Bildung

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009

270 Vor Bewilligung einer Zuwendung hat sich die Bewilligungsbehörde zu vergewissern, ob bei dem Antragsteller eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gesichert erscheint und ob er in der Lage sein wird, die Verwendung der Mittel bestimmungsgemäß nachzuweisen (Nr. 1.2 AV § 44 LHO).

Hierzu hat sie z. B. Vereinsregisterauszüge und -satzungen anzufordern.

Gemäß dem für öffentliche Zuwendungen geltenden Nachranggrundsatz hat die Bewilligungsbehörde ferner die Notwendigkeit und Angemessenheit der beantragten Zuwendung zu prüfen. Dazu hat sie vom Antragsteller bei Projektförderung einen Finanzierungsplan und bei institutioneller Förderung einen Haushalts- oder Wirtschaftsplan sowie ggf. weitere Unterlagen anzufordern (Nr. 3 AV § 44 LHO).

Die Unterlagen, aufgrund derer der LStU Zuwendungen gewährte, waren äußerst lückenhaft. Er verfügte weder über aktuelle Satzungen der Vereine, Vereinsregisterauszüge und Miet-, Untermiet- oder Nutzungsverträge noch über Angaben zu Eigen- und Drittmitteln. Es fehlten in Fällen der Finanzierung durch mehrere Zuwendungsgeber Übersichten zur Gesamtfinanzierung der Vereine. Letzteres widerspricht auch Nr. 1.6 AV § 44 LHO, wonach vor der Bewilligung zwischen den Zuwendungsgebern u. a. über die zu finanzierenden Maßnahmen und die zuwendungsfähigen Ausgaben Einvernehmen herbeizuführen ist. Der LStU hat somit nicht ausreichend geprüft, ob die notwendigen Voraussetzungen für die Bewilligung einer Zuwendung vorlagen.

Der Rechnungshof hat die fehlenden Unterlagen beim LStU im Rahmen seiner Prüfung angefordert. In einigen Fällen konnten die Zuwendungsempfänger die Gesamtübersichten auch bis zum Abschluss der Prüfung durch den Rechnungshof nicht beibringen.

Bei der institutionellen Förderung ist nur die Bildung gesetzlich vorgeschriebener Rückstellungen zulässig, die Bildung von Rücklagen hingegen nicht (Nr. 1.9 ANBest-I). Vom Zuwendungsempfänger sind nicht benötigte Zuwendungsmittel daher grundsätzlich an die Bewilligungsbehörde zurückzuzahlen und nicht zur Bildung von Rücklagen zu verwenden (vgl. Nrn. 8.2.1 und 8.2.3 AV § 44 LHO).

Bei einigen Zuwendungsempfängern waren aus den auf Veranlassung des Rechnungshofs nachgereichten Unterlagen erhebliche Rücklagen erkennbar. Der LStU hätte vor der Bewilligung von Zuwendungen prüfen müssen, inwieweit vorrangig Eigenmittel zur Finanzierung einzusetzen waren. Auch hätte er der Frage nachgehen müssen, ob die Rücklagen aus der vorangegangenen Zuwendungsgewährung stammen. Angesichts einer Förderquote von fast 90 v. H. und mangels anderer Anhaltspunkte konnten die bei einem Zuwendungsempfänger gebildeten Rücklagen weitgehend nur aus den mehrjährig gezahlten Zuwendungen resultieren. Der Rechnungshof hat den LStU aufgefordert, von diesem Zuwendungsempfänger die für die Bildung der Rücklagen verwendeten Zuwendungsmittel zurückzufordern bzw. auf die laufenden Zuwendungen anzurechnen. Zwei weitere Zuwendungsempfänger werden ebenfalls fast vollständig aus Zuwendungen mehrerer Zuwendungsgeber finanziert. Hier hat der Rechnungshof eine anteilige Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009

Rückzahlung der Rücklagen gefordert. Der LStU hat eine Rückforderung in allen Fällen unter Hinweis auf zu finanzierende vereinsinterne Aufgaben abgelehnt. Außerdem seien bei einer (teilweise überjährigen) Projektförderung die Zuwendungsmittel auch über das Jahresende hinaus gebunden.

Der Rechnungshof hält daran fest, da das vom LStU praktizierte Verfahren vom Zuwendungsrecht nicht gedeckt ist.

