Pflege

Auskunftsersuchen der Polizei gegenüber Krankenhäusern AUS DER PRAXIS Krankenhäuser werden von der Polizei häufig um Auskünfte zum Aufenthalt von bestimmten Patientinnen und Patienten oder zu deren Personalien gebeten. Dies geschieht in der Regel nicht auf schriftlichem Wege, sondern durch direkte Befragung von Personal in der Krankenhausaufnahme.

Die Beantwortung dieser Anfragen bedeutet für die Krankenhausbeschäftigten eine Durchbrechung der ärztlichen Schweigepflicht. Dies ist auch dann der Fall, wenn sich das Auskunftsersuchen nur auf den Umstand bezieht, ob eine bestimmte Person derzeit in Behandlung ist oder zu einem bestimmten Zeitpunkt in Behandlung war. Eine Offenbarung dieser Information ist nur aufgrund einer Erklärung der betroffenen Person zur Entbindung von der Schweigepflicht oder aufgrund einer gesetzlichen Befugnis zulässig.

Die Polizei beruft sich vorrangig auf §22 Abs. 4 Meldegesetz. Danach ist es zulässig, im Einzelfall Auskünfte aus dem von der Krankenhausleitung zu führenden Verzeichnis über die im Krankenhaus aufgenommenen Personen an Ordnungs- und Sicherheitsbehörden zu erteilen. Das Verzeichnis enthält neben Namen, Anschrift und Geburtsdatum der oder des Kranken auch den Tag der Aufnahme und Entlassung. Es ist für ein Jahr nach dem Ende des Jahres der Entlassung aufzubewahren. Diese melderechtliche Befugnis zur Übermittlung von Patientendaten steht aber unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass die ärztliche Schweigepflicht nicht verletzt wird. Daraus folgt, dass die Vorschrift selbst keine Befugnis zum Bruch des Patientengeheimnisses enthält. Weiter gehende Auskunftsrechte für die Polizei ergeben sich im Übrigen auch nicht aus den allgemeinen strafprozessualen Ermittlungsbefugnissen (§§161, 163 StPO). Auch diese finden ihre Grenze in den besonderen Geheimhaltungspflichten.

Eine Auskunftserteilung des Krankenhauses kann daher nur dann als zulässig erachtet werden, wenn die Voraussetzungen eines rechtfertigenden Notstands vorliegen, d.h. wenn die Offenbarung von Patientendaten im Einzelfall zum Schutz höherwertiger Rechtsgüter erforderlich ist. Dies ist etwa anzunehmen, wenn nur durch die Datenübermittlung an die Polizei eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder persönliche Freiheit abgewendet werden kann. Dem entspricht auch §27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Landeskrankenhausgesetz.

Demgegenüber rechtfertigt das Strafverfolgungsinteresse bezüglich bereits begangener Delikte die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht grundsätzlich nicht. Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn die Gefahr besteht, dass die Patientin oder der Patient auch weiterhin erhebliche Straftaten begehen wird (Wiederholungsgefahr). Auch in diesen Fällen ist aber abzuwägen, ob die gefährdeten Rechtsgüter schutzwürdiger sind als das Geheimhaltungsinteresse der oder des Kranken. So wird der Schutz fremder Vermögensinteressen nur ausnahmsweise die Durchbrechung der ärztlichen Schweigepflicht legitimieren können. Anders wäre die Situation zu bewerten, wenn die Patientin oder der Patient die ärztliche Schweigepflicht zur Deckung eigener Straftaten benutzen will.

Mit der im Einzelfall schwierigen Entscheidung, ob eine Durchbrechung der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber der Polizei gerechtfertigt ist, sollten nicht die in der Krankenhausaufnahme beschäftigten Personen belastet werden. Wir empfehlen den Krankenhäusern, die Polizei an eine zentrale Stelle (z.B. die Geschäftsleitung oder die ärztliche Direktion) zu verweisen, wo über Auskunftsersuchen nach einheitlichen Maßstäben entschieden werden kann. Ferner sollte die Polizei die Anfragen möglichst schriftlich stellen und dabei den Zweck der Datenerhebung präzise darlegen. Eine erfolgte Auskunftserteilung ist vom Krankenhaus zu dokumentieren.

