Die Positivliste wurde von JobCentern und Beschäftigungsträgern auch als Einengung wahrgenommen

In anderen Regionen wird die Berliner Lösung als vorbildlich bewertet.

Wichtig ist, dass die Positivliste lediglich ein unterstützendes Arbeitsmittel ist und nicht die eigentliche Bewilligungsentscheidung der Jobcenter ersetzt.

Die Positivliste wurde von JobCentern und Beschäftigungsträgern auch als Einengung wahrgenommen. Sie hat im Ergebnis zur Angebotskonzentration auf die aufgezählten Inhalte geführt. Die Kreativität der Beschäftigungsträger ist dadurch stark eingeschränkt worden. Die aufgeführten Beschäftigungsfelder führen zu einer sehr einseitigen Ausrichtung auf den sozialen Bereich. Hier gibt es Bereiche mit starker Übersättigung (Altenpflege).

Vollkommen unzureichend dagegen sind aus arbeitsmarktlicher Sicht die Angebote im gewerblichen Bereich. Hier werden auf Grund der vorhandenen Arbeitslosenstruktur (mehr als 50% der Arbeitslosen hat einen gewerblichen Hintergrund) Beschäftigungsmöglichkeiten benötigt, die es aber wegen der Einschränkungen in den Tätigkeitsfeldern nicht im erforderlichen Umfang gibt. Die Handwerkskammer stellt nur in sehr eingeschränktem Umfang Unbedenklichkeitsbescheinigungen aus.

Es wurde ein flexiblerer Umgang mit der Positivliste gewünscht, der in erster Linie die gesetzlichen Voraussetzungen und den Geist der gemeinsamen Erklärung und der allgemeinen Vereinbarung in den Vordergrund stellt und sich nicht kleinteilig an Beschäftigungsinhalte orientiert.

Es wurde zum Teil die Auffassung vertreten, dass die Zugewiesenen weit überwiegend nicht marktfähig sind und schon von daher den Markt nicht beeinträchtigen können. Für Personen, die auf Grund ihrer erheblichen Vermittlungshemmnisse besonders marktfern sind, sollte per se Unbedenklichkeit unterstellt werden, unabhängig von der zu verrichtenden Tätigkeit.

Als erstes konkretes Ergebnis stand im Juli 2006 ein gemeinsames Schreiben der Unterzeichner der Positivliste an die Jobcenter (als Anlage beigefügt), das zu einem flexibleren Umgang aufrief.

Darüber hinaus hat die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg mit den Berliner Kammern vereinbart, dass angebotene Tätigkeiten in Zusatzjobs für erwerbsfähige Menschen mit psychischen Behinderungen grundsätzlich als zusätzlich zu betrachten sind. Die Regelung ist aber auf Größenordnungen begrenzt (20 Maßnahmeplätze für jedes der 12 JobCenter in Berlin).

3. Auswertung aktueller Einschätzungen:

Aus Anlass des Berichtauftrages „Erfahrung mit der Positivliste untersuchen" wurden verschiedenen Institutionen um ihre Einschätzungen gebeten. Es liegen dem Senat Stellungnahmen der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, der Jobcenter.

Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Mitte, Pankow, Reinickendorf, Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg und TreptowKöpenick, des „berliner verbandes für arbeit und ausbildung (bvaa)" und der Senatsarbeitsverwaltung der Stadt Bremen vor.

Die Stellungnahmen der Berliner Jobcenter sind in den wesentlichen Punkten weitgehend übereinstimmend. Folgende Aspekte in den Ausführungen lassen sich zusammenfassen:

· Die JobCenter haben mit dem Instrument der Positivliste grundsätzlich gute Erfahrungen gemacht. Sie stellt nach deren Einschätzung ein hilfreiches Mittel dar, um die Wettbewerbsneutralität von Tätigkeiten zu beurteilen und wird regelmäßig bei der Bearbeitung von Projektanträgen für Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandentschädigung hinzugezogen. Die Erfahrungen zeigen, dass damit Wettbewerbsverzerrungen auf dem Arbeitsmarkt und Abbau von Arbeitsplätzen durch geförderte Tätigkeiten weitestgehend vermieden werden.

Träger können im Vorfeld die Tätigkeiten mit der Positivliste abstimmen. Dadurch ist eine schnellere Antragsbearbeitung möglich. Es werden im Ergebnis weniger Unbedenklichkeitserklärungen benötigt.

· Die Anwendung der Positivliste führt andererseits dazu, dass sich Trägerkonzepte immer wieder ähneln und wenig Raum für Neues besteht. Es ist zu erkennen, dass Maßnahmeinhalte von den Trägern weit überwiegend entsprechend der Positivliste konzipiert wurden. Die teilweise komplette inhaltliche Übernahme von Tätigkeitsfeldern aus der Positivliste und deren Überführung in Maßnahmekonzepte führt zu einer starken Einschränkung der Kreativität.

Es werden pauschalisierte und nicht auf die individuellen Bedürfnisse der erwerbsfähigen hilfebedürftigen ausgerichtete Maßnahmen eingereicht.

