Veräußerung von erbbaurechtsbelasteten Grundstücken an den Erbbauberechtigten

Veräußerung von erbbaurechtsbelasteten Grundstücken an den Erbbauberechtigten wird wie folgt ergänzt: „Künftig kann bei der Veräußerung von Erbbaurechtsgrundstücken des Mietwohnungsbaus an den Erbbauberechtigten für deren Bewertung abweichend von b) des Beschlusses vom 12.12.2002 unter folgenden Voraussetzungen der Verkehrwert auch nach dem unter a) des Beschlusses aufgeführten Bewertungsverfahren ermittelt werden:

· Die betreffende Erbbauzinsreallast ist nicht zwangsversteigerungsfest und im Grundbuch nachrangig eingetragen und die Insolvenz des bisherigen Erbbauberechtigten ist beim zuständigen Insolvenzgericht förmlich beantragt und es besteht aufgrund der Valutastände vorrangiger Grundpfandrechte die hohe Wahrscheinlichkeit, dass schon im Insolvenzverfahren der Erbauzins ausfallen wird oder

· die Erbbauzinsreallast besteht wegen einer bereits erfolgten Zwangsversteigerung des Erbbaurechts nicht mehr."

A. Begründung:

Das Abgeordnetenhaus hatte in seinem o.g. Beschluss vom 12.12.2002 folgendes Bewertungsmodell für die Veräußerung von mit Erbbaurechten belasteten Grundstücken an den Erbbauberechtigten beschlossen:

a) Der mit dem Erbbaurecht belastete Bodenwert ist über die immobilienwirtschaftliche Betrachtung zu ermitteln. Der Wert des unbelasteten Baugrundstücks ist über das Vergleichswertverfahren zu ermitteln. Der Verkehrswert ergibt sich grundsätzlich als arithmetisches Mittel aus beiden vorgenannten

Wertermittlungen. Abweichungen sind je nach den spezifischen Gegebenheiten im Einzelfall möglich.

b) Der Verkehrswert bei Mietwohnhausgrundstücken ist über das "Berliner Modell" zu ermitteln. Liegt das Bewertungsergebnis ertragsbedingt außerhalb des unter a) beschriebenen Wertebereiches gelten Mindestwert (bei Unterschreitung) bzw. Maximalwert (bei Überschreitung) als Verkehrswert.

Für die Bewertung von mit Erbbaurechten belasteten Mietwohnhausgrundstücken wurde somit festgelegt, dass die Wertermittlung über das „Berliner Modell" zu erfolgen hat. Es bestimmt in Abhängigkeit von dem erzielbaren Ertrag aus dem vorhandenen Gebäude die angemessene Wertigkeit des Grund und Bodens. Diese Ermittlung des Verkehrswertes gemäß b) des vorgenannten Beschlusses ist nach der Erfahrung des Liegenschaftsfonds Berlin (LFB) in vielen Fällen nicht zielführend. Sie führt bei den hier betroffenen überwiegend alten Erbbaurechten im Allgemeinen immer dann nicht zu durchsetzbaren Verkehrswerten, wenn das Erbbaurecht notleidend ist.

Dies erklärt sich damit, dass das aufgrund der einschlägigen Rechtsprechung des BGH von Sachverständigen entwickelte „Berliner Modell" die wirtschaftlichen Verhältnisse des Erbbaurechts bei der Bewertung des Erbbaurechtsgrundstücks ausdrücklich nicht berücksichtigt. Dies gilt auch im Falle von notleidend werdenden Erbbaurechten. In diesen Fällen führt es bei den hier betroffenen überwiegend vor 1994 ausgegebenen Erbbaurechten im Allgemeinen zu nicht durchsetzbaren Werten. Insbesondere weil das vor 1994 geltende Erbbaurechtsgesetz keine Zwangsversteigerungsfestigkeit der Erbbauzinsreallast zuließ, zugleich jedoch Rangrücktritte gegenüber Sicherungsgrundpfandrechten erklärt wurden, ist es in diesen Fällen sehr wahrscheinlich, dass Erbbauzinsreallasten bei Zwangsversteigerungen ausfallen. Ist dies der Fall, besteht die jeweilige Erbbauzinsreallast nicht mehr und der Grundstückseigentümer hat gegenüber dem Erwerber aus einer Zwangsversteigerung keinen Anspruch auf Zahlung von Erbbauzinsen.

Nach Änderung des Erbbaurechtsgesetzes in 1994 kann die Zwangsversteigerungsfestigkeit von Erbbauzinsen vereinbart werden. Neuere Erbbaurechtsverträge des Landes Berlin oder des Liegenschaftsfonds Berlin werden seither entsprechend abgeschlossen.

