Ausweisungspflicht

(1) Die Dienstkräfte der Ordnungsbehörden und der Polizei sind verpflichtet, sich bei Diensthandlungen auszuweisen.

(2) Auf Verlangen ist die Dienstkarte mit der Dienstnummer auszuhändigen. Im geschlossenen Einsatz stellen die Vorgesetzten das Aushändigen sicher, wenn die besonderen Umstände des Einsatzes ein direktes Aushändigen nicht zulassen.

(3) Bei geschlossenen Einsätzen müssen die Polizeibeamten eine zur Identitätsfeststellung geeignete individuelle Kennung deutlich sicht- und erkennbar an den Uniformen tragen."

Artikel II:

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

Begründung:

Die Ausweisungs- und Kennzeichnungspflicht dient dem Vertrauen in die Polizei. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass die Polizei sich an das Gesetz hält. Sie müssen davon ausgehen können, dass einzelne Polizistinnen und Polizisten zur Verantwortung gezogen werden, wenn diese ihre rechtlichen Befugnisse überschreiten. Um dies zu gewährleisten, müssen Polizeibeamtinnen und beamte eindeutig identifizierbar sein.

Wenn Bürgerinnen und Bürger befürchten müssen, dass eine strafrechtliche Ahndung von Delikten wie Körperverletzung im Amt an der Anonymität der Staatsgewalt scheitert, beschädigt dies das Vertrauen in die Polizei. Dies schadet auch den vielen Polizistinnen und Polizisten, die ihre oft schwierigen Aufgaben korrekt erfüllen und verantwortungsvoll mit ihren Befugnissen umgehen.

Leider hat es in Berlin immer wieder Ereignisse gegeben, die geeignet sind, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, in Uniform könnten straflos Straftaten begangen werden. Das gilt auch für die jüngere Zeit - trotz der anerkennenswerten Entwicklung der Berliner Polizei in Richtung Bürgerfreundlichkeit und Transparenz Ende 2006 stellte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Polizisten wegen des Verdachts der Körperverletzung bei der Stürmung der Diskothek „Jeton" am 21.August 2005 ein. „Soweit das Verfahren wegen Körperverletzung im Amt gegen einzelne Einsatzkräfte gerichtet war, konnte keinem der Beamten eine bestimmte Verletzungshandlung zugeordnet werden", heißt es dazu in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft vom 22.11.2006. Der Grund für das Scheitern der Ermittlungen war laut Einstellungsverfügung vom 15.11.

(Geschäftszeichen 81 Js 2322/05), dass die Tatverdächtigen nicht namhaft gemacht werden konnten: „Die Zeugen haben die betreffenden Polizeibeamten nicht in der für eine Identifizierung erforderlichen Art und Weise beschreiben können, andere erfolgversprechende Anhaltspunkte für eine Ermittlung einzelner Beschuldigter und vor allem die Zuordnung bestimmter Tathandlungen sind nicht ersichtlich." Vorfälle wie dieser zeigen, dass die jahrzehntelangen Forderungen von Bürgerund Menschenrechtsorganisationen aktuell sind: Um die Identifizierbarkeit von Polizeibeamtinnen und ­beamten zu gewährleisten, sollen sie gesetzlich verpflichtet werden, sich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern auszuweisen.

Mit der bestehenden Geschäftsanweisung, die eine Aushändigung von Dienstkarten auf Anfrage vorsieht, ist es nicht getan. Diese Vorgehensweise ist gerade bei solchen Einsätzen unrealistisch, die sich durch eine hohe Eingriffsintensität auszeichnen und damit ein erhöhtes Risiko unverhältnismäßiger Gewalt aufweisen. Bei geschlossenen Einsätzen ist daher außerdem das Tragen einer gut sichtbaren Kennung an der Uniform notwendig. Dies gilt nicht nur für das SEK, sondern auch für die Einsatzhundertschaften.

Die Kennung an Helm und Uniform muss kein Namensschild sein und auch nicht unbedingt die Dienstnummer. Damit Zeuginnen und Zeugen sich die Kennung leicht einprägen können, empfiehlt sich eine Kombination aus Buchstaben und Zahlen. Unabdingbar ist, dass intern verlässlich ein Rückschluss auf die Identität möglich ist, um gegebenenfalls Vorwürfe prüfen zu können.

Genau dieser Anforderung wird die 2005 vom Senat ingeführte Gruppenkennzeichnung nicht gerecht. Statt der angekündigten „individualisierbaren Kennung" (Koalitionsvereinbarung SPD/PDS von 2001) wurde ­ nach jahrelanger „Prüfung" ­ lediglich eine Kennzeichnung verwirklicht, die Rückschluss auf die Zugehörigkeit zu einer Gruppe erlaubt (Polizeieinheit mit einer Sollstärke: 10

Personen). Diese Regelung reicht offensichtlich nicht aus und entspricht auch nicht dem Prinzip individueller Verantwortung für Straftaten. Darum ist auch kein überzeugender Grund ersichtlich, erneut zu warten und zu „prüfen" (Koalitionsvereinbarung SPD/Linkspartei 2006). Die Argumente für eine individuelle Kennzeichnung sind längst bekannt und Einwände entkräftet. Der Befürchtung, die Kennzeichnung gefährde Leib und Leben der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, kann mit einer codierten Kennung wirksam begegnet werden. In vielen Ländern ist die Kennzeichnung der Polizei seit Langem eine Selbstverständlichkeit. Auch in der Geschichte der Berliner Polizei gab es seit 1848 immer wieder Perioden, in denen Dienstnummern oder Namensschilder die Uniformen zierten. Heute trägt bereits die Mehrheit der Berliner Polizistinnen und Polizisten freiwillig ein Namenschild. Die Berliner Polizei weiß längst, dass Transparenz und Bürgernähe Markenzeichen moderner Verwaltung sind und begreift rechtsstaatliche Verantwortbarkeit als Teil ihres Berufsethos.