JVA

Das Justizressort hat sich seit dem 1. Oktober 2000 erfolgreich bemüht, die gemeinnützige Arbeit als Sanktion und Mittel der Spezialprävention auf der Grundlage der Verordnung über die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch freie Arbeit zu fördern statt der Ableistung der Ersatzfreiheitsstrafe in der JVA beider Städte.

Für inhaftierte Geldstrafenschuldner besteht damit die Möglichkeit, ihre Geldstrafe auch durch die Ableistung von gemeinnütziger Arbeit im Strafvollzug zu tilgen. Es sind diejenigen, die ihre Geldstrafe nicht zahlen können oder wollen. In Bremen und Bremerhaven gilt seit dem 14. Juli 1998 dabei die Regelung, dass durch 4 Stunden gemeinnützige Arbeit ein Tagessatz der Geldstrafe getilgt ist, um das System auch attraktiv zu machen.

Das Angebot Schwitzen statt Sitzen entlastet einerseits die JVA mit Einsparungen und bringt andererseits auch den Verurteilten folgende Vorteile: Erstens ziehen Verurteilte gemeinnützige Arbeit dem Gefängnisaufenthalt vor und verdeutlichen damit ihre soziale Verantwortung im Rahmen einer symbolischen Wiedergutmachung, zweitens werden Familienangehörige von Verurteilten nicht durch die Inhaftierung ihrer Verwandten belastet, drittens kommt gemeinnützige Arbeit vor allen Dingen Kommunen und den gemeinnützigen Einrichtungen zugute, und viertens werden Haftplätze nicht durch die Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen blockiert und damit entscheidend Kosten in der JVA vermieden.

(Beifall bei der SPD)

Auf der Basis der Ausgaben des Jahres 2004 belaufen sich nach Angabe des Justizressorts die Kosten für einen Haftplatz in Bremen derzeit auf circa 80 Euro ohne Baukosten und 2005 etwas höher, auf 88 Euro.

In den letzten 3 Jahren, vom 1. Oktober 2003 bis zum 30. September 2006, wurde in der Teilanstalt Bremerhaven von Straftätern an 4127 Tagen gemeinnützige Arbeit geleistet. Das entspricht rund 11 eingesparten Plätzen in der JVA Bremerhaven. Bei Haftkosten von mindestens 80 Euro pro Tag und Haftplatz dürfte das Justizressort in der Teilanstalt Bremerhaven rechnerisch circa 330 000 Euro eingespart haben, das bedeutet eine Einsparquote von circa 12 Prozent pro Jahr in Bremerhaven. Daneben konnten in den 128 Haftplätze durch Geldstrafentilgungen mit den Verurteilten eingespart werden, was rechnerisch circa 46 964 Tagessätzen entspricht. Damit ergibt sich eine rechnerische Einsparung in den letzten 3 Jahren von insgesamt 4,6 Millionen Euro, also 1,55 Millionen Euro pro Jahr in Bremerhaven.

Bei der GISBU könnten bei der Besetzung einer fehlenden halben Stelle die Erfolge bei der Ersatzstrafentilgung noch verstärkt werden, das Gleiche gilt für die ganze Stelle der GISBU im Sozialdienst für die JVA Bremerhaven. Eine wissenschaftliche Studie des Justizressorts vom März 2005 zur Analyse der Ersatzstrafenproblematik in Bremen hat gezeigt, dass Ersatzfreiheitsstrafler durch Überschuldung, Arbeitslosigkeit, Suchtproblematik, psychische Probleme und Obdachlosigkeit belastet sind. Sie befinden sich überwiegend in einer schwierigen sozialen Lage und sind daher häufig nicht in der Lage, gemeinnützige Tätigkeiten zu verrichten; ein zusätzliches Erschwernis also. Die Situation in der Haft wird teilweise sogar als positiver beschrieben, weil sie beispielsweise auch gesundheitlich versorgt und auch beköstigt werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in Bremen und Bremerhaven unter Berücksichtigung der genannten Zahlen im Jahr 2006 insgesamt 61 912 Hafttage eingespart wurden, was 170 Haftplätzen entspricht und eine Einsparquote von circa 5,2 Millionen Euro pro Jahr bedeutet. Im Land Bremen besteht somit ein leistungsfähiges System zur Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen. Dennoch, sagen wir von der SPD-Fraktion, sollte geprüft werden, inwieweit durch weitere Anstrengungen die regelmäßig belegten 70 Ersatzfreiheitsstrafenhaftplätze noch weiter reduziert werden können, zum Beispiel durch weitere bedarfsgerechte Angebote, durch die Stellenbesetzungen ­ ich komme zum Schluss! ­, die Zusammenarbeit mit den etablierten Trägern und den weiteren Ausbau der Straffälligenhilfe, die effizientere Gestaltung der Vollstreckungsabläufe nach Verurteilungen zu Geldstrafen sowie die Möglichkeit, für die uneinbringliche Geldstrafe die gemeinnützige Arbeit als primäre Ersatzstrafe vorzusehen, anstatt ersatzweise Hafttage zu fordern. Das ist etwas für die Strafrechtsreform. Es bleibt also zu hoffen, dass damit weiter Haftplätze und Strafvollzugskosten für die Ersatzfreiheitsstrafen in der JVA beider Städte eingespart werden können. ­ Vielen Dank dem Ressort für die ausführliche Beantwortung der Anfrage und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD) Präsident Weber: Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Wargalla.

