Als Feststeller kommen damit nur die Dienstkräfte in den JobCentern in Betracht

T 129:

Die für die Bewirtschaftung der Einnahmen und Ausgaben zuständigen Dienstkräfte in den Bezirksämtern können die täglich „online" übermittelten, pro Monat mehrere hundert Seiten starken FINAS-Listen über „kommunale Leistungen gem. SGB II" nicht auswerten. Sie übernehmen lediglich die auf dem Deckblatt nach Leistungsarten des SGB II aufgegliederten Summenbeträge, buchen sie nachträglich auf die entsprechenden Ausgabetitel des Kapitels 39 60 und erteilen nachträglich Auszahlungsanordnungen. Eine Möglichkeit, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der für die Zahlung maßgebenden Angaben zu prüfen und in den Zahlungsanordnungen festzustellen (Nr. 11 AV § 70 LHO), besteht insoweit nicht. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2004 hat die Senatsverwaltung für Finanzen den Bezirksämtern allerdings mitgeteilt, dass für die Abrechnung der Abbuchung durch die Bundesagentur Nr. 19.1.2 AV § 70 LHO Anwendung findet. Nach dieser Ausnahmeregelung sind die Feststeller der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit in den Bezirksämtern für die Richtigkeit der Angaben nicht verantwortlich, soweit eine Dienststelle des Bundes eine entsprechende Bescheinigung abgegeben hat. Die FINAS-Listen enthalten jedoch keine Bescheinigung von Dienstkräften der Bundesagentur über die Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit. Dies ist auch nicht möglich, da diese Listen zentral von Dienstkräften erstellt werden, die mit der Leistungsbewilligung nicht befasst sind.

T 130:

Als Feststeller kommen damit nur die Dienstkräfte in den „JobCentern" in Betracht. Die Rahmenvereinbarung bezeichnet die „JobCenter" zwar auch als Dienststellen des Bundes (T 126). Im sozialgerichtlichen Verfahren werden sie dagegen als eigenständige nichtrechtsfähige Personenvereinigungen behandelt, denen nach dem SGB II Teilrechtsfähigkeit zukommt. Als solche werden nur sie als Beteiligte angesehen und nicht die hinter ihnen stehenden juristischen Personen Bundesagentur für Arbeit und Land Berlin (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts Berlin vom 14.06.05 - L 10 B 44/05 AS ER - und nunmehr Urteil des Bundessozialgerichts vom 07.11.06 - B 7b AS 8/06 R). Von daher erscheint es höchst zweifelhaft, die „JobCenter" als Dienststellen des Bundes im Sinne der Nr. 19.1.2 AV § 70 LHO einzustufen. Hinzu kommt, dass die Dienstkräfte in den „JobCentern" die Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit für Auszahlungsanordnungen zulasten des Haushalts der Bundesagentur und nicht des jeweiligen Bezirkshaushalts abgeben (T 128).

Im Übrigen hat der Rechnungshof nur in wenigen Fällen überhaupt solche Feststellungsbescheinigungen vorgefunden. Die Einhaltung des „Vier-Augen-Prinzips" war überwiegend nicht gewährleistet. Bis zur Prüfung durch den Rechnungshof im Jahr 2006 gab es in den „JobCentern" auch überwiegend keine vom Geschäftsführer bestellten Beauftragten für den Haushalt und keine schriftlichen Regelungen über Zeichnungs- und Anordnungsbefugnisse für die dort Beschäftigten. Insgesamt lässt sich damit feststellen, dass für Ausgaben Berlins in Höhe von über 1,2 Mrd. im Jahr 2005 und von über 1,4 Mrd. im Jahr 2006 die vorgeschriebenen haushaltsrechtlichen Kontrollen nicht gewährleistet sind.

Zu T 126 bis 130:

Es trifft zu, dass in den Jobcentern zunächst nur eine Bewirtschaftung von Bundestiteln erfolgt.

Die Zahlungen für Leistungen des kommunalen Trägers werden über den Haushalt der Bundesagentur aus einem auf das jeweilige Jobcenter (Bezirk) bezogenen Kapitel und der Buchungsstelle 68112 aufgeschlüsselt nach den Unterkonten 01 bis 06 und 11 geleistet. Daher werden für die Bewirtschaftung im Jobcenter die Grundsätze der Bundeshaushaltsordnung (BHO) zugrundegelegt.