Bei Mietwohnungsgrundstücken ist es nach Veränderungen der Rahmenbedingungen, die die Erbbauberechtigten nicht absehen konnten, während der Laufzeit der Erbbaurechte zu einer größeren Anzahl notleidender Erbbaurechte gekommen, bei denen nach Eintritt der Insolvenz Zwangsversteigerungen der Erbbaurechte drohen oder bereits erfolgt sind. Verkäufe an den Erbbauberechtigten scheitern häufig an dem nach Beschlusslage zu ermittelnden Verkehrswert, bei dessen Ermittlung über das „Berliner Modell" eine Berücksichtigung der Rechtsverhältnisse auf Grund des Erbbaurechtsvertrages außer Betracht bleibt. In der Vergangenheit wurden dem Abgeordnetenhaus derartige Fälle als Veräußerungen unter Wert zur Zustimmung gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 3b LHO vorgelegt.

Diese Erfahrungen zeigen, dass das nach derzeitiger Beschlusslage anzuwendende „Berliner Modell" für derartige Fälle nicht zielführend und auch aus rechtlicher Sicht nicht sachgerecht ist. Weil kein Erbbauzins mehr fließt oder angenommen werden kann, dass er nicht mehr fließen wird, besteht aus rechtlicher Sicht kein Zweifel, dass ab dem Zeitpunkt der förmlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens ggf. mit nachfolgender Zwangsversteigerung des Erbbaurechts eine nach § 194 BauGB zu berück5 sichtigende rechtliche Gegebenheit vorliegt, die bei der Wertermittlung zu berücksichtigen ist. Die derzeitige Beschlusslage bezieht einen dauerhaften Ausfall der Erbbauzinsen nicht ein.

Es wird daher als sachgerecht angesehen, in Fällen von Erbbaugrundstücken, bei denen förmlich die Insolvenz über das Erbbaurecht beantragt ist und aufgrund der Valutastände vorrangiger Grundprandrechte die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass schon im Insolvenzverfahren die Erbbauzinsen durch bevorstehende Zwangsversteigerung ausfallen werden oder die Erbbauzinsreallast nach Zwangsversteigerung bereits ausgefallen ist, bei der Ermittlung des Grundstücksverkehrswertes das Verfahren nach a) des Beschlusses (Mittelwert aus immobilienwirtschaftlicher Betrachtung und Wert des unbelasteten Grundsktücks) anzuwenden. Bei der Wertermittlung ist in diesen Fällen der Ausfall des Erbbauzinses zu unterstellen.

Von den 135 Erbbaurechtsgrundstücken im Treuhandvermögen des Liegenschaftsfonds sind bei 133 die Erbbauzinsen nicht zwangsversteigerungsfest vereinbart. Gegenwärtig sind 43 Erbbaurechte als notleidend einzustufen. Einzelheiten hierzu hat die Senatsverwaltung für Finanzen dem Unterausschuss "Vermögensverwaltung" des Hauptausschusses mit Bericht vom 29.06.2009 vorgelegt.

Nach den bisherigen Erfahrungen des Liegenschaftsfonds könnten einige der bisher nicht lösbaren Fälle einer Veräußerung zugeführt werden, wenn auch hier der Verkehrswert durch den Mittelwert gemäß Abgeordnetenhaus-Beschluss vom 12.12.2002 (Drs. 15/1002 und 15/1125), Absatz a) ermittelt wird. Bisher ist dies aufgrund des bestehenden Abgeordnetenhaus-Beschlusses nicht realisierbar. Die vorgeschlagene enge Begrenzung der zulässigen Kriterien für eine Berücksichtigung der aktuellen Situationen dieser Erbbaurechte als rechtliche Gegebenheit bei den Verkehrswertermittlungen stellt sicher, dass auf diese Weise eine geeignete Verkehrswertermittlung i.S. des § 194 BauGB und keine unter Wert Veräußerung erfolgt.

Eine derartige Grundlage für die Verkehrswertermittlung würde den Liegenschaftsfonds bei den Verkäufen zu Verkehrswerten nach Wertermittlungsgrundsätzen schnell handlungsfähig machen.

B. Rechtsgrundlage: § 194 BauGB, § 64 LHO, Beschluss des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 12.12.2002 (Drs. 15/1002 und 15/1125).

C. Kostenauswirkungen auf Privathaushalte und/oder Wirtschaftsunternehmen: Keine.

D. Gesamtkosten: Keine.

E. Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg: Keine.

F. Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:

a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

b) Personalwirtschaftliche Auswirkungen: Keine.