Berlin hat zwar mit einem Hebesatz von 810 vom Hundert den bundesweit höchsten Hebesatz unter den Großstädten

3.11 Berichtenswertes aus dem Steuerrecht 3.11.1 Grundsteuer

Mit großer Empörung ist die zum 1. Januar 2007 wirksam gewordene Grundsteuererhöhung in der Bevölkerung aufgenommen worden. Mit dem vom Abgeordnetenhaus zur Verbesserung der noch nicht konsolidierten Haushaltslage beschlossenen Gesetz ist unter anderem der Hebesatz für die Grundsteuer für die Kalenderjahre 2007 bis 2011 von 660 auf 810 vom Hundert erhöht worden.

Berlin hat zwar mit einem Hebesatz von 810 vom Hundert den bundesweit höchsten Hebesatz unter den Großstädten. Wegen der im Grundsteuerrecht wirkenden Bewertungsvorschriften und der tatsächlichen Wertverhältnisse in den Städten spiegeln die unterschiedlichen Hebesätze jedoch nicht die tatsächliche Grundsteuerbelastung je Einwohner wider. Nach Auskunft der Senatsverwaltung für Finanzen entspricht die Belastung je Berliner Einwohner bei einem Hebesatz von 810 Punkten derjenigen der Einwohner von Hamburg im Jahr 2004.

Beklagt wurde in den Eingaben unter anderem die Ungleichbehandlung bei der Einheitsbewertung als Bemessungsgrundlage zur Grundsteuerberechnung. Tatsächlich gelten im Land Berlin für die Bewertung von Grundbesitz noch immer unterschiedliche bundesgesetzliche Regelungen. Im Beitrittsgebiet Berlins (ehemaliger Ostteil der Stadt und West-Staaken) belegene Grundstücke werden nach den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1935, im ehemaligen Westteil der Stadt belegene Grundstücke nach den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1964 bewertet. Für das Grundvermögen gab es im Beitrittsgebiet keine den Einheitswerten 1964 vergleichbaren Besteuerungsgrundlagen, was mit der weitgehenden Steuerfreiheit von Wohnhausbesitz zusammenhing. Im Einigungsvertrag wurde deshalb festgelegt, dass die vorhandenen Einheitswerte 1935 weiter angewandt und schrittweise im Wege der Nachfeststellung bei unbewerteten wirtschaftlichen Einheiten ergänzt werden. Der Landesgesetzgeber kann aus steuerrechtlichen Gründen die Unterschiede zwischen der „Bewertung 1935" und der „Bewertung 1964" nicht ausgleichen, denn für das gesamte Stadtgebiet ist ein einheitlicher Hebesatz vorgeschrieben. Dies konnte den Bürgerinnen und Bürgern nur schwer vermittelt werden.

Kritisiert wurde auch, dass das Finanzamt Wertfortschreibungen vornimmt, zum Beispiel nach der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen. Eine bessere Ausstattungsqualität kann zu einem höheren Einheitswert und demzufolge zu einer höheren Grundsteuer führen, unabhängig von der generellen Erhöhung des Hebesatzes.

Einige Petenten meinten, ihre schwierige finanzielle Lage etwa wegen einer geringen Rente, müsse vom Finanzamt berücksichtigt werden. Die Grundsteuer ist aber eine Objektsteuer.

Maßgeblich ist allein die Bewertung des Grundstücks. Damit scheiden die persönlichen Verhältnisse bei der Ermittlung der zu zahlenden Grundsteuer aus.

Des Weiteren wurde beklagt, dass die Erhöhung der Grundsteuer zu Mietsteigerungen führen kann. Leider trifft dies zu, denn es ist zulässig, im Rahmen der Betriebskostenumlage die Erhöhung der Grundsteuer auf die Miete umzulegen. So belastend sich die Grundsteuererhöhung auch ausgewirkt haben mag, sie trifft Mieter und Eigentümer gleichermaßen.

