Die HzP hatte und hat die Behandlungspflege nicht zum Inhalt und damit auch nicht diese Leistungen

Nicht zutreffend ist jedoch die Auffassung, auch die Behandlungspflege in Form der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen (§ 37 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz SGB V; Beispiele: An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Klasse 2, oro/tracheale Sekretabsaugung) weise Überschneidungen mit der HzP auf.

Die HzP hatte und hat die Behandlungspflege nicht zum Inhalt und damit auch nicht diese Leistungen. Es bestehen vielmehr in der häuslichen Pflege Schnittstellen zu den grundpflegerischen Verrichtungen, die der Gesetzgeber mit dem Wettbewerbsstärkungsgesetz zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) nochmals klargestellt hat. Inhalt der Leistungen nach dem SGB XI (Pflegeversicherung) und der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII sind ausschließlich grundpflegerische Verrichtungen.

Der Rechnungshof ist auch der Frage nachgegangen, wie die vom Land Berlin im Bereich der häuslichen Pflege getroffenen Vereinbarungen den Vorrang der Ansprüche auf häusliche Krankenpflege unterstützen. Die für Soziales zuständige Senatsverwaltung hat mit den Vereinigungen ambulanter Pflegedienste und den Trägern der Pflegeversicherung für den Bereich der häuslichen Pflege verschiedene Vereinbarungen getroffen und sich auf einheitliche Leistungsinhalte, Vergütungen und ein Abrechnungsverfahren geeinigt. Seither wird der Bedarf an häuslicher Pflege in sog. Leistungskomplexe (LK) übersetzt. Darin werden verschiedene pflegerische oder hauswirtschaftliche Verrichtungen zusammengefasst.

Leistungen der häuslichen Pflege erhalten beispielsweise Personen, die an Demenz erkrankt sind und in Wohngemeinschaften leben, weil die Versorgung in der eigenen Häuslichkeit nicht mehr ausreicht.

Der Bedarf an Grundpflege, Beaufsichtigung und Anleitung sowie die hauswirtschaftliche Versorgung wird durch eine vereinbarte Tagespauschale abgedeckt (LK 19 und 38).

Die Vereinbarungen sehen vor, dass eine 24-Stunden-Betreuung durch das Pflegepersonal gewährleistet ist. Die Pflege der Bewohner der Wohngemeinschaften erfolgt in der Regel durch einen, höchstens zwei ambulante Pflegedienste. Die Pauschalierungen lassen pflegerische Maßnahmen, die krankheitsbedingt sind und damit vorrangige Leistungsansprüche nach § 37 Abs. 1 und 2 SGB V darstellen, außer Acht.

Für Pflegebedürftige, bei denen die Anwesenheit einer Pflegekraft von in der Regel mindestens fünf Stunden täglich oder zur Sicherung nicht planbarer Bedarfe die ständige Beaufsichtigung erforderlich ist, erfolgt vereinbarungsgemäß die Abrechnung der häuslichen Pflege über einen Stundensatz. Bei einer 24-Stunden-Versorgung ergibt sich eine Gesamtvergütung von 415,85 täglich (LK 32).

Die Vergütungen nach Stunden lassen pflegerische Maßnahmen, die krankheitsbedingt sind und damit vorrangige Leistungsansprüche nach § 37 Abs. 1 und 2 SGB V darstellen, außer Acht.

Die Vereinbarungen zu den LK 1 bis 18 beinhalten die grundpflegerische und hauswirtschaftliche Versorgung (z. B. LK 4 große Körperpflege, LK 5 Lagern/Betten, LK 17 Einsatzpauschale). Die vereinbarten Leistungskomplexe stellen die im Ablauf des täglichen Lebens regelmäßig durchzuführenden Verrichtungen u. a. in den Bereichen der Ernährung und der Körperpflege dar. Sie überschneiden sich nicht selten mit notwendigen Maßnahmen der Behandlungspflege und damit auch mit den Leistungen der Krankenversicherung. Die Vereinbarungen berücksichtigen diese Überschneidung nicht.

