Rente

Vermittlung von Kontakten oder zur Beratung für Opfer des Stalinismus. Sie bildet damit ein etabliertes Zentrum der Aufarbeitung der SED-Diktatur im Zentrum Berlins.

Das Forum zur Aufklärung und Erneuerung hat sich mit dem Projekt „Unterstützung von Opfern (wirtschafts-)politischer Verfolgung der SED-Diktatur, Dokumentation und Publikation enteignender Maßnahmen in der DDR-Staatspraxis" dieser speziellen Betroffenengruppe angenommen und dazu auch eigene Recherchearbeiten durchgeführt. Da eine politisch motivierte Strafverfolgung häufig mit der Enteignung von wertvollen Kunstgegenständen, Antiquitäten, Münz- und Briefmarkensammlungen verbunden war, besteht hier nach wie vor ein ebenso umfangreicher wie spezifischer Beratungsbedarf. Dem kommt das Forum zur Aufklärung und Erneuerung nach.

Einerseits werden Betroffene bzw. Hinterbliebene in allen relevanten Fragen beraten und unterstützt, andererseits leistet der Verein mit dem Projekt einen Beitrag zur Aufarbeitung, indem er auf die Spezifika dieser Repression in der SED-Diktatur aufmerksam macht.

Die UOKG (Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V.) beantragte erstmals für das Jahr 2007 beim Landesbeauftragten eine Zuwendung. Hintergrund war die bereits angeführte Ablehnung des Zuwendungsantrags des BSV Fördervereins für Beratungen e.V. und die damit nicht gesicherte Finanzierung des weiterhin vorhandenen Beratungsbedarfs. In dem Projekt „Politische Bildungsarbeit, soziale und juristische Beratung und Betreuung von Opfern der SBZ/DDR-Diktatur" versuchte die UOKG, die Beratungstätigkeit des BSV-Fördervereins aufzufangen.

Zentraler Bestandteil der Beratung war auch hier die neu eingeführte Opferrente für ehemalige politische Häftlinge einschließlich noch nicht beantragter Rehabilitierungen. Auf Grund des Umstandes, dass die angebotene Rechtsberatung jetzt durch einen Juristen durchgeführt wurde, verwiesen auch andere Vereine Betroffene an die UOKG. Daneben führte die UOKG im Rahmen des Projektes u. a. Veranstaltungen zur politischen Bildung durch und verschickte wöchentlich eine Informations-E-Mail für Opfer der kommunistischen Diktatur.

Insgesamt bildete die Förderung der Verfolgtenverbände und Aufarbeitungsinitiativen durch den Landesbeauftragten auch im Jahr 2007 einen der wichtigsten Bestandteile der Tätigkeit. Bedingt durch neue rechtliche Regelungen, vor allem die so genannte Opferrente, wuchs die Zahl der Ratsuchenden abermals an. Nicht zuletzt haben wis16 senschaftliche Untersuchungen in jüngster Zeit eindrücklich gezeigt, dass das Wissen um die SED-Diktatur nahezu zwanzig Jahre nach deren Untergang keineswegs ein zufriedenstellendes Ausmaß erreicht hat - im Gegenteil. Insbesondere unter Schülerinnen und Schülern fehlen zunehmend grundlegende oder gar spezielle Kenntnisse. Die Tätigkeit der Aufarbeitungsinitiativen bedarf daher auch weiterhin umfassender Unterstützung. Gleiches gilt für den Bereich der politischen Bildung, in dem der Landesbeauftragte auch im Berichtszeitraum umfangreiche eigene Aktivitäten entwickelte, um den vielfältigen Problemen zielorientiert zu begegnen.

