Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen Aus der kleinen Kopfpauschale wird ganz schnell eine große werden

ßen Koalition geschuldet. Vorn kommen die von der SPD gewollten einkommensabhängigen Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern hinein, hinten kommt eine Kopfpauschale der Union heraus. In der Sache gibt es keinen guten Grund für den Aufbau einer weiteren Großbehörde, die Verwaltungsausgaben werden auch hier steigen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Aus der kleinen Kopfpauschale wird ganz schnell eine große werden. Zwar haben die Kassen grundsätzlich die Wahl, ob sie den Zusatzbeitrag als Pauschale oder einkommensabhängig erheben sollen, der eventuell benötigt werden wird. Wir denken, er wird benötigt werden, aber mit einem einkommensabhängigen Zusatzbeitrag würde eine Kasse gerade ihre gut verdienenden Versicherten belasten, und das werden die Kassen nicht tun. Deshalb ist es völlig klar, dass dieser Zusatzbeitrag als Kopfpauschale erhoben wird, damit werden die Geringverdiener belastet und noch einmal besonders geschröpft.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Außerdem wird es die Kassen treffen, die viele chronisch kranke Patienten haben. Für deren hohe Leistungsausgaben wird der Einheitsbeitrag aus dem Fonds nicht ausreichen. Außerdem ist zu erwarten, dass künftige Ausgabensteigerungen im Gesundheitswesen über diese kleine Kopfpauschale finanziert werden, dann ist es eben doch die große Kopfpauschale.

Jetzt kommen wir einmal zur privaten Krankenversicherung. hübsch unter sich. Auch in Zukunft wird das Solidarsystem ohne die Stärksten auskommen müssen. Die Union hat dafür gesorgt, dass der Schutzzaun um die private Krankenversicherung erhalten bleibt. Wenn wir jetzt sehen, dass die Kinderversicherung über die Steuern bezahlt werden soll, wird es verfassungsrechtlich nicht zu halten sein, die privat versicherten Kinder nicht mit einzubeziehen. Dann haben Sie den privaten Kassen sogar noch einen Wettbewerbsvorteil geschaffen. Das ist doch abzulehnen, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Gesundheitskosten werden steigen, weil sich die große Koalition nicht an die Gesundheitskartelle herantraut, dadurch werden auch grundsätzlich richtige Maßnahmen wie die Liberalisierung der Arzneimittelverordnung und die Kosten-Nutzen-Analyse keine nachhaltige Wirkung haben.

Was wollen die Grünen? Auch die Frage werden wir Ihnen hier beantworten, und ich denke, wir werden dann noch darüber reden können. Wir setzen uns für mehr Wettbewerb innerhalb des Solidarsystems ein. Wir wollen, dass Krankenkassen, Ärzte, Apotheker und Arzneimittelhersteller miteinander um mehr Qualität und um Wirtschaftlichkeit wetteifern. Dass Kassen heute gezwungen sind, einheitlich und gemeinsam Kollektivverträge mit den Anbietern von Gesundheitsleistungen abzuschließen, halten wir für eine Innovationsbremse. Durch mehr Vertragsfreiheiten könnte die Gesundheitsversorgung besser gemacht werden, ohne dass der Staat ständig eingreifen muss. Außerdem ließen sich vorhandene Wirtschaftlichkeitsreserven erschließen und damit die Belastung von Versicherten und Patienten sozialstaatlich in einem akzeptablen Rahmen halten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zu den notwendigen Reformmaßnahmen gehören zum Beispiel die Beendigung des Vertragsmonopols der kassenärztlichen Vereinigungen, die Aufhebung zwischen Kassen und Pharmaunternehmen.

