Ratenzahlung

Das wiederum geht meistens nur dann, wenn man einen entsprechenden Kostenvorschuss beim Anwalt zahlt, oder wenn man direkt zum Gericht geht, muss man dort einen Gerichtskostenvorschuss einzahlen.

Ohne Geld passiert da nicht viel, Geld ist nicht alles, aber ohne Geld geht da gar nichts, das heißt Gerichtskostenvorschuss, Vorschuss für Zeugengebühren, Vorschuss für Sachverständigenkosten! Wer baut und mit Baumängeln zu kämpfen hat, muss unter Umständen damit rechnen, dass er erst einmal mehrere 1000 Euro vorstrecken muss, bevor ein Gerichtstermin stattfinden kann, bei dem er dann vielleicht am Ende des Verfahrens recht bekommt oder auch nicht. Das hängt dann auch vom Sachverhalt ab. Aber es ist eben Vorraussetzung, dass ein Vorschuss gezahlt wird.

Das betrifft übrigens auch den von uns häufig diskutierten Bereich des Opferschutzes. Wer im Adhäsionsverfahren in einem Strafprozess als Geschädigter einen Anspruch geltend machen will und dazu einen Anwalt beauftragt, muss auch dort einen Vorschuss bezahlen. Auch da, wie gesagt, geht das nur, wenn die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen.

Früher gab es dafür das sogenannte Armenrecht.

Wem Armut von seiner Gemeinde bescheinigt wurde, der konnte den Prozess unter bestimmten Voraussetzungen ohne Vorschuss führen. Das war aber ein sehr eingeschränktes Recht. Wir waren als SPD, und die CDU hat es auch mitgetragen, auch die FDP, die Grünen waren damals noch nicht in der Bundespolitik tätig, sehr froh, als die Regelungen zu den Prozesskosten vor nun über 25 Jahren in die Zivilprozessordnung aufgenommen wurden.

Das Gericht prüft jetzt die Erfolgsaussicht einer Klage oder der Verteidigung gegen eine Klage und prüft, ob die Einkommensverhältnisse die Prozesskostenhilfe notwendig machen. Das heißt, dass ein Prozess gestaffelt nach der Einkommenssituation ohne Vorschuss geführt werden kann oder dass sonst gewisse geringe Raten gezahlt werden müssen. Im Übrigen wickelt sich das finanzielle Verhältnis zum Anwalt dann über die Staatskasse ab. Dieses System hat sich in der Praxis sehr bewährt. Wir haben da ein sehr ausgefeiltes System des Rechtsschutzes und sind nach dem europäischen Maßstab auch gut aufgestellt. Andere Länder geben übrigens noch mehr Geld für diesen Bereich aus, aber wir stehen gut da.

Nun gab es, wie gesagt, Bestrebungen, die Prozesskostenhilfe einschneidend zu beschränken, und zwar wegen der steigenden Kosten, aber nicht, weil man das grundsätzlich nicht will, sondern weil die Landeshaushalte extrem belastet sind. Die Ausgaben sind in den Jahren von 1999 bis 2006 von 3,7 Millionen auf 4,5 Millionen Euro gestiegen. 800 000 Euro mehr sind wirklich nicht wenig. Das ist natürlich für einen ohnehin gebeutelten Justizhaushalt eine Menge Geld.

Deshalb kann man schauen, wie man dort einen weiteren Anstieg begrenzen kann.

Die stärkste Steigerung hat es übrigens beim Arbeitsgericht, beim Landesarbeitsgericht gegeben. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist die Steigerung aus ganz naheliegenden Gründen am stärksten bei den Familiengerichten. In Bremen, das kann ich Ihnen berichten, gibt es ganz wenige Scheidungen, die die Beteiligten aus eigener Tasche bezahlen können, Familiengericht nur dadurch möglich, dass es die Prozesskostenhilferegelungen gibt.

Was kann man da ändern? Würde man die Prozesskostenhilfe abschaffen, würde man viele Bürger rechtlos stellen. Das wollen wir natürlich überhaupt nicht, das kommt überhaupt nicht infrage!

