Pflegeeinrichtungen

9 nerseits und dem gewünschten möglichst hohen Konkretisierungsgrad andererseits nicht gelingen konnte. Hintergrund dafür waren die erheblichen Unterschiede zwischen den Pflegeeinrichtungen bei ihrer allgemeinen Organisation, bei der Zusammensetzung ihrer Bewohnerschaft sowie der jeweiligen Organisation der ärztlichen Versorgung ihrer Bewohnerinnen und Bewohner, die zu unterschiedlichen Bedürfnissen führen. Auch die Ärztinnen und Ärzte verwenden unterschiedliche Dokumentationssysteme, um der in § 10 der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin geregelten Dokumentationsverpflichtung gerecht zu werden. Die in der AG vorgestellten Beispiele für die Organisation von „Visiten" und für Dokumentationsverfahren wurden jedoch als Beispiele guter Praxis allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der AG als mögliche Grundlage für die Entwicklung individuell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Einrichtung zugeschnittener Lösungen zur Verfügung gestellt.

Es bestand in der AG jedoch Einvernehmen darüber, dass Art und Umfang der sowohl nach SGB XI als auch nach ärztlichem Berufsrecht notwendigen Dokumentation zwischen Arzt und Pflegeeinrichtung abgestimmt und dann standardisiert werden müssen und es sich daher wesentlich um eine Frage der Kommunikation handelt. Entscheidend ist, dass Verordnungen bzw. Anordnungen der Ärztin bzw. des Arztes und der Verlauf nachvollziehbar sind. Hierzu wird auch verwiesen auf „Gemeinsame Empfehlungen der Heimaufsicht, der Verbände der Pflegekassen und des MDK und der Landeärztekammer Brandenburg: Abzeichnung von ärztlichen Anordnungen in Heimen" (Anlage 2).

c) Verbesserung der zahnärztlichen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen:

Eine gute zahnärztliche Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen spielt eine große Rolle für die Essensaufnahme. Zudem ist mit Blick auf die Medikamenteneinnahme vieler Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen (z. B. Blutgerinnungshemmer) eine Zusammenarbeit zwischen Hausärztinnen bzw. -ärzten und Zahnärztinnen bzw. Zahnärzten erforderlich. Die KZV Berlin hat gegenüber der AG angekündigt, in einem Rundschreiben Informationen für die Zahnärztinnen und Zahnärzte zum Thema Behandlung von Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner zu veröffentlichen. Dies ist im Januar erfolgt (Anlage 3). Zudem wird auf die Aktivitäten der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ) hingewiesen. Die DGAZ befasst sich u. a. mit der Entwicklung von Informationen für das Pflegepersonal zum Thema Zahn- und Prothesenpflege bei alten Menschen und bietet hierzu Schulungs-CDs an, die sich auch an Pflegende in Einrichtungen richten.

d) Arbeitsgruppe „Versorgungsprobleme alter kranker Menschen an den Schnittstellen im Gesundheitswesen" Ähnliche Probleme bearbeitet auch die von der Patientenbeauftragten, Frau Stötzner, geleitete Arbeitsgruppe „Versorgungsprobleme alter kranker Menschen an den Schnittstellen im Gesundheitswesen".

Vor dem Hintergrund einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft und einer immer komplexeren Gestaltung von Behandlungsketten sieht die Arbeitsgruppe „Versorgungsprobleme alter kranker Menschen" einen dringenden Handlungsbedarf bei der Schließung von Versorgungslücken an den Schnittstellen im Gesundheitswesen. Zunehmende Beschwerden von Patienten und Patientinnen, von Pflegediensten und Sozialdiensten in Krankenhäusern sind ein Indiz dafür, dass die medizinische, rehabilitative und pflegerische Versorgung von alten kranken Menschen in den verschiedenen Einrichtungen und durch unterschiedliche Professionen oft nicht angemessen ineinander greifen.

