Patent

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008 normen verstoßende Mischfinanzierung aus Zuwendungen zur „Sockelfinanzierung" und leistungsvertraglichen Fallpauschalen der Bezirksämter umgestellt hat. Sollte die Senatsverwaltung für Einzelfallberatungen der Hilfe zur Erziehung eine leistungsvertragliche Kostenübernahme vorsehen, muss sie auch die sog. überbezirklichen Beratungsfälle in die Rahmenvereinbarung einbeziehen.

Der Rechnungshof erwartet, dass die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung die unzulässige Mischfinanzierung der Erziehungs- und Familienberatungsstellen Freier Träger teils durch Zuwendungen, teils durch Kostenübernahme aufgibt.

4. Sicherung des Verbundprojektes „Mobilisierung des Patentpotenzials Berliner Hochschulen und der Universitätsmedizin"

Die Berliner Hochschulen haben zur schutzrechtlichen Sicherung von Forschungsergebnissen gemeinsam mit der Investitionsbank Berlin im Jahr 2001 eine Patent- und Verwertungsagentur, die ipal Gesellschaft für Patentverwertung Berlin mbH, gegründet. Die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells dieser Gesellschaft haben die Hochschulen bisher nicht sicherstellen können. Insbesondere bei den Erlösen aus der Verwertung von Schutzrechten bleiben die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurück.

Seit Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen im Jahr 2002 können die Hochschulen von ihren Wissenschaftlern die Meldung einer Diensterfindung bzw. Mitteilung einer freien Erfindung verlangen und die Erfindung in Anspruch nehmen. Im Fall der Inanspruchnahme sind sie gehalten, für die sachgerechte Behandlung der Erfindungsmeldung und die Anmeldung von Schutzrechten auf eigene Kosten ebenso zu sorgen, wie für ihre möglichst effektive und sinnvolle Verwertung. Den Aufbau professioneller Patent- und Verwertungsinfrastrukturen sowie die schutzrechtliche Sicherung von Forschungsergebnissen fördert seit dem Jahr 2002 die Bundesregierung im Rahmen einer Verwertungsoffensive. Der Rechnungshof hat geprüft, inwieweit es den Berliner Hochschulen gelungen ist, das vorhandene Patentpotenzial auszuschöpfen.

Die Freie Universität Berlin (FU) und die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) - einschließlich Universitätskliniken

-, die Technische Universität Berlin (TU), die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (FHTW) und die Technische Fachhochschule Berlin (TFH) haben sich im Jahr 2001 seit Mitte 2003 Charite - Universitätsmedizin Berlin (Charite) Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008 zum Verbundprojekt „Mobilisierung des Patentpotenzials Berliner Hochschulen und der Universitätsmedizin" zusammengeschlossen. Sie haben zur langfristigen und effektiven Verwertung der Hochschulerfindungen gemeinsam mit der Investitionsbank Berlin (IBB) als Mehrheitsgesellschafter am 10. Oktober 2001 eine Patent- und Verwertungsagentur, die ipal Gesellschaft für Patentverwertung Berlin mbH (ipal GmbH), gegründet. Deren Geschäftszweck ist die Betreuung der Anmeldung und der gewerblichen Verwertung von gewerblichen Schutzrechten aller Art sowie die allgemeine Beratung zu diesen Themenbereichen. Die im Verbundprojekt zusammengeschlossenen Hochschulen haben mit der ipal GmbH Kooperationsverträge geschlossen und melden ihr die Erfindungen ihrer Mitarbeiter zur Betreuung der Patentanmeldung und deren Verwertung.

Die Hochschulen haben bis zum Ende des Geschäftsjahres 2006 der ipal GmbH 687 Erfindungen gemeldet. Zum 31. Dezember 2006 weist die ipal GmbH in ihrem Portfolio 200 Patentanmeldungen aus Hochschulerfindungen aus. Diese haben bis zum Ende 2006 zu 108 Verwertungsfällen geführt. Die Lizenzerlöse der ipal GmbH sind insgesamt jährlich angestiegen, ihr Anteil an den Erlösen ist im Durchschnitt der Jahre 2002 bis 2006 mit 5,5 v. H. jedoch noch gering.

