Finanzamt

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2010 der beteiligten Bundesländer zu überprüfen. Den Ausgleich dieser Ansprüche regeln die beteiligten Finanzämter untereinander. In Berlin sind mit der Überprüfung und ggf. notwendigen Überwachung der unmittelbaren Zerlegungsansprüche Berlins in den Finanzämtern jeweils die Festsetzungsplätze betraut. Gegebenenfalls hat der Festsetzungsplatz die dem Land Berlin zustehenden Beträge unverzüglich anzufordern.

Der Rechnungshof hatte zuletzt im Jahr 1998 festgestellt, dass die unmittelbare Steuerberechtigung Berlins nicht ausreichend überwacht wird.

Insgesamt hatten es damals fünf Berliner Finanzämter versäumt, Ansprüche Berlins gegenüber anderen Bundesländern in Höhe von 5,8 Mio. geltend zu machen. Zurückzuführen waren die festgestellten Mängel sowohl auf Unkenntnis der zuständigen Bearbeiter als auch auf fehlende IT-Unterstützung bei den Arbeitsabläufen (vgl. Jahresbericht 1999 T 397 bis 410). Die ehemalige Oberfinanzdirektion hatte, um künftig die ordnungsgemäße Bearbeitung zu gewährleisten, den Dienstkräften eine neu gefasste Rundverfügung zu der Handhabung der Verfahrensregelungen des § 1 ZerlG zur Verfügung gestellt. Sie hat weiterhin das Zeichnungsrecht für alle maßgeblichen Verfügungen betreffend Abgaben an andere Bundesländer bzw. Übernahmen aus anderen Bundesländern den Sachgebietsleiter(n)/-innen übertragen. Die Senatsverwaltung für Finanzen ging davon aus, dass dies ausreichend wäre, um künftig die ordnungsgemäße Erledigung der Zerlegungsfälle zu gewährleisten. Allerdings hat sie es unterlassen, sich davon zu überzeugen, ob diese Einschätzung auch zutreffend war.

Im Jahr 2009 hat der Rechnungshof bei dem Finanzamt Wilmersdorf und dem Finanzamt für Körperschaften I geprüft, inwieweit die anlässlich seiner damaligen Prüfung seitens der Senatsverwaltung ergriffenen Maßnahmen die ordnungsgemäße Bearbeitung der unmittelbaren Steuerberechtigung Berlins bei Abgabe- und Übernahmefällen in der Praxis gewährleistet haben. Beide Finanzämter waren bereits im Rahmen der seinerzeitigen Prüfung durch mängelbehaftete Bearbeitung der Zerlegungsfälle aufgefallen. Sie haben zusammen durchschnittlich jährlich etwa 1 700 Steuerfälle an andere Bundesländer abgegeben bzw. von anderen Bundesländern übernommen. Aufgrund der vom Rechnungshof erneut festgestellten gravierenden Mängel bei der Überprüfung und Überwachung dieser Ansprüche sind allein in den von ihm geprüften Fällen Steueransprüche Berlins (nach Abzug der eigenen Überweisungsverpflichtungen an andere Bundesländer) von über 1 Mio. nicht bzw. nicht zeitnah vereinnahmt worden.

So hatten die Dienstkräfte noch nicht einmal bei jedem dritten der geprüften Abgabefälle die Steuerberechtigung Berlins ordnungsgemäß überprüft oder überwacht. Die beiden Finanzämter hatten es häufig unterlassen, bei Abgabe eines Steuerfalls dem übernehmenden Finanzamt eine Mitteilung über die Steuerberechtigung nach § 1 ZerlG zu übersenden. In einer solchen Mitteilung wird das übernehmende Finanzamt explizit darauf hingeRechnungshof von Berlin Jahresbericht 2010 wiesen, dass noch Steuerfestsetzungen für Jahre ausstehen, für die Berlin steuerberechtigt ist.

In anderen Fällen hatten die Finanzämter zwar die Steuerberechtigung Berlins zum Zeitpunkt der Abgabe überprüft, es aber anschließend unterlassen, den Vorgang zu überwachen. So hatte beispielsweise das Finanzamt für Körperschaften I erst mit über zweijähriger Verspätung aufgrund einer vom Rechnungshof veranlassten Anfrage bei dem übernehmenden Finanzamt davon Kenntnis erlangt, dass dem Land Berlin infolge einer von diesem Finanzamt zwischenzeitlich durchgeführten Steuerfestsetzung ein Steueranspruch von 132 000 erwachsen war.

