SGB I auch bei der Ausführung von Sozialleistungen insbesondere bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen

2. Korrektur der Honorarverordnung HonVSoz

Der Einsatz eines Gebärdensprachdolmetschers bzw. einer -dolmetscherin als notwendige Kommunikationshilfe für hörbehinderte Menschen ist allgemein anerkannt und bereits in vielen Gesetzen und Verordnungen als Rechtsanspruch verankert. Hinsichtlich der Höhe der Vergütungen für Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher gibt es zurzeit allerdings noch unterschiedliche Regelungen.

Im Sozialverwaltungsverfahren haben hörbehinderte Menschen nach § 19 Abs. 1 SGB X das Recht, zur Verständigung in der Amtssprache Deutsch Gebärdensprache zu verwenden.

Gleiches gilt nach § 17 Abs. 2 SGB I auch bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen. Die Vergütung bemisst sich nach § 19 Abs. 2 Satz 4 SGB X nach dem Justizvergütungs- und ­ entschädigungsgesetz (JVEG) und beläuft sich auf 55 pro Stunde, zzg. notwendiger Reise- und Wartezeiten sowie ggf. Umsatzsteuer. Gleiches gilt im Verwaltungsverfahren. Nach § 12 LGBG werden die notwendigen Aufwendungen für die Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher nach den §§ 2, 3, 4 Abs.1 und § 5 der Kommunikationshilfeverordnung des Bundes erstattet. Die Kommunikationshilfeverordnung verweist wiederum auf das JVEG.

Nach der zurzeit gültigen Verwaltungsvorschrift für Honorare im Bereich Sozialwesen (HonVSoz) können Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher mit bis zu 46,40 pro Stunde vergütet werden. Fahrt- (Wege-) zeiten werden mit der Hälfte des Stundensatzes (23,25) berücksichtigt. Fahrkosten und Steuern sind durch das (Brutto-) Honorar bereits abgegolten, eventuell zu zahlende Umsatzsteuer wird nicht erstattet. Qualifizierte Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher sind grundsätzlich nicht bereit, zu den Konditionen der HonVSoz zu dolmetschen. Der Senat ist bestrebt, die Probleme bei der Auftragsvergabe von Dolmetscherleistungen an Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher auf der Grundlage der HonVSoz umgehend zu lösen. Etwaige Mehrkosten sind im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel im jeweiligen Einzelplan auszugleichen.

3. Einrichtung einer Dolmetscherzentrale im Land Berlin

Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt. Lautsprachbegleitende Gebärden sind eine gleichberechtigte Kommunikationsform der deutschen Sprache.

Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) haben daher das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher in Anspruch zu nehmen. Die Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher können aufgrund verschiedener gesetzlicher Grundlagen in Abhängigkeit vom Einzelfall zum Einsatz kommen.

Übersetzungen sind beispielsweise im Sozialverwaltungsverfahren und auch bei der Ausführung von Sozialleistungen (z.B. ärztliche Untersuchungen) sowie im Verwaltungsverfahren möglich. Des Weiteren können hörbehinderte Eltern nichtgehörloser Kinder Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher in schulischen Angelegenheiten ihrer Kinder beanspruchen.

Die Anspruchspruchsgrundlagen sowie die jeweilige Vergütungshöhe wird im Rundschreiben I Nr.19/2006 vom 01. September 2006, geändert mit Schreiben vom 27. März 2008 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales ausführlich erläutert. Dieses Rundschreiben ist unter folgendem Link veröffentlicht:

Zur Ermittlung des Umfanges der im Rundschreiben aufgeführten Leistungen für die in Berlin von der öffentlichen Hand Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher finanziert werden, wurden von meiner Verwaltung im März 2010 alle Senatsverwaltungen einschließlich der nachgeordneten Einrichtungen sowie alle Bezirksämter gebeten, die im Kalenderjahr 2009 angefallenen Kosten und Fallzahlen mitzuteilen. Dies erfolgte auch vor dem Hintergrund einer Prüfung, ob die Einrichtung einer Dolmetscherzentrale für Gebärdensprache wirtschaftlich sinnvoll wäre.

