Pflichtversorgung

Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Entwurf von Standards für zuwendungsfinanzierte Angebote der psychiatrischen Pflichtversorgung Zuverdienste Art der Leistung (Definition des Leistungsangebotes)

Die Leistung ist Bestandteil des regionalen psychiatrischen Hilfesystems, sie ist eine Pflichtaufgabe der Bezirke.

Zuverdienste sind wohnortnahe Beschäftigungsmöglichkeiten, die niedrigschwellig, dauerhaft, ohne Leistungsdruck, in abgestuften Schwierigkeitsgraden zur Verfügung stehen. Die Beschäftigung orientiert sich am individuellen Bedarf der/des Betroffenen und berücksichtigt Grundbedürfnisse der sozialen Teilhabe und sinnstiftender Tätigkeit.

Die Nutzerinnen/Nutzer der psychiatrischen Zuverdienstprojekte erhalten eine Aufwandsentschädigung entsprechend des individuellen Leistungsvermögens. Diese dient primär der Motivation und stellt eine materielle Anerkennung dar. Sie darf keinesfalls die Höhe eines sozialversicherungspflichtigen Entgelts erreichen. Der Lebensunterhalt der Nutzerinnen/Nutzer muss durch andere Einkünfte gesichert sein.

Zielgruppe / Personenkreis Zuverdienste bieten Beschäftigungsmöglichkeiten für psychisch kranke und suchtkranke Menschen an.

Im Allgemeinen handelt es sich um

· seelisch behinderte Menschen im Sinne des § 53 SGB XII und

· Menschen, die aufgrund ihrer seelischen Behinderung/Beeinträchtigung dauerhaft oder vorübergehend erwerbsgemindert sind.

Rechtliche und Planungsgrundlagen

· Psychiatrische Pflichtversorgung zur Sicherstellung der Beratung und Betreuung nach dem Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst,

· Gesetz für psychisch Kranke (Psych KG),

· Psychiatrieentwicklungsprogramm (PEP) ­ Psychiatrie-Bericht Teil III - 1996 in Verbindung mit der bezirklichen Psychiatrieplanung Ziel der Leistung Allgemeines Ziel der Leistung ist es, Zuverdienstbeschäftigte zu befähigen, in einem möglichst normalen, sozialen Rahmen ihre Fähigkeiten einzusetzen, zu erhalten oder weiter zu entwickeln. Dabei ist die Annäherung an reale Arbeitswelten anzustreben.

- 2 Weitere mögliche individuelle Ziele:

· Soziale und gesundheitliche Stabilisierung

· Gesellschaftliche Anerkennung durch Arbeit

· Stärkung des eigenen Selbstbewusstseins

· Schaffung einer Tagesstruktur

· Schaffung von Kontaktmöglichkeiten zur Vermeidung von Isolation und Rückzug

· Training von Sozial- und Schlüsselkompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Regelmäßigkeit, Verbindlichkeit, Verantwortungsbewusstsein

· Heranführung an berufliche Eingliederung und Entwicklung beruflicher Perspektiven Angebots- und Aufgabenspektrum (incl. Methodik, Arbeitsweise, Leistungszugang)

Das Tätigkeitsspektrum von Zuverdienstprojekten ist auf das Leistungsvermögen der Nutzerinnen/Nutzer ausgerichtet und wird den besonderen Erfordernissen des Personenkreises gerecht.

Dabei werden die unterschiedlichen Realitäten, Sichtweisen und Bedürfnisse von Frauen und Männern (Gender Mainstreaming) und die Ausgangslagen von Menschen mit Migrationshintergrund berücksichtigt.

Die Weitervermittlung der Nutzerinnen und Nutzer in andere Beschäftigungsangebote (Praktikumsplätze, Hospitationen oder Ausbildungsangebote) kann ebenfalls zum Angebotsspektrum gehören.

Die Beschäftigung umfasst im Allgemeinen max. 15 Wochenstunden und kann im begründeten Einzelfall erhöht werden. Der Beschäftigungsumfang orientiert sich an den individuellen Ressourcen des Einzelnen und den Möglichkeiten des Zuverdienstprojektes und wird flexibel vereinbart. Ein Zuverdienstarbeitsplatz kann von mehreren Personen genutzt werden.

Das Angebots-/Tätigkeitsspektrum der Zuverdienste ist breit gefächert und umfasst bspw. einfache Montage- und handwerkliche Arbeiten, Dienstleistungen sowie kunstgewerbliche und künstlerische Arbeiten.

