Der verspätete Mittelabruf führt zu einem Zinsschaden für das Land

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009

Wie ausgeführt, ist der Abruf des Bundesanteils an den Leistungen für Unterkunft und Heizung zur Monatsmitte und zum Monatsende zulässig. Damit wäre ein Mittelabruf auch zweimal im Monat möglich, was zur weiteren Minimierung von Zinsnachteilen führen würde.

Der verspätete Mittelabruf führt zu einem Zinsschaden für das Land. Legt man für die monatlichen Abrufbeträge einen durchschnittlichen Zinssatz für Kommunalkredite von 3,5 v. H. pro Jahr zugrunde, so ergibt sich bezogen auf 360 Zinstage ein Tageszinsbetrag, der, multipliziert mit der Anzahl der vermeidbaren Tage bis zum Zahlungseingang, die Summe der Zinsnachteile ergibt. Tag am 2. Tag des Folgemonats im Landeshaushalt vereinnahmt wird.

Setzt man insofern den Zeitraum der vermeidbaren Verzögerung des Zahlungseingangs mit monatlich 20 Tagen an, so ergibt sich unter Berücksichtigung der jeweiligen Tageszinsbeträge für die Jahre 2005 bis 2007 ein Zinsschaden von insgesamt 2,3 Mio.. Tatsächlich ist der Zinsschaden noch höher anzusetzen, da die Senatsverwaltung von dem gesetzlich möglichen Abruf der Bundesbeteiligung zur Monatsmitte und zum Monatsende keinen Gebrauch gemacht hat.

Zu den Feststellungen des Rechnungshofs hat die Senatsverwaltung mitgeteilt, dass der Senat daran interessiert sei, eine Verbesserung des Verfahrensablaufs zeitnah vorzunehmen. Sie beabsichtige gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport und der Senatsverwaltung für Finanzen konkrete und realisierbare Schritte zu überlegen, die eine Straffung des bisherigen Verfahrens beinhalten könnten.

Der Rechnungshof beanstandet, dass die für Soziales zuständige Senatsverwaltung durch die zeitlich vermeidbaren Verzögerungen bei dem Abruf des Bundesanteils nach § 46 Abs. 5 ff. SGB II in den Haushaltsjahren 2005 bis 2007 einen Zinsschaden für den Landeshaushalt von über 2 Mio. verursacht hat.

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009

Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales das Abrechnungsverfahren mit dem Bund nach § 46 Abs. 5 ff. SGB II verbessert, um Zinsschäden künftig zu vermeiden.

2. Erhebliche finanzielle Nachteile durch Fehler der JobCenter bei der Bearbeitung der Einnahmen im Rahmen des SGB II („Hartz IV")

Beim Vollzug des SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende entstehen dem Land Berlin erhebliche finanzielle Nachteile durch Versäumnisse und Fehler der Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II (JobCenter) bei der Bearbeitung der Einnahmen. Einen wesentlichen Anteil hieran hat die zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Trägern geteilte Kostenträgerschaft.

Der Rechnungshof hatte bereits in seinem Jahresbericht 2007 (T 125 bis 142) über erhebliche finanzielle Nachteile für den Landeshaushalt durch mangelhafte Umsetzung des SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende („Hartz IV") in den JobCentern berichtet und die Probleme aufgezeigt, die die vom Gesetzgeber geschaffene Behördenkonstruktion einer Arbeitsgemeinschaft zweier Leistungsträger (§ 44b SGB II) sowie die zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem kommunalen Träger geteilte Kostenträgerschaft (§§ 6 Abs. 1, 46 Abs. 1 SGB II) mit sich bringt.

Im Jahr 2008 hat der Rechnungshof stichprobenweise in sieben JobCentern geprüft, ob bei der Leistungserbringung anfallende Einnahmen rechtzeitig und vollständig erhoben werden (vgl. § 34 Abs. 1 LHO). Die Ergebnisse veranlassen ihn, erneut zu berichten.

Wie in T 75 und 76 dargestellt, leisten die JobCenter alle Ausgaben für die Hilfebedürftigen zunächst aus dem Haushalt der Bundesagentur für Arbeit.