Das Ergebnis der Datenerhebung lässt diesen Schluss jedoch nicht zu.

Die Ausgaben für Leistungen der Gebärdensprachdolmetscher/innen betrugen im Kalenderjahr 2009 in allen Senatsverwaltungen einschließlich der nachgeordneten Einrichtungen und Bezirksämter insgesamt 203.773,20 für 1776 Einsätze. Hierin sind bereits Ausgaben in Höhe von 140.461,60 für den Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern der Gebärdensprache an den Universitäten und Hochschulen enthalten. Das im Jahr 2009 durchgeführte Pilotprojekt mit festangestellten Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetschern (3 x 0,5 BAT IIa/Ib Stelle) wurde im Auftrag der Berliner Hochschulen vom Studentenwerk koordiniert.

Die verbleibenden Ausgaben für Dolmetschleistungen in Höhe von 63.311,60 für 504 Einsätze setzen sich wie folgt zusammen:

Auch wenn einige Fälle, wie ein Bezirksamt mitteilte, aufgrund der Abrechnungssystematik nicht ermittelt werden konnten, liegen die Gesamtkosten in einem Rahmen der die Einrichtung einer Dolmetscherzentrale des Landes Berlin für Gebärdensprache wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheinen lässt.

4. Ausstrahlung der Abendschau beim Rundfunk Berlin-Brandenburg mit Gebärdendolmetscher(inne)n

Das Anliegen einer verbesserten Barrierefreiheit im Rundfunk für hörbehinderte und hörgeschädigte Menschen wird vom Senat geteilt und gegenüber dem RBB vertreten.

Der berichtsgegenständliche Beschluss ist dem RBB durch die Senatskanzlei übermittelt worden.

Der RBB hat hierzu mitgeteilt, seine barrierefreien Angebote laufend auszubauen. So liege der Anteil der Sendungen mit Untertiteln mittlerweile bei rund 20% (2009: 15 %). Neben den eigenproduzierten Dokumentationen und Reportagen untertitelt der RBB regelmäßig seine Magazinsendungen WAS! und Quivive sowie Luzyca und Ratgeber Gesundheit. Das gleiche gilt für die RBB-Produktionen beim Tatort und Polizeiruf 110 sowie ausgewählte Spielfilme.

Aktuell wird die Untertitelung eines täglichen Nachrichtenformats geprüft. Hinzu kommt die Übernahme bereits untertitelter Sendungen.

Das RBB Fernsehen bietet im laufenden Programm seine Untertitel auf RBB-Text Seite 150 an. Eine Übersicht aller für Hörgeschädigte geeigneten Sendungen zeigt der RBB-Text auf Seite 386.

Die Möglichkeit weiterer Angebote sieht der RBB im Rahmen der Digitalisierung. Denn die digitale Übertragung eröffnet die Möglichkeit, parallel zum eigentlichen Fernsehsignal weitere Informationen zu übermitteln, die dann individuell abgerufen werden können. Der RBB ist hierfür Partner im Europäischen Projekt DTV4All (Digital Television for all) und führt in Zusammenarbeit mit den Behinderverbänden umfangreiche Nutzungstests durch.

Die Einführung von Gebärdendolmetschung wird vom RBB indes weiterhin nicht favorisiert.

Vielmehr sieht er die Untertitelung als vorzugswürdig an, da sie ohne Verkleinerung des Fernsehbildes auskommt und nach Bedarf zugeschaltet werden kann. Das AbendschauDesign sehe Texteinblendungen vor, die bereits jetzt zur teilweisen Überdeckung des Bildes und insbesondere von Personen führe. Bei einer Einblendung von Gebärdendolmetschung sieht der RBB Akzeptanzprobleme beim Zuschauer.