Voraussetzungen für die Aufnahme einer Tätigkeit in Zuverdienstprojekten sind Interesse an Beschäftigung und die Bereitschaft eine verbindliche Vereinbarung mit dem Leistungsanbieter abzuschließen. Diese Vereinbarung ist dem individuellen Leistungsvermögen anzupassen und enthält Festlegungen zu Tätigkeiten und Arbeitszeit.

Aufgrund der besonderen Erfordernisse des Personenkreises muss der Zugang niedrigschwellig und unbürokratisch gestaltet sein.

Der Zugang erfolgt im Allgemeinen durch:

· eigene Kontaktaufnahme mit dem Projektträger oder

· Vermittlung über bezirkliche Steuerungsgremien oder

· Vermittlung von Einrichtungen und Diensten des psychiatrischen Pflichtversorgungssystems bzw. dem Gemeindepsychiatrischen Verbund des Bezirks.

Die Zuverdienste prüfen nach Kontaktaufnahme, ob Interessierte zu dem oben genannten Personenkreis gehört und ob die Beschäftigung zu den beschriebenen Zielen führen kann.

Personelle und strukturelle Voraussetzungen zur Leistungserbringung Jeder Bezirk muss mindestens ein Zuverdienstprojekt vorhalten.

- 3 Bei Bezirken bis zu 300.000 Einwohnern sind drei Mitarbeiterstellen, bei Bezirken über 300.

Einwohnern vier Mitarbeiterstellen der Vergütungsgruppe Vb/IVb bereitzustellen. (In Abhängigkeit der Ergebnisse des kennzahlengestützten Planmengenverfahrens.)

Die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter verfügen über die im Tätigkeitsbereich erforderliche Fachkompetenz und persönliche Eignung sowie über pädagogische und/oder psychologische und/oder psychiatrische Fachkompetenz.

Die Leistung wird im Allgemeinen von gemeinnützigen Trägern erbracht, die Erfahrungen in der Arbeit mit psychisch kranken Menschen bzw. abhängigkeitserkrankten Menschen vorweisen können. Die Ausstattung der Zuverdienstarbeitsplätze entspricht den Vorgaben der Berufsgenossenschaft und den Unfallverhütungsvorschriften. Die entsprechenden Regelungen des Arbeitsschutzes sind zu beachten.

Wesentliche Voraussetzungen zur Leistungserbringung sind:

· Es werden wirtschaftlich verwertbare Produkte hergestellt bzw. Dienstleistungen erbracht.

· Der Erwerbscharakter des Zuverdienstes steht im Vordergrund.

· Die Aufwandsentschädigung der Nutzerinnen und Nutzer richtet sich nach Art und Dauer der Tätigkeit.

· Ein Teil der Kosten des Zuverdienstes muss erwirtschaftet werden und einen Teil der Nutzerentgelte abdecken.

· Das Verhältnis von vorgehaltenem Betreuungspersonal des Trägers zur Anzahl der Zuverdienstnutzer beträgt durchschnittlich 1:10.

Qualitätsmanagement1

a) interne Qualitätssicherung

Die Arbeit der Zuverdienstprojekte setzt verbindliche Kooperationsstrukturen innerhalb des psychiatrischen Pflichtversorgungssystems voraus. Die Beteiligung des Trägers in bezirklichen psychiatrischen Gremien ist obligatorisch. Die Vertretung des Zuverdienstprojektes wird qualifiziert sichergestellt.

Die Zuverdienstprojekte verpflichten sich zur Einführung und Anwendung eines Qualitätsmanagements.

Als Mindeststandards sind neben der Sicherstellung der personellen und sachbezogenen Voraussetzungen folgende Elemente der Qualitätssicherung regelmäßig umzusetzen:

· Dienstberatungen/Teamsitzungen

· Supervision/Fachaustausch

· Fortbildung

· Nutzerbefragungen

· Dokumentation

b) externe Qualitätssicherung

Es gelten die Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung (LHO) zum Zuwendungsrecht, insbesondere über den Nachweis der Verwendung der Zuwendung.

In diesem Rahmen sind dem Zuwendungsgeber außerdem auf dessen Verlangen regelmäßig Berichte über die erbrachten Leistungen vorzulegen.

(Näheres muss im Rahmen der Bildung von Qualitäts- und Wirkungsindikatoren noch erarbeitet werden.)

Die Entwicklung von Standards zu Dokumentation und Kennzahlen erfolgt in einem weiteren Schritt.