Wohnungen

Bebauungsplan I-15b 66 Begründung gemäß § 9 Abs. 8 BauGB

Dem Plangeber ist bewusst, dass die im „Kranz" angebotenen Wohnungen von Bevölkerungsgruppen nachgefragt werden, die von der räumlichen Nähe zu Dienstleistungs- und Kulturangeboten und zum Regierungsviertel profitieren wollen und einen speziellen Wohnbedarf decken.

Im Plangebiet werden hauptsächlich Gebäude entstehen, die gemischt genutzt sein werden (Wohnungen und weitere Nutzungen). Erfahrungsgemäß liegt der Erschließungsaufwand für Wohnungen in diesen Gebäuden deutlich über dem in monofunktional genutzten Gebäuden. Deshalb ist es gerechtfertigt, dass nicht nur die Flächen der Wohnungen selbst, sondern auch die dazu gehörigen Erschließungsflächen wie Treppenhäuser und Serviceräume wie Abstellräume für Kinderwagen etc. auf die Geschossfläche angerechnet werden können, sofern sie selbst in die Geschossfläche eingehen.

Die mit der planungsrechtlichen Sicherung von Wohnungen verbundene Prüfung von erforderlichen Wohnfolgeeinrichtungen ist im Rahmen der Aufstellung des einfachen Bebauungsplanes II-B5 vorgenommen worden. Die daraus resultierende Festsetzung von zunächst vier Kindertagesstätten, einer Schule und einer Jugendfreizeiteinrichtung wurde im Laufe der Entwicklung aufgegeben, da der Bezirk Mitte in den Jahren 1992-2006 einen überdurchschnittlichen Bevölkerungsrückgang von 6,5 % zu verzeichnen hatte (Durchschnitt Land Berlin: -3,1%). Dieser war verbunden mit einer Reduzierung des Kinderanteils, welcher die einst vorgesehen Planungen für Infrastruktureinrichtungen hinfällig machte. Der Verzicht auf diese Infrastruktureinrichtungen schlägt sich auch in der im November 2004 beschlossenen Bereichsentwicklungsplanung des Bezirkes Mitte nieder, die die vormals am Potsdamer-/Leipziger Platz vorgesehenen sozialen Infrastruktureinrichtungen ebenfalls nicht mehr darstellt. Stattdessen können freie Kapazitäten im Umfeld (z. B. Kita in der Voßstraße, Schule und Jugendeinrichtung in der Wilhelmstraße) zur Versorgung genutzt werden.

Die privaten erforderlichen Einrichtungen, die mit der Errichtung von Wohnungen im Zusammenhang stehen, bleiben von dieser Abwägung der öffentlichen Wohnfolgeeinrichtungen unberührt. Der Nachweis der bauordnungsrechtlich erforderlichen Kinderspielplätze und Freiflächen hat im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu erfolgen. Hierfür kommen auch Flächen von Dachterrassen in Frage.

Maß der Nutzung/Festsetzungsstruktur (textliche Festsetzungen Nr. 5 bis 6.3 sowie zeichnerische Festsetzungen) [Rechtsgrundlage § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. §§ 16, 18, 19, 20 und 23

BauNVO]

Vorbemerkungen:

Die zulässigen Gebäudehöhen werden durch unterschiedliche Festsetzungen bestimmt. Um für den Vollzug der Festsetzungen eindeutige Beurteilungskriterien zu haben, enthält der Bebauungsplan Festsetzungen zur Traufhöhe und Oberkante der Bebauung in Metern über Normalhöhennull. Die Höhe der Gebäude über Gelände ergibt sich durch Abzug des Maßes der Geländehöhe (ca. 35,0 m über NHN) von den jeweils festgesetzten Maßen der Traufhöhe oder der Oberkante.

Bebauungsplan I-15b Begründung gemäß § 9 Abs. 8 BauGB 67

Unter der Traufhöhe wird die Schnittkante der Außenwand mit dem Dach verstanden. Die Zulässigkeit der Überschreitung der Traufhöhe durch weitere zurückgestaffelte Geschosse wird durch die textliche Festsetzung Nr. 6.1 geregelt.