Außerdem sollten Selbsthilfe- und Patientenorganisationen die Möglichkeit haben, spezielle Krankenkassenversicherungsbeiträge mit den Kassen auszuhandeln und diese ihren Mitgliedern anzubieten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Im Rahmen dieser Verträge könnten besondere Behandlungsprogramme vereinbart werden, und damit würden mehr Wettbewerb und mehr Patientenorientierung miteinander verbunden werden können. Auf der Finanzierungsseite der Krankenversicherung ist eine Ausweitung der Finanzierungsbasis auf alle Einkunftsarten und die Einbeziehung der Privatkrankenversicherung in den Solidarausgleich unbedingt erforderlich.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Damit würde die Finanzierung der Krankenversicherung nachhaltiger, aber auch gerechter. Außerdem würde durch die Ausweitung der Finanzierungsbasis der Druck auf die Arbeitskosten deutlich geringer. Am besten könnten diese Ziele durch eine Bürgerversicherung erreicht werden, das ist unsere Position, und die wollte ich Ihnen hier nicht vorenthalten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will noch einmal auf ein Argument eingehen, das in den letzten Tagen sehr häufig gebraucht wurde, die private Krankenversicherung würde ja schon durch Quersubventionierung neun Milliarden Euro außer Acht, dass die privaten Krankenversicherungsunternehmen in erheblichem Ausmaß von den An strengungen der gesetzlichen Kassen um Qualität und Prävention profitieren, und sie tun nichts dafür. Es übersieht auch, dass die zusätzlichen Finanzmittel der privaten Krankenkassen vor allem in solche Quartiere fließen, in denen viele Menschen mit überdurchschnittlichen Einkommen leben. Zur Verbesserung der Versorgungssituation in strukturschwachen Gebieten leistet die private Krankenversicherung nichts.

Was nützt eine Besserstellung der Region am Starnberger See hier den Menschen in der Wesermarsch?

Das müssen Sie mir dann einmal erklären! Ein Solidarausgleich wird dadurch jedenfalls nicht geschaffen. ­ Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Präsident Weber: Als Nächste erhält das Wort die Abgeordnete Frau Tuczek.

Abg. Frau Tuczek (CDU): Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema dieser Aktuellen Stunde heute heißt Gesundheit: Große Koalition ­ kleine Reform, aber, meine Damen und Herren, immer noch besser als Rotgrün und keine Reform. (Beifall bei der CDU)

Ob das eine kleine Reform wird, meine Damen und Herren, wird sich erst noch herausstellen. Mit dieser Aktuellen Stunde habe ich den Eindruck, dass die Grünen hier im Parlament die Debatte aus dem Deutschen Bundestag fortführen wollen, und die Argumente, die Sie vorgebracht haben, kenne ich schon alle aus der Zeitung oder aus den Debatten, die im Bundestag stattgefunden haben. Ich muss schon sagen, das, was Sie hier als Alternativen vorgebracht haben, ist in der Vergangenheit nicht umsetzbar gewesen, und Sie legen das immer wieder neu auf. Also, Ihre Argumente sind nicht überzeugend, sonst hätten Sie sie ja schon umsetzen können.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es gibt natürlich viele Punkte, die man an den jetzt vorgelegten Eckpunkten kritisieren kann. Da meldet sich aber nicht nur die Opposition zu Wort, da werden auch aus unseren Reihen einige Dinge problematisiert, zum Beispiel die fehlende Altersrückstellung in der GKV oder fehlende Leistungsausgrenzung bei Sportunfällen, die selbst abgesichert werden sollen, oder auch die nicht weit genug gehende Beitragsfreiheit der Kinder.

Schwierig ist natürlich die Beitragserhöhung um 0,5 Prozent. Die CDU wollte eigentlich Steuern und Abgaben senken, die SPD wollte viel mehr Leistun gen aus Steuererhöhungen finanzieren, wie jetzt Herr Steinbrück sich wieder geäußert hat.

90/Die Grünen, das haben Sie ja eben gerade schon gesagt, die private Krankenversicherung abschaffen. Den Grünen ist sie schon lange ein Dorn im Auge. Dabei wird vergessen, Frau Hoch, Sie haben ja auf die neun Milliarden Euro hingewiesen, natürlich ist das eine Sicherheit für die Krankenhäuser und für die Ärzte, darauf verlassen sie sich, das ist eine Sicherheit, dass sie ein Budget haben, auf das sie auch bauen können. Aber das Thema ist, glaube ich, ein anderes, das will ich jetzt hier auch nicht weiter ausführen.