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen ist es aber so, dass wir, wenn man unsere Entwicklung mit den Entwicklungen in den anderen Bundesländern vergleicht, gar nicht so schlecht dastehen. In Bremen beträgt die Steigerung der Ausgaben von 2003 bis 2005 etwa 13 Prozent, in Hamburg liegt sie bei 9 Prozent, aber in Hessen bei erstaunlichen 38 Prozent. Da gibt es noch Auffälligkeiten, die ich auch anhand der Antwort des Senats nicht durchschauen konnte, aber das mögen regionale Besonderheiten sein. Vielleicht liegt es auch daran, wie die Statistiken in den verschiedenen Bundesländern geführt werden. Das finde ich doch etwas rätselhaft.

Fest steht jedenfalls, dass die jüngsten Steigerungen auf eine Änderung im Gebührenrecht der Rechtsanwälte zurückgehen. Das ist so, das ist auch mit den Anwaltsverbänden auf Bundesebene vereinbart worden, das kann man nicht zurückdrehen. Der Senat kommt zu dem Ergebnis, dass eine maßvolle Überprüfung dieser Regelungen angebracht ist.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident!

Wir sagen, wie auch der Senat, es ist in Ordnung, wenn für bestimmte Fälle eine Bearbeitungsgebühr eingeführt wird. Das ist vertretbar. Wir haben aber erhebliche Bedenken, wenn generell das aus dem Rechtsstreit Erlangte für die Prozessführung eingesetzt werden soll. Das passt zum Beispiel dann nicht, wenn ein Schmerzensgeld ausgeurteilt wird, weil das andere Dinge ausgleichen soll. Wir sind aber sehr einverstanden, dass der Senat in der Gesamtbewertung zu dem Ergebnis kommt, dass das Prozesskostenhilferecht eine sozialstaatliche Errungenschaft ist, die wir nicht aufgeben wollen. In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit. ­ Vielen Dank! Präsident Weber: Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Wargalla.

Abg. Frau Wargalla (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie Herr Grotheer bereits festgestellt hat, handelt es sich um eine Bundesratsinitiative zur Verringerung der Aufwendungen der Prozesskostenhilfe. Diese ist, wie die Bundesinitiative festgestellt hat, in den Ländern exorbitant gestiegen. Er hat auch gesagt, dass die Berechnung dieser Kostenexplosion auf keiner gültigen Grundlage steht, darauf will ich jetzt auch nicht näher eingehen. Richtig ist, dass die Aufwendungen für die Prozesskostenhilfe in den letzten Jahren auch in Bremen gestiegen sind. Woran liegt es? Es liegt an dem Kostenmodernisierungsgesetz von 2004, das war ein rot-grünes Gesetz, das verabschiedet worden ist, aber man muss dazu sagen, dass der Bundesrat einstimmig alles mitgetragen hat.

Die Folgen sehen wir jetzt, denn es stimmt, was Herr Grotheer gesagt hat, es liegt einfach daran, dass die können wir das ganz genau verfolgen, wie die Gebühren gerade im Anwaltsbereich gestiegen sind. der Armen weniger bekommen oder irgendwelche Regelungen gemacht werden, damit sie nicht so oft Prozesskostenhilfe bekommen, dann wird das eigentlich auf Kosten der ärmeren Bevölkerung ausgetragen. Ich denke, das können wir nicht zulassen!

Ich möchte einmal dem Parlament, um die Brisanz dieses Antrags herauszustellen, nur drei Vorschläge nennen, die die Länder eingebracht haben: Einmal ist es der Vorschlag der vollen Anrechnung des durch den Prozess Erlangten für die Rückzahlung der Prozesskostenhilfe ohne Begrenzung auf Existenzminimum und Schonvermögen. Dazu muss man erst einmal wissen, dass bereits jetzt die Partei die Rückzahlung von Verfahrenskosten grundsätzlich auch mit solchen Vermögenswerten vornehmen muss, die sie in einem Rechtsstreit erlangt hat. Normale Leute müssen das auch.

Der eingereichte Vorschlag von den Ländern geht aber darüber hinaus, denn er möchte, dass auch solche Beträge abgeschöpft werden, die das Existenzminimum sichern sollen oder ein Schonvermögen darstellen. Das können zum Beispiel Unterhaltsansprüche oder Arbeitsentgelt sein. Wenn also ein Unterhaltsanspruch für ein Kind erfolgreich erkämpft wurde, so müsste dieser anschließend für die Verfahrenskosten eingesetzt werden. Im Klartext heißt das: Der bedürftigen Partei wird im Prozesskostenverfahren das zukommen lassen muss. Das ist sehr widersprüchlich.