Statt einer Simultanübersetzung durch Gebärdensprache hat der RBB die Möglichkeit einer nachträglichen Übersetzung und Bereitstellung zum Abruf im Internet von Abendschau und Brandenburg aktuell geprüft. Die Kalkulation habe jedoch zusätzliche Kosten in einer Größenordnung von 10% des Gesamtetats dieser Sendungen erbracht, die als im Verhältnis zum Gesamtprogrammangebot nicht verantwortbar bzw. nicht finanzierbar angesehen wurden.

Der Senat teilt die Ansicht des RBB zu dessen schwieriger finanziellen Situation infolge einer nicht bedarfsgerechten Gebührenverteilung innerhalb der ARD. Der Senat macht im Rahmen der Verhandlungen zum Rundfunkstaatsvertrag der Länder seinen Einfluss geltend, um zu einem hinreichenden und dauerhaften Finanz- und Strukturausgleich zwischen den ARDAnstalten zu kommen.

Unbeschadet dessen wird sich der Senat weiterhin auch dafür einsetzen, dass es eine Verbesserung des Angebots der Sender für hörbehinderte Menschen gibt. Der barrierefreie Zugang zu Hörfunk und Fernsehen ist ein Anliegen aller Länder: So ist durch den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zum 1. Juni 2009 ein neuer § 3 Abs. 2 in den Rundfunkstaatsvertrag eingeführt worden, wonach der öffentlich-rechtliche Rundfunk und alle bundesweiten privaten Sender „über ihr bereits bestehendes Engagement hinaus im Rahmen ihrer technischen und finanziellen Möglichkeiten barrierefreie Angebote vermehrt aufnehmen" sollen.

Die generell-abstrakte Formulierung trägt dem Umstand Rechnung, dass angesichts der aus Artikel 5 Grundgesetz folgenden Programmautonomie des Rundfunks der Staat aus guten Gründen keinen Zugriff auf die Gestaltung von Rundfunkprogrammen hat.

5. Barrierefreiheit für hörbehinderte und hörgeschädigte Menschen im Rahmen der Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Zur Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hatte sich unter Federführung der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales eine ressortübergreifende Facharbeitsgruppe, in der alle Senatsressorts, der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung sowie Vertreter des Landesbeirats für Menschen mit Behinderung vertreten waren, von Juli 2009 bis März 2010 intensiv mit den Inhalten der UN ­ Behindertenrechtskonvention und dem daraus resultierenden Umsetzungs- und Handlungsbedarf im Land Berlin auseinandergesetzt.

Dabei wurden auch Bedarfe ermittelt, die die Belange hörbehinderter und hörgeschädigter Menschen betreffen.

Beispielhaft sind hier zu nennen, die Einführung der Deutschen Gebärdensprache als Schulfach, Darstellung von Inhalten u. a. in Theatern und Museen durch visualisierte (DGS und Untertitelung) Audiodiscription und leichte Sprache, Darstellung von Programminhalten durch visualisierte (DGS und Untertitelung) Audiodiscription und leichte Sprache im öffentlich rechtlichen Rundfunk (rbb) und Abbau von Kommunikationsbarrieren in allen Lebensbereichen nach einheitlichen Verfahren für gehörlose, taubblinde und andere hörbehinderte Menschen und einheitliche Vergütungen für Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher sowie Einsatz von Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetschern für die Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeit von gehörlosen Menschen.

Die hier beispielhaft genannten Umsetzungs- und Handlungsbedarfe, die die Belange hörbehinderter und hörgeschädigter Menschen betreffen, werden im Rahmen der Etablierung eines Aktions-/Maßnahmenplans im Land Berlin zu konkretisieren und hinsichtlich ihrer Umsetzung weiter zu operationalisieren sein. Ich gehe dabei davon aus, dass mit der Etablierung des Aktions-/Maßnahmenplans zur Umsetzung der UN ­ Behindertenrechtskonvention ein langfristig angelegter Prozess der Umsetzung im Land Berlin begonnen werden wird.

Ich bitte, den Beschluss damit als erledigt anzusehen.