Grundschule

Wesentliches Ziel dieser Tempo 30-Anordnung ist die integrierte Verbesserung der belasteten Situationen durch die Minderung von Lärm und Luftschadstoffbelastungen und die Reduzierung der Unfallhäufigkeit.

Bestehendes Konzept Tempo 30 nachts

Im Rahmen der gesamtstädtischen Konzeption zur Einführung von Tempo 30 nachts53 wurden Streckenabschnitte identifiziert, in denen die definierten Kriterien zur Einrichtung von Tempo 30 nachts erfüllt sind. Die Umsetzung dieser Maßnahmen ist beschlossen und erfolgt sukzessive: Voraussetzung zur Einrichtung von Tempo 30 nachts sind sehr hohe Lärmbelastungen im Nachtzeitraum (> 65 dB(A) in Mischgebieten und auf dem Tempo 50-Anforderungsnetz sowie > 60 dB(A) in Wohngebieten und auf dem übrigen Hauptverkehrsstraßennetz). Weiterhin muss die Anzahl der Betroffenen hoch sein und der ÖPNV darf im Streckenabschnitt keine große Bedeutung haben.

Eine Ergänzung der Abschnitte des Tempo 30 Konzeptes nachts wurde im Rahmen der Lärmaktionsplanung unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrsdaten für einige weitere Abschnitte, die deutlich über dem Schwellenwert von 60 dB (A) nachts liegen, empfohlen und beschlossen.

Das Tempo 30 nachts - Konzept, das für etwa 50 km55 eine Änderung der Geschwindigkeitsregelungen im Nachtzeitraum vorsieht, ist in dieser Größenordnung das einzige in Deutschland. Zur Verbesserung der Wirksamkeit soll der Einsatz technischer Mittel (Displays) und/oder eine intensivere Überwachung der Geschwindigkeitsbeschränkung durchgeführt und ebenfalls einer Wirkungskontrolle unterzogen werden.

Tempo 30 vor Grundschulen

Im August 2008 hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass zur Erhöhung der Verkehrssicherheit vor insgesamt 69 Grund- und Förderschulen an Hauptverkehrsstraßen Tempo 30

Regelungen während der Öffnungszeiten der Schulen neu eingeführt werden. Durch diese Maßnahme können auch die Lärmbelastungen in den entsprechenden Streckenabschnitten reduziert werden. Soweit es sich um Lärmschwerpunkte mit Tempo 30-Regelungen nachts handelt, wird zur Vereinheitlichung der Regelung eine ganztägige Ausweisung von Tempo 30 umgesetzt.

VMZ Berlin Betreibergesellschaft mbH im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin: Einführung von Tempo 30 nachts im Berliner Hauptverkehrsstraßennetz ­ Dokumentation des Vorgehens und der Abwägungsergebnisse des Arbeitskreises, Berlin, Januar 2008

VMZ Berlin Betreibergesellschaft mbH im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin: Einführung von Tempo 30 nachts im Berliner Hauptverkehrsstraßennetz ­ Diskussion der Anfragen aus der Lärmminderungsplanung, Dezember 2007

Incl. der Ergänzungsvorschläge mit einer Gesamtlänge von 1,4 km

Langfristige Prüfung weiterer Tempo 30 Abschnitte

Unter der Voraussetzung einer ermittelten positiven Gesamtwirkung durch die Erfolgskontrollen an eingerichteten Tempo 30 Strecken soll mittel- bis langfristig die Einrichtung weiterer Tempo 30 Strecken geprüft werden.

Grundvoraussetzung ist hierbei immer eine hohe Lärmbelastung. Die Lärmbelastungen in den in Frage kommenden Abschnitten müssen die Schwellenwerte der 1. Stufe überschreiten (> 70 dB(A) am Tag / 60 dB(A) in der Nacht)56.

Darüber hinaus kann Tempo 30 insbesondere dann geeignet sein, wenn weitere Effekte angestrebt werden: Tempo 30 zur Unterstützung verkehrslenkender Maßnahmen: die Verringerung der Attraktivität zur Durchfahrung von Straßenzügen kann durch entsprechende Geschwindigkeitsbeschränkungen auf diesen Straßen unterstützt werden57.

Tempo 30 zur Unterstützung von fördernden Maßnahmen für den Radverkehr:

Ein Schwerpunkt der Förderung der Umweltverbundverkehrsmittel ist die Verbesserung der Bedingungen für den Radverkehr.

Ist die Einrichtung von Radverkehrsanlagen nicht möglich und bestehen gleichzeitig Hinweise auf eine Gefährdung des Radverkehrs, so sollte als Maßnahmenmöglichkeit die Einrichtung von Tempo 30 diskutiert werden.

Tempo 30 zur Reduzierung der Trennwirkung von Straßen und zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität: Oft sind hoch lärmbelasteten Straßen auch wichtige Geschäftszentren mit hohen Ansprüchen an die Aufenthaltsqualität. Gleichzeitig sind in diesen Straßen auch die Anforderungen an die Überquerbarkeit hoch. Mit Tempo 30 kann in diesen Straßen die Aufenthaltsqualität durch Minderung der Lärmbelastungen gesteigert werden.

