Steuer

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009 die Flächen im eigenen wirtschaftlichen Interesse vermarktet. Das Werbeunternehmen - nicht die Stiftung - erhält direkt sämtliche mit der Werbung erzielten Einnahmen und führt davon nur einen Teil an die Stiftung ab. Mithin erzielt unmittelbar das Werbeunternehmen die wirtschaftlichen Vorteile aus der Sondernutzung. Der Durchführung gemeinnütziger Zwecke der Stiftung dient die Sondernutzung damit allenfalls mittelbar und nur zu einem Teil. Das Gebührenprivileg des § 8 Abs. 2 Nr. 3 SNGebV ist aber nur dann zu rechtfertigen, wenn sämtliche Vorteile einer Sondernutzung den dort genannten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Einrichtungen für deren Zwecke unmittelbar zufließen. Weiterhin berechtigt auch der Verweis auf die bisherige Praxis nicht dazu, von der Erhebung der vorgeschriebenen Sondernutzungsgebühren abzusehen.

Der Rechnungshof hat daher beanstandet, dass das Bezirksamt dem Land Berlin zustehende Sondernutzungsgebühren für Werbung auf öffentlichem Straßenland von bis zu 2,2 Mio. nicht erhoben hat.

Das Bezirksamt hält die Gebührenfreiheit der Sondernutzung weiterhin für gegeben, weil die Stiftung als Antragstellerin und Vertragspartnerin als gemeinnützig anerkannt sei und die Sondernutzung unmittelbar zur Erfüllung des mit dem Land Berlin geschlossenen Vertrages diene. Es verkennt dabei, dass die Gemeinnützigkeit der Stiftung nur eine Bedingung für die Gebührenfreiheit im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 3 SNGebV darstellt. Zusätzlich kommt es nämlich darauf an, dass die Sondernutzung - hier: die Werbung im öffentlichen Straßenraum - der Einrichtung zur Durchführung ihrer gemeinnützigen Zwecke unmittelbar dient. Das ist hier nicht der Fall.

Prüfungsrechte des Rechnungshofs

Das Bezirksamt hat dem Rechnungshof im Verlauf des kontradiktorischen Verfahrens insbesondere die Befugnis abgesprochen, die Ordnungsmäßigkeit des Verwaltungshandelns des Bezirksamts zu prüfen. Der Rechnungshof übe in Fragen des Ordnungsrechts keine Fachaufsicht aus.

Das Bezirksamt verkennt, dass die dem Rechnungshof gemäß Artikel 95 VvB, §§ 88 ff. LHO eingeräumte Befugnis zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung Berlins insbesondere auch die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns umfasst und damit die Einhaltung von Rechtsvorschriften als Ziel der Prüfungstätigkeit einschließt. Die Prüfung beschränkt sich dabei nicht auf Rechtsfragen des Haushaltsvollzugs, sondern bezieht sich auch auf alle anderen fachlichen Gesichtspunkte, sofern diese finanzwirksam sein können. Das ist hier insbesondere auch bei den vom Rechnungshof angesprochenen Fragen des Bauordnungs- und Straßenrechts der Fall; denn das Haftungsrisiko für die Verletzung sicherheitsrelevanter Amtspflichten trägt Berlin und damit der Landeshaushalt. Eine Fachaufsicht ist mit der Ordnungsmäßigkeitsprüfung schon deshalb nicht verbunden, weil der Rechnungshof den geprüften Stellen keine Weisungen erteilen kann. Die Prüfung durch den Rechnungshof ist ein von aufsichtsRechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009 behördlichen Tätigkeiten zu unterscheidender funktional eigenständiger Beitrag zur Gewährleistung einer rechtmäßigen und wirtschaftlichen Aufgabenerfüllung der Verwaltung im Rahmen der unabhängigen Finanzkontrolle.

Zusammenfassende Beanstandung und Erwartung 161 Zusammenfassend beanstandet der Rechnungshof, dass das Bezirksamt vor Vertragsabschluss keine angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung mit Aussagen zum Handlungsbedarf und zu den Kosten und Folgekosten durchgeführt hat. Die freihändige Vergabe der Baukonzession an die Stiftung war vergaberechtlich unzulässig. Seinen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung der Baumaßnahme und seinen Pflichten als Straßenbaulastträger zur Gewährleistung der Standsicherheit der im Straßenraum angeordneten baulichen Anlagen ist das Bezirksamt nicht bzw. nur unzureichend nachgekommen. Schließlich hat das Bezirksamt unzulässig davon abgesehen, Sondernutzungsgebühren von bis zu 2,2 Mio. zu vereinnahmen.

