Aktion „Berlin barrierefrei"

Einen zentralen Platz in der Tätigkeit des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung nimmt nach wie vor die von ihm 2004 initiierte Aktion „Berlin barrierefrei" ein. Ihr liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass Barrierefreiheit zunehmend ein gesellschaftliches Qualitätsmerkmal darstellt und angesichts der demografischen Entwicklung ihre Bedeutung noch erheblich wachsen wird. Barrierefreiheit im Sinne des Prinzips „Design for all" ist weit mehr als Behindertengerechtigkeit, denn sie geht stets vom Nutzen für alle Menschen ­ nicht ausschließlich für behinderte ­ aus.

Das Sichtbarmachen des schon erreichten Standes der Barrierefreiheit in Berlin mit einem augenfälligen Signet ist deshalb nicht allein im Interesse der behinderten Menschen, sondern der gesamten Gesellschaft.

Ziel und Grundsatzbestimmung der Aktion „Berlin barrierefrei"

Das Signet ist in enger Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Handel, Tourismus, Kultur und Wissenschaft, mit engagierten Menschen mit Behinderung und ihren Organisationen, mit Beiräten, Verwaltungen und anderen Institutionen entwickelt worden. Das gleiche gilt für einen Katalog von definierten Mindestkriterien für die Vergabe des Signets. „Berlin barrierefrei" an einer Tür oder Fensterscheibe, an einem U-Bahn-Aufzug oder einer CityToilette sagt aus, dass diese Gaststätte, dieses Hotel, dieser Supermarkt, dieses Museum, dieser Bahnhof oder diese Toilette von allen Menschen zweckentsprechend genutzt werden kann ­ auch von Menschen mit Behinderung.

Bedingung für die Vergabe des Signets ist die weitgehende Erfüllung des Kriterienkatalogs, verbunden mit der Aufforderung, noch bestehende Mängel nach und nach zu beseitigen.

Als Maßstab gilt die Nutzbarkeit für alle Menschen. Dabei ist es unvermeidbar, dass manchmal im Einzelfall auch kleinere Einschränkungen akzeptiert oder geringe Hilfen in Anspruch genommen werden müssen. Das perfekte Gebäude gibt es nicht.

Das Signet ist deshalb auch kein Zertifikat für DIN-gerechtes barrierefreies Bauen! Es bildet vielmehr nur die vorhandene barrierefreie Nutzbarkeit von Gebäuden und Einrichtungen ab.

Geschäftsleuten bietet das Signet die Möglichkeit, mit der bereits bestehenden barrierefreien Gestaltung ihrer Räumlichkeiten zu werben und damit neue Kundenkreise zu gewinnen.

Zugleich informiert es die Menschen über barrierefrei nutzbare Lokalitäten.

Je mehr Signets im Stadtgebiet zu sehen sind, desto größer ist der Anreiz, noch bestehende Barrieren abzubauen ­ auch da, wo es nicht unbedingt gesetzlich vorgeschrieben ist.

Barrierefreiheit entwickelt sich zu einem Qualitätsmerkmal für eine attraktive, gastfreundliche und weltoffene Stadt mit hoher Wohn- und Lebensqualität im Sinne des Prinzips „Design for All ­ Design für Alle". Sie nutzt nicht nur den Menschen mit Behinderung, sondern allen Menschen: 10 Prozent der Bevölkerung sind auf Barrierefreiheit zwingend angewiesen, 30 bis 40 Prozent brauchen sie als notwendige Hilfe bei der Bewältigung des alltäglichen Lebens und für alle anderen stellt Barrierefreiheit eine Komfortverbesserung dar.

Wer an der Aktion „Berlin barrierefrei" teilnehmen möchte, kann sich an den Landesbeauftragten oder an die Behindertenbeauftragten in den Bezirken wenden.

Ausführliche Informationen sind auf der Website www.berlin-barrierefrei.de des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung zu finden, auf der auch der Kriterienkatalog für die Teilnahme an der Aktion „Berlin barrierefrei" einzusehen ist.

