Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht

Ausrichtung des hiesigen Wettmonopols an dem Ziel einer Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht in Frage stellen.

(5) Es überzeugt nicht, wenn vorgetragen wird, mit der Einführung eines neuen gemeinsamen Logos für Lotto, Toto und Oddset-Wetten werde der Rahmen zulässiger Werbung überschritten. Es ist noch nicht jede Werbung unzulässig, die über eine bloße sachliche Information zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgeht. Untersagt ist nach der Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 (a.a.O.) eine Werbung erst, wenn sie gezielt zum Wetten auffordert. Eine derartige gezielte Aufforderung beinhaltet das neue Logo nicht. Auch die in Hamburg verwendeten Werbetafeln „Der Ball rollt wieder. Die Bundesliga bei Oddset" beinhalten noch keine klar gezielte Aufforderung zum Wetten. Sie überschreiten den Bereich zulässiger Werbung jedenfalls nicht in einem solchem Maße, dass dadurch die Ernsthaftigkeit der ergriffenen Maßnahmen zweifelhaft erscheint. Soweit ferner eine angeblich aggressive Werbung während der Fußballweltmeisterschaft gerügt wird, bezieht sich dies zum einen nicht auf Werbemaßnahmen in Hamburg und werden zum anderen nur vereinzelte Verstöße für einen erheblich zurückliegenden Zeitraum vorgetragen. Daher kann unentschieden bleiben, ob anderswo Werbemaßnahmen tatsächlich in relevantem Umfang gezielt zum Wetten aufgefordert haben.

(6) Auch der Hinweis auf den Aufforderungscharakter, den möglicherweise die Werbung einzelner privater Vermittler staatlicher Oddset-Wetten aufweist, führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Die Antragsgegnerin dringt nach ihrem glaubhaften Vorbringen durch Änderung der von NLHT mit einzelnen gewerblichen Spielvermittlern vereinbarten Geschäftsbesorgungsverträge darauf, dass diese Vermittler ihre Werbung an die rechtlichen Anforderungen anpassen. In einzelnen Fällen hat sie auch erfolgreich unzulässige Werbemaßnahmen wie eine Telefonwerbung oder ein Wetten über SMS abgemahnt.

(7) Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass NLHT nach Einstellung ihres Internetportals ihre Internetkunden auf die Möglichkeiten eines Wettabonnements hingewiesen hat. Es leuchtet ein, dass die Gefahr drohte, diesen Kreis ständiger Wetter ansonsten an den privaten Wettmarkt im Internet zu verlieren und damit gesteigerten Gefahren auszusetzen. Dass auch ein wirtschaftliches Eigeninteresse bei dieser Mailaktion eine Rolle gespielt haben mag, stellt diese Bewertung nicht in Frage.

Auch überzeugt das Vorbringen nicht, aus kartellrechtlichen Gründen könnten die Antragsgegnerin und NLHT die Beschränkungen der Vertriebswege nicht durchhalten und deshalb das Sportwettmonopol nicht an dem Ziel einer Eindämmung des Spieltriebs ausrichten. Auch wenn es aus Gründen des Kartellrechtes notwendig sein sollte, weitere Vertreiber zuzulassen, hindert dies nicht, in den Verträgen mit neuen Vertriebspartnern die Werbung für Oddset-Wetten auf das zulässige Maß zu begrenzen. Im Übrigen bezieht sich das Bundeskartellamt in seinem Beschluss vom 23.8.2006 lediglich auf den Vertrieb von Lotto durch gewerbliche Vermittler und nicht die hier fraglichen Oddset-Wetten.

Ferner überzeugt die Überlegung nicht, an Sportwetten interessierte Kunden könnten schwerlich daran gehindert werden, über das Internet direkt im Ausland zu wetten. Dieser Weg ist für die Wettenden ersichtlich nicht in gleicher Weise attraktiv wie der über hiesige Wettbüros mit ihrer mitunter besonderen „Wettatmosphäre". Anderenfalls wäre nicht erklärlich, weshalb zahlreiche private Wettbüros in den letzten Monaten gegründet wurden.

(8) Des Weiteren kommt es nicht darauf an, in welchem Maße die Werbung für Lotto und TOTO-Spiele umgestellt werden muss und ob die umfangreiche und zumindest teilweise wohl zum Spielen auffordernde Werbung für Lottoprodukte unzulässig ist. Insoweit handelt es sich um andere Glücksspielsektoren. Die Antragsgegnerin darf auch dann mit dem Ziel der Eindämmung des Spieltriebs an dem Wettmonopol für Sportwetten festhalten, wenn sie ihre Maßnahmen in anderen Bereichen der Glückspielmärkte weniger strikt und andersartig ausgestaltet.

(9) Ebenso vermag das Vorbringen nicht zu überzeugen, insbesondere in Nordrhein Westfalen würden zahlreiche Lotto-Annahmestellen Wetten auch Jugendlichen zugänglich machen. Zum einen ist nicht dargelegt, dass dies auch in Hamburg so ist. Zum anderen hat die Antragsgegnerin das Verkaufspersonal geschult und plant sie weitere umfangreiche Schulungsmaßnahmen. Sie trägt vor, zur Kontrolle unangemeldete Testkäufe durchzuführen.

