Schnelle Hilfe für Berlin (II) ­ Feuerwehr muss Schutzziele einhalten können!

Der Senat wird aufgefordert zu prüfen, welche Maßnahmen erforderlich wären, um sicherzustellen, dass die Feuerwehr den Berlinerinnen und Berlinern innerhalb der in den Zielvereinbarungen definierten Schutzziele die notwendige Hilfe zukommen lassen kann. Bei der Schutzzieldefinition ist jedoch nicht wie bisher der Berliner Durchschnitt aller Postleitzahlenbereiche, sondern jeder Postleitzahlenbereich für sich selbst zugrunde zu legen.

Die definierten Schutzziele müssen daher in jedem Postleitzahlbereich eingehalten werden:

- In jedem Postleitzahlbereich der Schutzklasse A soll gewährleistet sein, dass die Kräfte für Brandschutz und Technische Hilfeleistung in 90% der Fälle den Einsatzort mit 14 Funktionen in 15 Minuten erreichen, die Rettungsdienste in 75% der Fälle mit 2 Funktionen in 8 Minuten.

- In jedem Postleitzahlbereich der Schutzklasse B soll gewährleistet sein, dass die Kräfte für Brandschutz und Technische Hilfeleistung in 50% der Fälle den Einsatzort mit 14 Funktionen in 15 Minuten erreichen, die Rettungsdienste in 50% der Fälle mit 2 Funktionen in 8 Minuten.

Zum Erreichen dieser Schutzziele hat der Senat für die Sicherheit der Berlinerinnen und Berliner sämtlich mögliche Maßnahmen einzuleiten. Hierbei ist insbesondere zu prüfen, inwieweit eine Optimierung des Einsatzkonzeptes „EK 06" oder ein intelligentes Verkehrsleitsystem zu schnelleren Eintreffzeiten führen kann. Weiter ist zu prüfen, inwieweit eine taktische Neuverteilung oder eine Erhöhung der Zahl der Einsatzfahrzeuge im Berliner Stadtgebiet eine Verbesserung herbeiführen kann.

Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 30. Juni 2008 zu berichten.

Begründung:

Sowohl in der Brandbekämpfung als auch im Rettungsdienst können bereits wenige Minuten über das Leben der einzelnen Bürgerinnen und Bürger in Berlin entscheiden. Das Leben ist das herausragende Rechtsgut und ist daher besonders zu schützen.

Die kleinen Anfragen der FDP-Fraktion zu den Annahmezeiten beim Notruf 112 (Drs. 16/10837) und den Schutzzielen bei Feuerwehr und Rettungsdienst (Drs. 16/10549) haben gezeigt, dass es bei der Notrufannahme zu einer Wartezeit bis zu 15 Minuten und bis zum Eintreffen der Rettungsdienstes bzw. Feuerwehr bis zu weitere 65 bzw. 68 Minuten gewartet werden müssen. Im Extremfall kann es daher passieren, dass die Bürgerinnen und Bürger erst nach einer Stunde und 20 Minuten erste Hilfe erhalten. Auch der Medianwert der Wartezeit von über einer halben Stunde ist deutlich zu hoch.

Die Reduzierung der Eintreffzeiten muss daher im Interesse aller Berliner und Bürgerinnen höchste Priorität haben.

Neben der Optimierung der Notrufannahme (Drs. 16/0795) und dem damit verbundenen zeitigen Ausrücken der Einsatzfahrzeuge ist auch eine Optimierung des Einsatzkonzeptes notwendig. Nach der derzeitigen Einsatzplanung werden lange Anfahrtszeiten bewusst in Kauf genommen. So wurde ­ nach postleitzahlenscharfer Betrachtung ­ beim Rettungsdienst in der Schutzklasse A in 115 von 178 Postleitzahlenbereichen das Schutzziel überschritten. Dies entspricht einem Anteil von 65%. In der Schutzklasse B wurde das Schutzziel in 7 von 12 Postleitzahlbereichen und somit in 60% der Bereiche überschritten. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern es sich um ein strukturelles Problem handelt.

Bei der Brandbekämpfung setzt das bisherige Einsatzkonzept die Mithilfe der Freiwilligen Feuerwehr in den Außenbereichen voraus. Damit ist dieses Einsatzkonzept von der Personal- und Leistungsstärke der Freiwilligen Feuerwehr abhängig. Die Freiwillige Feuerwehr kann jedoch die notwendige Personalstärke nicht mit Sicherheit garantieren. Darüber hinaus werden immer häufiger einzelne Wachen der Freiwilligen Feuerwehr geschlossen bzw. sind deren Fahrzeuge nicht einsatzbereit. Künftig wird es daher in immer weniger Fällen möglich sein, dass die Freiwillige Feuerwehr bis zum Eintreffen der Berufsfeuerwehr die ersten lebenswichtigen Maßnahmen einleitet.

Auch in der Schutzklasse A werden derzeit Wachen der Berufsfeuerwehr geschlossen, das Personal auf andere Wachen verteilt. Selbst wenn die Personalstärke insgesamt nicht reduziert wird, verlängern sich damit doch die Wege und somit die Eintreffzeiten.

Eine Verbesserung allein durch das „neue" Einsatzkonzept 2006 ist entgegen der Beteuerungen der Senatsverwaltung nicht mit Sicherheit zu erwarten, so dass weitere Maßnahmen geprüft und eingeleitet werden müssen. Eine dieser möglichen Maßnahmen ist ein modernes Verkehrsleitsystem, damit die Einsatzfahrzeuge keine kostbare Zeit im unzureichend geregelten Stadtverkehr verlieren.