Verlauf und gegenwärtiger Stand der Aktion „Berlin barrierefrei"

Die Aktion „Berlin ­ barrierefrei" startete am 1. September 2004 mit der Vergabe des ersten Signets an ein großes Kulturkaufhaus in der Friedrichstraße in Anwesenheit und unter Mitwirkung der Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Frau Dr. Heidi Knake-Werner. Die Aktion, die im Wesentlichen von den Bezirksbeauftragten sowie den bezirklichen Beiräten für Menschen mit Behinderung mitgetragen wird, entwickelt sich langsam aber stetig. Seit dem letzten Tätigkeitsbericht (damals etwa 200 Signets) sind inzwischen etwa insgesamt 500 Objekte mit dem Signet ausgezeichnet worden ­ darunter die ca. 160 City-Toiletten der Fa. Wall:

Die Signetvergabe an die City-Toiletten fand am 16. April 2008 an der Doppel-Toilette am Potsdamer Platz unter Mitwirkung der Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Frau Dr. Heidi Knake-Werner, sowie in Anwesenheit des Vorstandsvorsitzenden der Wall AG, Herrn Daniel Wall, statt.

Während noch an der technischen Lösung für die Anbringung des Signets an den City-Toiletten gearbeitet wird, ist bereits eine große Plakatwerbeaktion für die Aktion „Berlin barrierefrei" in Vorbereitung. Die Wall AG stellt dafür freie Werbeflächen an Bushaltestellen und anderen Werbeträgern im gesamten Stadtgebiet kostenlos zur Verfügung.

Die ersten vier U-Bahnhöfe ­ Pankow, Hermannplatz, Wilmersdorfer Straße und Nollendorfplatz ­ tragen an ihren Aufzugseingängen bereits das Signet und weitere gut 40 U-Bahnhöfe sind für eine Signetvergabe vorgesehen, die sukzessive erfolgen wird.

Beispielhaft sollen an dieser Stelle weitere prominente Gebäude genannt werden: das Deutsche Historische Museum, der Berliner Dom, das Hotel Intercontinental, das Musikinstrumentenmuseum, das KaDeWe, die Messehallen am Funkturm, die Einkaufszentren Potsdamer Platz Arkaden und Eastgate, der Hauptbahnhof und viele andere.

Im Zusammenhang mit der Signetvergabe für den Hauptbahnhof äußerten hohe Bahnvertreter Interesse auch an einer Einbeziehung der barrierefreien S-Bahnhöfe in die Aktion „Berlin barrierefrei", es sind jedoch leider noch keine weiteren konkreten Schritte seitens der S-Bahn Berlin GmbH unternommen worden.

Tatkräftige Unterstützung gibt es auch von Kammern und Wirtschaftsverbänden. So informierte die Apothekerkammer in ihrer Fachzeitung zum wiederholten Male über das Signet und die Aktion „Berlin barrierefrei" ­ ebenso der Einzelhandelsverband Berlin-Brandenburg. Der Deutsche Hotel- und Gaststätten-Verband (Dehoga-Berlin) wirbt auf seiner Website http://www.dehogaberlin.de/index.php?id=70&item=62 für das Signet und hat von sich aus eine Verlinkung zur Website www.berlin-barrierefrei.de geschaltet.

Ergebnis dieser Bemühungen ist, dass eine große Zahl von Signet-Anfragen vorliegt, die in Abstimmung mit den Bezirksbeiräten für Menschen mit Behinderung zügig bearbeitet werden müssen.

Diese Beispiele zeigen, dass die Aktion „Berlin barrierefrei" zunehmend wahrgenommen und nachgefragt wird. Sie gewinnt an Fahrt und hat gute Chancen, sich zu einer breiten Werbekampagne für Berlin als barrierefreie Stadt zu entwickeln.

