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Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008 die Restaurierung des Charlottenburger Tors ist somit als Baukonzessionsvertrag zu bewerten.

Gemäß § 55 Abs. 1 LHO muss dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Dies gilt auch für Baukonzessionsverträge, auf die nach § 32 Nr. 2 VOB/A die §§ 1 bis 31 VOB/A sinngemäß anzuwenden sind. Baukonzessionen mit Auftragswerten, die den durch Rechtsverordnung festgesetzten Schwellenwert erreichen oder überschreiten, sind nach §§ 100 Abs. 1, 101 Abs. 2 und 5 GWB grundsätzlich im offenen Verfahren, das der öffentlichen Ausschreibung (§ 3 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A) entspricht, zu vergeben. Aber auch Baukonzessionen mit Auftragswerten unterhalb der Schwellenwerte sind dem Wettbewerb zu unterstellen (§ 55 Abs. 1 LHO i. V. m. Nr. 2 AV § 55 LHO). Der Rechnungshof hat die freihändige Vergabe der Baukonzession an die Stiftung als rechtswidrig beanstandet.

Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hat die freihändige Vergabe des Restaurierungsauftrags an die Stiftung mit den umfangreichen Vorleistungen und der intensiven täglichen Baubetreuung der Maßnahmen begründet, die die Stiftung für Berlin kostenfrei erbringen würde. Weiterhin hätten die einzigartige Fachkunde und die besonderen Erfahrungen der Stiftung eine Ausnahme vom Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung nach § 3 Nr. 4 Buchstabe a VOB/A zugelassen. Außerdem hätten die Leistungen nach Art und Umfang vor der Vergabe nicht eindeutig und erschöpfend festgelegt werden können (Ausnahmetatbestand nach § 3 Nr. 4

Buchstabe b VOB/A). Es sei nicht abschätzbar gewesen, wohin sich die Kosten bewegen würden, weil fachkundiges Personal nicht zur Verfügung gestanden habe. Im Übrigen sei die Übernahme des Restaurierungsauftrags durch die Stiftung von deren Verzicht auf Vergütung der eigenen Unternehmerleistungen sowie von der Verpflichtung zur im öffentlichen Interesse liegenden Verwendung etwaiger Überschüsse aus Werbeeinnahmen zu satzungsgemäßen Zwecken und damit vom Verzicht auf jegliche Gewinnerzielung (Gemeinnützigkeit) geprägt. Es sei dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf keine weitere Institution ersichtlich gewesen, die aufgrund eines Wettbewerbsverfahrens nach den vorbezeichneten Kriterien den Restaurierungsauftrag hätte übernehmen können. Die Vergabe an ein gewerbliches Unternehmen hätte für Berlin des Weiteren zu einem ungünstigeren Ergebnis geführt, da ein etwaiger Überschuss aus Werbeeinnahmen bei diesem verblieben wäre. Ein ausreichender Wettbewerb sei überdies sichergestellt gewesen, da die Stiftung als Generalunternehmerin vor Beauftragung von Nachunternehmern vertraglich zur Einholung mehrerer Angebote verpflichtet gewesen sei. Die freihändige Vergabe des Auftrags an die Stiftung sei somit zulässig gewesen.

Die Begründung des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf für den Verzicht auf eine Ausschreibung ist nicht stichhaltig. Besondere Erfahrungen im Sinne von § 3 Nr. 4 Buchstabe a VOB/A sind ausschließlich solche, die nachweislich nur ein Unternehmen besitzt. Für die zu vergebenden LeiRechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008 stungen (Beratung, Planung, Baudurchführung, Finanzierung durch Werbeerlöse) kam nicht ausschließlich die Stiftung in Betracht. Diese hat auch die Bauleistungen nicht selbst durchgeführt, sondern einen Generalunternehmer beauftragt, der für diese Art von Leistungen nicht allein befähigt war. Die Vermarktung der Werbeflächen hat sie an einen Werbedienstleister vergeben, dessen Aufgabe auch von konkurrierenden Unternehmen hätte übernommen werden können. Die Begründung des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf für den Ausnahmetatbestand nach § 3 Nr. 4

Buchstabe b VOB/A rechtfertigt ebenfalls nicht die freihändige Vergabe des Auftrags an die Stiftung. Die durchzuführenden Leistungen waren in technischer Hinsicht eindeutig und erschöpfend beschreibbar. Die Baudienststellen Berlins sind gehalten, derartige vorbereitende Leistungen bei der Restaurierung denkmalgeschützter Bauwerke selbst durchzuführen oder von fachkundigen Dritten durchführen zu lassen. Dabei leistet das Landesdenkmalamt Berlin als Denkmalfachbehörde gemäß § 5 Denkmalschutzgesetz Berlin fachliche Beratung und Unterstützung. Ein ehrenamtliches Engagement der Stiftung in Form der Beratung und begleitenden Baubetreuung bleibt ihr unbenommen. Auch die Gemeinnützigkeit der Stiftung und deren Satzungsbestimmungen zur Verwendung von Überschüssen begründen keinen Ausnahmetatbestand für eine freihändige Vergabe. Die Angebote der Stiftung sind nicht zwangsläufig wirtschaftlicher als solche gewerblicher Unternehmen. Die von dem Bezirksamt aufgeführten Kostenvorteile relativieren sich wegen der Vergabe wesentlicher Leistungsbestandteile durch die Stiftung an gewerbliche Unternehmen erheblich. Wettbewerbern um Restaurierungsaufträge ist es schließlich auch nicht verwehrt, die Abführung von Anteilen der erzielten Werbeeinnahmen an Berlin in ihre Angebote aufzunehmen. Erst im Ergebnis einer Ausschreibung lässt sich deshalb über die Wirtschaftlichkeit von Angeboten entscheiden.