Auch will sie mit der Kundenkarte ein Instrument einführen, das gerade Minderjährigen den Zugang zu den Wetten erschwert. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin keine ausreichenden Maßnahmen zum Schutz der Jugend ergreift. Daran ändert nichts, dass sich wahrscheinlich in Einzelfällen Minderjährige Gelegenheit zu Oddset-Wetten verschaffen.

Eine Maßnahme ist nicht deshalb ungeeignet, weil sie keinen vollständigen Erfolg verspricht.

Deshalb greift auch der Hinweis nicht durch, die Kunden könnten die Einsatzbeschränkung auf 500 Euro bei Oddset-Wetten leicht dadurch umgehen, dass sie nacheinander in mehreren Annahmestellen Wettscheine abgeben. Im Übrigen bietet die geplante Kundenkarte bei entsprechender Ausgestaltung Möglichkeiten, derartige Umgehungen des Einsatzlimits entgegen zu wirken.

(10) Das Sportwettmonopol entfällt noch nicht deshalb, weil einzelne Maßnahmen der Suchtprävention noch nicht vollständig greifen. Dass das mit einem Link versehene Hamburger „Sucht-Telephon" bei einem Anruf eines Bevollmächtigten eines der Beschwerdeverfahren nicht erreichbar war und auch nicht zurückgerufen wurde, ist bedauerlich. Hieraus kann aber noch nicht geschlossen werden, die Antragsgegnerin und NLHT verfolgten die Suchtprävention nicht ernstlich."

Hessischer VGH, Beschluss vom 22.01.2007 - 2 TG 2612/06 -: "Diesen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wird durch die in Hessen ergriffenen Maßnahmen zur Ausgestaltung der Veranstaltungen und des Vermittelns von Sportwetten entsprochen. Nach den Darlegungen der Beteiligten auch unter Bezug auf allgemein zugängliche Medienberichte und den von dem Verwaltungsgericht und den Beteiligten in Bezug genommenen Entscheidungen des Senats, insbesondere den Beschlüssen vom 25. Juli 2006 (- 11 TG 1465/06 -) und vom 14. September 2006 (- 11 TG 1653/06 -), geht der Senat davon aus, dass nach Ergehen der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 von der Lotterie - Treuhandgesellschaft mbH Hessen umgehend Maßnahmen geplant und umgesetzt worden sind, um das vom Bundesverfassungsgericht beanstandete Defizit bei dem Vollzug des geltenden staatlichen Sportwettenmonopols zu beseitigen. Diese Maßnahmen beziehen sich sowohl auf Art und Zuschnitt des Angebots wie auch auf die Vertriebs- und Marketingmaßnahmen. Hiernach wurden das Angebot und die Verfügbarkeit von Sportwetten der streitbefangenen Art insoweit verringert, als mittlerweile 68 Lottoverkaufsstellen die Kündigung ausgesprochen und damit die Dichte des Vertriebsnetzes verringert worden ist. In den verbleibenden Verkaufsstellen werden keine Halbzeitwetten mehr angeboten und auch die Planungen für Online-Wetten wurden gestoppt. Außerdem werden keine „SMS" oder „Mobile Gaming" Wetten angeboten, was sich ebenfalls auf die Verfügbarkeit des Angebots auswirkt. Soweit in der Vergangenheit Zweifel an einer tatsächlichen Verringerung des Angebots geäußert und hierzu die Handicap-Wette bzw. das zweite Wochenprogramm angeführt wurden, greifen diese nicht durch, da es sich in beiden Fällen nicht um neu eingeführte Produkte handelt, die eine Ausweitung des Angebots belegen könnten. Reduziert und umgestaltet wurde auch die Werbung für Sportwetten. Es finden keine Bandenwerbung und Lautsprecherdurchsagen mehr in den Stadien statt und auch in den Stadionzeitungen werden keine Werbeanzeigen mehr geschaltet. Verzichtet wird nunmehr auch auf Werbung in den Internetauftritten der Vereine sowie auf Fernseh- und Rundfunkwerbung. Darüber hinaus gibt es keine sogenannten Kundenbindungsprogramme, bei denen Spieler andere Spieler werben und hierfür mit Sach- oder Geldleistungen belohnt werden und auch ein werbewirksames Verteilen von Gutscheinen findet nicht statt. Soweit weiterhin Werbemaßnahmen erfolgen, wurden diese dahingehend umgestaltet, dass in ihnen keine verlockenden Versprechungen, sondern informative Aussagen - auch zur Suchtproblematik in den Vordergrund gestellt werden. Dabei müssen Warnhinweise nicht denen für Tabakwaren entsprechen, da insoweit ein Gestaltungsspielraum des Regelungsgebers hinsichtlich der Erfüllung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts besteht.