Bonitätsprüfung eines Vereinsvorsitzenden

Der Vorsitzende eines Vereins verhandelte mit einem Immobilienunternehmen über die Anmietung eines größeren Objektes. Der potenzielle Vermieter holte bei einer Wirtschaftsauskunftei eine umfassende Auskunft über den Petenten persönlich ein. Aufgrund dieser Auskunft brach das Immobilienunternehmen die Verhandlungen mit dem Verein ab. Diese Informationen dürften an Gläubiger übermittelt werden, die gegenüber dem Verein ein wirtschaftliches Risiko eingehen.

Davon ist jedoch der Fall zu unterscheiden, dass dem potenziellen Vertragspartner eines eingetragenen Vereins eine Vollauskunft über die persönlichen Verhältnisse eines Vorstandsmitgliedes eines Vereins übermittelt wird. Hier ist zu berücksichtigen, dass der geplante Vertrag das Vorstandsmitglied nicht selbst verpflichtet; eine persönliche Haftung kommt nur in extremen Ausnahmefällen wie einer Insolvenzverschleppung in Betracht. Es besteht also kein Grund, warum der potenzielle Vertragspartner des Vereins eine vollständige Bonitätsauskunft über das Vorstandsmitglied erhalten sollte. Die Übermittlung dieser Daten ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 BDSG rechtswidrig, da bei diesem umfangreichen Bonitätsdatensatz die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen höher zu gewichten sind als die eher

BGH, NJW 2003, 2904; NJW 1986, 2505

§ 42 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats zweifelhaften Interessen des potenziellen Vertragspartners.

Die Bonitätsprüfung eines Vereins rechtfertigt nicht die Übermittlung sämtlicher verfügbarer Bonitätsinformationen über den Vereinsvorsitzenden.

Spendenaufruf per Telefon

Ein gemeinnütziger Verein, der seine Vereinstätigkeit zu einem wesentlichen Teil aus privaten Spenden finanziert, wollte die öffentlich zugänglichen Telefonnummern seiner Spenderinnen und Spender (Telefonbuch, Telefon-CD) ermitteln und telefonisch um weitere Spenden bitten. Dies sei möglich, da NGOs (Nichtregierungsorganisationen) nicht unter das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) fielen. Der Verein bat uns um Auskunft, wie wir die geplante Telemarketingmaßnahme datenschutzrechtlich bewerten.

Ob NGOs unter das UWG fallen oder nicht, ist bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden worden. Für die datenschutzrechtliche Bewertung kann die Frage aber offen bleiben, da das von dem Verein beabsichtigte Telemarketing wegen fehlender Rechtsvorschrift nach § 4 Abs. 1 BDSG rechtswidrig ist.

§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG kommt als Rechtsvorschrift nicht in Betracht, da es hier um eine Werbung für eine neue Spende, nicht jedoch um die Abwicklung der erfolgten Spende geht.

§ 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BDSG begründet das sog. Werbeprivileg. Die listenmäßige Verarbeitung der unter a) bis g) aufgezählten Daten wird durch den Gesetzgeber ­ um Werbung zu erleichtern ­ privilegiert. Der Gesetzgeber hat bei dem Werbeprivileg zwar die Anschrift der Betroffenen aufgenommen, um postalische Werbung zu ermöglichen; er hat jedoch bewusst darauf verzichtet, Telefonnummer und E-Mail-Adresse zu privilegieren.

Danach kommt § 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BDSG nicht als eine das Telemarketing rechtfertigende Rechtsvorschrift in Betracht.

Als Rechtsvorschriften können auch § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 BDSG nicht herangezogen werden.

Nach diesen Rechtsvorschriften müssen die Interessen der verantwortlichen Stelle mit den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen abgewogen werden. Auch wenn der Name und die Telefonnummer dem Telefonbuch entnommen werden können, ist Nr. 3 nicht einschlägig, da für die Werbeaktion auch die öffentlich nicht zugängliche Information benötigt wird, dass die Angerufenen schon einmal gespendet haben. Bei der Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG ist es schon zweifelhaft, ob der Verein berechtigte Interessen an dem Telemarketing geltend Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellungnahme des Senats machen kann, zumal er auch die Möglichkeit hätte, postalische Werbung zu betreiben. In jedem Fall liegen aber überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen vor. Diese müssen nicht damit rechnen, dass ihre nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG verarbeiteten Daten um Telefondaten erweitert werden, um sie anschließend im Rahmen von „Cold Calls" (unerbetene Telefonanrufe) zu neuen Spenden zu bewegen.

Auch Spendenorganisationen sind ohne Einwilligung der Betroffenen nicht zu telefonischer Werbung berechtigt.

Unverzügliche Beachtung des Werbewiderspruchs

Ein Unternehmen, das postalische Werbung versandte, informierte Betroffene, die Werbewiderspruch eingelegt haben, darüber, dass sie in den nächsten drei Monaten noch mit Werbung des Unternehmens rechnen müssten. Derartige Werbung sei nach hergebrachter Auffassung des Bundesgerichtshofs trotz Widerspruch zu dulden, denn es stünde außer Verhältnis zum Grad der durch die Werbung eingetretenen Belästigung, wenn bereits gedrucktes Werbematerial aus einer größeren Auflage wieder aussortiert werden müsste.

Das Unternehmen berief sich zur Begründung der Dreimonatsfrist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1973, dem ein Lebenssachverhalt aus dem Jahre 1970 zugrunde lag. Dort hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Beachtung des Widerspruchs nicht geboten sei, wenn dies wegen Art und Anlage der Werbeaktion für das werbende Unternehmen mit einem Arbeits- und Kostenaufwand verbunden sei, der in keinem angemessenen Verhältnis zu der mit der Werbung verbundenen Belästigung der Umworbenen stehe. Das werbende Unternehmen hatte übersehen, dass der Bundesgerichtshof für den Sachverhalt aus dem Jahre 1970 nur Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches angewandt hat, da das Bundesdatenschutzgesetz noch nicht in Kraft getreten war. Eine Berufung auf dieses Urteil für Lebenssachverhalte aus dem Jahre 2007 ist somit nicht möglich. Die sofortige Beachtung des Werbewiderspruchs wird durch die moderne Computertechnik erleichtert. Analog § 3 a BDSG sind Werbeaktionen so zu organisieren, dass Werbewidersprüche unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) umgesetzt werden können.

Werbewidersprüche sind unverzüglich zu beachten.