Tempo 30 zur Reduzierung der Spitzenpegel bei hohen Lkw-Belastungen: Lkw-Verkehre sind ein wesentlicher Auslöser für hohe Lärmbelastungen. Eine Reduzierung der Lkw-Verkehre durch Verlagerung ist in wenigen Fällen möglich, da häufig geeignete Ausweichrouten fehlen und/oder die Erschließungsfunktionen der Straßen den Lkw-Verkehr bedingen.

Zur Reduzierung der durch die Lkw-Verkehre ausgelösten Spitzenpegel in diesen Straßen sollte die Einführung von Tempo 30 geprüft werden.

Tempo 30 als mögliche Alternative zu passiven Schallschutzmaßnahmen, wenn Maßnahmenprüfungen keine anderen Minderungspotentiale der Lärmbelastung ergeben haben.

Anhand dieses Kriterienkataloges werden in den Konzeptgebieten und im Ergänzungsnetz mit geringerer verkehrlicher Bedeutung Empfehlungen zur Prüfung weiterer Tempo 30-Strecken ausgesprochen. Diese sind in den Materialien zu den Konzeptgebieten dokumentiert.

Die langfristige Prüfung weiterer Tempo 30 - Regelungen auch im StEP-Netz58 ist aus Sicht der Lärmminderung als kostengünstige und effektive Maßnahme anzustreben.

Kurzfristig sollte für Straßen mit geringer verkehrlicher Bedeutung (außerhalb StEP-Netz) und hoher Lärmbelastung die Einrichtung von Tempo 30 oder die Integration in Tempo 30 Zonen vorgesehen werden.

Diese Schwellenwerte entsprechen auch den Richtwerten in den Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV zu §45 StVO) für Wohngebiete und andere schutzwürdige Einrichtungen (z.B. Krankenhäuser) 57 alternativ hierzu vorzunehmende Straßenumbauten zur Verringerung der Kapazität sind gegenüber Tempo 30 deutlich kostenintensiver 58 Netzdefinition im Stadtentwicklungsplan (StEP) Verkehr

Konzept Verkehrsfluss

Der Lärmpegel der Kraftfahrzeuge wird neben der Geschwindigkeitshöhe durch den Geschwindigkeitsverlauf bestimmt, der in Abhängigkeit von Störungen des Verkehrsflusses entsteht.

Abbildung 9: Einfluss des Geschwindigkeitsverlaufes auf die Geräuschemission59

Abbildung 9 zeigt, dass bei den im Stadtverkehr zugelassenen Geschwindigkeiten (bis 50km/h) ein stetiger Verkehrsfluss deutlich weniger Lärm verursacht als ein Verkehrsablauf mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Bei einem ungestörten Verkehrsfluss ist das Einhalten einer gleichmäßigen Geschwindigkeit möglich, ein Fahrzeug kann mit geringen Motordrehzahlen betrieben werden. Störungen im Verkehrsablauf (z. B. durch Halten in 2. Reihe verursacht oder durch zu schnelles Fahren einzelner Verkehrsteilnehmer) bewirken zusätzliche Beschleunigungs- und Bremsvorgänge, die besonders lärmintensiv sind.

Bei einer Verstetigung von Verkehrsabläufen kann ein Lärmminderungspotential von maximal bis zu 2,4 dB(A) bei 50 km/h und bis zu 4 dB(A) bei 30 km/h erreicht werden. 60 Die höchsten Lärmminderungspotentiale weist ein stetiger Verkehrsfluss bei geringem Geschwindigkeitsniveau auf.

In der Praxis liegen die Minderungswirkungen durch Verkehrsverstetigung im Mittel bei etwa 1 dB(A) bei Tempo 50 und bis zu 2 dB(A) bei Tempo 30. Darüber hinaus können Pegelspitzen gekappt werden.

Die Verstetigung von Verkehrsabläufen weist zudem hohe Synergieeffekte mit der Luftreinhalteplanung auf, da Beschleunigungs- und Bremsvorgänge hohe Schadstoffemissionen verursachen.

Wesentliche potentielle Störfaktoren im Verkehrsablauf sind Verkehrsknoten (Kreuzungen mit konkurrierenden Verkehrsströmen) und Störungen in Streckenabschnitten, die zu Beschleunigungs- und Abbremsvorgängen führen.

Eine Verstetigung des Verkehrsflusses an hintereinander liegenden Knoten kann durch entsprechende Koordination der Lichtsignalanlagen verbessert werden. Im engmaschigen Berliner Hauptverkehrsstraßennetz mit einer Vielzahl konkurrierender Verkehrsströme - neben dem Autoverkehr auch Radfahrer, Fußgänger, Busse und Straßenbahnen sind einer Bevorzugung eines Stroms aber enge Grenzen gesetzt. Die Belange des ÖPNV und des Radverkehrs sollten durch „Grüne Wellen" nicht beeinträchtigt werden.

Eine tageszeitlich versetzte Koordination von Lichtsignalanlagen besteht bereits auf vielen Ausfallstraßen.

Heinz Steven, SILENCE - Quieter Surface Transport in Urban Areas, Project funded by the European Community under the Sustainable Development, Global Change and Ecosystems Programme 60 Vgl.