· In den JobCentern werden in immer größerem Umfang Bewerber mit multiplen Vermittlungshemmnissen sowie Jugendliche mit hohem Bildungsdefizit betreut. Viele dieser Kunden haben gesundheitliche Einschränkungen und fachliche Defizite, wie fehlende Berufsabschlüsse oder Berufsentfremdung. Durch Langzeitarbeitslosigkeit werden diese negativen Einflüsse in vielen Fällen noch verstärkt. Diese Bewerber sind nicht in der Lage, die Anforderungen des 1. Arbeitsmarktes auch nur in geringstem Maße zu erfüllen. Für diesen Personenkreis sind Arbeitsgelegenheiten die erste Stufe der Stabilisierung und auf dem Weg, ihre Integrationschancen schrittweise zu erhöhen. Die Inhalte der Positivliste haben aber oftmals keine Arbeitsmarktnähe. Daher ist das Ziel von Arbeitsgelegenheiten, die Verbesserung der Eingliederungschancen der Bewerber zu erreichen, mit den in der Positivliste zugelassenen Inhalten nicht ausreichend erfüllt. Es fehlt die Möglichkeit, im Rahmen der Positivliste Maßnahmen in einfachen manuellen Einsatzfeldern einzurichten. Es fehlen insbesondere berufsnahe Angebote im technisch-gewerblichen Bereich, im GartenLandschaftsbau und in der Gastronomie. Die Positivliste enthält überproportional viele Angebote im sozialen Bereich. Gerade bei einem Einsatz im sozialen Bereich werden soziale Kompetenzen erwartet. Bewerber mit multiplen Seite 4 von 9

Vermittlungshemmnissen können diesen Anforderungen nicht ausreichend entsprechen. Der soziale Bereich bietet außerdem nur wenige dauerhafte Beschäftigungsangebote und ist somit für die gewünschten Integrationen in den ersten Arbeitsmarkt kaum geeignet.

· Eine Flexibilisierung der Positivliste wäre beispielsweise denkbar bei der Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements von kleinen gemeinwohlorientierten Vereinen durch Hilfsarbeiten im handwerklichen und hauswirtschaftlichen Bereich. Einsätze dieser Art haben grundsätzlich keine negativen Auswirkungen auf gewerbliche Anbieter, da diese Leistungen i.d.R. nicht in Auftrag gegeben werden. berliner verband für arbeit und ausbildung (bvaa)

Der berliner verband für arbeit und ausbildung als Vertreter der Berliner Beschäftigungsträger (im bvaa sind derzeit 55 Berliner Beschäftigungs- und Bildungsträger organisiert), äußerte sich überwiegend kritisch zur Anwendung der Positivliste in ihrer jetzigen Form und fordert ihre Abschaffung. In seiner Stellungnahme macht der bvaa auf folgende Punkte aufmerksam:

· die Jobcenter greifen für die meisten Maßnahmen aus Verfahrensvereinfachung auf die aufgezählten Tätigkeiten aus der Positivliste zurück - sprich: was nicht darin aufgeführt ist, wird nicht bewilligt.

· Viele Träger stellen sich auf diese Entscheidungskultur der Jobcenter ein und konzipieren möglichst konforme Maßnahmen, da ihre weitergehenden Konzepte mit Verweis auf die Positivliste immer wieder abgelehnt werden.

· Nicht in der Positivliste aufgeführte Maßnahmekonzepte müssen die Träger zuerst durch die Kammern absegnen lassen, bevor dann die Jobcenter darüber entscheiden.

· Es gibt wenig bzw. keinen Spielraum für handwerkliche, technische, hauswirtschaftliche, gastronomische und büronahe Beschäftigung. Gerade für die große Zielgruppe der nicht oder gering qualifizierten arbeitslosen Menschen fehlen somit weitgehend arbeitsmarktrelevante Tätigkeitsbereiche. Teilnehmende werden in Bereichen beschäftigt, die nur entfernt ihren Vorkenntnissen bzw. der von ihnen angestrebten Berufsperspektive entsprechen. Eine Verbesserung oder der Erhalt vorhandener fachlicher Kenntnisse können so nicht trainiert werden. Viele Tätigkeitsbeschreibungen der Positivliste haben eher beschäftigungstherapeutischen oder Hobby-Charakter und sind somit wenig dazu geeignet, die Teilnehmenden dem Arbeitsmarkt näher zu bringen. Solche marktfernen und oft persönlich ungeeigneten Beschäftigungen verstärken bei vielen Arbeitssuchenden zu Recht den Frust, mit ihren Anliegen nach sinnvollen Arbeitsbemühungen nicht ausreichend ernst genommen zu werden.

· Viele für das Land Berlin sinnvolle Beschäftigungsfelder liegen brach; ausdrücklich von der Berliner Landespolitik gewünschte Einsatzfelder im infrastrukturellen Bereich und in der unterstützenden Gemeinwesenarbeit werden wegen des Widerstandes der Kammern oder auch der Unentschlossenheit der JobCenter nicht bedient.