Integration

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2007

Einzugsbereich von zwei bis vier BZB. Bei Aufgabe dieser 51 Standorte und einer optimierten Verteilung der BZB auf das Stadtgebiet, bei der in einem Einzugsbereich von 4 km Überlappungen zu anderen Bibliotheken weitgehend ausgeschlossen sind, könnten immer noch mehr als zwei Drittel des Stadtgebiets vollständig abgedeckt werden.

Der Rechnungshof hat die jährlichen Infrastruktur- und Personalkosten für die verschiedenen Bibliothekstypen ermittelt. Im Durchschnitt entstehen für eine BZB 1,5 Mio., eine MPB 700 000 und eine StB 237 000. Für die Berechnung einer möglichen Einsparsumme ist er davon ausgegangen, dass die Bezirke primär ihre StB und nicht die leistungsfähigeren MPB zur Disposition stellen. Anderenfalls ergäben sich deutlich höhere Einsparpotenziale. ohne Berücksichtigung der sich im 4-km-Umkreis befindlichen BZB (in Mitte zwei BZB)

Die nach dem BEPL 95 und dem Entwurf des BEPL 01 vorgesehenen Bibliotheksflächen (T 85) stehen derzeit in den Bezirken allerdings nur teilweise zur Verfügung; sie zu realisieren, erfordert den Einsatz erheblicher Mittel, die angesichts der Haushaltslage Berlins nur beschränkt verfügbar sind. Daher sollte für eine Straffung des Bibliotheksnetzes in einem ersten Schritt nur von einem 3-km-Umkreis ausgegangen werden.

In diesem Fall überschneiden sich die Einzugsbereiche von immerhin noch neun BZB, die zum Teil nur 3 km voneinander entfernt liegen. Im Umkreis von 3 km zu einer BZB befinden sich dann noch 40 Bibliotheken, darunter elf im Einzugsbereich von sogar zwei bzw. drei BZB. Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2007

Eine Reduzierung der Standorte von jetzt 82 auf bis zu 42 ergäbe bei einer geschätzten Einsparsumme von durchschnittlich 700 000 /MPB und 237 000 /StB ein jährliches Einsparpotenzial von bis zu 11 Mio..

Die danach verbleibenden 42 Bibliotheken (ohne Fahrbibliotheken und Schulbibliotheken/Schulnebenstellen) würden im Durchschnitt 79 500 Einwohner zu versorgen haben. Bereits heute versorgt der Bezirk SteglitzZehlendorf durchschnittlich 95 000 Einwohner/Stadtbibliothek.

Die dargestellte Straffung der Berliner Bibliotheksstruktur ist angesichts der Verkehrsinfrastruktur Berlins auch mit Blick auf die gebotene Bürgernähe durchaus zumutbar. Die Reduzierung der Standorte steht auch im Einklang mit dem geänderten Nutzerverhalten, der Nutzung des Verbundes Öffentlicher Berliner Bibliotheken (VÖBB) sowie dem berlinweit angebotenen Bestell- und Lieferservice, der die Ausleihe aus dem Angebot der Berliner Bibliotheken ohne Aufsuchen einer Bibliothek ermöglicht. Der Rechnungshof hat die Bezirke aufgefordert, das Netz der bezirklichen Bibliotheken

- unter Beachtung der dargestellten Modelle - bezirksübergreifend abgestimmt zu straffen.

Die Bezirke haben eingeräumt, dass eine Abstimmung zwischen den Bezirken zu Neueröffnungen, Schließungen und Verlagerungen von Standorten nicht oder nur sehr ungenügend stattfinde und grundsätzlich ein allgemeiner Reformbedarf im Bibliotheksbereich bestehe. Sie verweisen insoweit auf den vorläufigen Abschlussbericht der AG Neuorganisation der Berliner öffentlichen Bibliotheken vom 31. Mai 2006. Der Rechnungshof vernachlässige das Leitbild der öffentlichen Bibliotheken, nach dem sie nicht hauptsächlich Ausleihanstalten, sondern Bildungsorte seien, indem sie besondere Schwerpunkte, z. B. zum lebenslangen Lernen, zur Integrationsförderung sowie zur Unterstützung lokaler Kulturarbeit, setzten. Die Konzentration von Bibliotheksstandorten im Innenstadtbereich erkläre sich aus der dort vorhandenen Bevölkerungskonzentration. Die vorgestellten Modelle für ein Versorgungsumfeld von 4 bzw. 3 km seien ungeeignet, weil eine Reduzierung von Bibliotheken ohne Investitionen an den verbleibenden Standorten neben Besucher- vor allem zu Flächenverlusten und in der Folge zu drastischen Bestandsreduktionen führen würden. Zudem würden Kinder und ältere Bürger durch die größeren Entfernungen zur nächstgelegenen Bibliothek benachteiligt.

