Die Lehrerausbildung der Vergangenheit war in Bremen eine Stufenlehrerausbildung

Verhältnis zu früher, wo wir am Ende einen ausgebildeten Lehrer hatten, der leider als Pädagoge nicht einsetzbar war oder nicht eingestellt wurde und mit seinem Abschluss dastand und damit nicht so viel anfangen konnte. Hier haben wir, denke ich, eine gute Hürde eingebaut, die gleichzeitig auch eine Chance bietet.

Die Lehrerausbildung der Vergangenheit war in Bremen eine Stufenlehrerausbildung. Wir haben ­ das hält sich die CDU zugute, aber die Koalition hat das ja gemeinsam gemacht ­ an diese Stelle eine schulartbezogene Ausbildung gesetzt. Das heißt, wir haben hier eine Bremensie der siebziger, achtziger Jahre beiseite geräumt und eine Lehrerausbildung an die Stelle gesetzt, die auch, denke ich, bundesweit auf Akzeptanz treffen wird. Das war leider in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Wir haben die Dauer des Vorbereitungsdienstes auf 18 Monate begrenzt statt 24 Monate vorher. Auch damit folgen wir einem nationalen Trend, und, meine Damen und Herren, wir haben etwas ganz Wichtiges gemacht. Wir haben auch die Frage der Lehrerausbildung, der Zusammenarbeit zwischen der Universität und dem Landesinstitut für Schule um die Komponente eines Zentrums für Lehrerbildung erweitert. Auch dies ist wichtig, damit wir in Zukunft besser ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer haben werden.

Wir haben dies alles in sehr langen Beratungen gemacht. Ich möchte daher meine Redezeit hier auch nicht ganz ausschöpfen. Eines ist aber wichtig, das es hier noch zu sagen gilt: Bisher gibt es auf Bundesebene noch keine einheitliche Abstimmung, wie die Bundesländer insgesamt die Lehrerausbildung reformieren wollen. Wir haben hier in Bremen darauf geachtet, dass wir uns diese Optionen offen halten, das heißt, wir treffen hier heute Beschlüsse, die es aber zulassen, wenn die KMK-Ebene sich geeinigt hat, das Bremer Modell dann daraufhin entsprechend komplett abzuschließen. stattgefundenen Tagung der KMK-Amtsleiter in Quedlinburg noch einmal beraten wurden. Das ist noch nicht unbedingt ein Problem von A- und BLändern. Es gibt eine sehr bunt gestrickte Landschaft in Deutschland. Die süddeutschen Bundesländer haben zum Beispiel noch Pädagogische Hochschulen.

Sie denken nicht im Traum daran, dieses bewährte Modell abzuschaffen. Wir in Bremen haben den Fehler gemacht, beziehungsweise man hat in Bremen vor einigen Jahrzehnten die Pädagogische Hochschule abgeschafft und an die Stelle eine universitäre Ausbildung gesetzt.

Wir machen daraus jetzt in dem Sinne das Beste, dass wir in Zukunft eine bessere, praxisbezogenere und modernere Lehrerausbildung haben, aus der Lehrerinnen und Lehrer hervorgehen, die eben auch den Erfordernissen der heutigen Zeit, nicht nur eine hohe Fachlichkeit, sondern auch einen hohen pädagogischen Anteil und die moderne Methodik und Didaktik mitzubekommen, gerecht werden. Damit das in Zukunft ermöglicht wird, legen wir mit diesem Gesetz zur Änderung der Gesetze zur bremischen Lehrerausbildung einen wichtigen Grundstein, der, wie ich eben sagte, im Hinblick auf die KMK-Ebene noch nicht ganz abgeschlossen sein wird. ­ Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU) Präsident Weber: Als Nächste erhält das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Abg. Frau Stahmann (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer heute den Weser-Kurier aufgeschlagen hat, konnte eine fast revolutionäre Geschichte lesen. Bremen ist Vorreiter bei der gemeinsamen Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern und Lehrerinnen der Grundschule an der Universität. Ich finde, das ist eigentlich ein Fakt, den dieses Haus auch würdigen muss.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Der Universitätsrektor hat auch noch einmal herausgestellt, dass Bremen dabei eine Pionierrolle einnimmt. Absolut unverständlich ist Ihre Denkweise, Kollege Rohmeyer! Im Jahr 2006 bleibt für mich der Eindruck, dass Grundschulpädagogen mit diesem Gesetz letztendlich schlechter ausgebildet werden als Gymnasiallehrer, denn jeder muss doch heute eigentlich gemerkt haben, dass es gerade auf den Anfang in der Ausbildung ankommt und dass gerade auch kleinere Kinder exzellent ausgebildet werden müssen. In Skandinavien, in England und in ganz Europa werden für den Grundschulbereich nur die Besten eingestellt, und man bietet ihnen eine genauso gute Lehrerausbildung wie den Lehrern, die dann die älteren Kinder unterrichten. In diese Richtung muss der Zug fahren, aber nicht in die Richtung, die die große Koalition hier heute mit diesem Gesetz vorlegt!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen ­ Vizepräsident Ravens übernimmt den Vorsitz.)