Abg. Frau Wargalla (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, ich werde die bisherigen Ausführungen auch nur ergänzen, weil schon sehr viel gesagt worden ist, und ich möchte das auch nicht wiederholen. Ich möchte eigentlich auf die Probleme eingehen ­ es wurde hier schon von meinen Vorrednern gesagt ­, dass viele Hafttage eingespart worden sind, was auch begrüßenswert ist, aber dass wir immer noch das Problem in der Justizvollzugsanstalt haben, dass wir zu viele Gefangene haben, die Ersatzfreiheitsstrafen absitzen.

Es ist schon darüber geredet worden, dass durch Arbeitsleistung auch in der Anstalt die Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt werden kann. Das heißt natürlich dann für die anderen Gefangenen, die dort sind, dass diejenigen, die Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen, ihnen die Arbeit abnehmen, weil wir in der Anstalt keineswegs Arbeit in Hülle und Fülle haben. Dann kommt noch das Problem hinzu, dass die Anzahl derer, die Ersatzfreiheitsstrafen abbüßen, immer sehr schwankt.

Manchmal haben wir 40, manchmal haben wir 80 Gefangene, das heißt, die Zahl ist nicht konstant.

Die Grünen haben den Vorschlag gemacht, man könnte, um zumindest in Zukunft besser planen zu können und auch dieses Problem in den Griff zu bekommen, eine Beschränkung der Vollstreckungskapazitäten in den Justizvollzugsanstalten anstreben, das heißt, es kommt immer nur eine bestimmte Anzahl von Gefangenen hinein, mehr sind es nicht. Dann weiß jeder, wir haben immer konstant 60 Gefangene, und damit kann man dann auch besser umgehen.

Leider ist der Senat in seiner Antwort auf die Frage der Grünen nicht eingegangen. Das ist schade. Ich hätte gern gehört, wie der Senat dazu steht, zumal wir auch im Rechtsausschuss festgestellt haben, dass noch 50 Stellen in der JVA abzubauen sind. Das können wir wahrscheinlich nur damit auffangen, indem wir weniger Ersatzfreiheitsstrafen vollstrecken, denn das ist auch ein Faktor, der Geld kostet.

Die Antwort des Senats ­ was ich sehr begrüße ­ sagt aus, dass die gemeinnützige Arbeit zumindest bei ihm schon vorrangig eintritt, obwohl dies noch gar nicht gegeben ist. Es gibt eine Reform des Sanktionenrechts, angestoßen von den Grünen, dass jemand, falls er seine Geldstrafe nicht bezahlt, erst gemeinnützige Arbeit ableisten muss und erst bei Nichtableistung ins Gefängnis kommt. In Bremen ist die Lage inzwischen so, dass man versucht, möglichst die Haft zu vermeiden und die Leute zu gemeinnütziger Arbeit zu bewegen, was die Grünen und auch ich sehr begrüßen. Trotzdem ist eine Reform des Sanktionenrechts dringend erforderlich.