Andere Zuwendungsempfänger haben nicht verbrauchte Zuwendungsmittel nicht zurückgezahlt, Fehlbeträge aus Vorjahren vorgetragen oder Beschaffungen im Dezember, die erst im Folgejahr bezahlt wurden, noch zulasten der Zuwendung des Vorjahres abgerechnet. Der Rechnungshof hat diese Praktiken, die dem LStU bei der Prüfung der Verwendungsnachweise hätten auffallen müssen, beanstandet und eine Rückforderung der Mittel gefordert. Der LStU verweigert dies unter Hinweis auf die Mittellosigkeit der Zuwendungsempfänger bzw. auf Umstände, die die Zuwendungsempfänger nicht zu vertreten hätten. Der Rechnungshof hält dem entgegen, dass der Bewilligungsbehörde nach Nr. 8.2.1 AV § 44 LHO kein Ermessen bleibt, sofern sich Ausgaben nachträglich ermäßigen bzw. sich die Finanzierung verändert. Die Bewilligungsbehörde ist in solchen Fällen zur Rückforderung der Mittel verpflichtet.

Ein Zuwendungsempfänger, der zugleich von der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert wird, hat in seine Gesamtabrechnung Abschreibungen als „Ausgabeposten" aufgenommen, obwohl diese nicht zahlungswirksam und damit für eine Einnahme-/Ausgaberechnung nicht zulässig sind. Der Rechnungshof weist darauf hin, dass ein systematischer Fehler in der Gesamtabrechnung eines Zuwendungsempfängers, der sich auf die Gesamtfinanzierung auswirkt, immer zu beanstanden ist, ggf. in Abstimmung mit anderen Zuwendungsgebern.

Darüber hinaus gab es Differenzen im Bereich der Personalausgaben, die nicht mit den höheren Beträgen in Übereinstimmung gebracht werden konnten, die der Zuwendungsempfänger in den Verwendungsnachweisen abgerechnet hat. Nach Kenntnis des Rechnungshofs hat der LStU keine gemeinsamen Klärungsversuche mit der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur unternommen. Der Zuwendungsempfänger verfügt mittlerweile über einen erheblichen Geldbestand (vgl. T 271).

In einem Fall fördert der LStU einen Berliner Förderverein (e. V.) zu fast 100 v. H. Dieser Verein teilt sich mit einem Verein aus Leipzig und mit einer Leipziger Beratungs- und Dokumentationsstelle den gleichen Hauptnamen.

Beide Vereine unterhalten außerdem Beziehungen zu dem rechtlich unselbstständigen Landesverband Berlin-Brandenburg. Der Leipziger Verein bezeichnet den Landesverband als Teil des Gesamtverbandes. Im Internet sind wiederum eine als Bundesgeschäftsstelle bezeichnete Einrichtung sowie die Geschäftsstellen des Landesverbandes und des vom LStU geförderten Fördervereins mit derselben Adresse ausgewiesen. Der Geschäftsführer des Landesverbandes ist identisch mit dem „Projektleiter" des Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2009

Fördervereins. Der Schriftwechsel mit dem LStU in Zuwendungsangelegenheiten wurde nicht nur vom bezuschussten Förderverein, sondern auch vom Landesverband geführt.

Das Verhältnis von Förderverein zu Landesverband konnte bisher nicht geklärt werden; Angaben zu Konten, Geldbeständen und Aufgabenfeldern blieben trotz Nachfragen widersprüchlich. Die Linkliste im Internetauftritt des LStU führte Kontaktsuchende für den Förderverein bis Ende des Jahres 2008 auf die Homepage des Landesverbandes, die ausschließlich kommerzielle Werbung enthält. Die Links hat der LStU zwar mittlerweile ersatzlos entfernt, er benennt aber unverändert ausschließlich den Landesverband Berlin-Brandenburg als Kontakt. Der Förderverein selbst ist hingegen nicht vernetzt, obwohl er eine seiner Hauptaufgaben als „Beratung und Information über das Internet" beschreibt.

Der LStU hat, nach einer fast vollständigen Förderunterbrechung im Jahr 2007, die Förderung dieses Zuwendungsempfängers wieder aufgenommen. Der Rechnungshof hält die Förderung eines Zuwendungsempfängers für bedenklich, der in personeller, finanzieller, räumlicher und inhaltlicher Hinsicht derart unklar abgegrenzt ist. Es gibt keine Hinweise darauf, dass der LStU geprüft hat, ob die Zuwendungsgewährung an den Förderverein eine ausreichende Abgrenzung zu dem Landes- und Gesamtverband bietet. Es bleibt daher unklar, ob Zuwendungsmittel tatsächlich nur dem Förderverein zugutekommen und damit nicht indirekt eine Finanzierung von Personal- und Sachkosten des Landes- und Gesamtverbandes verbunden ist.

Der Rechnungshof erwartet, dass der LStU bei der Vergabe von Zuwendungen künftig rechtmäßig verfährt. Insbesondere sind im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung nicht ordnungsgemäß verwendete sowie nicht benötigte Zuwendungen zurückzufordern und den Zuwendungsempfängern nicht zur Rücklagenbildung zu belassen.