Bei der Diskussion über verbesserte Bildung und gute Schulen spielt die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland und natürlich auch in Bremen eine Schlüsselrolle. Die grüne Bürgerschaftsfraktion hatte in der letzten Legislaturperiode den Senat aufgefordert, die Lehrerausbildung zu reformieren, zu modernisieren und an europäischen Standards zu orientieren. Diesem Anliegen folgt der Senat heute leider nur in Teilen.

Der Senat legt heute der Bremischen Bürgerschaft den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der bre mischen Lehrerausbildung vor. Das Gesetz ist in sich widersprüchlich. Auf der einen Seite wird damit die Lehrerausbildung in Orientierung an internationale Strukturen mit der Einführung von Bachelor und Master neu geregelt, auf der anderen Seite erfolgt mit dem Gesetz eine Ausbildung, die eine Anpassung der Lehrämter an die veränderte bremische Schulstruktur nach sich zieht, eine zergliederte Schulstruktur. Damit bleibt der Gesetzentwurf nach unserer Auffassung in sich widersprüchlich.

In Europa werden Lehrer eben nicht nach Schultypen ausgebildet. Sie werden gemeinsam als Pädagogen ausgebildet, Erzieherinnen und Erzieher im Kindergarten eingeschlossen. Spezialisierungen erfolgen dann in den Masterstudiengängen. Wir bedauern die Weichenstellung, die heute hier von der großen Koalition vorgenommen wird, zutiefst.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir sagen, dass das Gesetz zur Reform der Lehrerausbildung in dieser Hinsicht ein Rückschritt in die fünfziger Jahre ist. Durch die künftig unterschiedliche Studiendauer für den Grundschul- und den Gymnasialzweig werden Lehrerinnen und Lehrer erster und zweiter Klasse ausgebildet. Dabei kommt es, ich habe es eingangs gesagt, auch bei den Schülern auf die ersten Jahre an. Die Qualität und auch die Ausbildungsintensität der Lehrerausbildung muss eben für alle Schulformen geleistet werden. Das vorgelegte Gesetz zementiert damit das gegliederte Schulsystem.

Diese Zweiklassenausbildung wird dazu führen, dass das Studium des Grundschullehramts noch weiter an Attraktivität verliert. Wir haben schon heute ein Problem, wir haben darüber geredet, wir haben zu wenige Männer in den Kindergärten, und wir haben zu wenige Männer, die sich als Erzieher ausbilden lassen. Auch ist der Trend feststellbar, dass sich auch aufgrund der geringen Bezahlung ­ man entscheidet sich ja dann, nehme ich das Studium, mit dem ich dann nachher mehr Geld verdiene, oder nehme ich das andere Lehrerstudium ­ die männlichen Lehrer noch einzelne Exoten, die dann an die Grundschule gehen, für die gymnasiale Ausbildung entscheiden.

Wir sagen, mit diesem Gesetz wird das Grundschullehramt noch weiter an Attraktivität verlieren.

Darüber hinaus wird die vielbeschworene Internationalisierung der Universitätsausbildung ad absurdum geführt. Meine Kollegin, Frau Schön, hat noch einmal darauf hingewiesen, dass Lehrer und Lehrerinnen so nur für einen regionalen Markt ausgebildet werden. Schon im Nachbarbundesland Niedersachsen ­ das hat auch Herr Wedler angesprochen ­ gelten andere Regelungen, ganz zu schweigen von anderen europäischen Ländern, in denen eine solche Einteilung der Ausbildungsgänge völlig unbekannt ist. Durch die sehr starke Verschulung ist es für die Studierenden schwer möglich, ein Auslandssemester einzuschieben, und von einer internationalen Ausbildung kann unter diesen Umständen ja wohl keine Rede sein.