Als Letztes angestrebt von den Grünen ist die Verhängung von Arbeitsauflagen auch im Zusammenhang mit einer Verwarnung. Mit anderen Worten heißt das: Der Richter kann in den Fällen, in denen der Betroffene kein Geld hat, eine Bewährungsstrafe aussprechen, das heißt, ein Schuldspruch ist notwendig

­ das ist ganz klar, es ist eine Verfehlung ­, eine Bestrafung aber nicht erforderlich. Das betrifft hauptsächlich die Leute, die wirklich auch kein Geld haben, die man aber trotzdem bestrafen muss, deren Strafe man dann zur Bewährung aussetzt. Wie ich der Antwort des Senats entnehme, wäre er nicht abgeneigt, noch einen erneuten Vorstoß zu unternehmen, denn es war die rot-grüne Regierung, die genau das auf den Weg bringen wollte.

Jetzt muss ich einmal sagen, der Senat hat in diesem Punkt geschlafen. In der Antwort des Senats wird davon nichts erwähnt. Es steht darin, nur ein erneuter Vorstoß, aber es gibt seit Ende 2006 das Zweite Justizmodernisierungsgesetz, und dort ist genau dieses Instrument der Erweiterung der Verwarnung eingesetzt worden. Das heißt, der rot-grüne Antrag wurde also auch in dieses Gesetz mit aufgenommen und umgesetzt. Das steht nicht in der Antwort des Senats, und mich hätte doch sehr interessiert, wie der Senat mit diesem Instrument ­ schließlich ist es gesetzlich verankert ­ zukünftig umgeht. Dass wir dann nicht mehr ständig Geldstrafen vollstrecken müssen, sondern vielleicht auch unter Strafvorbehalt stellen, also zur Bewährung aussetzen, ist für mich ganz wichtig.

In der Antwort des Senats hat mich ein Satz doch gewundert, nämlich dass der Senat gesagt hat, dass wahrscheinlich nicht genügend gemeinnützige Arbeit vorhanden ist und es wahrscheinlich mit sehr hohen Kosten verbunden ist, wenn wir noch mehr gemeinnützige Arbeit anbieten. Meine Damen und Herren, ich sage einmal, bezüglich der gemeinnützigen Arbeit finde ich die Antwort ziemlich unüberlegt. Ich glaube, wir haben in unserem Land genug gemeinnützige Arbeit, die abgeleistet werden kann. Zu den Kosten möchte ich sagen ­ ich glaube, ein Kollege hat es hier einmal ganz kurz nebenbei erwähnt ­, dass Ersatzfreiheitsstrafen wirklich Geld kosten.

(Glocke)

Das Gefängnis kostet pro Tag richtig Geld. Vielleicht sparen wir, wenn wir noch mehr in den Bereich Gemeinnützigkeit gehen, wenn noch mehr gemeinnützige Arbeit abgeleistet wird, dann im Endeffekt Geld.

Es ist einen Versuch wert! ­ Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Präsident Weber: Als nächster Redner erhält das Wort Herr Staatsrat Mäurer.

Staatsrat Mäurer: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Leicht machen Sie es mir heute leider nicht. Die Kritik ist sehr sparsam, sehr moderat ausgefallen, insofern weiß ich gar nicht, worauf ich erwidern soll. Ich glaube, wir haben einen Weg gefunden, der vermittelt ist. Wir haben positive Ergebnisse: 62 000 Tage sind eingespart. Das ist, denke ich, vorzeigbar, und die heutige Debatte zeigt auch, dass Sie das akzeptieren.

Meine Vorrednerin hat weitere Vorschläge zur Diskussion gestellt. Ich denke, auch das sind Ansätze, über die man nachdenken muss. Ich warne aber davor, dieses System zur Wundermaßnahme zu erklären. Es gibt einfach objektive Grenzen. Wir haben, und das ist hier dargestellt worden, in der Tat die Möglichkeit, zwischen Haftstrafe und Geldstrafe zu wählen.

Es ist immer eine Straftat, die am Anfang dieser Aktion steht.

Die Entscheidung des Gerichts für eine Geldstrafe bedeutet auch, dass man zunächst einmal erwartet, dass diese Geldstrafe dann auch beglichen wird.