Auch wenn keine medizinischen Daten übermittelt werden, sondern lediglich der Aufenthalt einer bestimmten Person im Krankenhaus gegenüber der Polizei bestätigt wird, ist damit eine Durchbrechung der ärztlichen Schweigepflicht verbunden. Die Offenbarung des Patientengeheimnisses ist nur im Einzelfall bei konkreter Gefährdung höherwertiger Rechtsgüter zulässig. Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung durch die Krankenhäuser besteht nicht.

FAZIT Krankenhäuser dürfen der Polizei nur dann Auskunft über Patienten erteilen, wenn dadurch eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder persönliche Freiheit eines Menschen abgewendet werden kann.

Die Entscheidung über die Auskunftserteilung sollte der Leitung des Krankenhauses vorbehalten bleiben.

Biographiedaten in der Pflege AUS DER PRAXIS

Ein Bürger beschwerte sich darüber, dass der ihn betreuende häusliche Pflegedienst detaillierte biographische Angaben über seine Person erfassen wollte. Dazu wurde ihm ein Formular mit der Bezeichnung „Biographiebogen" mit der Bitte übergeben, den darin enthaltenen Fragenkatalog zu beantworten. Die Fragen betrafen zum Teil sehr persönliche, intime Lebensbereiche und gewohnheiten. Derartige Fragebögen sind heute fester Bestandteil der sog. Biographiearbeit in der ambulanten und stationären Pflege. Ziel dieser Arbeit ist die Unterstützung der Individualität der oder des Pflegebedürftigen durch die Pflegenden. Es werden Informationen aus der Biographie des pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen gesammelt, um durch die Einbeziehung dieser Informationen in den Pflegeprozess eine persönlichkeitsfördernde und individuelle Pflege und Betreuung zu ermöglichen.

Der Nutzen der Biographiearbeit ist nicht zu bezweifeln. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass damit eine umfangreiche Erhebung und Verarbeitung personenbezogener, teilweise äußerst sensitiver Daten verbunden ist. Durch die Sammlung von biographischen Angaben wird in das Recht der oder des Pflegebedürftigen auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen.

Eine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung für die Pflegebedürftigen, dem Pflegedienst diese Daten mitzuteilen, besteht nicht. Biographiearbeit ist nur auf freiwilliger Basis möglich. Die Erhebung und Verarbeitung von Biographiedaten setzt daher die Einwilligung der oder des Pflegebedürftigen bzw. der betreuenden Person voraus. Dazu gehört die vorherige umfassende Information über Sinn und Zweck der Biographiearbeit, über die Dokumentation der Daten sowie über den zugriffsberechtigten Personenkreis.

Ferner muss ein ausdrücklicher Hinweis auf die Freiwilligkeit der Angaben erfolgen. Die Freiwilligkeit muss sich auch auf die Beantwortung einzelner Fragen bzw. das Schweigen zu einzelnen Themenblöcken beziehen. Der Umfang der Datenerhebung darf über die für die Durchführung des von dem Pflegedienst praktizierten Konzepts zur Biographiearbeit notwendigen Daten nicht hinausgehen. Die Informationssammlung ist individuell und unter Beachtung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit auf die pflegebedürftige Person abzustimmen. Das gilt insbesondere, wenn es sich um sensitive Daten handelt. So gibt es etwa keinen Bedarf, gezielte Fragen zur politischen oder sexuellen Ausrichtung zu stellen.

Der von der Beschwerde betroffene Pflegedienst hat auf unsere Forderungen umgehend reagiert und den kritisierten Fragebogen angepasst. So wurden die Fragen zur finanziellen Situation, zu „Kriegserlebnissen" und zu psychosozialen und gerontopsychiatrischen Aspekten (wie Ängsten, Wünschen, Sozialverhalten) vollständig entfernt.

Ferner wurde ein Hinweis auf die Freiwilligkeit der Angaben sowie Informationen über den Aufbewahrungsort des Biographiebogens und die zugriffsberechtigten Personen aufgenommen.

FAZIT Biographiearbeit setzt ein Vertrauensverhältnis zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen voraus.

Sie darf nur auf freiwilliger Basis unter Beachtung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung erfolgen.