Einige Petenten äußerten die Auffassung, Beeinträchtigungen des Wohnwerts wie zum Beispiel Belastungen durch Fluglärm, den Straßenverkehr oder insgesamt eine ungünstige Lage des Grundstücks müssten sich auf die Höhe der Grundsteuer auswirken. Unter dem Aspekt der Gleichbehandlung ist ein Verzicht auf die Steuererhebung wegen derartiger Nachteile aber nicht möglich.

Insgesamt wird aber nicht nur im Land Berlin, sondern auch in anderen Bundesländern ein großer Reformbedarf beim Grundsteuerrecht gesehen. Eine aus dem Bund und den Ländern Bayern, Rheinland-Pfalz und Thüringen bestehende Arbeitsgruppe bereitet auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und SPD vom 11. November 2005 und eines gemeinsamen Reformvorschlags der Länder Bayern und Rheinland-Pfalz einen konkreten Gesetzesvorschlag für eine Grundsteuerreform vor mit dem Ziel, die grundsteuerliche Bemessungsgrundlage unter Rückgriff auf Bodenrichtwerte und pauschalierte Gebäudefestwerte zeitgemäß und dauerhaft auszugestalten. Dies kann aus Sicht des Petitionsausschusses nur begrüßt werden.

Neben den zahlreichen Eingaben zur Grundsteuererhöhung gab es im Arbeitsgebiet Steuerrecht auch interessante Einzelfälle.

3.11.2 Passentzug wegen Steuerflucht

Eine außergewöhnliche Eingabe erreichte den Ausschuss aus Costa Rica. Der Petent ist vor Jahren mit Ehefrau und Kindern nach Costa Rica ausgewandert, ohne die deutsche Staatsangehörigkeit aufzugeben. Von der Finanzverwaltung wird ihm vorgeworfen, allein aus Steuerfluchtgründen die Bundesrepublik Deutschland verlassen zu haben, denn nach Auffassung des Finanzamtes schuldet der Petent dem Land Berlin noch Steuern in Höhe von circa 1,5 Mio. aus dem Verkauf von Firmenanteilen. Das zuständige Finanzamt hat deshalb an die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland ein Ersuchen um Vornahme passbeschränkender Maßnahmen gerichtet, da in Costa Rica keine Vollstreckung der Steuerrückstände im Rahmen der internationalen Amtshilfe vorgenommen wird. Mit den Sicherungsmaßnahmen der Versagung, der Entziehung oder auch Beschränkung des Passes kann unter Umständen eine Rückkehr des Schuldners und dadurch eine Durchsetzung steuerrechtlicher Ansprüche erzwungen werden. Der Petitionsausschuss konnte angesichts der Hintergründe dieses Falles der Bitte des Petenten, den Passentzug zu verhindern, nicht nachkommen.

3.11.3 Absetzbarkeit von Umzugskosten

Seit dem Jahr 2003 können aufgrund einer Gesetzesänderung Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen in der Einkommensteuererklärung abgesetzt werden. Im Jahr 2006 hat die Finanzverwaltung private Umzugskosten, zum Beispiel die Kosten der Spedition, ebenfalls als abzugsfähig anerkannt.

In diesem Sinne beantragte ein Petent mit Hinweis auf die geänderte Verwaltungsauffassung die nachträgliche Berücksichtigung der ihm entstandenen Kosten eines Umzugs im Jahr 2005.

Zum Nachweis legte er dem Finanzamt die Rechnung des Umzugsunternehmens mit Bestätigung der Barzahlung vor.

Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist aber, dass die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der haushaltsnahen Dienstleistung nachgewiesen werden. Also: Barzahlungen sparen hier keine Steuern, und eine Quittung ist kein Bankbeleg. Der Gesetzgeber hatte die Notwendigkeit einer unbaren Zahlung als Voraussetzung für die Absetzbarkeit bereits im Jahr 2003 eingeführt, denn damit soll ein Beitrag zur Eindämmung der Schwarzarbeit geleistet werden. Der Petent hatte also ausgespro

chenes Pech. Da er die Kosten bar beglichen hat und somit keinen Nachweis über die Kontoüberweisung vorlegen konnte, hat er für die Umzugskosten auch keine Steuerermäßigung erhalten. Hier konnte der Ausschuss leider nicht helfen.

