Kitas

Erziehungssituationen von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien besser einschätzen und beurteilen zu können. Es ist ein Instrument, welches Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung benennt und dazu beiträgt, die Genauigkeit von Beobachtungen zu schärfen und damit die Verlässlichkeit individueller Einschätzungen der Fachkräfte zu erhöhen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Bewertung der Indikatoren nicht isoliert (nur an einem Anhaltspunkt) erfolgt und immer im Zusammenhang mit dem altersentsprechenden Entwicklungsstand steht.

Die Beurteilungsspielräume des sozialpädagogischen Handelns bei der Einschätzung von Kindeswohlgefährdungen können und sollen nicht aufgehoben, sondern unterstützend näher strukturiert werden. Deshalb muss es das fachliche Ziel sein, durch Transparenz und fachliche Begründungen der Beurteilungsmaßstäbe eine weitest gehende Reduktion von Unsicherheit zu erreichen.

Bei der Feststellung einer Kindeswohlgefährdung geht es also um die fachliche Bewertung beobachtbarer, für das Leben und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen relevanter Sachverhalte und Lebensumstände bezüglich möglicher Schädigungen, die die Kinder in ihrer weiteren Entwicklung aufgrund dieser Lebensumstände erfahren können; der Erheblichkeit der Gefährdungsmomente (Intensität, Häufigkeit und Dauer des schädigenden Einflusses) bzw. der Erheblichkeit des erwarteten Schadens; des Grades der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts (es geht um die Beurteilung zukünftiger Einflüsse, vor denen das Kind zu schützen ist, zurückliegende Ereignisse sind allenfalls Indizien für diese Prognose); der Fähigkeit der Eltern(teile), die Gefahr abzuwenden bzw. die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen; der Bereitschaft der Eltern(teile), die Gefahr abzuwenden bzw. die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen; der Möglichkeiten der öffentlichen Jugendhilfe, erforderliche und geeignete Maßnahmen zur Beendigung der bestehenden Gefährdung einzuleiten und durchzuführen.

Das berlineinheitliche Indikatoren- und Risikofaktorenmodell zur Erkennung und Einschätzung von Gefährdungssituationen benennt verschiedene Indikatoren für Gefährdungslagen, die auf eine Kindeswohlgefährdung hinweisen können. Indikatoren sind „beobachtbare Anzeiger" für Probleme, die es immer in ihrer Gesamtheit zu erfassen gilt.

Situationen der Kindeswohlgefährdung stehen dabei in einem multifaktoriellen Bedingungszusammenhang.

Das Modell folgt dem Ziel, Kinder und Jugendliche vor körperlichen, seelischen und geistigen Gefahren zu schützen; Gefahrensituationen für Kinder und Jugendliche rechtzeitig zu erkennen und fundiert zu beurteilen; Eltern davor zu bewahren, aus Nichtwissen, Überforderung oder auch schuldhaft gegenüber ihrem Kind verantwortungslos zu handeln und es dabei Gefahren auszusetzen; Sensoren für Kindeswohlgefährdung zu entwickeln und die Genauigkeit von Beobachtungen zu schärfen; geeignete und aussagefähige Grundlagen für Entscheidungsprozesse zu schaffen und damit die Handlungssicherheit zu erhöhen.

Die Instrumente selbst können lediglich Hilfsmittel zur Strukturierung von Wahrnehmungsund Bewertungsprozessen hinsichtlich möglicher (schädigender) Folgen für die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen sein; sie haben nicht etwa selbst eine wertende Funktion. Sie können dazu beitragen, Fakten und Informationen zu sortieren, zu systematisieren, zu vervollständigen und ggf. zu gewichten. Prognosen lassen sich allerdings allein auf dieser Basis noch nicht erstellen. Hier erfordert es eine beteiligungsorientierte Sozialpädagogik, die möglichst mit den Eltern gemeinsam Einschätzungen und Schlussfolgerungen vornimmt und ggf. die eigene, gegen den Willen der Eltern gerichtete Einschätzung und Entscheidung den Eltern gegenüber nachvollziehbar darzulegen und zu vermitteln sucht.

Das hier beschriebene berlineinheitliche Indikatoren- und Riskofaktorenmodell zur Erkennung und Einschätzung von Gefährdungssituationen richtet sich an alle in der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Fachkräfte. Das Verfahren ist zweistufig, d.h. - zur Aufnahme erster Anhaltspunkte sowie einer ersten Prüfung, Bewertung und kollegialen Beratung und Entscheidungsfindung (Vier-Augen-Prinzip) sind alle in der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Fachkräfte verpflichtet;

- bei sich erhärtenden Faktoren erfolgt die weitergehende Prüfung der Kindeswohlgefährdung auf der Grundlage des „Berliner Kinderschutzbogens" (analog „Stuttgarter Kinderschutzbogen") grundsätzlich durch die Fachkräfte der öffentlichen Jugendhilfe (vor allem ASPD, EFB) bzw. bei freien Trägern in Zusammenarbeit mit einer insoweit erfahrenen Fachkraft ;

- wenn der freie Jugendhilfeträger sich nicht in der Lage sieht, eine weitergehende Prüfung vorzunehmen bzw. selbst Maßnahmen zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung einzuleiten bzw. zu veranlassen, ist er verpflichtet, die Koordination Kinderschutz des zuständigen Jugendamtes zu informieren.

