Im LAGetSi gehen jährlich bis zu 5 000 Ordnungswidrigkeitsanzeigen der Polizei ein

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008

164 Seit Jahren ist es gängige Praxis, dass die Berliner Polizei bei ihren Straßenkontrollen auch die Arbeitszeit des Fahrpersonals überprüft. Dieses Verfahren ist - laut Aussage der Senatsverwaltung - nicht schriftlich vereinbart. Das LAGetSi führt Betriebskontrollen durch, verfolgt und ahndet alle

- auch durch die Polizei bei Straßenkontrollen - festgestellten Verstöße, sofern das Unternehmen seinen Betriebssitz in Berlin hat. Die Ordnungswidrigkeitsverfahren aufgrund der polizeilichen Straßenkontrollen werden im LAGetSi vordringlich bearbeitet, damit der Rechtsanspruch nicht verjährt.

Im LAGetSi gehen jährlich bis zu 5 000 Ordnungswidrigkeitsanzeigen der Polizei ein. Zum Zeitpunkt der Prüfung lagen für mehrere Jahre Bearbeitungsrückstände vor. Als Ursache nannte das LAGetSi u. a. unzureichende Arbeitsvorgaben sowie eine mangelhafte Organisationsstruktur. Nach Angaben des LAGetSi konnte die von der EU geforderte Zahl von Betriebskontrollen wegen dieser Bearbeitungsrückstände nur zu zwei Dritteln durchgeführt werden. Hingegen liege die Polizei mit ihren Straßenkontrollen über den Vorgaben der EU. Damit diese Vorgaben auch vom LAGetSi erfüllt werden können, seien Maßnahmen zur verbesserten Ablauforganisation umgesetzt und ein Mehrbedarf von vier Stellen geltend gemacht worden.

Die Expertenkommission Staatsaufgabenkritik hatte in ihrem Abschlussbericht vom 23. November 2001 vorgeschlagen, die Bußgeldverfahren gegen die Lkw-Fahrer wegen des Überschreitens der zulässigen Fahrzeiten von der Polizei durchführen zu lassen, da diese ohnehin den ersten Zugriff hat.

Dadurch sollte sich der Verwaltungsaufwand insgesamt reduzieren. Diesem Vorschlag hat die Senatsverwaltung zunächst zugestimmt, später jedoch u. a. mit der Begründung abgelehnt, dass Einsparpotenziale nicht allein durch die Aufgabenverlagerung zu erzielen seien, da die Polizei nicht über die notwendige IT-Ausstattung für die Auswertung der Aufzeichnungsunterlagen verfüge. Der Kommunikationsaufwand zwischen den Behörden würde sich erhöhen.

Der Rechnungshof hat sich vor diesem Hintergrund über das Verfahren der Fahrpersonalkontrolle in Brandenburg beim dortigen Landesamt für Arbeitsschutz (LAS) informiert. Danach sind die Brandenburger Polizei für alle Ordnungswidrigkeitsverfahren als zentrale Bußgeldstelle - auch gegen die Fahrer im Rahmen der Verkehrsüberwachung - und das LAS für die Betriebskontrollen und der ggf. daraus resultierenden Ordnungswidrigkeitsverfahren zuständig. Auch das LAS erhält nach Abschluss des Verfahrens von der Zentralen Bußgeldstelle der Polizei die Vorgänge mit einem sog. Statusblatt (Kern-Betriebs-Daten und Verstoß-Information) und den Schaublättern. Diese Daten werden von Dienstkräften zentral - einschließlich der Schaublattdaten - in das Informationssystem für den Arbeitsschutz (IFAS) eingegeben und ausgewertet. Sie sind die Grundlage für die Auswahl der Betriebskontrollen. Durch diese Konzentration kann das LAS zurzeit die Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008 durch die EU vorgegebenen Kontrollmengen erfüllen und wird der damit verbundenen Aufgabe gerecht, den Missbrauch beim Fahrer-Arbeitsschutz gezielt zu ahnden.

Diese Erfahrungen in Brandenburg zeigen, dass eine ausschließliche Zuständigkeit der Polizei für das Ahnden beim Überschreiten der zulässigen Fahrzeiten bei ihren Straßenkontrollen praktikabel ist. Der Verwaltungsaufwand würde dadurch nicht erhöht werden, sondern sich sogar verringern. Der Vorschlag des LAGetSi, die sog. Bagatellfälle der Polizei zu übertragen, bestätigt dies. Alle Verstöße könnten so in einem Arbeitsgang bearbeitet werden.

Das LAGetSi hat es bisher versäumt, die positiven Erfahrungen in Brandenburg auszuwerten und zu nutzen. Es hat seine Arbeitsabläufe nicht durch organisatorische Maßnahmen geordnet und optimiert. Dadurch hätten die Bearbeitungsrückstände vermieden werden können. Um Vorgaben der EU weiterhin zu erfüllen, besteht dringender Handlungsbedarf.