Der Rechnungshof hat gegenüber der Senatsverwaltung beanstandet, dass die von ihr geschlossenen Vereinbarungen den Nachranggrundsatz in Bezug auf die Leistungsansprüche gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen nicht oder nur unzureichend gewährleisten. Vor allem wegen der inhaltlichen Abgrenzung hätten auch die Träger der Krankenversicherung in die Vereinbarungen mit einbezogen werden müssen. Er hat ferner beanstandet, dass die Senatsverwaltung gegenüber den Bezirksämtern nicht geregelt hat, welche Auswirkungen diese vorrangigen Leistungsansprüche bei diesem Personenkreis haben und wie und wann auf ärztliche Verordnungen zu dringen ist.

Im Rahmen des Prüfungsschriftwechsels hat die Senatsverwaltung die Auffassung vertreten, dass die häusliche Krankenpflege vor dem Hintergrund des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe nur als Krankenhausvermeidungspflege nach § 37 Abs. 1 SGB V relevant sei, und hierzu auf die Zuständigkeit der Bezirksämter verwiesen. Die Leistungen der Krankenkassen nach § 37 Abs. 2 SGB V würden im Leistungsgefüge regelmäßig neben den Leistungen der Hilfe zur Pflege stehen und seien grundsätzlich unbeachtlich. Die Senatsverwaltung hat jedoch auch auf die Regelung des § 37 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V verwiesen, wonach auch Pflegemaßnahmen, die zum Regelungsbereich des SGB XI (Pflegeversicherung) gehören, als Behandlungspflege, nach einer ärztlichen Verordnung, Teil der Krankenkassenleistung sind (sog. verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen). Die Senatsverwaltung verkennt, dass diese Krankenkassenleistungen den vom Sozialhilfeträger zu übernehmenden Bedarf der Hilfe zur Pflege mindern.

Zu den von ihr geschlossenen Rahmenverträgen hat die Senatsverwaltung die Ansicht geäußert, Leistungen nach § 37 Abs. 1 und 2 SGB V könnten danach nicht zulasten des Sozialhilfeträgers erbracht werden. Die Verträge enthalten keine Verfahrensvorgaben zur Geltendmachung von Ansprüchen auf vorrangige Leistungen der Krankenversicherung. Nach Prüfungserfahrungen des Rechnungshofs werden bestehende Rechtsansprüche (vgl. T 132) in der Regel nicht mehr geltend gemacht. Dies haben Bezirke in ihren Stellungnahmen bestätigt. zu T 134 bis 138: Die mit den Leistungsanbietern geschlossenen Vereinbarungen insbesondere zur Vergütung gewährleisten nach Auffassung der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales die Berücksichtigung vorrangiger Leistungsansprüche nach § 37 Abs. 1 SGB V. Der Nachranggrundsatz des § 2 SGB XII wird nicht verletzt.

Die Vertragspartner des Rahmenvertrages und der Vergütungsvereinbarungen zur häuslichen Pflege sind im SGB XI gesetzlich festgelegt. Die Einbeziehung der Träger der Krankenversicherung ist nicht vorgesehen.

Mit der Einführung des Systems der Leistungskomplexe zum 1. Januar 1997 hat die Senatsverwaltung mit den ambulanten Pflegediensten zusätzliche Vereinbarungen für weitergehende Leistungen der Sozialhilfe im Bereich der Tagesstrukturierung und Beschäftigung und der psychosozialen Betreuung geschlossen (LK 31 und 33). Soweit diese Leistungen täglich erbracht werden, erhöhen sich die Ausgaben für den Träger der Sozialhilfe für jeden Leistungskomplex um monatlich 374,40.

Die Pflegeversicherung sieht erst mit Einführung der §§ 45a und b SGB XI zum 1. Januar 2002 vergleichbare Leistungen vor. Seit dem 1. Juli 2008 beträgt der Grundbetrag monatlich 100,00, der erhöhte Betrag monatlich 200,00.

Diese neuen Betreuungsleistungen haben die Senatsverwaltung nicht veranlasst, ihre Vereinbarungen zu überprüfen und den Bezirksämtern ausreichende Verfahrenshinweise zu geben. Dadurch blieben die Leistungen der Pflegeversicherung nach § 45b SGB XI bei der Bemessung des Hilfebedarfs unbeachtet.