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt zu der Beitragserhöhung und zu diesen Eckpunkten, das ist nicht die Antwort auf unsere Zukunft, sondern das ist die Summe der Fehler aus den vergangenen Jahren. Ich sage dazu, in den letzten sieben Jahren waren die Grünen mit in der Regierung, und wenn ich mich recht erinnere, dann hatten sie auch schon einmal mit Andrea Fischer eine Gesundheitsministerin, die von den Grünen kam. Die Forderungen, die Sie hier aufgestellt haben, sind in all den Jahren nicht umgesetzt worden.

(Beifall bei der CDU)

Dass in der Gesundheitspolitik dringender Reformbedarf besteht, das ist ja nichts Neues, das ist lange bekannt. Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz konnte seinerzeit zwar die angestrebte Senkung der Beiträge in der GKV nicht vollständig erreicht werden, aber in weiten Bereichen konnten die Beiträge gesenkt oder stabil gehalten werden. Mit dem Gesetz konnten so acht Milliarden Euro Schulden abgebaut und Ausgabensteigerungen von sechs bis acht Milliarden Euro abgefangen werden. Trotz gewaltiger Anstrengungen, durch Erhöhung der Selbstbeteiligung oder auch die Praxisgebühr, rutschen die Kassen immer wieder in die roten Zahlen. Im nächsten Jahr ist mit einem Kassendefizit von sieben Milliarden Euro zu rechnen. Allerdings hat auch der Bundeshaushalt dazu beigetragen, das ist ja auch schon erwähnt worden.

Schwierig ist natürlich der Wegfall der Tabaksteuer.

Durch die hohe Arbeitslosigkeit ist ein Einnahmeverlust von 6,5 Milliarden Euro entstanden. Darüber hinaus haben fast eine Million gut ausgebildeter Menschen Deutschland verlassen, und das zählt natürlich alles, das muss man alles berücksichtigen. Deswegen haben wir auch keine Zeit mehr, die Reform zu verschieben.

Ich will noch einmal daran erinnern: Die CDU hatte sich für ein Prämienmodell ausgesprochen, die SPD für eine Bürgerversicherung. Die große Koalition, die wir jetzt haben, ist das Ergebnis der Bundestagswahl, und insofern war es unumgänglich, zwei unterschiedliche Modelle zusammenzuführen. Das Ergebnis sind nun einmal die gemeinsam von CDU und SPD beschlossenen Eckpunkte. Dieses Ergebnis sollten wir jetzt erst einmal alle, auch die Opposition, konstruktiv begleiten. Dass die Krankenkassen, die Krankenhausgesellschaft und die Ärztekammer jammern, ist immer so, wenn Veränderungen anstehen. Mit dieser Reform, meine Damen und Herren, stehen wirklich tiefgreifende strukturelle Änderungen ins Haus.

(Beifall bei der CDU)

Wer sich die Eckpunkte aber einmal richtig anschaut, wird feststellen, dass sie für die Patienten, aber auch für die Beitragszahler in der Tat zu Verbesserungen führen. Ich will in dieser Debatte nicht auf die einzelnen Punkte eingehen, aber ich will doch einige Stichworte herausgreifen, die mir wichtig sind.

Da ist erst einmal der Gesundheitsfonds. Der Fonds wird in Zukunft zum Kern der Finanzströme der neuen Gesundheitssicherung. Alle Beiträge, aber auch Steuermittel fließen ab 2008 direkt in diesen Fonds, und daraus erhalten die Kassen für jeden Versicherten einen einheitlichen Beitrag, wobei die Risiken ausgeglichen werden. Heutzutage sind von 160 000

Mitarbeitern in den Kassen 30 000 mit Beitragseinzug beschäftigt, und in den Firmen ist es nicht viel anders. Das wird besser. Da wird Bürokratie ebenso abgebaut werden wie in vielen anderen Bereichen auch.

Ganz wichtig dabei ist, dass 95 Prozent der Kassenausgaben aus diesem Fonds bestritten werden müssen. Bekommt eine Kasse ihre Ausgaben nicht in den Griff, kann sie von ihren Mitgliedern einen zusätzlichen Beitrag fordern, der allerdings ein Prozent des Haushaltseinkommens nicht überschreiten darf, Überforderungsklausel, nachdem aber alle anderen Sparmaßnahmen erst einmal ausgeschöpft sind.