Es springt einem förmlich ins Gesicht und ist meiner Meinung nach nicht tragbar!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der zweite Punkt: Streichung der gegenwärtigen Begrenzung der Ratenzahlung von maximal 48 Monate und Einführung einer Bewilligungsgebühr! Dazu muss man wissen, auch jetzt gibt es Prozesskostenhilfe, bei der die Verfahrenskosten mit Ratenzahlung abgegolten werden können. Allerdings macht man eine Begrenzung auf 48 Monate. Als die Länder diese Streichung der Begrenzung beantragt haben, hat die Bundesregierung ihre verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen geäußert und gesagt, das halte bedürftige Personen davon ab, zum Gericht zu gehen, weil sie ­ bis sie die Verfahrenskosten endlich abbezahlt haben ­ so lange belastet werden könnten, dass sie davon keinen Gebrauch mehr machen. Ich denke ­ das müssen wir uns noch überlegen, Herr Grotheer ist schon darauf eingegangen ­, dass das überprüft werden muss.

Der dritte Punkt ist, dass es eine stärkere Eigenbeteiligung der Partei durch Absenkung der Einkommensfreibeträge auf das sozialhilferechtliche Existenzminimum gibt. Das heißt, Parteien, deren einzusetzendes Einkommen das sozialhilferechtliche Existenzminimum geringfügig überschreitet ­ und wir haben in diesem Hause schon über die immer steigende Zahl von prekären Arbeitsverhältnissen gesprochen, das sind genau diese Menschen ­, werden jede wirtschaftliche Belastung vermeiden, was zur Folge hat, dass sie einfach nicht zu Gericht gehen und ihr Recht einklagen. Das ist unserer Meinung nach für mittellose Bürger nicht hinnehmbar!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich habe eine etwas andere Auffassung als Herr Grotheer. Der Senat hat in seiner Antwort durchblicken lassen, dass er die Bundesratsinitiative mit den erwähnten Vorschlägen für sinnvoll erachtet. So ist er der Meinung, dass das sozialhilferechtliche Einkommen der Maßstab für Prozesskostenhilfe sein soll.

Alle Einkommen über dem Existenzminimum sollen Prozesskostenhilfe nur in Form eines zinslosen staatlichen Darlehens erhalten. Er setzt auch gleich die Gebühr fest, er schlägt 50 Euro vor.

Da nützt auch der Hinweis nicht, den der Senat macht und den ich wichtig finde, dass die Einführung der Prozesskostenhilfe eine sozialstaatliche Errungenschaft ist, die auch der Bevölkerung aus den schwächeren Einkommensschichten einen chancengleichen Zugang zum Recht ermöglicht ­ der nützt dann eigentlich nichts! Wenn Sie das wirklich befürworten, dann geben Sie die sozialstaatliche Errungenschaft auf!

Ich möchte nur noch einen Satz sagen. Diese Reformvorschläge, die wir vorliegen haben, zielen nur auf die Schwächsten der Gesellschaft, und sie schränken den chancengleichen Zugang zum Recht erheblich ein. Die Große Koalition sollte sich sehr genau überlegen, ob sie so eine Reform unterstützt, die auf Kosten und auf dem Rücken von einkommensschwacher Bevölkerung ausgetragen wird. Bündnis 90/Die Grünen findet, dass das keine Reformvorschläge sind, und wir lehnen sie auf der ganzen Linie ab! ­ Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Präsident Weber: Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Winther.

Abg. Frau Winther (CDU): Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben es bereits gesagt: Die Belastung der Länder durch die Prozesskostenhilfe hat erheblich zugenommen, und auch die Zahlen für Bremen sind bereits benannt worden. In den vergangenen drei Jahren hatten wir hier einen Anstieg um 17 Prozent zu verzeichnen. Angesichts unserer Haushaltsnotlage werden wir uns sicherlich der Diskussion nicht verschließen können, ob es Einsparmöglichkeiten gibt. Sechs Bundesländer haben einen entsprechenden Antrag in Berlin eingebracht, und wir werden prüfen müssen, ob wir denkbare Entlastungen befürworten können oder nicht. Ich werde dazu, in welcher Form man das machen kann, gleich etwas sagen.