Diese hat sich Lastschrifteinzugsermächtigungen für Bankkonten der Bezirksämter erteilen lassen und ruft den vom Land Berlin als Kostenträger zu erstattenden Anteil an den Leistungsausgaben taggleich ab. Bei der Leistungserbringung ergeben sich auch Einnahmen aus der Rückforderung von Leistungen, aus der Rückzahlung darlehensweise gewährter Leistungen, aus Erstattungen anderer Leistungsträger und aus dem Übergang von Ansprüchen, insbesondere aus Unterhaltsansprüchen. Auch diese Einnahmen werden im Haushaltssystem der Bundesagentur für Arbeit bewirtschaftet. Die Bundesagentur für Arbeit reduziert bei der Aufteilung nach Kostenträgerschaft ihre Erstattungsforderungen gegenüber dem Land Berlin jeweils um den Betrag der Berlin zustehenden Einnahmen.

Infolge dieses Aufrechnungsverfahrens, das der Rechnungshof bereits in Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009 seinem Jahresbericht 2007 (T 132) als Verstoß gegen den Bruttonachweis nach § 35 BHO/LHO gerügt hatte, weist der Landeshaushalt beim Kapitel 3960 - Leistungen nach SGB II - keine entsprechenden Einnahmen aus.

Das Land Berlin hat in den Errichtungsverträgen zur Bildung der Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II auch die Aufgaben im Bereich der Einnahmeerhebung an die JobCenter übertragen. Forderungen des Landes Berlin als kommunalem Träger, beispielsweise aus überzahlten Kosten für Unterkunft und Heizung, aus Darlehen bei Mietschuldenübernahme oder für Mietkautionen oder aus Unterhalts- und Erstattungsansprüchen, werden damit durch einheitlichen Bescheid oder einheitliche Erstattungsanmeldung zusammen mit den Forderungen der Bundesagentur für Arbeit von den JobCentern geltend gemacht. Die Einnahmen gehen auf Bankkonten der Bundesagentur für Arbeit ein. Die Einnahmeüberwachung und die Einziehung fälliger Forderungen, einschließlich Mahnung und Vollstreckung, werden regelmäßig nicht durch die JobCenter selbst, sondern aufgrund einer weiteren Vereinbarung zwischen den JobCentern und der Bundesagentur für Arbeit durch den Zentralen Forderungseinzug der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur vorgenommen.

Die Dienstkräfte in den JobCentern haben für alle Einnahmen und alle Forderungen kassentechnische Sollstellungen beim regional zuständigen Forderungseinzug zu veranlassen und sog. Schuldnerkonten zu eröffnen. Damit wird auch die Verantwortung für alle weiteren Maßnahmen im Zusammenhang mit der Einnahmeerhebung an die Dienstkräfte des Zentralen Forderungseinzugs übergeben. Fehlerhafte Sollstellungen führen dazu, dass die Einnahmen bzw. die Einnahme-Bestandteile nicht dem zutreffenden Kostenträger (Bundesagentur für Arbeit und/oder Land Berlin) zugutekommen.

Einnahmen, die vom Zentralen Forderungseinzug zunächst keiner Buchungsstelle im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit und damit auch keinem Kostenträger zugeordnet werden können (Verwahrungen im Sinne des § 60 Abs. 2 BHO/LHO), werden nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit auf deren Bankkonten bis zur Buchung im Haushalt verzinslich angelegt. Der Haushalt des Landes Berlin partizipiert an den Zinserträgen nicht, da die für Arbeit und für Soziales zuständigen Senatsverwaltungen es versäumt haben, eine Beteiligung Berlins an den Zinserträgen zu vereinbaren.

Die Bundesagentur für Arbeit versendet über jede einzelne Verwahrung einen Einzahlungsschein (Kassenanzeige). Drei der sieben geprüften JobCenter hatten keinen Überblick über die Anzahl der Verwahrungsfälle bzw. über die ihnen zugegangenen Kassenanzeigen, über die Zeitdauer bis zur Abwicklung oder über die Summen der in Verwahrung befindlichen Beträge ihres Zuständigkeitsbereichs. Die Kassenanzeigen wurden von diesen JobCentern ohne Kontrolle als Posteingang an die Dienstkräfte in den Leistungsteams verteilt.