Das Bafög führen die Länder im Auftrag des Bundes durch

Deshalb ist es auch wichtig, dass wir diese heute einmal debattieren.

Das Bafög führen die Länder im Auftrag des Bundes durch. Es ist eine gesetzliche Verpflichtung. Die Finanzierung erfolgt zu 65 Prozent vom Bund und zu 35 Prozent durch die Länder. Die Anzahl der zu Fördernden ist von 2001 auf 2005 deutlich angestiegen.

Die Geförderten sind nicht nur Studenten, also neue Studenten, die sich nach dem Abitur dafür entscheiden, ein Hochschulstudium aufzunehmen, sondern es gibt auch Schüler, die mit dem Bafög gefördert werden.

Die Zahlen, die wir in der Antwort des Senats bekommen haben, unterliegen Schwankungen. Es ist natürlich die Frage, wo diese Schwankungen entstehen und warum man keine eindeutigen Aussagen hat, um dann am Ende des Jahres sagen zu können, so viel müssen wir in unseren Haushalt einplanen, um dann genau sagen zu können, wie die Defizite sind.

Diese Schwankungen entstehen zum einen dadurch, dass neue Studenten anfangen. Man weiß nicht ganz genau, wie lange sie studieren. Der Grund liegt auch darin, dass man einmal die Übergangsquote hat und sagt, die Übergangsquote beinhaltet diejenigen, die die Hochschulzulassung haben, das heißt, man schaut in den Bremer Schulen, wie viel Abiturienten es gibt, wie viele die Hochschulzulassung haben, und kann dann daraus Zahlen ermitteln. Der größte Anteil der Abiturienten in Bremen geht auch an die bremischen Hochschulen, dann hat man also schon eine Erfahrungszahl.

Aber das ist nicht die einzige Erfahrungszahl, sondern man muss natürlich auch noch berücksichtigen, dass aus anderen Bundesländern Studenten kommen.

Für diese Zahl muss man auf Erfahrungswerte zurückgreifen. Man kann also nur schauen, wie sich das im Laufe der Jahre entwickelt hat, und kann dann eben eine bestimmte Anzahl an Studenten annehmen.

Auch die Zahl der aus dem Ausland kommenden Studierenden ist im Laufe der Zeit stark angestiegen, und alle die, die aus der EU kommen, haben ein Recht auf Bafög, das ist Fakt. Die Verpflichtung der Finanzierung ist damit auch gegeben und muss dann dementsprechend natürlich auch berücksichtigt werden.

Studenten, die hier angefangen haben zu studieren und dann ins Ausland gehen, haben auch dort ein Recht auf Bafög.

Wir konnten den Zahlen des Senats entnehmen, dass die Zahl der im Ausland geförderten Studierenden zurückgegangen ist. Das hat aber damit zu tun, dass sich die Örtlichkeiten für die Zuständigkeit geändert haben. Das heißt, Australien und Ozeanien fallen nicht mehr in unseren Bereich. Amerika gehört auch dazu, aber eben ohne die USA und Kanada. Dadurch haben sich starke Differenzen ergeben. Es ist den Zahlen des Senats auch zu entnehmen, dass dadurch eine Halbierung stattgefunden hat.

Der Darlehensanteil Bremens wird seit 2003 in einem Sonderhaushalt geführt. Die Differenz zwischen den Bafög-Zahlungen und dem entsprechenden werden über einen Zuschuss aus dem Landeshaushalt ausgeglichen. Wenn wir uns die Antwort des Senats anschauen, dann sehen wir ganz deutlich, dass die Differenz, die aufzubringen ist, in dem Bereich deutlich angestiegen ist, was wir an Landeshaushaltsmitteln dazugeben müssen. 2003 war es noch ein relativ geringer Betrag, der auch aus gebildeten Haushaltsrücklagen gezahlt werden konnte. 2004 war dieser Anteil schon sehr viel höher, und 2005 war er eben so hoch, dass wir eine erhebliche Summe, nämlich insgesamt 470 000 Euro, aus dem Landeshaushalt finanzieren mussten, und das ging auf Kosten der Förderung der Forschungsinstitute.