4. Politische Bildung

Der Landesbeauftragte wandte sich mit Angeboten zur politischen Bildung unter anderem an Lehrer, Schüler, Gedenkstättenpädagogen und Besuchergruppen der Bundeswehr. Dabei strahlten im Berichtszeitraum verschiedene öffentliche Debatten auf die Frage nach der Vermittlung zeitgeschichtlicher Bildung aus. In der Nachfolge der Diskussion um das Votum der „Expertenkommission zur Schaffung eines Geschichtsverbundes zur Aufarbeitung der SED-Diktatur" vom Juni 2006 blieb die Frage brisant, welchen Platz der DDR-Alltag in der staatlich geförderten Vermittlung von DDR-Geschichte einnehmen soll. Die Erfahrungen des Landesbeauftragten zeigen, dass in konkreten Bildungsangeboten Positionen verbunden werden können und sollten, welche in den Debatten oft polarisiert werden. In den verschiedenen Angeboten zur politischen Bildung wurde im Berichtsjahr deshalb besonders darauf geachtet zu verdeutlichen, dass der Alltag in der DDR nicht als herrschaftsfreier Raum existierte, sondern dass die Diktatur gerade im Alltag ihre Macht entfaltete: Beispielsweise waren durch das bereitwillige „Mitmachen" von Kollegen und Vorgesetzten, von Lehrern und Direktoren Repressionen am Arbeitsplatz und in Bildungseinrichtungen besonders wirksam, und nur durch die Pflege informaler Netzwerke konnten die Defizite der Mangelwirtschaft ausgeglichen werden. Die Spezifika des Alltags in der DDR werden aber in der politischen Bildung nicht nur thematisiert, um zu zeigen, wie die Diktatur vor Ort funktionierte. Diese Thematik knüpft auch an die Erfahrungswelt der in der DDR Aufgewachsenen an und erweitert diese um eine wichtige Perspektive: Die nostalgische Erinnerung an eine vermeintliche Geborgenheit in der DDR hat, häufig unreflektiert, mit der hohen Bedeutung des kollektiven „Durchlavierens" zu tun.

Außerdem blendet sie aus, dass gerade unter diesen Bedingungen politisch Aufmüp17 fige nicht nur staatlicher Verfolgung und dem Ausschluss von Aufstiegs- und Versorgungsangeboten ausgeliefert waren, sondern oftmals auch der Akzeptanz der politisch angepassten Mehrheitsgesellschaft verlustig gingen. Diese Zusammenhänge werden in vielen gängigen Darstellungen, beispielsweise in verschiedenen Schulbüchern, vernachlässigt und stattdessen wird ein Bild des Alltags in der DDR als unpolitische Nische entworfen. Deshalb wurden im Berichtsjahr didaktisch aufbereitete Beispiele erarbeitet, wie anhand von unterschiedlichen Quellen (z.B. Stasi-Akten, schöngeistiger Literatur, Spielfilmen, Schriftzeugnissen wie Eingaben und Zeitungsmeldungen) die diktatorische Prägung des Alltags in der DDR vermittelt werden kann. Die Ergebnisse wurden Multiplikatoren der politischen Bildung auf zwei Workshops, im Rahmen einer Tagung der „Humanistischen Union Nordrhein-Westfalen" und im Rahmen einer Fortbildung in Kooperation mit der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur vorgestellt sowie als Lehrerfortbildung in Kooperation mit dem Landesinstitut für Schule und Medien (LISUM) angeboten.

Für den letztgenannten Veranstaltungstyp muss jedoch festgehalten werden, dass sich im Berichtsjahr die Rahmenbedingungen deutlich verschlechterten. Mit der Fusion der Brandenburger und Berliner Landesinstitute wurde die Fortbildung regionalisiert, zentrale Angebote werden nur noch selektiv (z.B. für Multiplikatoren oder bei ausgewählten Themen) in das Programm übernommen. Für die DDR-Geschichte gilt, dass bei der jetzt praktizierten Weitergabe der Vermittlungsinhalte durch Lehrkräfte mit Multiplikatoren-Aufgabe vor Ort die hervorragenden Möglichkeiten der Hauptstadt, Lehrer durch Gedenkstättenpädagogen und Wissenschaftler aus erster Hand zur nach wie vor brisanten jüngsten Geschichte fortzubilden, vertan wird. Als Folge ließen sich die in Kooperation mit dem LISUM angebotenen Fortbildungen nur noch partiell realisieren. So musste eine geplante Veranstaltung zur Arbeit mit Spielfilmen kurzfristig abgesagt werden ­ dabei wird in der Praxis immer wieder deutlich, dass gerade in einer Zeit, in der das DDR-Bild Jugendlicher zunehmend medial geprägt wird, beste Anschauungsmöglichkeiten ungenutzt bleiben.

Durchgeführt wurden stattdessen drei Fortbildungsveranstaltungen zum DDR-Alltag, zu Ausländern in der DDR und zur Arbeit mit Bildquellen zur Geschichte der SEDDiktatur. Die Veranstaltungen wurden für unterschiedliche Lehrerkollegien ausgerichtet und vor allem durch das Engagement einzelner Lehrkräfte ermöglicht.