der dritte ist das Antidiskriminierungsgesetz, das auch von meinen Vorrednern schon aus verschiedener Sicht beleuchtet worden ist.

Es ist sehr viel im Baubereich passiert. Es gibt eine immer größere Sensibilität für diesen Bereich. Alte Menschen fordern mit Recht Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ein. Hierzu müssen jedoch viele bauliche Altlasten umgebaut werden, ein Beispiel aus meiner Region ist die Bahn nach Vegesack, dort werden alle Haltepunkte umgebaut.

(Abg. Karl Uwe Oppermann [CDU]: Aber nicht nur für ältere Mitbürger!)

In Walle und Burg ist das schon passiert, in Lesum ist das gerade im Bau, als Nächstes werden die Bahnhöfe Oslebshausen und St. Magnus umgebaut. Hier möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es gerade in Burg und Oslebshausen zu Fahrstuhleinbauten gekommen ist, was sich unserer Meinung nach allerdings nicht bewährt hat. Das sind hohe Unterhaltungskosten, das sind Angsträume, sie sind zwar verglast, aber wer schon einmal mit so einem Fahrstuhl gefahren ist, weiß, wie es in diesen Fahrstühlen riecht. Das ist nicht sehr angenehm, sondern erinnert eher an eine Bahnhofstoilette. Wir sind dafür, dass an den neu anzubauenden Haltepunkten, speziell in Oslebshausen und St.