Ich gehe davon aus, dass wir diese riesigen Fehlbeträge, die sich über Jahre ansammeln, dann auch nicht mehr haben werden. Ich finde, das ist eine gute Lösung, die dort jetzt auf dem Tisch liegt.

Die Versicherten bekommen klare Informationen über die Leistungsfähigkeit ihrer Kasse. Die Kassen werden sich vermehrt anstrengen müssen, wirtschaftlich zu arbeiten und alle Möglichkeiten wie Haustarife, Selbstbehalte und alles Mögliche ausnutzen, wenn sie ihre Mitglieder nicht verlieren wollen.

Außerdem haben die Kassen künftig die Möglichkeit, anders als vorher, kassenartübergreifend zu fusionieren. Das alles wird für wesentlich mehr Wettbewerb Versicherungsschutz sein werden. Heute wird die Zahl auf 200 000 Menschen geschätzt, die keine Versicherung mehr haben.

Die Arzthonorare werden grundlegend verändert.

Dadurch wird mehr Transparenz geschaffen, und die Ärzte wissen vorher, mit wie viel Geld sie rechnen können. Alle Kassen müssen das Hausarztmodell anbieten. Für die Patienten ist die Teilnahme freiwillig, Stichwort freie Arztwahl. Das Vertragsrecht wird geändert werden, zum Beispiel, dass sich die ärztliche Tätigkeit nicht nur auf einen KV-Bereich beschränken wird und so weiter. Das wird in Zukunft alles sehr viel flexibler werden.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen werden nach wie vor Bestand haben. Die Grünen, das haben sie ja gerade gesagt, wollten sie immer abschaffen, aber wir nicht, weil sie eine wichtige Funktion haben. Nicht einmal die Krankenkassen wollten sie abschaffen, weil sie natürlich auch wissen, welche Unterstützung sie durch die Kassenärztlichen Vereinigungen haben.

Hauptaufgaben der Kassenärztlichen Vereinigungen werden in Zukunft das Qualitätsmanagement und die und sie werden mehr Dienstleister für den niedergelassenen Bereich sein.

Die Krankenhäuser werden ebenso in die Gesundheitsreform einbezogen, indem sie sich mit einem Sanierungsbetrag von einem Prozent der Budgets beteiligen müssen. Auch die ambulante Erbringung hochspezialisierter Leistungen am Krankenhaus soll ausgebaut werden. Wir begrüßen die Absicht, die Prävention zu stärken und die palliativmedizinische Versorgung zu verbessern.

Auch die private Krankenkasse wird mit einbezogen. Immer wieder wird auch von der SPD, von Ihnen insbesondere, der Vorwurf erhoben, dass sich zehn Prozent der Versicherten nicht an der Finanzierung der GKV beteiligen. Die neun Milliarden Euro werden ja völlig außer Acht gelassen. Das ist falsch, darauf habe ich eben schon hingewiesen.

(Zuruf der Abg. Frau Hoch [Bündnis 90/Die Grünen])

Es sind auch nicht immer alles reiche Leute, die in der privaten Versicherung versichert sind. 55 Prozent aller privat Versicherten verdienen unter 2500 Euro, das sind zum Beispiel Beamte oder andere Beihilfeempfänger. Eines ist klar: Wenn es keine private Versicherung mehr gäbe, wären die Probleme der gesetzlichen Krankenkassen noch lange nicht gelöst.

(Beifall bei der CDU)

Die Gebührenordnung der PKV wird überarbeitet, die Kasse wird künftig einen Basistarif analog der GKV anbieten, der für alle freiwillig Versicherten geöffnet wird. Die PKV kann künftig keine Mitglieder mehr ablehnen, wenn Risiken bestehen, und ein Wechsel zu einer anderen Kasse kann erfolgen, weil die erworbenen Altersrückstellungen mitgenommen werden können. Die Pharmaindustrie wird mit einbezogen, natürlich, insbesondere durch die neue der Wirkstoffe und Medikamente.

Das ist schon eine ganz wichtige Sache.