Rehabilitation

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008 schließlich externer Unterstützung, und Ergebnis stehen in keinem angemessenen Verhältnis.

Der Personenkreis der seelisch behinderten Menschen wurde von der Zielvereinbarung, der Ausgabensteuerung durch die Fallmanager und einer prozentualen Vergütungsabsenkung grundsätzlich ausgenommen.

Stattdessen wurde für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2006 vereinbart, die Absenkungen über Trägerbudgets zu realisieren. Jedem Träger wurde für drei Jahre ein festes Budget über die Gesamtheit seiner Einrichtungen zugewiesen. Damit sollten die Träger gemäß Beschluss vom 27. Mai 2003 Mehraufwendungen von 4,2 Mio. wegen einer vom Jahr 2004 an erwarteten Erhöhung der Fallzahlen durch Einsparungen kompensieren. Nach dem gemeinsamen Ergebnisbericht der Einrichtungsträger und der Senatsverwaltung vom 8. Mai 2007 wurde im Budgetzeitraum ein Fallzahlzuwachs von 4,5 v. H. festgestellt, die Budgetvorgaben wurden eingehalten und der Fallzahlzuwachs dadurch ausgeglichen. Dieser Ergebnisbericht ist offensichtlich unzutreffend, denn im Vergleich der Haushaltsjahre 2005 und 2006 ergibt sich ein Ausgabenanstieg für den Personenkreis der seelisch behinderten Menschen von ca. 78 Mio. auf ca. 87 Mio., somit ein Anstieg von ca. 9 Mio.. Eine Kompensation von Fallzahlsteigerungen oder ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung ergibt sich aus den Haushaltsdaten nicht.

Das Land Berlin zahlt auch bei vorübergehender Abwesenheit eines Betreuten der Einrichtung vereinbarungsgemäß die Vergütungen in Form eines Freihaltegeldes weiter. Das Freihaltegeld ist hierbei in der Regel das um den Beköstigungssatz verminderte Entgelt. Seit Jahren wird bei Krankenhausbehandlung, Kur oder einer Rehabilitationsmaßnahme bis zu drei Monaten je Kalenderjahr das Freihaltegeld gezahlt, zusätzlich gelten Urlaubsregelungen von mindestens 30 Tagen.

Der Rechnungshof hat die seit Jahren bestehenden, mehr als großzügigen Freihalteregelungen beanstandet und darauf hingewiesen, dass der Sozialhilfeträger in erheblichem Umfang finanzielle Leistungen erbringt, ohne dass entsprechende Eingliederungsmaßnahmen durch die Einrichtungsträger erbracht werden. Erst im November 2007 hat die zuständige Senatsverwaltung Veränderungen vereinbart. So wird nunmehr den Trägern vollstationärer Einrichtungen bei Krankenhausaufenthalt und Urlaub des Betreuten für insgesamt 91 Tage im Kalenderjahr ein Freihaltegeld bezahlt.

Statt Freihaltegeld wird vom Jahr 2008 an zusätzlich aber sogar die volle Vergütung gezahlt, wenn der Träger die Betreuung am anderen Ort (Krankenhaus, Reha-Einrichtung) fortführt. Auch die Neuregelungen sind im Vergleich mit den Regelungen anderer Sozialhilfeträger immer noch als sehr großzügig anzusehen. Im Land Brandenburg werden beispielsweise bei Krankenhausaufenthalt, Kur und Urlaub Freihaltegelder für längstens bis zu 60 Tagen gewährt, in Hamburg bis zu 70 Tagen. Für den Arbeitsbereich der Werkstätten wird in Brandenburg und in Hamburg im Krankheitsfall das vereinbarte Entgelt im Jahr bis zu sechs Wochen weitergezahlt.

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008

Andere Sozialhilfeträger haben nach den Erkenntnissen des Rechnungshofs darüber hinaus auch in der Höhe kostengünstigere Regelungen vereinbart. Dort wird nicht nur um den Beköstigungssatz gemindert.

Zusammenfassend beanstandet der Rechnungshof, dass die für Soziales zuständige Senatsverwaltung

· beim haushaltsmäßigen Nachweis der Ausgaben für behinderte Menschen nicht für die Haushaltstransparenz gesorgt hat, die für eine Ausgabensteuerung notwendig ist,

· Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung für den Zeitraum vom 1. Juli 2003 bis zum 31. Dezember 2006 in Höhe von ca. 1,5 Mio. wieder zurückgenommen hat,

· ein praxisungeeignetes Fallmanagement-Konzept eingeführt hat, das darüber hinaus mit gesetzlichen Aufgabenzuweisungen an das Gesundheitsamt kollidiert,

· für Steuerungszwecke getroffene Zielvereinbarungen durch Änderung der Auswertungsgrundlage als Instrument zur Ausgabenreduzierung der Eingliederungshilfe unbrauchbar gemacht hat,

· für den Personenkreis der seelisch behinderten Menschen keine wirksame Ausgabenbegrenzung vereinbart hat und

· im Vergleich mit anderen Sozialhilfeträgern unangemessen großzügige Vereinbarungen mit Einrichtungsträgern über Freihaltegelder geschlossen hat.