Zum Gesetzentwurf, Frau Wargalla, ist noch keine Entscheidung getroffen worden. Der Entwurf des Bundesrats aus dem Mai des vergangenen Jahres befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren, und aktuell wird darüber diskutiert, welche Veränderungen sozialpolitisch und auch verfassungsrechtlich möglich und nötig sind und welche nicht gehen, weil wir uns sicher darin einig sind, dass wir das Grundrecht einer Prozesskostenhilfe absichern wollen.

Auch die CDU-Fraktion ist dafür, dass der Rechtsschutz durch die Gerichte auch für Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen gesichert werden muss. Einig sind wir uns auch sicherlich darin, dass eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe verhindert werden muss. Das heißt, wenn abzusehen ist, dass ein Prozess nicht zu gewinnen ist, weil jemand mutwillig einen Prozess anstrengt ­ auch das passiert ­ oder mit falschen Informationen die Prozesskostenhilfe erlangt, dann kann auch keine Prozesskostenhilfe gewährt werden. Insofern finden wir es richtig, dass der Begriff der Mutwilligkeit neu und klarer definiert wird. Ich denke, das ist ein Punkt, in dem wir uns alle immer noch einig sind.

Was die übrigen Neuerungen im Gesetzentwurf angeht ­ Sie, Herr Grotheer und Frau Wargalla, haben ja schon einige genannt ­, sind das eher sozialpolitische Debatten, und es geht zum Beispiel um die Frage: Ist eine Bearbeitungsgebühr vertretbar, oder muss es eine einheitliche Definition des Existenzminimums geben?

Für die CDU-Fraktion möchte ich sagen, dass wir es für richtig halten, dass für die Prozesskostenhilfe grundsätzlich die gleichen Maßstäbe gelten sollen wie für die Sozialhilfe. Das heißt, welche Freibeträge zugrunde gelegt werden dürfen, kann im gerichtlichen Verfahren nicht anders zu bewerten sein als bei den sozialhilferechtlichen Bedarfssätzen. Das Existenzminimum sollte also im Gerichtsverfahren dem Sozialrecht angeglichen werden.

Sie haben beide auch dargelegt, welche weiteren Fragen Sie stellen, zum Beispiel die Bewilligung der Prozesskostenhilfe als Darlehen für Menschen, die am Rande des Existenzminimums leben, oder auch den Vorschlag, das im Rechtsstreit Erlangte für die Kosten des Prozesses auch bei den Armen einzusetzen. Zu allen Punkten gibt es bisher keinen endgültig abgestimmten Vorschlag des Bundes. Wichtig ist dabei in unseren Augen, dass die Änderungsvorschläge in ihrer Gesamtheit, also alle zusammen, dem verfassungsrechtlichen Grundsatz entsprechen, dass niemand davon ausgeschlossen werden darf, sein Recht geltend zu machen, auch nicht diejenigen Menschen, die am Rande des Existenzminimums leben. Es muss also ein Konzept erarbeitet werden, das unnütze Prozesse vermeidet, eine Beteiligung an den Kosten nur dann vorsieht, wenn sie leistbar sind, und wirklich arme Leute nicht schlechter stellt als alle anderen.

Ich denke, in diesem Sinne sollten wir dieses Gesetz weiter aufmerksam, aber auch kritisch begleiten, und ich glaube, wir sollten uns, wenn wir denn einen Entwurf zu diesem Gesetz haben, hier oder auch im Rechtsausschuss diesem Thema wieder widmen.

­ Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU) Präsident Weber: Frau Abgeordnete Wargalla, ich habe das so verstanden, dass Sie jetzt von der ­ Bitte, nutzen Sie das Saalmikrofon!

Abg. Wargalla (Bündnis 90/Die Grünen): Es gibt das Recht der Intervention, machen wir die Debatte ein bisschen lebendiger!

(Abg. Focke [CDU]: Das ist noch nicht gesagt!) Präsident Weber: Frau Wargalla hat das Wort!

Abg. Wargalla (Bündnis 90/Die Grünen): Frau Winther, ich wollte Ihnen bezüglich der Mutwilligkeit eigentlich nur mitteilen, dass schon jetzt im Paragrafen 114 ZPO vermerkt ist, dass Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussichten auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Alle behaupteten Mitteilungen, die bisher bei der Beantragung von der Prozesskostenhilfe über den Missbrauch gemacht worden sind, sind bisher nicht belegt worden! Der Paragraf reicht voll und ganz aus, wir müssen ihn nicht ausweiten. ­ Danke!