Die Oberkante (OK) bestimmt die absolute Gebäudehöhe. Diese Gebäudehöhe darf ausnahmsweise nur durch Aufbauten nach Maßgabe der textlichen Festsetzungen Nr. 6.2.1, 6.2.2 und 6.3 überschritten werden.

Städtebaulich vorstellbar ist die Orientierung der Geschosshöhen an der städtebaulichen Konzeption mit einem repräsentativen Sockelgeschoss in einer Höhe von mindestens 4,5 m sowie zehn Vollgeschossen am Leipziger Platz und mit sechs Geschossen und einem weiteren zurückgesetzten Vollgeschoss entlang der Leipziger Straße. Durch die Ausbildung dieser großzügigen Geschosshöhen soll ein dem Standort angemessener, repräsentativer Gebäudetyp entwickelt werden (Nähe zu Bundesministerien, Bundesrat, Ministergärten).

Der Bebauungsplan trifft zur Anzahl der Vollgeschosse jedoch keine Regelung, um den Spielraum für die konkrete Projektentwicklung im Zusammenhang mit der Nutzungsstruktur nicht einzuschränken, hat aber durch die Festsetzung der zulässigen Oberkante den Rahmen vorgegeben.

Erweiterte Baukörperfestsetzung/Abstandsflächenvorschriften [Rechtsgrundlage § 9 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 BauGB i.V.m. § 6 Abs. 8 Bauordnung für Berlin (BauOBln)]

Die überbaubare Grundstücksfläche wird durch Baugrenzen oder Baulinien als Baukörperfestsetzung ausgewiesen, d.h. die überbaubare Grundstücksfläche entspricht der maximal zulässigen Grundfläche der baulichen Anlagen. Durch die Festsetzung von Baulinien und Baugrenzen in Verbindung mit der zulässigen Gebäudehöhe werden die überbaubare Grundstücksfläche und ihre zulässige Ausnutzung durch das Volumen der Baukörper rechtlich eindeutig bestimmt (sogenannte erweiterte Baukörperfestsetzung). Die so durch die Planzeichnung konkret bestimmte Fläche der Baukörper ist eine Festsetzung im Sinne des § 16 BauNVO und Berechnungsgrundlage für § 19 BauNVO; zudem legt sie zugleich die überbaubare Grundstücksfläche im Sinne von § 23 BauNVO fest. Gegenüber der flächenmäßigen Ausweisung bzw. der Festsetzung von Baufenstern schränkt die erweiterte Baukörperausweisung durch Festsetzung der zulässigen Geschossfläche, die innerhalb des Maßes der überbaubaren Grundstücksfläche bleibt, den Rahmen für eine Realisierung von Baumaßnahmen deutlich ein. Der Festsetzung liegt zwar eine städtebauliche Figur zugrunde. Die detaillierte Bebauungsstruktur jedoch bleibt - im Rahmen der Festsetzungen sowie sonstiger rechtlichen Erfordernisse - der weiteren Entwurfsentwicklung überlassen. Bezogen auf die hier zulässige Höhe der baulichen Anlagen ist die erweiterte Baukörperfestsetzung eine ausdrückliche Festsetzung im Sinne des § 6 Abs. 8 Bauordnung für Berlin. Der Vorrang des Bebauungsplans gegenüber der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächentiefe ist nur bei „ausdrücklicher" planerischer Ausweisung gegeben, die außerdem noch zwingenden Charakter haben muss. Das berücksichtigt der Bebauungsplan durch die Baukörperausweisung. In § 6 Abs. 5 BauOBln sind die bauordnungsrechtlich erforderlichen Mindestabstände festgelegt.

Die Festsetzungen dieses Bebauungsplans setzen sich nach § 6 Abs. 8 BauOBln durch ausdrückliche Festsetzungen über die Abstandsflächenregelungen des § 6 BauOBln hinweg.