So kommt es, dass alte, kranke und insbesondere immobile Menschen mit Problemen alleine gelassen werden, die sie nicht selber lösen können. Beispiele sind immer frühere Entlassungen aus dem Krankenhaus ohne eine verbindliche Regelung der häuslichen Versorgung, Unklarheiten bei der Zuständigkeit und der Übernahme von Kosten für Transporte, Medikamente und pflegerische Hilfsmittel.

Im Zentrum vieler dieser Probleme steht oft ein Zuständigkeitsstreit in der ambulanten medizinischen Verordnung, insbesondere wenn Hausbesuche erforderlich sind.

Die Arbeitsgruppe hat daher die Probleme einzeln benannt und für jeden erforderlichen Handlungsweg die rechtlichen Grundlagen zusammengetragen und entsprechende Empfehlungen zu geben versucht, wer mit welcher Zuständigkeit wann angesprochen und eingebunden werden muss.

Die Arbeitsgruppe drängt auf eine Regelung durch Verantwortliche der

Leistungserbringer: insbesondere Krankenhausträger, Ärztinnen und Ärzte, Medizinische Versorgungszentren (MVZ), Reha-Einrichtungen,

Kostenträger: insbesondere Kranken- und Pflegekassen sowie der Pflege- und Sozialdienste, da die Berliner Versorgungssituation trotz vieler gesetzlicher und professioneller Initiativen (Überleitungsverpflichtung für Krankenhäuser, DMP, IGV, MVZ, Case-Management) noch immer durch ausgeprägte Lücken in der Versorgungskette gekennzeichnet ist. Dies führt immer öfter zu Problemen gerade bei älteren, kranken und immobilen Patient/innen. Sie können die Probleme einer unzureichenden Abstimmung der medizinischen, nachsorgenden, psychologischen oder sozialen Etappen in der Behandlungskette nicht alleine bewältigen. Dazu kommen erhebliche Konkurrenzen oder Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Verantwortlichen in den verschiedenen Sektoren: Ärztinnen und Ärzte, Pflege oder Sozialdienst im Krankenhaus, ambulante Pflegedienste, Kassen oder Reha-Einrichtungen. Notwendig ist eine sektor-, berufsund trägerübergreifende Zusammenarbeit, um diese Versorgungsprobleme zu lösen.

Die Notwendigkeit zu einer Abstimmung ist auch deshalb drängend, weil die Zunahme chronischer Erkrankungen steigt, mehr ältere Menschen alleine leben und im immer höheren Alter oft mehrere Krankheiten zu bewältigen haben. Gefragt sind Konzepte, die den einzelnen Partnern durch klare gesetzliche und formale Vorgaben, funktionale Handlungsanleitungen und ausreichend kompetentes Personal an den Schnittstellen eine funktionierende Zusammenarbeit ermöglichen.

Die Arbeitsgruppe „Versorgungsprobleme alter kranker Menschen an den Schnittstellen im Gesundheitswesen" unter der Moderation der Patientenbeauftragten für Berlin macht deutlich, dass individuelle Einzellösungen vor Ort an den Grundproblemen nichts ändern. Neben den Handlungsempfehlungen für die Praxis muss es in Berlin zu einer Initiative der Kosten- und Leistungsträger kommen.

Die Thesen und Forderungen der Arbeitsgruppe waren 2009 Gestand der Diskussion in der Landesgesundheitskonferenz und sollen 2010 in deren Steuerungskreis zu Handlungsempfehlungen weiter entwickelt werden.

Für eine Weiterentwicklung dieser Fragestellungen und eine landesweite Versorgungsplanung und -gestaltung müssen - aus der Sicht der Arbeitsgruppe - insbesondere folgende Aspekte berücksichtigt werden:

1. Konstruktive Abstimmungen zwischen Leistungs- und Kostenträgern zur Umsetzung des Sicherstellungsauftrages zur ärztlichen Versorgung

2. Bereitstellung von umfassenden Beratungs- und Begleitangeboten für Patientinnen und Patienten, Implementierung von Case-Management-Strukturen (unter Berücksichtigung der Angebote der Pflegestützpunkte) zur Stärkung hilfebedürftiger Patientinnen und Patienten bei der Wahrnehmung ihrer Selbstbestimmungsrechte und Versorgungsansprüche und in den Übergangsbereichen der Versorgung in kritischen Einzelfällen

