Förderprogramm

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009

(4,2 Mio.) sind inzwischen größtenteils auf dem Grundstück investiert worden. Die Eigentümerin hat auf dem Grundstück - mit Ausnahme ihres Eigenanteils im Rahmen der GA-Förderung (T 182) - auch keine weiteren Investitionen getätigt. Nach dem Bodenrichtwertatlas der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist der Bodenwert (ohne Berücksichtigung baulicher Anlagen) für die Gewerbefläche Borsiggelände im Zeitraum 2005 bis 2008 um etwa 15 v. H. gefallen.

Der hohe Mehrerlös beim Verkauf des Borsiggeländes, der trotz eines seit dem Kauf des Grundstücks gesunkenen Bodenwerts erzielt wurde, lässt den Schluss zu, dass der zu 90 v. H. aus öffentlichen Mitteln geförderte Bau der Hafenanlage auf dem Borsiggelände eine Wertsteigerung des gesamten Grundstücks bewirkt hat. Insbesondere die durch die errichtete Hafenanlage nachhaltig verbesserte Erschließung des Borsiggeländes (Anschluss an das Wasserstraßennetz) dürfte hierzu beigetragen haben. Das Borsiggelände wird inzwischen unter Hervorhebung dieses besonderen Erschließungsvorteils mit dem Hinweis vermarktet: „Das 170 000 m² große Grundstück grenzt direkt an den Tegeler See und verfügt über einen eigenen Hafen... ist also auf dem Seeweg direkt mit den Häfen der Welt verbunden."

Die Senatswirtschaftsverwaltung hat nach Aktenlage eigene Prüfungen und Berechnungen zur Ermittlung einer förderbedingten Grundstückswertsteigerung nicht vorgenommen. Auch einen Wertermittlungsgutachter hat sie zunächst nicht eingeschaltet.

Eine förderbedingte Grundstückswertsteigerung, die gemäß Anhang 3 Nr. 1 zum 36. GA-RP bei aus GA-Mitteln geförderten Investitionen auf Privatgelände abgeschöpft werden muss, ergibt sich aus der Differenz der Grundstückswerte vor und nach der Realisierung der geförderten Maßnahme.

Sofern die geförderte Maßnahme zwischen dem Ankauf und dem Verkauf des Grundstücks durchgeführt worden ist, lässt sich die förderbedingte Grundstückswertsteigerung ausgehend von der Differenz aus Verkaufsund Ankaufspreis ermitteln. Ferner sind im Rahmen dieser Ermittlung weitere grundstücksbezogene Positionen und Verhältnisse zu berücksichtigen, wie z. B. die allgemeine Bodenwertentwicklung, eigene Investitionen des Grundstückseigentümers auf dem Gelände, die Begründung dinglicher Rechte und Belastungen sowie sonstige grundstücksbezogene Veränderungen und Faktoren. Die Ermittlung der förderbedingten Grundstückswertsteigerung hat nach den förderrechtlich und wertermittlungsfachlich allgemein anerkannten Grundsätzen zu erfolgen.

Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Senatsverwaltung nicht geprüft und ermittelt hat, in welchem konkreten Umfang eine förderbedingte abschöpfungspflichtige Grundstückswertsteigerung im Rahmen des Projekts Borsighafen eingetreten ist. Er ist davon überzeugt, dass die nach dem Ankauf des Borsiggeländes vorgenommene, aus GA-Mitteln geförderte Investition (Bau des Hafens) eine abschöpfungspflichtige Wertsteigerung des Grundstücks bewirkt hat, die durch einen im Vergleich zum Ankaufspreis erheblich höheren Verkaufspreis des Grundstücks trotz leicht gesunRechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009 kenen Bodenwerts und (mit Ausnahme der Eigenbeteiligung der Grundstückseigentümerin im Rahmen der GA-Förderung) fehlenden sonstigen Investitionen belegt wird. Der konkrete Umfang der förderbedingten Wertsteigerung des Grundstücks bedarf jedoch der Bestimmung im Rahmen einer fachkundigen Wertermittlung.

Die Senatsverwaltung hat in ihrer Stellungnahme gegen die Darstellung des Rechnungshofs keine Einwendungen erhoben. Zur Ermittlung der Wertsteigerung habe sie zwischenzeitlich die Erstellung eines Wertgutachtens veranlasst. In der Sache werde sie erst nach Abschluss des Bauvorhabens und Vorlage des Gutachtens Stellung nehmen.