Eine Voraussetzung für ein tragfähiges Verwertungskonzept ist die ausreichende Zahl an patentrelevanten Wissenschaftlern. Nach der Studie eines u. a. von der ipal GmbH beauftragten Beratungsunternehmens soll die sog. „kritische Größe" für ein tragfähiges Verwertungskonzept etwa 12 000 Wissenschaftler und etwa 200 Erfindungen/Jahr betragen. Ausweislich einer Umfrage der ipal GmbH können die Verbundpartner jedoch nur auf ein Potenzial von 8 000 Wissenschaftlern verweisen. Weitere Verbundpartner haben die Berliner Hochschulen bisher nicht gewonnen. Vielmehr haben in Berlin ansässige Institute der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz im Jahr 2002 eine eigene Patent- und Verwertungsagentur gegründet. Im Land Brandenburg haben sich die Hochschulen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu einem anderen Verbund zusammengeschlossen. Das Land Berlin hat keinen Einfluss auf die gemeinsame Verwertung der Forschungsergebnisse von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen genommen.

Die Hochschulen sind davon ausgegangen, dass anfangs 1 bis 2 v. H. und nach Abschluss der Aufbauphase ca. 2 bis 3 v. H. der Wissenschaftler eine Erfindung pro Jahr melden werden. Sie haben jährlich bis zu 240 Erfindungsmeldungen erwartet und hätten damit die nach der Studie des Beratungsunternehmens erforderliche Zahl von ca. 200 Erfindungsmeldungen im Jahr erreicht. Der ipal GmbH sind jedoch seit ihrem Bestehen jährlich durchschnittlich nur 140 Erfindungen von den Hochschulen gemeldet worden. Im Durchschnitt haben pro Jahr 1,7 v. H. der Wissenschaftler eine Erfindung gemeldet. Anhaltspunkte für eine nennenswerte Steigerung sind gegenwärtig nicht erkennbar. Die Ergebnisse der einzelnen im Verbundprojekt zusammengeschlossenen Hochschulen machen deutRechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008 lich, dass nur die TU regelmäßig von 2,7 v. H. der Wissenschaftler Erfindungsmeldungen erhalten hat. Die Charite bleibt mit einem Anteil von 1,3 v. H. der Wissenschaftler ebenso hinter den Erwartungen zurück wie die anderen Hochschulen, bei denen nur 1,0 bis 1,3 v. H. der Wissenschaftler Erfindungen gemeldet haben. Die FU hat erst im Jahr 2006 nach Einführung von Anreizsystemen zur Förderung der schutzrechtlichen Sicherung von Forschungsergebnissen die erwartete Quote erreicht.

Die Hochschulen haben sich in den Kooperationsverträgen mit der ipal GmbH verpflichtet - abgesehen von einzeln geregelten Ausnahmefällen - sämtliche ihnen gemeldete Erfindungen der ipal GmbH anzudienen. In der Praxis beanspruchen jedoch insbesondere Auftraggeber der Wirtschaft, die vor allem mit den drei Universitäten und der Charite in der Forschung kooperieren, die Rechte an Erfindungen. Die Verbundpartner haben sich regelmäßig in den Vertragsverhandlungen mit diesen Ansprüchen auseinanderzusetzen. Um einen Interessenausgleich herzustellen, haben sich Hochschulen und Unternehmen über Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit in der Forschung verständigt und Vertragsbausteine (Berliner Vertrag für Auftragsforschung und Forschungskooperationen zwischen Berliner Hochschulen und Industrie) erarbeitet, die seit Anfang 2003 für Vertragsverhandlungen zur Verfügung stehen. Die Hochschulen werten die abgestimmten Vertragsbausteine als Erfolg, weil danach

· die Industrie ihre ursprüngliche Verhandlungsposition, dass Rechte an Erfindungen dem Auftraggeber zustehen würden und mit der Auftragssumme abgegolten seien, aufgegeben hat,

· die Rechte an Erfindungen an die Industrie nicht unentgeltlich übergehen sollen sowie

· die besonderen Rechte der Hochschulwissenschaftler nach § 42 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen berücksichtigt bzw. geregelt werden.

Die abgestimmten Regelungen des „Berliner Vertrages" konnten jedoch bei den Universitäten tatsächlich nur in 37 v. H. und bei der Charite sogar nur in 29 v. H. der vorgelegten Verträge vereinbart werden. Insgesamt haben die Industrieunternehmen Ansprüche auf Rechte an Erfindungen bei den Universitäten in bis zu 63 v. H., an der Charite wegen der hohen Anzahl der klinischen Studien sogar in 87 v. H. der Verträge durchsetzen können.

Die Hochschulen und die IBB haben für die ipal GmbH einen Businessplan erarbeitet, der erst im zwölften Jahr der Geschäftstätigkeit eine Kostendeckung vorsieht. Zur Finanzierung der Zusammenarbeit der Hochschulen mit der ipal GmbH und der Kosten der Patentanmeldungen haben die Berliner Hochschulen im Rahmen der Verwertungsoffensive des Bundes bis Ende 2006 fast 6 Mio. nicht rückzahlbare Fördermittel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung erhalten.