Überregionales Interesse an der Aktion „Berlin barrierefrei" Häufiger gibt es Anfragen aus anderen Städten, Regionen oder sogar aus dem Ausland zur Aktion „Berlin barrierefrei". Meistens sind es Initiativen, die sich mit dem Thema Barrierefreiheit in Ihrer Region beschäftigen. Sie suchen den Erfahrungsaustausch und spielen oft selbst mit dem Gedanken, ein Label für Barrierefreiheit zu kreieren.

Der Landesbeauftragte sowie die Bezirksbeauftragten für Menschen mit Behinderung als Träger der Aktion begrüßen es, wenn das Signet auch andernorts zur Anwendung kommt. Die Bedingungen dafür sind allerdings, dass eine Erlaubnis beim LfB-Büro eingeholt, das Erscheinungsbild des Signets mit Ausnahme der Ortsnamens nicht verändert und der Kriterienkatalog strikt eingehalten wird.

Um eine missbräuchliche Verwendung zu verhindern, hat das Büro des Landesbeauftragten das Signet im Herbst 2006 beim Patentamt Berlin als Geschmacksmuster schützen lassen.

Aktuell liegt eine Anfrage der Stadtverwaltung Neuss vor, mit der eine Vereinbarung zur Übernahme der Aktion getroffen werden soll.

Im März 2008 erreichte das Büro des LfB eine Nachricht der Technischen Universität Dresden, Lehrstuhl für Verkehrsökologie, der für das Projekt PT Access: Public Transport Systems Accessibility for People with Disabilities in Europe (http://www.ptaccess.eu/) verantwortlich ist.

Dieses Projekt wird von der Europäischen Union finanziert, die Erkenntnisse für die Weiterentwicklung ihrer Politik zur Förderung barrierefreien öffentlichen Verkehrs gewinnen möchte.

Der erste Schritt des Projekts besteht darin, Beispiele zur Verbesserung der Barrierefreiheit öffentlichen Verkehrs zu sammeln und zu evaluieren. Darauf aufbauend sollen Empfehlungen erarbeitet werden, welche der Maßnahmen besonders gute Kosten-Nutzen-Verhältnisse haben und somit besonders für eine verstärkte Förderung durch die EU geeignet scheinen. Dafür wird eine Liste von "good-practice"-Beispiele zusammengestellt, die unter (http://www.ptaccess.eu/) veröffentlicht werden soll.

Die Aktion "Berlin barrierefrei" wird seitens des Projektes als eines der vorbildhaften und vielversprechendsten Beispiele eingestuft, besonders auch, weil die Aktion nicht auf den öffentlichen Verkehr selbst beschränkt ist, sondern die gesamte Infrastruktur mit einbezieht. Aus diesem Grunde könnte dieses Beispiel für eine vertiefte Evaluation ausgewählt und ­ bei Bestätigung der Vermutung ­ der EU zur verstärkten Förderung empfohlen werden.

Inzwischen ist der "Report on good Practice Examples of accessible Public Transport", in dem auf Seite 10 auch die Aktion „Berlin barrierefrei" aufgeführt ist, im Internet unter der Adresse http://www.ptaccess.eu/Downloads.phtml?id=4 einzusehen.

Mit der Unterstützung der TU Dresden ­ so lautet die Absprache mit dem LfB-Büro ­ soll im Herbst/Winter 2008 eine Evaluation der Aktion „Berlin barrierefrei" durchgeführt werden.

Jahresplenum 2008:

Zum 10. März 2008 lud der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung zu einem weiteren Jahresplenum der Aktion „Berlin barrierefrei" ein. Tagungsort war das Gebäude des Deutschen Beamtenbundes, der ­ vermittelt durch die Interessengemeinschaft der Gewerbetreibenden an der Friedrichstraße ­ einen Sitzungssaal kostenlos zur Verfügung stellte.

Ziel war es, die Organisationen, Institutionen, Verwaltungen, Händlergemeinschaften, Wirtschaftsverbände und ­kammern, aber auch Vermessungsinitiativen, die im Rahmen von ABModer MAE-Einsätzen in einigen Bezirken unterwegs sind, Einzelpersonen und Initiativen, die