Wegen der rechtlichen Vorgaben, statt analoger künftig digitale EU-Kontrollgeräte zu verwenden, ist auch die IT-Ausstattung der Behörden anzupassen. Das würde den Erfassungsaufwand für alle Beteiligten reduzieren.

Die Senatsverwaltung hat mitgeteilt, dass durch organisatorische Maßnahmen die Bearbeitungsrückstände vollständig abgebaut und im Jahr 2007 die EU-Vorgaben bei Betriebskontrollen übererfüllt worden seien. Sie geht davon aus, dass die für das Jahr 2008 geforderte Zahl der Betriebskontrollen mit zwei statt mit vier vom LAGetSi beantragten zusätzlichen Stellen realisiert werden könne. Der Rechnungshof hält auch diese zwei Stellen für entbehrlich, wenn die Straßenkontrollen ausschließlich von der Polizei durchgeführt und geahndet werden. Die Senatsverwaltung hat hierzu mitgeteilt, dass sie inzwischen Gespräche mit der Berliner Polizei führe, die sich im Erfahrungsaustausch mit der Brandenburger Polizei befinde.

Aufgrund von Empfehlungen der Expertenkommission Staatsaufgabenkritik wurde am 5. Dezember 2005 zwischen dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie des Landes Brandenburg und der Senatsverwaltung vereinbart, auf den Gebieten des Arbeitsschutzes und der technischen Sicherheit zusammenzuarbeiten. Die Potenziale der Wirtschaftsregion Berlin/Brandenburg sollen dadurch zum Nutzen beider Länder besser ausgeschöpft werden. Ziele sind u. a. einheitliche Aufsichts- und Beratungsgrundsätze, ein wirksamer Ressourceneinsatz, gemeinsame Interessen gegenüber Dritten wahrzunehmen sowie verlässliche Bedingungen für die Unternehmen zum Schutz von Beschäftigten und Dritten zu gewährleisten. Außerdem enthalten sind Absprachen zur Aus- und Fortbildung, zu Schwerpunktaktionen, zur Öffentlichkeitsarbeit, zum IT-System IFAS, zur Internetpräsentation und zur Zusammenarbeit mit den Unfallversicherungsträgern sowie den länderübergreifenden Kooperationsnetzwerken.

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008

Anfang 2006 wurden von der Senatsverwaltung bereits erste Überlegungen für eine Fusion der beiden Arbeitsschutzbehörden angestellt. Auch andere Behörden in Berlin und Brandenburg wurden inzwischen organisatorisch zusammengeführt, um einen wirksameren Ressourceneinsatz zu schaffen und stärkere Synergieeffekte zu erzielen.

Der Rechnungshof hält eine Fusion der beiden Landesämter, deren Aufbaustruktur inzwischen stark angeglichen ist, insbesondere aus Wirtschaftlichkeitsgründen für zweckmäßig. Der Vorschlag, die bestehende intensive Zusammenarbeit zwischen dem LAGetSi und dem LAS Brandenburg durch eine Fusion zu stärken, wird grundsätzlich von der Senatsverwaltung und dem LAGetSi begrüßt. Möglichkeiten einer Fusion der beiden Arbeitsschutzverwaltungen sollen in einem Gespräch auf Staatssekretärsebene der beiden Länder im Frühjahr 2008 erörtert werden.

Zusammenfassend erwartet der Rechnungshof, dass die für Gesundheit zuständige Senatsverwaltung sicherstellt, dass

· mittelfristig im LAGetSi ein Dokumentenmanagementsystem mit dem Ziel eingesetzt wird, die „elektronische Akte" einzuführen und Personalmittel einzusparen,

· die personalwirtschaftlichen Ordnungsmittel einschließlich Anforderungsprofil und Beschreibung des Aufgabenkreises aktualisiert und fortgeschrieben werden,

· die Zuständigkeiten und die Geschäftsprozesse innerhalb des LAGetSi neu festgelegt werden, um mindestens zwei Stellen einzusparen, sowie

· die Ordnungswidrigkeitsverfahren aufgrund der Straßenkontrollen der Polizei vollständig auf diese übertragen werden.

Darüber hinaus erwartet er, dass die Senatsverwaltung zeitnah eine Fusion zwischen dem LAGetSi und dem LAS Brandenburg anstrebt.

2. Fortdauernde finanzielle Belastungen Berlins aus der öffentlichen Bauabfallentsorgung

Die für die öffentliche Bauabfallbeseitigung verantwortliche Senatsverwaltung hat über ein Jahrzehnt hingenommen, dass die Gebühreneinnahmen deutlich unter den Aufwendungen liegen.