Der Rechnungshof erwartet, dass das Bezirksamt CharlottenburgWilmersdorf

· auch bei der Vorbereitung und Durchführung sonderfinanzierter öffentlicher Baumaßnahmen die haushalts-, vergabe- und baurechtlichen Bestimmungen beachtet und

· künftig Sondernutzungsgebühren ordnungsgemäß erhebt.

4. Schwerwiegende Versäumnisse bei Abschluss eines Mietvertrages für die Verkehrsregelungszentrale sowie vergaberechtswidriges Verhalten der Verkehrslenkung Berlin

Das Land Berlin wurde durch einseitige Klauseln in einem Mietvertrag mit Ausgaben von 2,2 Mio. belastet. Zudem hat die Verkehrslenkung Berlin in den Jahren 2005 und 2006 Leistungen mit einem Auftragsvolumen von über 1,3 Mio. nicht im Wettbewerb vergeben und dadurch wiederholt das Vergaberecht und das Wirtschaftlichkeitsprinzip verletzt.

Das Land Berlin hat zum 1. September 2004 die Verkehrslenkung Berlin (VLB) als nachgeordnete Sonderbehörde der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eingerichtet. Ziel dieser Maßnahme ist, alle Stellen und Aktivitäten des Landes, die den fließenden Verkehr auf dem Berliner Hauptstraßennetz regeln, in einer zentralen Straßenverkehrsbehörde zu bündeln. Die Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009

VLB soll für Sicherheit auf den Berliner Hauptverkehrsstraßen sorgen, den Verkehr an und um Großbaustellen, bei Großveranstaltungen und Demonstrationen, aber auch bei Unfällen und anderen unvorhersehbaren Störungen optimieren und die Öffentlichkeit hierüber informieren. Für den ruhenden Verkehr sowie für den Verkehr auf den Nebenstraßen und Plätzen sind die bei den Bezirken Berlins angesiedelten unteren Straßenverkehrsbehörden zuständig.

Der Rechnungshof hat im Jahr 2007 erstmalig die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung der VLB geprüft. Er hat insbesondere bei Verträgen untersucht, ob haushalts- und vergaberechtliche Grundsätze beachtet worden sind, und in seine Prüfung den vor der Schaffung der VLB erfolgten Standortwechsel der Verkehrsregelungszentrale (VKRZ) einbezogen.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses im September 2000 berichtet, dass die im Jahr 1975 in Betrieb genommene VKRZ nicht mehr dem Stand der Technik entspreche; die Informations- und Kommunikationstechnik sei zu erneuern. Zudem sollte die VKRZ aufgrund von Kooperationserfordernissen mit der Verkehrsmanagementzentrale und der Landesmeldestelle für den Verkehrswarndienst räumlich zusammengeführt werden. Der Hauptausschuss hat das Schreiben im selben Monat zustimmend zur Kenntnis genommen. Die daraufhin durchgeführte Neuplanung hatte das Ziel, zukünftig den erhöhten Anforderungen an die Verkehrssituation in der Hauptstadt zu entsprechen.

Für den Standortwechsel der VKRZ mietete die Verwaltung im Jahr 2001

Flächen im Gebäude des Flughafens Tempelhof an. Die vorgesehenen Räume standen seit dem Jahr 1993 leer und galten „als schwer vermietbar, da erhebliche Aufwendungen zur Herstellung der Vermietbarkeit erforderlich waren". Das Land Berlin leistete auf der Grundlage des Mietvertrages vom 8. März 2001 im Zeitraum vom 1. September 2001 bis zum 31. Dezember 2004 Mietzahlungen von 101 000 (ohne Betriebskosten) an die damalige Berliner Flughafen-Gesellschaft mbH (BFG), obwohl die vorgesehene Nutzung durch die VKRZ in dieser Zeit noch nicht möglich war. Erst Ende 2004 konnte die VKRZ ihre Tätigkeit in den neuen Räumen in Tempelhof aufnehmen.

Im Mietvertrag ist festgelegt, dass das Land Berlin als Mieter die gesamte Instandhaltung, Instandsetzung sowie Erneuerung des Mietgegenstandes im Inneren auf eigene Kosten durchführt. Die Ausgaben hierfür werden verteilt über zehn Jahre mit der monatlichen Miete unverzinst verrechnet, allerdings begrenzt auf 511 000 zuzüglich Umsatzsteuer. Soweit die Ausgaben unter 511 000 bleiben, kann der Vermieter nachträglich eine höhere Miete verlangen.

Die Ausgaben für Erhalt und Erneuerung der Mietsache betrugen 2,6 Mio., von denen nach dem Mietvertrag 2,1 Mio. von Berlin zu tragen waren.