Eine Einbindung der landesseitigen Buchungssysteme in die Leistungserbringung sieht das bundesweit praktizierte Verfahren nicht vor. Formal erfolgt zwar eine taggleiche Erstattung der geleisteten Erträge. Im Grunde handelt es sich bei dem aktuellen Erstattungsverfahren jedoch nur um eine Weiterleitung der für den jeweiligen Bezirk verausgabten Beträge mit dem Zweck, diese im bezirklichen Haushalt zu erfassen.

Die Dienstkräfte in den Jobcentern bescheinigen nach Nr. 1 VV für Zahlungen, Buchführung und Rechnungslegung der BHO (Teil IV) in Verbindung mit Nr. 3.2 der Verfahrensrichtlinien für Mittelverteiler und Titelverwalter für das automatisierte Verfahren für das Haushalts-, Kassenund Rechnungswesen des Bundes (VerfRiB-MV/TV-HKR) die sachliche und rechnerische Richtigkeit sowie als Anordnungsbefugte. Die Festlegung der jeweiligen Zeichnungsbefugnisse obliegt dem BfdH des Jobcenters. Die Senatsverwaltung für Finanzen geht davon aus, dass dies sowie die Durchsetzung des „Vier-Augen-Prinzips" eigenverantwortlich in den Jobcentern erfolgt.

Die Einzelbuchungsnachweise (FINAS-Listen), nach denen die Bezirksämter die Erstattungszahlungen vornehmen, sollten dort nach der zentralen Erstellung von Dienstkräften in der Bundesagentur für Arbeit lediglich hinsichtlich der korrekten Übernahme gemäß Nr. 19.1.2 AV § 70 LHO sachlich und rechnerisch richtig bescheinigt werden.

T 131:

Die Senatsverwaltung für Finanzen teilt die Einschätzung, dass die Behördenkonstruktion des § 44b SGB II (T 126) bisher beispiellos und rechtlich problematisch ist. Sie verursache die vom Rechnungshof aufgezeigten Probleme, denen keine der bestehenden Vorschriften umfänglich gerecht werden könne. Die Senatsverwaltung für Finanzen bestätigt auch, dass die Dienstkräfte in den „JobCentern" bei der Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit sowie als Anordnungsbefugte nur nach den Vorschriften für das Haushaltswesen des Bundes tätig werden. Zur Behebung des Kontrolldefizits regt sie eine Vereinbarung zwischen der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales sowie der Bundesagentur an, die analog Nr. 19.2 AV § 70 LHO vorsieht, dass die Bescheinigungen der „JobCenter" als Unterlage für die Bescheinigungen der Bundesagentur gegenüber den Bezirksämtern dienen. Die FINAS-Listen sollten aus Praktikabilitätsgründen gemäß Nr. 19.1.2 AV § 70 LHO sachlich und rechnerisch richtig bescheinigt werden. Das bedeutet, dass sich die Bundesagentur die Feststellungsbescheinigungen und Zahlungsanordnungen der „JobCenter" als Ersatz für eigene zurechnet und die Feststeller in den Bezirksämtern wegen Vorliegens der Feststellungsbescheinigung einer Bundesbehörde für die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Angaben in den FINAS-Listen nicht verantwortlich sind. Nach Ansicht des Rechnungshofs wäre eine solche Vereinbarung in Anbetracht der Behördenkonstruktion des § 44b SGB II akzeptabel, soweit die Einhaltung der einschlägigen bundesrechtlichen Vorschriften durch die Mitarbeiter in den „JobCentern" gewährleistet wird und sich keine Zweifel an der Richtigkeit der Bescheinigungen ergeben.

Zu T 131:

Die Senatsverwaltung für Finanzen wird den Vorschlag, die Aufgaben und Befugnisse der Dienstkräfte des Jobcenters in einer gesonderten Vereinbarung zu regeln, weiter verfolgen.

T 132:

Aus Gründen der Haushaltsklarheit sieht das Haushaltsrecht des Bundes und der Länder das Bruttoprinzip vor.

Nach § 35 Abs. 1 BHO und LHO sind alle Einnahmen und Ausgaben getrennt voneinander mit ihrem vollen Betrag bei dem hierfür vorgesehenen Titel zu buchen. Die Prüfung hat ergeben, dass die Bundesagentur erzielte Einnahmen grundsätzlich nicht an den kommunalen Träger erstattet, sondern diese in den FINAS-Listen lediglich als Absetzungsbeträge bei den Ausgaben ausweist. Die Bezirksämter sind systembedingt gezwungen, den Summenbeträgen der FINAS-Listen zu folgen. Sie nehmen daher keine Buchung zu Einnahmetiteln vor, sondern müssen entgegen § 35 Abs. 1 LHO Einnahmen von Ausgaben absetzen.