Der Rechnungshof beanstandet zusammenfassend, dass die Bezirksämter vorrangige Leistungsansprüche auf häusliche Krankenpflege gegenüber den Krankenkassen nicht geprüft und für den Kreis der Berechtigten nach § 45a SGB XI von einer Bedarfsprüfung abgesehen haben. Er beanstandet ferner, dass die durch die für Soziales zuständige Senatsverwaltung getroffenen Vereinbarungen die Nachrangigkeit der Leistungen des Trägers der Sozialhilfe nicht gewährleisten.

Außerdem beanstandet er, dass die Senatsverwaltung nur unzureichende Hinweise an die Bezirksämter gegeben hat und damit ihrer Steuerungsverantwortung (§ 3 Abs. 1 AZG) nicht ausreichend nachgekommen ist.

Dem Land Berlin sind wegen der Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes in Bezug auf die Leistungsansprüche nach § 37 Abs. 1 und 2 SGB V finanzielle Nachteile entstanden. Zusätzlich sind wegen fehlender Bedarfsprüfung im Bereich der LK 31 und 33 ungerechtfertigte Ausgaben angefallen. zu T 139 bis 140: Der im Rundschreiben I Nr. 37/2004 enthaltene Hinweis auf die häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 SGB V als gegenüber der HzP vorrangige Leistung ist grundsätzlich als ausreichend anzusehen. Über die Klarstellungen des Gesetzgebers im Hinblick auf die Schnittstellen zwischen der Behandlungspflege (SGB V) und der Grundpflege (SGB XI, Hilfe zur Pflege) im häuslichen Bereich im

Rahmen des GKV-WSG sind die Bezirke mit Schreiben vom 21.05.07 ebenfalls informiert worden.

Dennoch nimmt der zuständige Fachbereich der Senatsverwaltung die Feststellungen zum Anlass, die Bezirke nochmals umfassend in geeigneter Weise auf die bestehende Rechtslage und deren Auswirkungen hinzuweisen.

Der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales ist nicht bekannt, dass es im Einzelfall durch die Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes in Bezug auf die häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 SGB V zu finanziellen Nachteilen für das Land Berlin gekommen ist.

Auch zu dem rechtlich durchaus umstrittenen Verhältnis der HzP zu den zusätzlichen Betreuungsleistungen für Personen mit dauerhaft erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz wegen demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, geistiger Behinderung oder psychischer Erkrankung nach § 45 b SGB XI hat die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales immer Stellung bezogen. Zuletzt wurde im RS I Nr. 12/2008 vom 16.12.08 darauf hingewiesen, dass die Leistungen nach § 45 b SGB XI vorrangig auszuschöpfen sind. Zweckgleiche Leistungen der HzP sollen nur nach Bedarf ergänzend bewilligt werden.

Es ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass unter anderem das Bundesministerium für Gesundheit die Auffassung vertritt, dass die Leistungen nach § 45 b SGB XI bei der Gewährung der Hilfe zur Pflege keine Berücksichtigung finden sollen. Das würde jedoch insbesondere auch im Hinblick auf die Leistungskomplexe 31 (Tagesstrukturierung) und 33 (Psychosoziale Betreuung), die in Berlin gesondert für den obigen Personenkreis vereinbarten worden sind, eine Verletzung des Bedarfsdeckungsprinzips bedeuten.

Vor dem Hintergrund der strittigen Rechtslage kann im Zusammenhang mit den zusätzlichen Betreuungsleistungen nach § 45 b SGB XI nicht von ungerechtfertigten Ausgaben der Hilfe zur Pflege ausgegangen werden.

Der Rechnungshof erwartet, dass die Bezirksämter künftig in allen Fällen die erforderlichen Bedarfsprüfungen vornehmen und vorrangige Leistungsansprüche gegenüber den Krankenkassen prüfen. Er erwartet ferner, dass die für Soziales zuständige Senatsverwaltung die Vereinbarungen überprüft und ihrer Steuerungspflicht gegenüber den Bezirksämtern ausreichend nachkommt.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales im Zuge des Projektes zur Steuerung der HzP die Leistungsbewilligung umfassend in den Blick nimmt. Dabei wird auch die Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen - wie bisher - thematisiert werden. Die Inanspruchnahme der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 SGB V ist in diesem Zusammenhang lediglich ein einzelner Baustein.

Die für Soziales zuständige Senatsverwaltung wird auch weiterhin Ihrer Steuerungspflicht durch die Weitergabe der erforderlichen Informationen an die Bezirke in ausreichendem Maße nachkommen.