Nach Auffassung des Rechnungshofs erfordert ein zeitgemäßes Aufgabenverständnis der Bibliotheken auch kostenbewusstes Wirtschaften und straffe Strukturen. Angesichts der begrenzten Möglichkeiten des Landeshaushalts ist es daher erforderlich, Standortkonzentrationen abzubauen und das Netz der Bibliotheken durch bezirksübergreifend abgestimmte und optimierte Standortentscheidungen zu straffen. Insoweit enthält der vorliegende Bericht der AG Neuorganisation keine Aussage. Der Rechnungshof verkennt nicht, dass insbesondere für Bewohner in Randbezirken mit der Verringerung von Standorten häufig längere Wege verbunden sein können, Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2007 jedoch gestattet es der gezielte Einsatz von Fahrbibliotheken sowie der Ausbau des berlinweit angebotenen Bestell- und Lieferservice die mit der Straffung des Bibliotheksnetzes verbundenen Nachteile aufzufangen. Mit der Reduzierung der Zahl der Standorte werden zudem finanzielle Ressourcen freigesetzt, die neben Einsparungen Investitionen zum Ausgleich von Flächenverlusten und für den Ausbau von verbleibenden Bibliotheksstandorten zu Informationszentren mit hoher Aufenthaltsqualität ermöglichen sowie eine qualitative Verbesserung des Medienbestandes und einen besonders kundenorientierten Personaleinsatz zur Steigerung der Attraktivität der öffentlichen Bibliotheken erlauben.

Die eigenverantwortliche Zuständigkeit der Bezirksämter für die Stadtbibliotheken hat neben der Standortdichte (T 84 bis 89) auch zu unterschiedlichen Organisationsweisen, Personalvolumina und -strukturen sowie abweichenden Aufgabenwahrnehmungen geführt.

Die Personalausgaben sind mit mehr als 31 Mio. (78 v. H.) größter Kostenfaktor der Stadtbibliotheken (vgl. T 83). Insgesamt werden 408 Bibliothekare für Leitungsaufgaben, die Medien-/Infodienste und die Vermittlung von Medienkompetenz, 388 Büchereiangestellte vorwiegend im Entleihungsdienst und 46 sonstige Dienstkräfte überwiegend im technischen Bereich beschäftigt.

Bereits die Expertenkommission hat festgestellt, dass die Stadtbibliotheken bundesweit akzeptierte und vergleichbare Richtgrößen für die Personalbemessung und Qualität der kommunalen Stadtbibliotheken weitgehend nicht erreichen. Vergleichsweise sehr gute Organisationslösungen und Auslastungswerte stehen sehr schlechten gegenüber. So wird der Richtwert für den Personalbedarf aller Dienstkräfte in Stadtbibliotheken von 25 000 Entleihungen pro Stelle in Berlin mit durchschnittlich 20 500 deutlich unterschritten (82 v. H.). Lediglich der Bezirk Lichtenberg lastet mit 26 000 Entleihungen das Personal überdurchschnittlich gut aus. In einigen Bezirken wird dieser Wert deutlich unterschritten (z. B. Treptow-Köpenick 59 v. H.). Insgesamt entspricht diese Unterauslastung einem Einsparpotenzial von 148 Stellen und Personalausgaben von 6,2 Mio.. Der Rechnungshof erwartet, dass die Bezirksämter diese Überausstattung nach und nach verringern.

Die Bezirksämter haben die im Vergleich zu anderen Großstädten in vielen Bezirken niedrigeren Entleihungszahlen eingeräumt. Sie begründen dies mit den zu geringen Medienetats und fordern, der Personalbemessung entsprechende Soll-Zahlen zugrunde zu legen. Darüber hinaus stellen sie die vom Rechnungshof angewandte Richtgröße in Frage.

Der Rechnungshof hält die auch von der Expertenkommission bestätigte und im Abschlussbericht der AG Neuorganisation enthaltene Richtgröße für angemessen. Soll-Zahlen können nicht als Grundlage einer Bemessung akzeptiert werden.