Der Rechnungshof erwartet, dass die für Soziales zuständige Senatsverwaltung ihre bisher erfolglosen Bemühungen um eine Ausgabensteuerung bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen kritisch analysiert und insbesondere bei den Vereinbarungen mit den Einrichtungsträgern für eine Absenkung der Ausgaben sorgt.

2. Finanziell nachteilige Vereinbarungen der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung über die gesundheitliche Versorgung von hilfebedürftigen Personen

Die für Soziales zuständige Senatsverwaltung hat mit der AOK Berlin Vereinbarungen über die Durchführung und Abrechnung der gesundheitlichen Versorgung von nicht krankenversicherten hilfebedürftigen Personen getroffen, die insbesondere durch Überzahlungen in den Haushaltsjahren 2004 und 2005 zu Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008 einem Zinsschaden von insgesamt 480 000 geführt haben.

Durch die unnötige Abrechnung von Krankenhauskosten über die AOK Berlin hat sie zusätzliche Ausgaben zulasten des Landeshaushalts verursacht.

Durch die Änderungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und durch die „Hartz IV"-Gesetzgebung ist der größte Teil der bisherigen Sozialhilfeempfänger seit dem Jahr 2004 gesetzlich krankenversichert. Das Land Berlin hat seitdem nur noch für einen kleinen Teil ehemals Leistungsberechtigter die Kosten im Krankheitsfall zu übernehmen. Das sind vor allem Asylbewerber, ferner Sozialhilfeempfänger, die nicht mindestens einen Monat ununterbrochen Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, sowie Kinder und Jugendliche ohne Krankenversicherungsschutz. Für diesen Personenkreis hat die für Soziales zuständige Senatsverwaltung mehrere Vereinbarungen über die Durchführung und Abrechnung der ambulanten ärztlichen Leistungen mit der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Berlin getroffen. Die verwaltungsmäßige Abrechnung mit der AOK Berlin wurde darin allein dem Bezirksamt Pankow, Geschäftsbereich Soziales, übertragen, ohne dass der Senat die dazu nach § 3 Abs. 3 AZG erforderliche Rechtsverordnung erlassen hat. Nach den Vereinbarungen werden der AOK Berlin die vollen Aufwendungen für ärztliche Behandlungen, Arzneien, Verband-, Heil- und Hilfsmittel etc. für den Einzelfall zuzüglich eines Verwaltungskostenzuschlages in Höhe von 5 v. H. erstattet.

Nach den Vereinbarungen erhält die AOK Berlin jährlich vier „Akontozahlungen" jeweils zur Quartalsmitte. Deren Höhe wird von der AOK Berlin festgesetzt. Sie schätzt zu Beginn des Haushaltsjahres den Gesamtaufwand auf der Grundlage der von der Senatsverwaltung mitgeteilten voraussichtlichen Anzahl der Leistungsberechtigten. Für die Jahresabrechnung durch die AOK Berlin sehen die vertraglichen Regelungen keinen Termin vor. Die Senatsverwaltung hat auch keinen Zinsausgleich vereinbart. Im Fall von Überzahlungen entstehen damit für den Landeshaushalt ungerechtfertigte Zinsbelastungen, die einen Zinsschaden darstellen. Dieser Schaden wächst mit der Höhe der Überzahlung und der Länge des Zeitraums bis zur Jahresabrechnung.

Für das Haushaltsjahr 2004 errechnete die AOK Berlin einen Jahresaufwand von 21,3 Mio. und forderte im Januar 2004 vier „Akontozahlungen" à 5,3 Mio.. Sie bezog sich dabei auf Angaben der Senatsverwaltung vom 11. November 2003, wonach die Anzahl der zu versorgenden Personen insgesamt ca. 17 000 bei geschätzten durchschnittlichen Ausgaben pro Kopf und Jahr von 1 255 betragen würde. Das Bezirksamt Pankow leistete allerdings nur drei Zahlungen; auf die vierte Zahlung zum 15. November 2004 wurde im Einvernehmen mit der AOK Berlin verzichtet, da für die AOK Berlin bereits erkennbar war, dass die „Akontozahlungen" viel zu hoch bemessen waren.