3. verbunden mit mehr Transparenz zu Versorgungsregelungen zwischen Leistungsanbietern und Kostenträgern, wie Angaben zu Vertragspartnern und qualitätsgesicherten Leistungen in Verträgen der Integrierten Versorgung, der hausärztlichen Versorgung, zur Hilfsmittelversorgung und der Bereitstellung von patientenverständlichen Informationen zur Qualitätssicherung der Leistungsanbieter an den jeweiligen Schnittstellen

- 11 4. Sicherstellung der Anschlussversorgung bei jedem institutionellen Übergang durch Konzepte einer neuen Verantwortungskultur verbunden mit Stärkung und Ausbau bestehender Strukturen, in Verbünden und Netzwerken im Sinne eines patientenorientierten Case-Managements

5. Implementierung einer zentralen „Informations- und Meldestelle für Versorgungsprobleme" zu Dokumentation und Auswertung von Defiziten in der Versorgung von Berliner Patientinnen und Patienten

6. Übertragung ärztlicher Versorgungsmodelle aus anderen europäischen Ländern oder von Modellen aus anderen Bundesländern

Der Übertragung ärztlicher Versorgungsmodelle aus anderen europäischen Ländern sind aufgrund der sehr unterschiedlich organisierten Gesundheitsversorgungs- und Pflegesysteme naturgemäß enge Grenzen gesetzt. Die rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen sind nicht übertragbar.

Es gibt jedoch auch innerhalb Deutschlands zahlreiche Ansätze für eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Pflegeverbänden und Ärztinnen und Ärzten, so z.B.:

Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V. hat im Juli 2007 eine Handreichung „Ärztliche Versorgung im Pflegeheim" herausgegeben, die unter www.diakonie.de/texte frei zugänglich ist.

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), Landesgruppe Hessen hat mit der KV Hessen am 04.11.09 im Rahmen einer bpa-Fachtagung eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Darin verpflichten sich die Vertragspartner, ärztliche und pflegerische Aspekte in Zukunft stärker zu vernetzen. U. a. sollen im Rahmen eines Modellprojekts zur verbesserten fachärztlichen Versorgung in Pflegeheimen feste Sprechstunden zunächst von Gynäkolog/innen und Urolog/innen in den Einrichtungen und verlässliche Absprachen zur telefonischen Erreichbarkeit vereinbart werden. Die am Modellprojekt beteiligten Heime sorgen soweit möglich für die nötige Infrastruktur und unterstützen die vereinbarten ärztlichen Visiten, um eine reibungslose Zusammenarbeit mit den Fachärzt/innen zu ermöglichen. Zudem sollen übergreifende fachliche Schulungen für die Ärzteschaft und für das Pflegepersonal zunächst zu den Themen Palliativversorgung und Schmerzmanagement einerseits sowie zur Optimierung der Verwaltungsprozesse zwischen Arztpraxis und häuslichem Pflegedienst andererseits vorbereitet werden. Weitere Schulungskonzepte sollen folgen.

Die Bundesärztekammer hat mit dem bpa am 14.12.09 ein gemeinsames Papier „Kooperation in der heimärztlichen Versorgung ­ Eckpunkte zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegeheimen" vorgelegt, das eine Palette von kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen für eine effektive Kooperation und Koordination wie z. B. bessere Organisation bei Visiten, abgestimmte Arztbesuche und Bereitschaftsdienst möglichst an sieben Tagen in der Woche sowie von Heimpersonal begleitete Facharztbesuche von Bewohnerinnen und Bewohnern enthält. Das Eckpunktepapier ist unter www.bpa.de oder www.bundesaerztekammer.de/ verfügbar.

Die Ärztekammer Berlin setzt sich in ihrem im Februar 2010 vorgelegten Geriatriekonzept Berlin 2010 für eine stärkere Vernetzung einschlägiger Versorgungsangebote ein, zu finden unter www.aerztekammer-berlin.de.