Bebauungsplan I-15b 68 Begründung gemäß § 9 Abs. 8 BauGB

Durch die Beteiligung der Bürger und der Behörden (§§ 3 und 4 BauGB) ist es dem Plangeber möglich, die Belange der Eigentümer und Bewohner sowohl innerhalb als auch außerhalb des Plangebietes und folglich auch in den unmittelbar angrenzenden Gebieten zu würdigen. Bei der Abwägung hat der Plangeber die von § 6 BauOBln geschützten Rechtsgüter zu berücksichtigen, da die Nichteinhaltung des durch die Bauordnung gesicherten Mindeststandards in Bezug auf die Abstandsflächen der besonderen städtebaulichen Rechtfertigung bedarf. Maßgeblich ist insoweit ausschließlich, ob die Festsetzungen abwägungsfehlerfrei getroffen wurden. Dies setzt insbesondere voraus, dass die durch die geringeren Abstandsflächen betroffenen Belange zutreffend in die Abwägung eingestellt werden und mit den besonderen städtebaulichen Rechtfertigungen, die die Festsetzung geringerer Abstandsflächen erforderlich macht, abgewogen wurden.

Diese besondere städtebauliche Rechtfertigung, die im Geltungsbereich dieses Bebauungsplanes aufgrund folgender besonderer örtlicher Verhältnisse und der besonderen planerischen und baulichen Situation ­ wie nachfolgend begründet wird ­ liegt vor.

Zugrundeliegende Konzept/besondere städtebauliche Rechtfertigung der Festsetzungsstruktur

Das städtebauliche Konzept von Kleihues + Kleihues greift das im Jahre 1991 preisgekrönte Konzept des Architekturbüros Hilmer & Sattler für den Potsdamer und Leipziger Platz auf und entwickelt dieses Konzept auf dem ehemaligen „Wertheim-Areal" weiter. Entsprechend dem Leitbild der kompakten Stadt wurde bereits im städtebaulichen Wettbewerb 1991 eine Einschränkung/Verkürzung der Abstandsflächen der Bauordnung für Berlin begründet

Von entscheidender Bedeutung für das Verständnis des konzeptionellen Ansatzes von Hilmer & Sattler war dabei die differenzierte städtebauliche Situation von Potsdamer und Leipziger Platz. Letzterer ist Bestandteil der barocken Stadterweiterung mit den drei repräsentativen Plätzen Quarree, Oktogon, Rondel.

Mit der Wettbewerbsentscheidung 1991 wurde eine ­ im Vergleich zu anderen Wettbewerbsbeiträgen - Entscheidung zugunsten einer maßvollen Stadtstruktur, die sich an der historischen Stadt bzw. der europäischen Stadt anlehnt, bei gleichzeitig veranschlagter hoher Dichte (GFZ) von im Durchschnitt 5,0 getroffen. Das Gebiet Potsdamer/Leipziger Platz sollte als ein Dienstleistungszentrum von bis dahin in Berlin nicht gewohnter Dimension entwickelt werden, um den Anforderungen einer Hauptstadt gerecht zu werden zu können und gleichzeitig ein Angebot an stadträumlichen Identifikationsmöglichkeiten anzubieten.

Für diese Identifikationsmöglichkeiten bietet der Leipziger Platz trotz der totalen Zerstörung der ursprünglichen Bausubstanz aufgrund seiner prägnanten Platzform als barocke Platzanlage - vergleichbar dem Pariser Platz - beste Voraussetzungen. Dies bestätigt u.a. die Ansiedlung der Kanadischen Botschaft.

Ein wesentliches Element im Konzept von Hilmer & Sattler ist das Aufgreifen des historischen Platzgrundrisses bei der neuen Formulierung des Oktogons hinsichtlich seiner Höhenentwicklung mit einer Traufhöhe von 70 m über NHN.

Damit verbunden war, dass im „Kranz" um den Leipziger Platz oberhalb von

m über NHN zwingend eine Wohnnutzung vorzusehen war.