Das Bezirksamt Mitte hat dem Rechnungshof mitgeteilt, dass die Stiftung beabsichtige, das Poststadion in Moabit denkmalgerecht und für das Bezirksamt kostenneutral wiederherzustellen. Eine schriftliche vertragliche Vereinbarung mit der Stiftung bestände zwar noch nicht, die Stiftung habe aber bereits Vorleistungen erbracht. Im Verlauf der statischen Ertüchtigung des Tribünengebäudes, die bislang aus Bezirksmitteln finanziert worden sei, habe die Stiftung eine „Sachspende eines Bauunternehmens" in Form einer Fensteranlage im Wert von etwa 50 000 vermittelt. Im Zusammenhang mit einer weiteren „Spende" von 40 000 eines Werbeunternehmens an die Stiftung habe das Bezirksamt eine Erlaubnis für die Dauer von 15 Monaten zur Bewerbung der Baustelle U 55 am Pariser Platz erteilt.

Diese Mittel habe die Stiftung für die Restaurierung der zum Spielfeld gelegenen Tribünenkante des Poststadions bereitgestellt. Angabegemäß habe die Stiftung damit das Poststadion inzwischen in eine Art „Stand-by-Position" gebracht und eine „Gegenfinanzierung" weiterer notwendiger Leistungen durch die Bewerbung der Siegessäule am Großen Stern oder durch die Bewerbung von Flächen auf dem Alexanderplatz gefordert.

Der Rechnungshof hat dem Bezirksamt mitgeteilt, dass auch die durch die Stiftung erbrachten Vorleistungen im Zusammenhang mit der Restaurierung des Poststadions nicht den Verzicht auf ein ordnungsgemäßes VerRechnungshof von Berlin Jahresbericht 2008 fahren bei der Vergabe der Planungs- und Bauleistungen sowie der Werberechte rechtfertigt. Er hat dem Bezirksamt empfohlen, vor dem Abschluss von Verträgen eine sorgfältige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (§ 7 LHO) und ein transparentes mit dem Vergaberecht konformes Verfahren durchzuführen. Das Bezirksamt Mitte hat dies zugesagt.

Der HU hat die Stiftung eine Rahmenvereinbarung angeboten, nach der die Stiftung sowohl als „Zuwendungsgeber" als auch als Bauherrin die Durchführung und Finanzierung von Restaurierungsarbeiten in eigener Verantwortung übernehmen würde. Zunächst sollte die Fassade der ehemaligen königlichen Bibliothek („Kommode") am Bebelplatz restauriert und dann diese Vorgehensweise durch gesonderte schriftliche Vereinbarungen auf weitere zukünftige Projekte ausgeweitet werden. Darüber hinaus sah die Rahmenvereinbarung vor, dass die Stiftung bis zu 20 v. H. der jährlichen Werbeeinnahmen für die Restaurierung denkmalgeschützter Gebäude Dritter sowie für sonstige Zwecke einschließlich des allgemeinen Geschäftsbetriebs der Stiftung hätte verwenden können.

Der Rechnungshof hat auch diesen Vertragsentwurf geprüft und ihn ebenfalls als Baukonzession qualifiziert. Er hat der HU empfohlen, vor dem Abschluss einer Baukonzession ein transparentes, vergaberechtskonformes Verfahren durchzuführen. Auch die HU hält eine freihändige Vergabe von Baukonzessionen an die Stiftung für sehr bedenklich. Sie habe daher frühzeitig von der Unterzeichnung des Vertrages Abstand genommen und werde „ihrer Verpflichtung nachkommen, vergaberechtliche Vorschriften einzuhalten".

Die Stiftung hat der ihr bekannt gewordenen Auffassung des Rechnungshofs widersprochen. Sie hält ein Wettbewerbsverfahren nur für erforderlich, wenn die zur Finanzierung eines Restaurierungsvorhabens vorgesehenen Werbeeinnahmen den Schwellenwert nach § 100 Abs. 1 GWB i. V. m. der Vergabeverordnung erreichen oder überschreiten (vgl. T 212). Wenn - wie im Falle des Charlottenburger Tors - die Werbeeinnahmen deutlich unter 5 Mio. lägen, sei auch bei allen zukünftigen Angeboten der Stiftung an das Land Berlin die freihändige Vergabe an die Stiftung zulässig. Dies ergebe sich zum einen aus den in § 3 Nr. 4 Buchstaben a und b VOB/A genannten Ausnahmetatbeständen, die auf sie zuträfen (vgl. T 213, 214).

Zum anderen sei eine öffentliche oder beschränkte Ausschreibung hier auch deshalb unzweckmäßig, weil der Zweck der Vergabe im Wettbewerb, die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots, nicht erreicht werden könne. Die Stiftung könne die Restaurierungsleistung immer wirtschaftlich günstiger erbringen als gewerbliche Unternehmen, da sie als gemeinnützige Organisation keinen Gewinn kalkuliere. Überdies sei sie in der Lage, Spenden und öffentliche Fördermittel für ein Projekt zu akquirieren.

Abgesehen davon, dass der Rechnungshof die Ausnahmetatbestände des § 3 Nr. 4 Buchstaben a und b VOB/A hier als nicht erfüllt ansieht (T 214), überzeugt auch die von der Stiftung vertretene Ansicht nicht.