Wir müssen uns einfach auch einmal überlegen, wie es in Zukunft weitergehen soll, denn es ist natürlich schon eine Perspektive absehbar. Wir werden keine Studiengebühren erheben, das heißt, es werden sehr viel mehr Studenten kommen. Diese Tatsache sollten wir berücksichtigen und uns auch überlegen, wie wir diese Defizite im Landeshaushalt auffangen können.

Der andere Faktor, den wir dann eben auch haben werden, ist, dass wir schauen müssen, wie sich das in ganz Deutschland entwickelt. Gesamt gesehen ist es in der Bundesrepublik so, dass nicht Bremen allein diesen Faktor hat, sondern es ist ein Faktor, der im ganzen Bundesgebiet auftritt, nämlich dass es immer mehr Studenten gibt, die finanziell nicht in der Lage sind, ihr Studium zu finanzieren, und eben auf Bafög-Mittel zurückgreifen.

Wenn wir uns Hartz VI anschauen, dann wird die Lage eher noch dramatischer als besser, wie wir auch der Antwort des Senats entnehmen können. Das heißt, wir werden auch in den nächsten Jahren ein hohes Defizit und eine große Summe haben, die wir aus dem Landeshaushalt zu finanzieren haben.

(Glocke)

Wir müssen uns schon überlegen, wie wir das gestalten wollen, und ich fände es auch sehr sinnvoll, dass wir sagen, es ist wichtig, dass wir die Chancengleichheit haben, aber es ist ebenso wichtig zu überlegen, wie wir in Zukunft damit umgehen wollen.

(Beifall bei der CDU) Vizepräsidentin Dr. Mathes: Das Wort hat die Abgeordnete Frau Busch.

Abg. Frau Busch (SPD): Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe lange überlegt, was jetzt aus dieser Antwort des Senats von der CDU als Ergebnis herauskommt. Ich bedanke mich erst einmal bei der Behörde für die umfangreiche Antwort. Ich glaube, es ist sehr aufwendig gewesen, das alles aufzuführen.

Dann habe ich überlegt, ob es daran liegt, dass wir in der Deputation lange diskutiert haben, wie dieses Defizit von 2,3 Millionen Euro zustande kam, das wir ausgleichen mussten, um Bafög-Kosten zu tragen.

Aber lassen Sie mich so anfangen: Ich finde ­ ich komme auch auf die Debatte von gestern zurück ­, wir in Deutschland als ressourcenarmes Land müssen auf junge, gut ausgebildete Menschen setzen.

Wenn wir das tun wollen, dann können wir es uns nicht leisten, auf ein Potenzial zu verzichten, insbesondere nicht auf kluge Köpfe, wenn sie nur ein geringeres Einkommen haben.

Wenn es um die Zahl der Hochschulabsolventen geht, dann sind wir in Deutschland nicht an erster Stelle, das sage ich zur Erinnerung. Unsere Absolventen sind älter als die in anderen Ländern. So war es absolut richtig, dass die letzte Bundesregierung mit der Reform des Bafög im Jahr 2001 eine Trendwende vollzogen und die Ausgaben für Schüler und Studenten erhöht hat. Folgerichtig haben sich die Koalitionäre der neuen Bundesregierung darauf verständigt, das Bafög so beizubehalten. Ich finde, es ist richtig gut und wichtig, dass in beiden Regierungen die SPD dabei ist. Lassen Sie mich auch sagen: Über Bafög und Studienkonten haben wir schon so viel geredet. Wenn man sich noch einmal zum Bafög und zu dem, was in der Bundesregierung geredet wurde, schlaumacht, dann, glaube ich, ist die jetzige Bundesbildungsministerin Frau Schavan auf dem falschen Weg. Sie hat ja wohl die Absicht, das Bafög abzuschaffen, und meint, mit einer Kreditfinanzierung wäre es getan.

Wir dagegen wollen nicht, dass die Absolventen den Start ins Berufsleben mit einer hohen Verschuldung beginnen.