Wenn das nicht funktioniert ­ die Gründe sind dargelegt worden ­, ist es Sache der Staatsanwaltschaft, über Raten zu verhandeln, auch kleinste Beträge werden hier genommen. Erst dann, wenn das scheitert, kommen wir in die Phase der gemeinnützige Arbeit!

Niemand muss sich in Bremen gemeinnützige Arbeit selbst suchen, sondern wir haben unsere Vereine, private Träger, die dann in der Lage sind, gemeinnützige Arbeit anzubieten für alle ­ so muss man sagen ­, die guten Willens sind. Wir können die Täter nicht zur Arbeit tragen. Wir leben in einer freiheitlichen Republik, und eine gewisse Bereitschaft zur Mitarbeit setzen wir voraus.

Gehen wir aber einmal davon aus, wir haben jemanden, der bereit ist, gemeinnützige Arbeit zu leisten. Dann muss er nicht 8 Stunden arbeiten, um einen Tagessatz auszugleichen, sondern lediglich 4 Stunden. Erst wenn alles gescheitert ist, bleibt leider die Inhaftierung unvermeidlich als einzige Alternative übrig. Aber damit nicht genug: Wenn er inhaftiert ist, kann er mit seiner Arbeit im Vollzug seinen Aufenthalt radikal verkürzen. Für 4 Stunden Arbeit ein voller Tagessatz, das heißt, wir kürzen für 4 Stunden die Haftdauer jedes Mal um einen Tag. Selbst wenn das nicht ganz funktioniert hat, gibt es immer noch Möglichkeiten, die Haftdauer dann wieder durch die Vermittlung in gemeinnützige Arbeit am Ende zu verkürzen.

Wenn Sie sich das Ganze anschauen, dann sehen Sie, dass hier die Anstrengungen in Bremen überzeugend sind. Wir sind in der Tat davon überzeugt, dass wir unsere Haftplätze für andere Gefangene brauchen als für diejenigen, die von der Vollstreckung der Geldstrafen betroffen sind.

Ich sage aber auch deutlich: Wir setzen immer voraus, dass die Menschen bereit sind, an diesem System mitzuarbeiten, und wer das nicht macht, dann tut es uns leid, dann bleibt bei ihm am Ende nur die Vollstreckung. Wir können nicht dazu übergehen, dass wir dann die Geldstrafen aus der Staatskasse begleichen. Ich glaube, das würden unsere Bürger nicht verstehen. ­ Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD) Präsident Weber: Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 16/1270, Kenntnis.

Perspektiven der gesundheitlichen Versorgung älterer Menschen Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD vom 16. Januar 2007 Dazu Mitteilung des Senats vom 13. März 2007

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Frau Senatorin Rosenkötter, auch hier verzichten Sie darauf, sodass wir gleich in die Debatte eintreten können.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Karl Uwe Oppermann.

Abg. Karl Uwe Oppermann (CDU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, liebe Kollegen! Die Bertelsmann Stiftung fördert unter vielen Dingen auch eine Expertenkommission, die sich mit den Zielen der Altenpolitik neue Ziele formuliert und erarbeitet; ich sage, ganz neue Ziele, das Bild, das das Bild des Alters in einem neuen Licht zeigt. Sie beleuchtet und hinterfragt den gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Umgang zu Fragen des Alters.

Diese Kommission wird von Professorin Süssmuth und von Professor Kruse geleitet. Die Bremer Universitäten sind mit zwei Professoren in dieser hochrangig und international anerkannten Kommission vertreten, nämlich mit Frau Professor Staudinger von der Jacobs University Bremen und mit Professor Schmähl von der Universität. Das spricht auch für die Qualität unserer Hochschulen, dass drei Professoren aus Bremen in dieser Kommission vertreten sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Diese Kommission hat zu den verschiedenen Aspekten des Alters Berichte veröffentlicht. Einer dieser Berichte trägt den Titel Perspektiven der gesundheitlichen Vorsorge älterer Menschen. Uns allen sei gesagt, und das ist eine wissenschaftliche Definition, Alter ist ein von der Geburt bis zum Tod andauernder Prozess, der kontinuierlich verläuft und sowohl biologische und psychologische als auch soziale Veränderungen umfasst.