Bei mehr als drei Viertel aller geprüften Übernahmefälle war die Bearbeitung hinsichtlich der Überprüfung der Steuerberechtigung ebenfalls mängelbehaftet. In der ganz überwiegenden Zahl von Fällen hatten die Finanzämter auf eine Überprüfung der Steuerberechtigung verzichtet, obwohl auch bei diesen Fällen durchaus ein Anspruch seitens Berlins gegeben sein kann. So betrug nach den bisherigen Erkenntnissen allein bei den vom Rechnungshof geprüften Fällen der Berlin zustehende Zerlegungsanspruch (nach Abzug der eigenen Überweisungsverpflichtungen an andere Bundesländer) über 890 000. Beispielsweise hatte das Finanzamt für Körperschaften I im Oktober 2006 den Steuerfall einer GmbH übernommen, die im Juni 2006 ihren Sitz und den Ort der Leitung von Sachsen nach Berlin verlegt hatte. Im Januar 2007 erstattete das Berliner Finanzamt an die Steuerpflichtige Körperschaftsteuern von 310 000 für ein Jahr, für das das Bundesland Sachsen noch steuerberechtigt war. Es versäumte, den erstatteten Betrag umgehend von dem ehemals zuständigen Finanzamt in Sachsen anzufordern. Dies ist erst auf Veranlassung des Rechnungshofs kurz vor Erlöschen des Anspruchs (§ 10 ZerlG) mit über 2 1/2 -jähriger Verspätung geschehen.

In Unkenntnis der bestehenden Weisungen hatten es die Dienstkräfte häufig unterlassen, die Verfügungen im Zusammenhang mit der Abgabe von Steuerfällen an andere Bundesländer bzw. der Übernahme von Steuerfällen aus anderen Bundesländern von den Sachgebietsleiter(n)/-innen schlusszeichnen zu lassen. Sie haben damit die von der Senatsverwaltung für Finanzen ausdrücklich gewünschte Überwachung der Bearbeitung des Abgabe-/Übernahmevorgangs durch die Sachgebietsleiter/-innen nicht beachtet. Der Einhaltung der Regelungen zum Zeichnungsrecht kommt jedoch insbesondere in Anbetracht der festgestellten Mängel erhebliche Bedeutung zu.

Der Rechnungshof erwartet, dass die Dienstkräfte künftig diese Regelungen beachten und sich die Senatsverwaltung für Finanzen hiervon beispielsweise in Form von Fachgeschäftsprüfungen überzeugt.

Rechnungshof von Berlin Jahresbericht 2010

243 Die von dem Rechnungshof bereits im Jahr 1998 für geboten gehaltene IT-Unterstützung bei den Arbeitsabläufen zur Überprüfung und Überwachung der Steuerberechtigung Berlins hielt die Senatsverwaltung damals in Anbetracht der übrigen von ihr eingeleiteten Maßnahmen für entbehrlich.

Diese Einschätzung hat sich angesichts der fortdauernden erheblichen Bearbeitungsmängel als unzutreffend erwiesen. Insbesondere ein IT-unterstützter Hinweis auf die Notwendigkeit der Überprüfung der Steuerberechtigung nach § 1 ZerlG und eine sich daran anschließende IT-unterstützte Überwachung der Wiedervorlagetermine wäre zweckdienlich.

Die Senatsverwaltung hat die in den betroffenen Finanzämtern festgestellten Bearbeitungsmängel eingeräumt. Sie beabsichtigt, allen Dienstkräften die bestehenden Regelungen nochmals zu vergegenwärtigen und sämtliche hierzu ergangenen Anweisungen in Form eines Leitfadens als Arbeitshilfe zur Verfügung zu stellen. Ferner prüft sie, inwieweit eine IT-Unterstützung der Arbeitsabläufe möglich ist, und wird die Arbeitsweise der Finanzämter im Rahmen einer Fachgeschäftsprüfung betrachten.

Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Finanzen darauf hinwirkt, dass bei der Bearbeitung von Zerlegungsfällen

· die bestehenden Regelungen zum Zeichnungsrecht strikt eingehalten und

· die Kontrolle der Arbeitsabläufe und Fristen durch IT unterstützt werden.

Er erwartet zudem, dass sich die Senatsverwaltung von der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen insbesondere durch Fachgeschäftsprüfungen überzeugt.

2. Unzulängliche Beitreibung von Steuerforderungen durch zwei Finanzämter

Die Finanzämter Neukölln und Steglitz haben es häufig versäumt, zur Vorbereitung der Beitreibung von Steuerforderungen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners umfassend zu ermitteln, um zeitnah Kenntnis von geeigneten Vollstreckungsmöglichkeiten zu erlangen. Da die Dienstkräfte oft auch keinen Gebrauch von den bestehenden elektronischen Abfragemöglichkeiten gemacht haben, war nicht sichergestellt, dass alle Informationen, die anderen Sachgebieten des Finanzamts bekannt waren, auch für Beitreibungszwecke genutzt werden. Dieses Verhalten hat zu vermeidbaren Verzögerungen geführt. Dadurch bedingte Steuerausfälle sind nicht ausgeschlossen.