3.12 Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen Allgemeine Zustimmung in der Bevölkerung fand die Ausweitung der Geschäftsöffnungszeiten durch das neue Berliner Ladenöffnungsgesetz, das am 17. November 2006 die bisherigen bundesgesetzlichen Regelungen des Ladenschlussgesetzes ablöste. Nachdem im Rahmen der Föderalismusreform das ausschließliche Gesetzgebungsrecht für den Ladenschluss durch eine Grundgesetzänderung am 28. August 2006 vom Bund auf die Länder übergegangen war, sollte die großzügige Landesregelung der spezifischen Berliner Situation als Hauptstadt, kulturelle Metropole und touristisches Reiseziel kurzfristig Rechnung tragen.

3.12.1 Nachbesserung des Ladenöffnungsgesetzes für Kunst- und Trödelmärkte

Bei der praktischen Anwendung des neuen Gesetzes stellte sich jedoch schnell Änderungsbedarf heraus. So geriet unter anderem die ausdrückliche Vorgabe, dass Kunst- und Gebrauchtwarenmärkte am Karfreitag, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Volkstrauertag, Totensonntag, am 24. Dezember und am ersten Weihnachtsfeiertag nicht öffnen dürfen, umgehend in Kritik.

Anfang Dezember 2006 erreichte den Petitionsausschuss die Eingabe eines Betreibers eines Trödel-, Kunst- und Kunsthandwerkermarktes mit über 30jähriger Tradition, der erstmalig am 24. Dezember 2006 und am ersten Weihnachtsfeiertag seinen Markt nicht durchführen durfte.

Das zuständige Wirtschaftsamt sah sich nach Inkrafttreten der neuen Gesetzeslage, die konkrete Öffnungsverbote ohne Ausnahmemöglichkeiten vorsieht, gezwungen, die ihm für das Jahr 2006 noch auf Grundlage des Ladenschlussgesetzes erteilte Ausnahmegenehmigung für Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen zu widerrufen. Der Petent mahnte eine weltoffene Stadt an. Er verwies darauf, dass gerade an Feiertagen wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten unzählige Touristen den Markt besuchen und die Händler auf die an diesen Tagen erzielten Einnahmen angewiesen sind. Eine Geschäftsschädigung durch Kürzung von Verkaufszeiten an Sonn- und Feiertagen machte auch ein weiterer Petent geltend, der als Anbieter von Kunsthandwerk zudem die Begrenzung der sonntäglichen Geschäftszeit auf 16.00 Uhr beklagte und eine aktive Förderung von ausgewiesenen Kunstmärkten durch Ausnahmeregelungen forderte.

Das Anliegen der Petenten, das Berliner Ladenöffnungsgesetz zu ändern und Kunst- und Gebrauchtwarenmärkte an bestimmten Feiertagen wieder zu ermöglichen, hielt der Petitionsausschuss im Gegensatz zu der von ihm um Stellungnahme gebetenen Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz für unterstützenswert. Er wandte sich daher an alle Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin und regte an, eine Gesetzesinitiative dahin gehend zu prüfen, dass lediglich Karfreitag, Volkstrauertag und Totensonntag geschützt bleiben. Von mehreren Fraktionen erhielt der Petitionsausschuss positive Rückäußerungen.

Am 8. November 2007 hat das Abgeordnetenhaus von Berlin dann Änderungen des Berliner Ladenöffnungsgesetzes unter anderem in diesem Sinne beschlossen. Gewerbliche Kunst- und Gebrauchtwarenmärkte dürfen nunmehr abweichend von der verfassungsrechtlich geschützten Sonn- und Feiertagsruhe - mit Ausnahme lediglich von Karfreitag, Totensonntag und Volkstrauertag - an allen Sonn- und Feiertagen im Jahr von 7.00 bis 18.00 Uhr, an Adventssonntagen von 7.00 bis 20.00 Uhr geöffnet sein.