Ich warne davor zu glauben, dass eine Problemlösung erreicht sei, wenn man Studierenden nur das richtige Kreditfinanzierungsprogramm anböte. Fakt bleibt auch, da wiederhole ich mich jetzt, dass wir es uns nicht erlauben können, nur Kinder wohlhabender Eltern studieren zu lassen. Wir wissen, dass zwei Drittel der Bafög-Geförderten nach eigenen Angaben ohne diese Unterstützung nicht hätten studieren können, und es ist eben nicht so, dass nur die Reichen die Schlauen sind. 1971 ist die Bafög-Regelung ja geschaffen worden, das lief dann ganz gut, stetig stieg die Zahl der Bafög-Empfänger. Von 1974 bis 1998 ging die Zahl stetig nach unten. Im Jahr 1998 hatten wir dann nur noch 12,9 Prozent Bafög-Empfänger. Ich finde, dass mit Sorge festzustellen ist, dass der Anteil der Studierenden in der mittleren Bildungsschicht abgenommen hat, man nennt das auch Mittelstandsloch. Hier müssen wir wirklich entgegenwirken, und da freue ich mich, dass wir dafür die Bafög-Regelung haben.

Ich möchte auch noch einmal auf die Zahl der ausländischen Studierenden und auf die Zahl unserer Studierenden kommen, die ins Ausland gehen.

Wir sind in Bremen, man nennt es Freie Hansestadt Bremen, ich nenne Bremen und Bremerhaven, stolz darauf, dass wir ein weltoffenes und tolerantes Land sind. Wir finden es richtig, dass ausländische Studierende zu uns kommen, hier ihre Erfahrungen sammeln, die sie dann wieder mit ins Ausland nehmen können, und dass unsere Studierenden wiederum die Möglichkeit haben, ins Ausland zu gehen, ihre Kompetenzen zu erweitern und Erfahrung zu sammeln für den Start in ein Berufsleben. Das müssen wir fördern! Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Ich finde eine Debatte falsch, die davon ausgeht, Kosten für Bafög erzeugten Defizite. Kosten für Bafög sind notwendig.

Wir zahlen 35 Prozent, der Bund zahlt 65 Prozent, das sind Investitionen in die Zukunft, Investitionen in die Köpfe, von denen wir immer reden, die wir fordern, und das sollten wir beibehalten. ­ Schönen Dank! Vizepräsidentin Dr. Mathes: Das Wort hat die Abgeordnete Frau Schön.

Abg. Frau Schön (Bündnis 90/Die Grünen): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich im Prinzip meiner Kollegin Frau Busch an.

(Abg. Kleen [SPD]: Bravo! ­ Beifall bei der SPD)

Ich möchte aber trotzdem noch ein paar Sätze dazu sagen.

Erst einmal möchte ich sagen: Es ist gut, dass es dieses Bundesausbildungsförderungsgesetz gibt,denn es ist, Frau Busch hat es auch schon gesagt, ein unverzichtbares Instrument, um jungen Menschen aus Familien mit niedrigem Einkommen soziale Zugangschancen zum Studium überhaupt erst zu eröffnen.

Deshalb ist es auch gut, dass es einen Rechtsanspruch auf dieses Bafög gibt, wenn die persönlichen und familiären finanziellen Voraussetzungen erfüllt sind.

Deswegen ist es auch egal, was die Große Koalition in ihren Koalitionsvertrag hier in Bremen schreibt. Es ist ein Bundesgesetz, es wird auf Bundesebene entschieden, und es ist ein Rechtsanspruch. Da können Sie schreiben, was Sie wollen, das tut an der Stelle überhaupt nichts zur Sache!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nun mag man die Kostensteigerung monieren und bedauern, es ist in den letzten fünf Jahren ein Anstieg um ein Drittel gewesen. In Bremen bedeutet das eine Steigerung von 2,9 Millionen Euro auf 4,1 Millionen Euro im Studierendenbereich. Vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltslage ist das sicherlich nicht so schön und tut auch ein bisschen weh, aber es gibt auch Gründe dafür. Die Gründe dafür sind, dass Familien mehr von Arbeitslosigkeit betroffen sind und es immer mehr Familien gibt, die ein niedriges Familien muss man die Chancen auf ein Studium eröffnen. Da kann es nicht sein, dass wir an der Stelle über Kosten reden. Studium und Bildung sind an der Stelle ein Menschenrecht, und das nur ökonomisch zu betrachten halte ich an dieser Stelle auch für falsch.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Im Grunde ist es in Wirklichkeit doch so, dass das Bafög angehoben werden müsste, es ist längst nicht mehr armutsfest. Dass es nicht armutsfest ist, ist gegenwärtig im Arbeitslosengeld II geregelt. Bei dem Fortentwicklungsgesetz ist es mittlerweile so, dass Studierende, denen das Bafög nicht ausreicht, zusätzlich Kosten zur Unterkunft bekommen. Rechtssystematisch ist es eigentlich ein Fehler, das müsste im Gesetz geregelt werden. Würde man es dort regeln, dann wären die Kosten an der Stelle sicherlich noch ein bisschen höher.

