Eine Verpflichtung zur Aussage entfällt nur wenn ein persönliches Zeugnisverweigerungsrecht nach StPO oder ZPO

Bei Mitarbeitern der Träger der freien Jugendhilfe oder sonstigen Leistungsanbietern besteht eine solche (zusätzliche) Einschränkung der allgemeinen Zeugnispflicht nicht, d.h. sie müssen aussagen, soweit nicht ein persönliches Zeugnisverweigerungsrecht nach StPO oder ZPO besteht. Ein besonderes Zeugnisverweigerungsrecht besteht nicht deswegen, weil die Tätigkeit/Datenerhebung unter den Anwendungsbereich des § 65 SGB VIII / § 203 Abs. 1 oder 3 StGB oder auch unter die Sonderregelung des § 68 SGB VIII fällt. Die Zeugnisverweigerungsrechte nach der StPO oder ZPO sind nicht mit den Schweigepflichten der §§ 65, 68 SGB VIII oder § 203 StGB identisch. Vielmehr stellt die Pflicht, vor Gericht als Zeuge auszusagen die Befugnis zur Offenbarung der besonders geschützten Daten / Geheimnisse dar.

Eine Verpflichtung zur Aussage entfällt nur, wenn ein persönliches Zeugnisverweigerungsrecht nach StPO oder ZPO besteht.

VI. Akteneinsichtsrechte

Auf Grund von § 25 SGB X i.V.m. § 56 Abs. 3 AG KJHG ist den an einem Verwaltungsverfahren Beteiligten (zur Definition vgl. § 12 Abs. 1 SGB X) Einsicht in die Akten zu gestatten, soweit darin nicht personenbezogene Daten anderer Personen enthalten sind, die ihrerseits gem. § 35 SGB I geheim zu halten sind und für die keine Offenbarungsbefugnis gem. §§ 67 ff SGB X besteht.

Sind personenbezogene Daten anderer Personen betroffen, müssen wenn keine Einwilligung bzw. eine sonstige Offenbarungsbefugnis gegeben ist diese Daten von der Einsichtnahme ausgenommen werden.

Im übrigen ist Akteneinsicht nur zu gewähren, wenn dies tatsächlich von einem Beteiligten begehrt wird; eine "automatische" Akteneinsicht durch Übersendung der Durchschriften von gutachtlichen Stellungnahmen an die betroffenen Klienten ist grundsätzlich nicht erforderlich.

- nach IFG

Der Zweck des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes ist es, "das in Akten festgehaltene Wissen und Handeln öffentlicher Stellen unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten unmittelbar der Allgemeinheit zugänglich zu machen" (§ 1 IFG).

Deshalb besteht ein solches Einsichtsrecht grundsätzlich nicht, soweit der „Offenbarung schutzwürdige Belange der Betroffenen entgegenstehen" (§ 6 Abs. 1 IFG). Bei den Einzelfallakten, die in einer Sozialverwaltung geführt werden, hat das Akteneinsichtsrecht nach dem IFG deshalb kaum eine praktische Bedeutung, da es regelmäßig durch schutzwürdige Belange der Betroffenen verdrängt wird.

Es sind grundsätzlich alle Akten zur Einsicht zu gewähren. Die Erforderlichkeit nach § 25, wonach die Akteneinsicht zur Geltendmachung und Verteidigung rechtlicher Interessen notwendig sein muss, ist durch § 56 III AG KJHG so eingeschränkt, dass dieses Merkmal praktisch wegfällt und es nur auf die Rechte Dritter ankommt.

Anlage 2 der Mzk an das Abgeordnetenhaus Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung Ausführungsvorschriften über die Umsetzung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII bei Kindeswohlgefährdung (AV-Kinderschutz)

Auf Grund des § 56 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG KJHG) in der Fassung vom 27. April 2001 (GVBl. S. 134), zuletzt geändert durch Artikel V des Gesetzes vom 23. Juni 2005 (GVBl. S. 322), wird nach Anhörung des Landesjugendhilfeausschusses bestimmt:

1. Schutzauftrag des örtlichen Trägers der Jugendhilfe:

(1) Diese Ausführungsvorschriften regeln in Umsetzung der §§ 2 Abs. 1, 16 und 45

AG KJHG in Verbindung mit § 8a SGB VIII die Aufgabensicherstellung der bezirklichen Jugendämter.

(2) Die bezirklichen Jugendämter stellen durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicher, dass dem Schutzauftrag jederzeit ausreichend Rechnung getragen wird. Dazu gehört auch die Benennung verbindlicher Ansprechpartner für Einrichtungen, Dienste und Träger, um den Beratungsauftrag gem. § 8a SGB VIII zu erfüllen. Dies gilt insbesondere für Schulen, Tageseinrichtungen sowie andere Einrichtungen und Dienste im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, Polizeidienststellen und niedergelassene Kinderärzte, die im Bezirk tätig sind. Dazu sind die bezirklichen Jugendämter mit ausreichenden Personal- und Sachmitteln (vgl. § 34 AG KJHG) auszustatten.

(3) Mit diesen Ausführungsvorschriften werden einheitliche Melde-, Informations- und Verfahrensstandards bei Tätigwerden im Falle von Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung bestimmt.

2. Erreichbarkeit des Jugendamtes, Koordination Kinderschutz:

(1) In den bezirklichen Jugendämtern ist die Erreichbarkeit in Kinderschutzfällen zu gewährleisten. Für die Entgegennahme solcher Meldungen ist in jedem Jugendamt ein zentrales Krisentelefon1 mit einer Erreichbarkeit von montags bis freitags von 08.00 Uhr bis 18.00 Uhr einzurichten. Die Telefonnummer ist in geeigneter Form öffentlich bekannt zu machen.

Ebenfalls ist ein entsprechender Zugang über das Internet zu schaffen.

Außerhalb der genannten Zeiten ist die Erreichbarkeit und Weiterleitung der Meldungen über die Berliner Hotline Kinderschutz sicherzustellen.

(2) Jede Meldung, die Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung enthält, unabhängig davon, ob sie schriftlich, mündlich, telefonisch, anonym erfolgt, ist schriftlich aufzunehmen.

Jede Meldung wird sofort an die fallzuständige Fachkraft der zuständigen regionalen Organisationseinheit weitergeleitet. Ist nachweislich eine Übernahme der weiteren Bearbeitung durch diese fallzuständige Fachkraft nicht sofort möglich, muss eine andere geeignete Fachkraft die unverzügliche Abklärung und Intervention von etwaigen Maßnahmen in jedem Fall sicherstellen.

(3) Die bezirklichen Jugendämter stellen eine Koordination in Kinderschutzfällen sicher.

Durch diese sind insbesondere folgende Aufgaben sicherzustellen und zu kontrollieren:

a) Entgegennahme der Meldungen und der Schilderung von Verdachtsfällen

b) Prüfung und Einleitung von Maßnahmen

c) Verlauf der Maßnahmen

d) Kooperation mit dem bezirklichen Gesundheitsdienst