Guter Unterricht muss von gut ausgebildeten Fachkräften erteilt werden. Wie gut die Fachkräfte ausgebildet werden sollen, darüber sind wir uns mit der großen Koalition nicht einig geworden. Die Koalition vertritt die Auffassung, dass Grundschullehrer nicht so lange studieren sollten wie Gymnasiallehrer, aus unserer Sicht ist das ein kapitaler Fehler, eine Fehlinterpretation der Wichtigkeit der frühen Bildung in der Primarstufe.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir wollen motivierte, interessierte junge Menschen für diesen verantwortungsvollen Beruf gewinnen. Die angehenden Pädagogen sollen nicht nur das Gymnasiallehramt anstreben, weil dort später die bessere Bezahlung winkt. Eine verkürzte Masterausbildung für die Primarstufe mag zwar die Begründung für eine schlechtere Besoldung liefern, sie verschenkt aber die Chancen, die wir doch unbedingt nutzen sollten und die wir auch nutzen müssen, wenn wir uns anschauen, welchen Nachholbedarf wir im Bereich der vorschulischen Erziehung und der Grundschulerziehung haben. Da haben wir im europäischen Bereich die rote Laterne, und die werden wir nicht abgeben können, wenn wir unsere Grundschullehrer schlechter ausbilden, Herr Rohmeyer.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Salopp gesagt, wir können uns künftig eine Lehrerausbildung für das Dorf Bremen nicht leisten. Wir brauchen gut ausgebildete junge Menschen, die den Herausforderungen des Jobs gewachsen sind. Dazu gehört eine Ausbildung, die anerkennt, dass es eben gerade auf den Anfang ankommt. Ich finde es unverständlich, dass man nicht auf die Bildungsexperten der Universität gehört hat, die in einer Stellungnahme gesagt haben, auch Rektor Müller hat das gesagt, man schlägt vor, die Grundschullehrer genauso gut auszubilden wie die Gymnasiallehrer. Wir haben das auch in der Wissenschaftsdeputation und hier in der Bürgerschaft bei vorangegangen Debatten beantragt. Damit haben wir uns nicht durchsetzen können, und das finden wir nach wie vor falsch.

Falsch finden wir auch, und da muss ich auch noch einmal den Kollegen Rohmeyer ansprechen, dass man nicht alle Bachelorstudenten, die ihren Bachelor erfolgreich absolviert haben, zum Master zulassen möchte. Der Master ist die Voraussetzung, um einen Referendariatsplatz zu bekommen. Man kann doch nicht allen Ernstes jungen Menschen, die ein Studium angefangen haben und sagen, ich möchte Lehrer werden, ich habe vielleicht nicht den Bombendurchschnitt, aber ich habe den festen Wunsch, Lehrer zu werden, dann sagen, wir nehmen jetzt nur noch die, die mit Eins abgeschlossen haben. Auch bei denen, die vielleicht mit Zwei oder Drei abschließen, gibt es doch Leute, die sich sehr gut für diesen Beruf eignen. Da hat der Senat und auch der Senator der Bildungsdeputation noch nicht berichtet, auch nicht in der Wissenschaftsdeputation, wie die Zugangsvoraussetzungen dafür künftig lauten sollen.

Die grüne Bürgerschaftsfraktion teilt die Ansicht, dass es eine größere Praxisorientierung im Studium geben soll. Wir finden es auch richtig, sich an europäischen Standards zu orientieren. Wir kritisieren, dass die Experten zu spät gefragt worden sind. Kritisieren müssen wir an dieser Stelle einfach auch noch einmal, weil das heute hier im Hause das erste Mal so komplex vorgelegt wird, dass die Praktikerinnen und Praktiker in den Schulen sehr spät gefragt worden sind. Getreu dem Lemke-Motto Erst muddeln und dann einmal fragen hat man das fertige Konzept in den Schulen auf den Tisch gelegt und gesagt, ihr sollt jetzt künftig stärker ausbilden, die Referendare kommen zu euch, und ihr müsst sie künftig stärker betreuen. Es gab weder ein Konzept für die Mentorenausbildung, noch war klar, wie man denn den bedarfsdeckenden Unterricht organisieren sollte.