Die Zusammenstellung berlineinheitlicher Indikatoren /Risikofaktoren ist eine erste Arbeitsgrundlage, die nicht abschließend ist. Entsprechend der gewonnenen Erfahrungen, Erkenntnisse und Entwicklungen aus der Praxis wird sie regelmäßig evaluiert und entsprechend fortgeschrieben. Der berliner Indikatorenkatalog ist Bestandteil der Empfehlungen zum Kinderschutz.

3. 4 Verlässliche Melde- und Informationsstruktur Unabdingbare Voraussetzung für einen frühzeitig und wirksam ansetzenden Kinderschutz ist neben der verbindlichen Kooperation der beteiligten Professionen ein verlässliches Meldeund Informationssystem. Die mehrstufige Struktur beinhaltet: die Einrichtung einer Berlinweiten zentralen „Hotline-Kinderschutz", als zentrale Anlaufstelle für Bürger/innen, Fremd- und Selbstmelder/innen. Sie ist rund-um-dieUhr erreichbar; die Vorhaltung der Koordination Kinderschutz bei den Jugendämtern und im Öffentlichen Gesundheitsdienst während einer Dienstzeit werktags von 9.00 bis 18. Uhr. Gleichzeitig liegt bei der Koordination Kinderschutz auch die Verantwortlichkeit für fachliche Beratung, Steuerung und Standardsicherung sowie für die Information und die Dokumentation der im Jugendamt bzw. im Öffentlichen Gesundheitsdienst bekannt gewordenen Kinderschutzfälle; den Regionalen Sozialpädagogischen Tagesdienst als zusätzlichen Ansprechpartner in der Region. Ihm obliegt die fachliche Erstberatung mit dem „1. Check für eine Mitteilung bei eventueller Kindeswohlgefährdung" (s. Anlage 7 der „Empfehlungen") und die Fallbearbeitung der von der Hotline, von der Koordination Kinderschutz eingegangenen bzw. der Direktmeldungen; jede Meldung ­ schriftlich, mündlich, telefonisch, anonym ­ die Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung enthält, ist schriftlich aufzunehmen nach dem Muster „1.

Check für eine Mitteilung bei eventueller Kindeswohlgefährdung".

In der folgenden Grafik ist die berlineinheitliche Melde- und Informationsstruktur zum Kinderschutz mit der Kurzbeschreibung der Aufgaben dargestellt. An ihr sind die Wege und Aufgaben nachzuvollziehen.

Die Rufnummer der „Hotline-Kinderschutz", der Koordination Kinderschutz der bezirklichen Jugendämter und des Öffentlichen Gesundheitsdienstes müssen in den relevanten Institutionen (Polizei, Schulen, Kindertagesstätten, Beratungsstellen, Kinderärzte und -ärztinnen, Gerichte und Staatsanwaltschaft sowie weitere psychosoziale und sozialpädagogische Einrichtungen und Dienste, die mit Kindern, Jugendlichen und Familien arbeiten) bekannt sein.

Hinsichtlich der Einbindung von Kitas, Schulen und anderen Einrichtungen in die Aktivitäten des Jugendamtes im jeweiligen Sozialraum sollen sich vertrauensvolle Kontakte entwickeln, auf denen sich ein Beratungs- und Konsultationssystem zum Kinderschutz manifestiert.

Verantwortliche Ansprechpartner/innen in Kinderschutzfällen sind für jede Schule, Kindertageseinrichtung und andere Einrichtungen die für den Sozialraum zuständigen Mitarbeiter/innen des Regionalen Sozialpädagogischen Dienstes. Hier besteht die Möglichkeit der Beratung zum Umgang mit Verdachtsfällen, der Konsultation über mögliche Hilfen und/oder Interventionen.

Berlineinheitliche Melde- und Informationsstruktur zum Kinderschutz (Amtmeldesystem) Berliner Hotline Kinderschutz Rund um die Uhr - Erst Check / Krisenintervention im Akutfall Kinder Jugend Mädchen Notdienst außerhalb der Dienstzeiten der Jugendämter 18:00 ­ 9:00 Uhr - Erstinformation Selbst- und Fremdmelder Selbst- und Fremdmelder Fallabgabe gemäß Kooperationsvereinbarung Polizei Polizei Bezirkliches Jugendamt Koordination Kinderschutz Krisentelefon: werktags 9:00 ­ 18:00 Uhr -Lotsenfunktion -Regionale Kenntnis der Hilfeangebote -Fachliche Erstberatung -Erst-Check -Dokumentation/Evaluation/Qualitätssicherung -Fachliche Steuerungseinheit -Fachliche Standardsicherung Fallzuständige Fachkraft: -Erst- / Zweit-Check -Ggf. Einleitung von Hilfen -Rückmeldung bzw. Erstmeldung bei Direktmeldung an Koordination Kinderschutz Bezirkliches Gesundheitsamt Koordination Kinderschutz im Fachbereich I (alt:KJGD) Krisentelefon werktags 9:00 ­ 18:00 Uhr -Lotsenfunktion -Regionale Kenntnis der Hilfeangebote -Fachliche Erstberatung -Erst­Check -Dokumentation / Evaluation / Qualitätssicherung -Fachliche Steuerungseinheit -Fachliche Standardsicherung Fallzuständige Fachkraft -Erst- / Zweit­Check -Ggf. Einleitung von Hilfen -Rückmeldung bzw. Erstmeldung bei Direktmeldung an Koordination Kinderschutz KooperationsVereinbarung Meldepflicht §8(3) GDG Rückmeldung Abgabe Rückmeldung Abgabe Gem.