Gegenwärtig, das ist auch schon gesagt worden, erhalten in Bremen 5000 Studierende Bafög, das sind 19 Prozent aller Studierenden. Es ist aber gleichzeitig so, dass die Bildungsbeteiligung sehr ungleich verteilt ist. Es sind nur zwölf Prozent, die aus Arbeiterfamilien kommen, gleichzeitig sind es aber 73 Prozent aus Beamtenfamilien. Das zeigt an der Stelle auch, wie wichtig das Bafög für die Chancengerechtigkeit und den Zugang zu Hochschulen ist. Die Senatsantwort macht an der Stelle auch deutlich, dass das sehr notwendig ist.

Was die Haushaltsbelastungen angeht, muss ich Ihnen auch sagen: Wenn Sie erst den Wissenschaftshaushalt so kürzen, dann dürfen Sie sich hinterher nicht wundern, dass das Geld knapp wird und Sie Regelaufgaben finanzieren müssen. Das sind selbst gemachte Leiden, und unser Bedauern hält sich an der Stelle, ehrlich gesagt, auch in Grenzen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Abschließend möchte ich noch einen Satz zur Bundespolitik sagen und zu Frau Schavan, die ja immer wieder in die Diskussion wirft, dass sie das Bafög abschaffen will. Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass dieser Weg falsch wäre. Das wäre das Gegenteil von Chancengleichheit, es wäre eine Politik der Ausgrenzung. Ich hoffe sehr, dass das hier in Bremen nicht Schule machen wird, dass hier aus Bremen heraus nicht die Axt ans Bafög gelegt wird, und ich hoffe auch sehr, dass das nicht die Intention dieser Großen Anfrage war. ­ Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD) Vizepräsidentin Dr. Mathes: Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Spieß. Abg. Frau Dr. Spieß (CDU): Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt doch noch einmal kurz etwas dazu sagen, Frau Busch, es hört sich hier so an, als ob wir hier nicht für Chancengleichheit wären. Ich habe ganz eindeutig gesagt, die CDU ist durchaus für Chancengleichheit. Wir haben zu Anfang gesagt, wir sind auch für das Bafög. Worum es hier eigentlich geht, möchte ich noch einmal sagen, Frau Schön: Es geht nicht darum, dass das nicht gezahlt werden soll, sondern es geht darum, dass man am Ende eines Jahres plötzlich feststellt, man muss eine bestimmte Summe aufbringen, weil es eine Verpflichtung ist, und man sagt dann, wir kürzen eben die Mittel für die Forschungsinstitute. Eine solche Überlegung kann man vorher anstellen: Was wollen wir eigentlich einsparen, und wo können wir uns das auch erlauben? Ich finde, da ist durchaus Diskussionsbedarf, denn darin ist Gestaltungsmöglichkeit, und das sollten wir ausschöpfen.

Wir haben ganz deutlich gesehen, dass sich dieser Aufwand in den letzten Jahren massiv erhöht hat.

Wir werden im nächsten Jahr vor deutlich größeren Problemen stehen. Das sollten wir uns vielleicht vorher überlegen und nicht erst danach, denn solche Überschätzungen oder Verschätzungen in dem Bereich von 2,3 Millionen Euro können dann durchaus schon frühzeitig dargestellt werden. ­ Vielen Dank!