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat ausgeführt, Berlin habe gegenüber dem Bund seinerzeit vergeblich beanstandet, dass das unter Nutzung der Systeme der Bundesagentur angewandte Nettoprinzip nicht den Haushaltsgrundsätzen des Landes Berlin entspreche. Sollte es zu der geforderten Ablösung der Software A2LL kommen, könnte das Thema erneut aufgegriffen werden.

Zu T 132:

Es handelt sich um ein grundsätzliches Problem. Die Bundesagentur bewirtschaftete die ihr zu Verfügung stehenden Bundesmittel im Wege der Selbstbewirtschaftung (§ 15 Abs. 2 BHO). Sie praktiziert das Nettoprinzip und verrechnet grundsätzlich die auf eine Leistung entfallenden Einnahmen mit den entsprechenden Ausgaben. Dieses Prinzip hat sie flächendeckend auf die kommunalen Ausgaben der Arbeitsgemeinschaften mit gemeinsamer Trägerschaft übertragen.

Es ist zutreffend, dass die Einhaltung des Bruttoprinzips mehrfach bei verschiedenen Gelegenheiten erfolglos thematisiert wurde. Sollte es zu einer Ablösung von A2LL kommen, wird die Senatsverwaltung für Finanzen das Thema erneut aufgreifen.

T 133:

Mit dem IT-Programm A2LL wurden die Ausgaben für Betriebs-/ Heizkostennachzahlungen hinsichtlich der Titelzuordnung im Haushalt der Bundesagentur falsch verschlüsselt, sodass sie statt bei den Ausgaben für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 SGB II) bei der darlehensweisen Übernahme von Mietschulden (§ 22 Abs. 5 SGB II) gebucht wurden. Die FINAS-Listen wiesen also bei den entsprechenden Titeln im Haushalt der Bundesagentur falsche Summen aus. Die Bezirksämter haben die falschen Summen übernommen und entsprechend gebucht. Obwohl dieser Fehler im Laufe des Jahres 2005 berlinweit bekannt wurde und die für Soziales zuständige Senatsverwaltung am 27. September 2005 die Bezirksämter nochmals zu Korrekturbuchungen aufgefordert hatte, waren als darlehensweise Übernahme von Mietschulden per 31. Dezember 2005 insgesamt 1 831 675,60 und per 31. März 2006 insgesamt 1 662 320,34 gebucht worden. Bei dem größten Teil dieser Gesamtbeträge dürfte es sich nicht um darlehensweise Mietschuldenübernahmen, sondern um Betriebs-/ Heizkostennachzahlungen als Teil der Ausgaben für Unterkunft und Heizung handeln; denn bis zum 31. März 2006 ließ § 22 Abs. 5 a. F. SGB II nur sehr eingeschränkt eine Schuldenübernahme durch die „JobCenter" zu. Für die falsch gebuchten Beträge hatte das Land Berlin als kommunaler Träger den Bundesanteil gemäß § 46 Abs. 6 SGB II in Höhe von jeweils 29,1 v. H. jedenfalls bis zum Prüfungszeitpunkt nicht geltend gemacht. Insgesamt dürften dem Land Berlin bis zum 31. März 2006 Einnahmen von fast 1 Mio. entgangen sein.

Nach Angabe der Senatsverwaltung für Finanzen ist der Fehler im IT-Programm A2LL im August 2006 abgestellt worden. Die Bezirksämter seien von ihr aufgefordert worden, in Zusammenarbeit mit den „JobCentern" die erforderlichen Korrekturbuchungen bis zum 30. Oktober 2006 vorzunehmen. Die inzwischen vorliegenden vorläufigen Buchungsstände für das Haushaltsjahr 2006 ließen allerdings darauf schließen, dass in einigen Bezirken erneut Fehlbuchungen vorgekommen seien. Der Rechnungshof erwartet, dass der ausstehende Bundesanteil noch geltend gemacht wird.

Zu T 133:

Der Rechnungshof schildert zutreffend, dass infolge einer falsch in A2LL hinterlegten Buchungsstelle einmalige Kosten der Unterkunft (Betriebs- und Heizkostennachzahlungen) als Mietschulden gebucht wurden sowie die daraufhin in Zusammenhang mit der damaligen Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz eingeleiteten Maßnahmen.