Man hat sich dann am Rembertiring gewundert, die Lehrer, die willens sind, junge Leute, also ihren eigenen Nachwuchs auszubilden, sich auch darüber echauffierthabenundgesagthaben,wirmöchtennicht, dass so mit uns umgegangen wird. Herr Senator, das hätten Sie besser machen können, und das hätten Sie auch in dieser Frage besser machen müssen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Aus unserer Sicht ist die Reform rückwärtsgewandt.

Die große Koalition ist naturgemäß beratungsresistent gewesen, und deshalb werden wir heute auch naturgemäß diesen Gesetzentwurf ablehnen. ­ Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Vizepräsident Ravens: Als Nächste hat das Wort Frau Kollegin Hövelmann.

Abg. Frau Hövelmann (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als dritte Rednerin möchte ich einmal darauf eingehen, was ein guter Lehrer heute eigentlich können muss. Er muss natürlich sein Fach beherrschen, aber er soll nicht so wie früher ein Fachwissenschaftler sein, der von der Pädagogik keine Ahnung hat.

(Abg. Frau Krusche [Bündnis 90/Die Grünen]: Das sagen Sie einmal dem Gymnasiallehrer!)

Das heißt also, er muss auch bildungspolitische Kenntnisse haben und muss nicht, wenn er in die Schule kommt, einen Praxisschock erleben, über den ja einige ­ nicht in den zurückliegenden Jahren, aber in den zurückliegenden Jahrzehnten ­ heftig geklagt haben.

Was muss er noch können? Er muss natürlich fachübergreifend Probleme erkennen, analysieren und Lösungen vermitteln können. Dann muss er Leistungen beurteilen können, meine Damen und Herren, man spricht von den diagnostischen Fähigkeiten. Ein Lehrer soll heute nicht die Tür zumachen und sagen, ich bin ein Einzelkämpfer, sondern er muss im Team arbeiten, im Team vorbereiten und auch im Team auswerten. Natürlich muss er auch Konflikte regeln können. Er darf nicht wegschauen, sondern er muss die Konflikte ansprechen und Konfliktlösungsstrategien anbieten.

Zusätzlich muss ein Lehrer, eine Lehrerin sich auch an der Qualitäts- und Schulentwicklung beteiligen.

Es ist also ein ziemlich großes Spektrum und ein sehr anspruchsvoller Beruf, und hierfür ­ dafür werben wir auch ­ brauchen wir die besten Köpfe für unsere Kinder.

Das alles steht übrigens im Paragraphen 3, der die Ausbildung beschreibt und damit dieses Spektrum umreißt. An ein sechssemestriges Bachelorstudium schließt sich ein zwei- bis viersemestriges Masterstudium an. Das ist ein Schritt in Richtung Europa, Frau Kollegin Stahmann!

Ihre Kritik an der Verkürzung der Ausbildung der Grundschullehrer haben wir bei uns in der Fraktion wohl abgewogen. Auch für uns war es ein schwieriger Prozess, uns überzeugen zu lassen, dass es richtig ist, die Grundschullehrer kürzer auszubilden. Aber das Argument ­ Sie haben es selbst angesprochen, dass wir die einzigen in der Bundesrepublik sind, die die Grundschullehrer in einer Besoldung bezahlen, die es sonst in Deutschland nicht gibt ­ hat uns natürlich auch überzeugt. Wir sind ein absolut armes Nehmerland, und wir können hier nicht sagen, wir bezahlen im öffentlichen Dienst für Grundschullehrer mehr als andere, und zwar als einzige. Ich hoffe, dass hier bundesweit noch eine Entwicklung passiert.

Das, was Sie heute zitiert haben, Frau Kollegin Stahmann, nämlich die Erzieherinnenausbildung und Angleichung, ist ja ein richtiger und erster Schritt. Vielleicht kann man aber auch nicht alles auf einmal haben.

Der größere Praxisbezug ist von Ihnen ambivalent angesprochen worden. Sie haben gesagt, das Sie gesagt, das ist gut, mehr Praxis, denn man muss dann ja auch den Weg in den Beruf finden. Wir begrüßen das als SPD-Fraktion sehr.