Der Rechnungshof beanstandet zusammenfassend, dass die Senatsverwaltung mit ihrem Verhalten das Risiko in Kauf genommen hat, dass vermögenswerte Vorteile aus der öffentlichen GA-Infrastrukturmaßnahme bei einem privaten Unternehmen (Grundstückseigentümerin) verbleiben und der Bundesanteil an den Fördermitteln durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zurückgefordert wird.

Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen

· dafür sorgt, dass eine förderrechtlich tragfähige Vereinbarung zur Abschöpfung einer förderbedingten Grundstückswertsteigerung des Borsiggeländes vereinbart wird,

· den konkreten Umfang einer förderbedingten Grundstückswertsteigerung des Borsiggeländes ordnungsgemäß ermittelt und

· die nach dem Ergebnis ihres Handelns förderrechtlich gebotenen Konsequenzen zieht.

2. Unzulässige Ausschnittsförderung von Fraueninfrastrukturstellen

Der Senat finanziert im Rahmen des Arbeitsmarktpolitischen Rahmenprogramms seit dem Jahr 1993 Fraueninfrastrukturstellen zum Erhalt der Infrastruktur von Frauenprojekten im Ostteil Berlins als Ersatz für weggefallene ABM-Stellen. Entgegen der Angabe in den Bescheiden handelt es sich nicht um Zuwendungen für ein abgegrenztes Vorhaben (Projektförderung), sondern um eine unzulässige Ausschnittsförderung von Personalkosten als Ergänzungsfinanzierung. Die für Arbeit und für Frauen zuständigen Senatsverwaltungen haben dieses Programm nie der Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009 vorgeschriebenen Erfolgskontrolle unterzogen und zumeist auch nicht für Erfolgskontrollen in den einzelnen Förderfällen gesorgt.

Seit dem Jahr 1993 werden im Rahmen des Arbeitsmarktpolitischen Rahmenprogramms des Senats (ARP) Mittel für sog. Fraueninfrastrukturstellen bewilligt. Nach der 3. Fortschreibung des ARP von Ende 1996 handelt es sich um ein landeseigenes Programm zum Erhalt der frauenspezifischen Infrastruktur im Ostteil Berlins. Das Ziel ist, die über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) entstandene und aus Landesmitteln weiter geförderte soziale und arbeitsmarktpolitische Infrastruktur von anerkannten Frauenprojekten und -zentren zu erhalten. Insgesamt werden die Personalkosten von bis zu 60 Stellen für Frauen über 45 Jahren durch Zuwendungen finanziert.

Die für Arbeit zuständige Senatsverwaltung hat seit Ende 1998 die Vergabe der Zuwendungen zur Förderung von Fraueninfrastrukturstellen drei privaten Dienstleistern auf der Grundlage von Geschäftsbesorgungs- sowie Treuhand- und Beleihungsverträgen übertragen. Die Einzelheiten des Programms sind - im Wesentlichen unverändert - in einer Anlage 4 zum Treuhandvertrag geregelt.

Im Zeitraum 2000 bis 2007 sind für das Programm insgesamt Landesmittel von 16,9 Mio. ausgezahlt worden (durchschnittlich 2,1 Mio. /Jahr). Im Haushaltsplan 2008/2009 sind weiterhin jährlich knapp 2,1 Mio. vorgesehen. Im Jahr 2007 sind 58 Fraueninfrastrukturstellen finanziert worden, darunter drei Teilzeitstellen.

Bis zum Februar 2008 lag die Verantwortung für die finanzielle Bereitstellung der Mittel für das Programm und für die Dienstleistungsvergütungen beim Arbeitsressort, die fachlich-inhaltliche Zuständigkeit für das Förderinstrument einschließlich der Entscheidung über die Verteilung der Stellen/ Mittel an die Zuwendungsempfänger lag beim Frauenressort. Die vom Rechnungshof während der Prüfung aufgegriffene doppelte Zuständigkeit führte im Ergebnis zu einer Umsetzung der Mittel vom Kapitel 0940 - Arbeit und Berufliche Bildung - zum Kapitel 1350 - Frauen - und damit zur Alleinzuständigkeit der für Frauen zuständigen Senatsverwaltung.

Der Rechnungshof hat sowohl das Förderprogramm als solches wie auch seine Umsetzung beanstandet.

Die Zuwendungen werden mit der Zweckbestimmung gewährt, 100 v. H. der Personalkosten der Fraueninfrastrukturstellen zu finanzieren. Die Zuwendungsbescheide geben als Zuwendungsart die Projektförderung an. Bei einer Projektförderung handelt es sich um Zuwendungen zur Deckung von Ausgaben des Zuwendungsempfängers für einzelne abgegrenzte Vorhaben. An der Umsetzung des Vorhabens muss nach § 23 LHO ein erhebliches Interesse Berlins bestehen.