Bis zum 31.03.2006 war die Übernahme von Mietschulden durch die Jobcenter nur in Verbindung mit einer konkret in Aussicht stehenden Arbeitsaufnahme möglich. Damit konnten diese nur in sehr begrenztem Umfang anfallen. Seit dem 01.04.2006 erlaubt der Gesetzgeber auch die Übernahme von Mietschulden ohne diese Einschränkung. In der Folge werden Mietschulden nun in stärkerem Umfang übernommen als zuvor. Damit ist es schwieriger geworden, die Entwicklung der Ausgaben zu beurteilen.

Es trifft zu, dass die Bundesagentur für Arbeit die Fehlfunktion erst zum 01.08.2006 abgestellt hat. In Absprache mit der damaligen Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz hat die Senatsverwaltung für Finanzen mit Schreiben vom 16.08.2006 die Bezirksämter darüber informiert und darum gebeten, in Zusammenarbeit mit den Jobcentern bis zum 30.10.2006 die abschließende Bereinigung der Buchungsstellen vorzunehmen. Ausstehende Korrekturbuchungen aus dem Jahr 2005 sollten zu Lasten 2006 erfolgen.

T 134:

Im Rahmen der Leistungen für Unterkunft und Heizung können bzw. sollen unter bestimmten Voraussetzungen auch Mietkautionen und Schulden übernommen werden; diese Leistungen sollen als Darlehen erbracht werden (§ 22 Abs. 3 und 5 SGB II). Das bedeutet, dass bei Fälligkeit die Rückerstattung der Darlehensbeträge an Berlin als kommunalen Träger überwacht werden muss. Nach den Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofs ist eine entsprechende Einnahmeüberwachung in aller Regel nicht gewährleistet.

Diese Darlehensforderungen gehören zum Vermögen Berlins, über das ein Nachweis zu erbringen ist (§ 73 LHO i. V. m. Nr. 2.2.2.1 AV § 73 LHO). Eine Eintragung der Darlehensforderung in das Vermögensverzeichnis des jeweiligen Bezirksamts (Nr. 6 AV § 73 LHO) und eine Bestandskontrolle (Nr. 5.4 a. a. O.) sind nur ausnahmsweise anzutreffen gewesen. Eine Einnahmeüberwachung anhand der Leistungsakten im „JobCenter" endet spätestens beim Umzug der Leistungsempfänger in einen anderen Bezirk, weil in diesem Fall die Akten nicht zuständigkeitshalber abgegeben, sondern geschlossen werden und eine Sollstellung der Darlehensforderung beim Zentralen Forderungseinzug der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur unterbleibt. Damit geht das Wissen um die offene Darlehensrückzahlung verloren.

Ferner hat der Rechnungshof festgestellt, dass als Darlehen gewährte Mietkautionen aufgrund der Buchungsstruktur der Bundesagentur in den FINAS-Listen nicht getrennt, sondern summenmäßig zusammen mit Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten ausgewiesen werden. Dies führt dazu, dass die Bezirksämter Mietkautionen nicht bei dem Titel 863 19 - Darlehen an Leistungsberechtigte nach SGB II - buchen. Damit lässt auch die Haushaltsrechnung keinen Schluss auf die tatsächliche Summe gezahlter Mietkautionen zu. Die vom Rechnungshof im Jahresbericht 2004 (T 138 bis 143) geschilderten Einnahmeverluste der Bezirksämter durch erhebliche Mängel bei der Einnahmeüberwachung in Fällen darlehensweise gewährter Sozialhilfe setzen sich somit auch im Bereich des SGB II fort. Die Senatsverwaltung für Finanzen hat erneut erklärt, sich um einheitliche und verbindliche Regelungen zur haushaltsmäßigen Überwachung der Einnahmen aus Darlehensrückzahlungen bei den Bezirksämtern zu bemühen.

Zu T 134: Unzweifelhaft sind bewilligte Darlehen zunächst in die Vermögensverzeichnisse der jeweiligen Bezirksämter aufzunehmen. Für den Jahresabschluss sind diese Geldforderungen zu bewerten (Nr. 12.5.1 AV § 73 LHO). Im Regelfall sind die gewährten Darlehen nicht werthaltig, weshalb die Bundesagentur entsprechende Darlehen nicht in ihr Vermögensverzeichnis aufnimmt.