Ausbildung

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Aus der Statistik geht überdies ein deutlicher Anstieg der Anerkennungsquote hervor.

Dies kann aus Sicht des Landesbeauftragten in dieser Weise nicht nachvollzogen werden. Die Petenten klagen über teils entwürdigende Bedingungen bei der ärztlichen Begutachtung. In einigen Fällen scheint das Versorgungsamt bei der Auswahl der Gutachter auch nicht die nötige Sensibilität walten zu lassen. So wurde ein Antragsteller, bei dem eine Phobie im Hinblick auf das Territorium der ehemaligen DDR besteht, zu einem Gutachter nach Lichtenberg bestellt, in einen Stadtteil also, in dem noch heute bekanntlich besonders viele Funktionäre der SED und ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit leben.

Ausschlaggebend für die Anerkennung eines verfolgungsbedingten Gesundheitsschaden ist in erster Linie das vom Versorgungsamt in Auftrag gegebene ärztliche Gutachten. Leider müssen sich manche Betroffene der unangenehmen Prozedur der Begutachtung mehrfach aussetzen.

Zum Beispiel Herr M.: Herr M. ist für Haftzeiten in den Jahren 1970, 1975 bis 1977 und 1981 bis 1982 strafrechtlich rehabilitiert. Seit dieser Zeit leidet er insbesondere unter psychischen Beschwerden. Im Jahr 2003 erhielt Herr M. einen ablehnenden Bescheid auf seinen Antrag auf Anerkennung gesundheitlicher Haftfolgeschäden. Da auch der im Jahre 2004 erfolgte Widerspruchsbescheid ­ der ohne weitere Begutachtung erging ­ für ihn negativ ausfiel, reichte er Klage beim Berliner Sozialgericht ein. Nachdem sich Herr M. auf Veranlassung des Sozialgerichts einer zweiten ärztlichen Begutachtung unterziehen musste, beschied ihm im Jahr 2008 das Sozialgericht eine gesundheitliche Schädigung mit einer „Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 vom Hundert im Sinne einer Verschlimmerung". Gegen diese Entscheidung ging wiederum das Landesamt für Gesundheit und Soziales in die Berufung vor das Landessozialgericht.

Abermals musste nun der Betroffene zu einer ärztlichen Begutachtung, die auf Anordnung des Landessozialgerichts vorgenommen wurde. Das Ergebnis dieser Be10 gutachtung bestätigte in vollem Umfang die Aussagen des letzten Gutachtens und attestierte Herrn M. eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 40 Prozent. Zu diesem Gutachten nahm das Landesamt im November 2008 Stellung, äußerte sich kritisch zu den Ergebnissen und regte eine weitere ärztliche Begutachtung des Betroffenen an. Möglicherweise kommt es nun zu einer vierten Begutachtung, obwohl bereits zwei der drei Gutachten im Sinne des Antrags des Betroffenen ausfallen. Völlig unverständlich bleibt, weshalb das Landesamt sich den Aussagen der medizinischen Fachleute nicht anzuschließen vermag und den Betroffene in eine weitere Runde einer für ihn psychisch äußerst belastenden Begutachtung treiben möchte.

Angesichts dieses Beispiels muss weiterhin eine Vereinfachung der Verfahren angemahnt werden. Außerdem ist die Tatsachenvermutung, dass ein Jahr politischer Haft in der DDR in der Regel zu 25 Prozent Minderung der Erwerbstätigkeit geführt hat, als gesetzliche Regel zu verankern.

Es muss in diesem Zusammenhang zum wiederholten Male auf die existenzbedrohende Lage der „Beratungsstelle Gegenwind" hingewiesen werden. Zwar konnte für das Jahr 2008 die Finanzierung nochmals sichergestellt werden. Doch ist jetzt bereits deutlich, dass sich im Laufe des Jahres 2009 eine Lücke in der Finanzierung auftut, weil einer der bisherigen Geldgeber die Arbeit von „Gegenwind" zwar ausdrücklich würdigt, jedoch mit großem Bedauern seinen Rückzug ankündigen musste.

Dies ist umso Besorgnis erregender als die Mitarbeiter von „Gegenwind" seit Jahren am Rande ihrer physischen wie psychischen Kapazitäten arbeiten. Auch 2008 konnten nicht alle Hilfesuchenden aufgenommen werden. Zudem ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass die psychischen Belastungen der Betroffenen im Alter zunehmen und der Bedarf an psycho-sozialer Beratung und Betreuung daher noch wachsen wird. Therapeutische Angebote hinsichtlich verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden sind in Berlin rar. „Gegenwind" ist für Berlin und auch darüber hinaus die einzige Anlaufstelle, die sich mit hoher Professionalität ausschließlich den Traumatisierten der SED-Diktatur widmet. Vor diesem Hintergrund ist eine dauerhafte finanzielle Sicherung der Arbeit von "Gegenwind" dringend erforderlich.

Einsichtnahme in Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes

Noch immer bitten viele Menschen um Beratung hinsichtlich der Antragstellung auf Einsicht in die Unterlagen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit. Häufig wird darüber geklagt, dass die Bearbeitungszeit der Anträge zu lang ist. Sie beträgt noch immer bis zu zwei Jahren, in Einzelfällen sogar noch länger. Einigen bereiten die Schwärzungen in den ihnen ausgehändigten Kopien Verwirrung. So wird vermutet, es sollten durch das Unlesbar-Machen von bestimmten Textpassagen Vergehen der Staatssicherheit vertuscht werden. Es gehört zu den Aufgaben des Landesbeauftragten, den Hilfesuchenden sowohl die Akten selbst als auch das StasiUnterlagengesetz zu erläutern und damit das Verständnis der Materie zu erleichtern.

Zunehmend suchen auch Menschen den Landesbeauftragten auf, weil sie Aufklärung über verstorbene Angehörige bekommen möchten. Mitunter geht es in diesem Zusammenhang auch um die Rehabilitierung von Verstorbenen. Auch hier besteht die Möglichkeit, unter bestimmten Umständen Einblick in die Unterlagen der Angehörigen zu erhalten.

Zum Beispiel Frau L.: Frau L. ist 24 Jahr alt und Studentin. Ihr Vater hatte sich in den 1990er Jahren das Leben genommen. Damals war sie noch ein Kind. Heute fragt sie nach den Hintergründen dieses Suizids. Da sie aus den wenigen und eher widerwillig gegebenen Antworten der Mutter weiß, dass ihr Vater in der DDR im Gefängnis war, bat sie den Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen um Hilfe bei der Antragstellung auf Akteneinsicht. Die Akteneinsicht erhärtete den Verdacht, dass der Vater von Frau L. aus politischen Gründen in der DDR inhaftiert war. Frau L. wurde in der Beratung darauf hingewiesen, dass sie die Möglichkeit hat, für ihren Vater die strafrechtliche Rehabilitierung zu beantragen. Zwar kann sie nach erfolgter Rehabilitierung keinen Anspruch auf Entschädigung geltend machen. Da sie aber noch in der Ausbildung ist, hätte sie die Chance, bei der Häftlingshilfestiftung in Bonn Unterstützungsleistungen zu erhalten.